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Schenkungsvertrag: Erfordernis einer notariellen Beurkundung

Bundesgerichtshof, Az.: X ZR 65/14, Urteil vom 28.06.2016

Leitsatz:

Der Formmangel eines Schenkungsvertrags, in dem sich der Schenker zur Übertragung seines gesamten gegenwärtigen Vermögens verpflichtet, wird nicht durch Vollzug geheilt.

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 2016 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Juni 2014 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 18b des Landgerichts Düsseldorf vom 22. März 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Beklagte zu tragen.

Schenkungsvertrag: Erfordernis einer notariellen Beurkundung
Ist bei einem Schenkungsvertrag eine Beurkundung durch Notar erforderlich? Foto: Rido81/Bigstock

Tatbestand:

Die Kläger verlangen als Gesamtrechtsnachfolger der verstorbenen H. P. (Erblasserin) von dem Beklagten die Rückzahlung einer ungerechtfertigten Bereicherung.

Die Erblasserin erteilte dem Beklagten unter dem 13. März 2007 eine Vollmacht, mit der er über die ihrerseits bei der D. D. G. gehaltenen Investmentanteile – auch zu eigenen Gunsten – verfügen können sollte. Am 23. Januar 2008 verkaufte der Beklagte die beim D. -Investmentfonds gehaltenen Fondanteile der Erblasserin und ließ sich den Erlös in Höhe von 79.596,10 € auf sein eigenes Konto überweisen. Wenige Stunden danach verstarb die Erblasserin. Der Beklagte hat behauptet, es sei der Wunsch der Erblasserin gewesen, dass er noch vor ihrem Tode sämtliche Bankwerte abhebt und für sich behält.

Das Landgericht hat der auf Erstattung des Verkaufserlöses nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehren die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe den Verkaufserlös für die Investmentanteile mit Rechtsgrund, nämlich aufgrund eines Schenkungsversprechens, erlangt. Nach dem Ergebnis der vor dem Landgericht und dem Berufungsgericht durchgeführten Beweisaufnahme habe die Erblasserin geäußert, der Beklagte bekomme alles, er könne sich alles nehmen. Sie habe ihr gesamtes Vermögen dem Beklagten überlassen wollen. Dabei seien sich die Erblasserin und der Beklagte offensichtlich einig gewesen, dass der Beklagte von ihrer Großzügigkeit erst Gebrauch machen solle, wenn ihr Tod unmittelbar bevorstehe. Mit diesen Aussagen sowie der Erteilung der Vollmachten habe die Erblasserin dem Beklagten auch die in Streit stehenden Fondsanteile geschenkt und darin eingewilligt, dass er diese zu ihren Lebzeiten veräußere und sich den Erlös gutschreiben lasse.

II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Kläger können als Rechtsnachfolger der Erblasserin vom Beklagten die Rückzahlung des Erlöses aus dem Verkauf der Investmentanteile gemäß § 812 Abs. 1 BGB verlangen, denn diese Vermögensverschiebung zugunsten des Beklagten erfolgte ohne Rechtsgrund.

1. Zu Unrecht sieht das Berufungsgericht einen Rechtsgrund für den Erhalt des Verkaufserlöses in einem zwischen der Erblasserin und dem Beklagten geschlossenen Schenkungsvertrag.

Nach den – vom Beklagten nicht angegriffenen – Feststellungen des Berufungsgerichts vereinbarte die Erblasserin mit ihm, dