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Nachlassgrundstück – gerichtliche Genehmigung für Verkauf

OLG München, Az: 31 Wx 18/14, Beschluss vom 10.04.2014

I. Die Beschwerden der Beteiligten zu 5 und 6 gegen den Beschluss des Amtsgerichts xxx – Nachlassgericht – vom 25.11.2013 werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Erklärungen der Nachlasspflegerin in der notariellen Urkunde vom xxx (URNr. xxx) in Verbindung mit den Nachtragsurkunden vom xxx (URNr. xxx) und vom xxx (URNr. xxx) nachlassgerichtlich genehmigt werden.

II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Erben.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 280.000 € festgesetzt.

Gründe

Nachlassgrundstück – gerichtliche Genehmigung für VerkaufDie Beschwerden sind zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt (§ 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG). Sie führen zu der im Tenor ausgesprochenen Entscheidung, mit der der Verkauf des Nachlassgrundstücks entsprechend den Vereinbarungen im Kaufvertrag vom xxx in Verbindung mit den beiden Nachträgen vom xxx und xxx genehmigt wird.

Die Veräußerung des Nachlassgrundstücks zu einem Kaufpreis von nun xxx € liegt dem Interesse aller, insbesondere auch der noch nicht festgestellten Erben.

1. Bei der Entscheidung über die Erteilung oder Verweigerung einer nachlassgerichtlichen Genehmigung für ein Grundstücksgeschäft nach §§ 1960 Abs. 2, 1915 Abs. 1, 1821 Nr. 1 BGB handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Maßgebendes Kriterium ist dabei das Interesse aller Erben, wie es sich im Entscheidungszeitpunkt darstellt. Ist der Nachlasspfleger – wie hier – mit der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses betraut, so gehört es insbesondere zu seinen Pflichten, den Nachlass zu erhalten und zu verwalten sowie die Vermögensinteressen der künftig festzustellenden Erben wahrzunehmen. Welche Maßnahmen insoweit zweckmäßig sind, entscheidet der Nachlasspfleger nach pflichtgemäßem Ermessen (BGHZ 49, 1/5).

2. Der Senat gelangt ebenso wie das Nachlassgericht zu dem Ergebnis, dass die Veräußerung des Nachlassgrundstücks der ordnungsgemäßen Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses dient.

a) Es liegen keine durchgreifenden Gründe dafür vor, das Grundstück im Nachlass zu halten, bis sämtliche Erben ermittelt sind und nach Erteilung des Erbscheins selbst über die Verwertung entscheiden können. Zur Erbfolge gelangen hier gesetzliche Erben der dritten Ordnung, deren Ermittlung Zeit in Anspruch nimmt. Auf der väterlichen Seite stehen inzwischen zehn Erben mit Quoten zwischen 1/10 und 1/80 fest, von denen zwei zwischenzeitlich nachverstorben sind. Die Ermittlung der Erben auf der mütterlichen Seite ist noch nicht abgeschlossen.

Das Nachlassanwesen ist nicht bewohnbar, nachdem der Erblasser bereits Teile der Heizungsanlage ausgebaut hat. Es wirft deshalb keinerlei Erträge ab, sondern verursacht lediglich Kosten. Das Bankguthaben in Höhe von rund xxx € ist längerfristig zur Deckung aller Kosten nicht ausreichend. Zudem hat derzeit der Eigentümer des Nachbargrundstücks ein erhebliches Interesse daran, das Nachlassgrundstück zu erwerben, um beide Grundstücke gemeinsam zu bebauen. Dieses Interesse wird voraussichtlich nicht mehr im gleichen Ausmaß vorhanden sein, wenn bereits eine eigenständige Bebauung des viel größeren Nachbargrundstücks ausgeführt worden ist. Die Verschmelzung mit dem Nachbargrundstück bietet sich an, denn das xxx Nachlassgrundstück hat die Form eines langen Bogens, dessen gerade Seite am xxx liegt, während die gebogene Seite vom Nachbargrundstück umschlossen wird.

b) Der vereinbarte Kaufpreis von nun xxx € ist für die Erben ausgesprochen vorteilhaft. Er übersteigt den im Gutachten des Sachverständigen xxx ermittelten Verkehrswert des Grundstücks von xxx € um mehr als die Hälfte. Er liegt sogar noch deutlich über dem Wert von xxx €, den – nicht überzeugend – der vom Beschwerdeführer beauftragte Gutachter ermittelt hat.

 (1) Der Sachverständige xxx, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Grundstücksbewertung, hat sich in seinem Gutachten ausführlich mit den wertbildenden Faktoren, insbesondere der Lage und den Möglichkeiten der baulichen Nutzung des ungewöhnlich geschnittenen Grundstücks auseinandergesetzt. Die Lage hat er angesichts der Umgebungsbebauung und der Entfernung vom Ortszentrum als „mittel“ eingestuft. Er hat dargelegt, dass eine Renovierung des vorhandenen Gebäudes nicht vertretbar und deshalb ausschließlich eine Neubebauung zu diskutieren sei. Diese könne bei autarker Betrachtung des Grundstücks im Rahmen des § 34 BauGB eine Geschossflächenzahl (GFZ) von 0,31 erreichen. Bei einer Verschmelzung mit dem Nachbargrundstück, wie im Entwurf des Bebauungsplans vorgesehen, könne hingegen eine GFZ von 0,79 verwirklicht werden. Der Bodenrichtwert zum 31.12.2010 betrage xxx €/m² und gehe von einer GFZ von 0,5 aus. Die Anpassung an die Preisentwicklung ergebe einen Wert von xxx €/m². Im Hinblick auf die höhere GFZ sei ein Anpassungszuschlag von 30 % angemessen, so dass sich ein Quadratmeterpreis von xxx € ergebe. Davon seien abzuziehen die wegen der Geschoßflächenmehrung anfallenden Erschließungskosten von xxx €/m², ferner die Kosten der Freilegung (insbesondere Abbruch des bestehenden Gebäudes) mit xxx €. Das ergebe einen Grundstückswert von xxx €.

 (2) Das von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten des Diplomingenieurs xxx ist nicht überzeugend. Es geht von nicht näher begründeten pauschalen Annahmen aus, die den Besonderheiten des zu bewertenden Grundstücks nicht gerecht werden, und ist teilweise in sich widersprüchlich. So wird ohne jede Begründung die Lage als „sehr gut“ eingestuft und hierfür ein Faktor von 1,15 angesetzt. Allein der Umstand, dass das Grundstück etwa 500 m vom See entfernt liegt, bietet für diese Einschätzung keine ausreichende Grundlage, denn das gesamte Richtwertgebiet liegt am See und das zu bewertende Grundstück im mittleren Bereich. Die pauschalen Zuschläge – für Größe, Lage, Geschossflächenzahl, allgemeines Wohngebiet, drei Vollgeschosse – werden nicht begründet und sämtlich addiert, obwohl offensichtlich Überschneidungen vorliegen, etwa bei GFZ und Anzahl der Vollgeschosse. Der sehr ungünstige Zuschnitt ist mit dem Faktor 0,9 wohl kaum ausreichend erfasst, zumal wegen der Größe bereits ein Faktor von 1,1 angesetzt wird. Auf Seite 6 wird erläutert, dass eine Sanierung und Erneuerung des bestehenden Gebäudes keinerlei Sinn mache, auf Seiten 10 bis 17 aber dennoch ein Sachwert für Haus und Garage in Höhe von rund 40.000 € berechnet und zum Bodenwert dazugezählt. Das Gutachten stellt deshalb keine tragfähige Grundlage für die Bewertung des Nachlassgrundstücks mit xxx € dar.

 (3) Entsprechend der Ausführungen des Verfahrenspflegers in seiner Stellungnahme vom xxx ist bereits mit der Nachtragsurkunde vom xxx der Kaufpreis von xxx € auf xxx € erhöht worden, weil die Kosten der Freilegung mit knapp xxx € und die weiteren Erschließungskosten von rund xxx € für die Käuferin im Zusammenhang mit den umfangreichen Baumaßnahmen nicht in diesem Umfang ins Gewicht fallen. Mit weiterer Nachtragsurkunde vom xxx hat die Käuferin, die sich bei einer Verzögerung des Baubeginns oder einer Umplanung erheblichen Zusatzkosten ausgesetzt sieht, den Kaufpreis auf xxx € erhöht. Das bedeutet, dass mit dem nun vereinbarten Kaufpreis für die Erben nicht nur der tatsächliche Verkehrswert des Grundstücks realisiert wird, sondern zusätzlich ein erheblicher Betrag, den die Käuferin deshalb bereit ist aufzuwenden, weil sie zeitnah ihr Bauprojekt verwirklichen möchte.

3. Ein Vorkaufsrecht des Beschwerdeführers xxx nach § 2034 BGB besteht nicht. Es geht hier nicht um die Veräußerung eines Erbteils durch einen Miterben, sondern um die Veräußerung eines Nachlassgegenstandes durch die Nachlasspflegerin.

Der Senat, der als Beschwerdegericht an die Stelle des Nachlassgerichts tritt, erteilt deshalb die Genehmigung für die Erklärungen der Nachlasspflegerin, die sie in den im Tenor genannten Urkunden abgegeben hat. Die Entscheidung des Senats ist mit Erlass rechtskräftig, weil die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird und damit kein Rechtsmittel gegeben ist (vgl. Keidel/Sternal FamFG 18. Aufl. 2014 § 40 Rn. 61 ff., § 69 Rn. 55). Die Genehmigung wird deshalb bereits mit dem Erlass der Entscheidung wirksam (§ 40 Abs. 2 FamFG).

Es erscheint angemessen, dass die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens von allen Erben getragen werden und die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst tragen (§ 81 Abs. 1 FamFG).

Den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens (§ 61 GNotKG) bemißt der Senat mit der Hälfte des Kaufpreises, der Gegenstand der Entscheidung des Nachlassgerichts war (vgl. OLG München Rpfleger 2009, 679).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

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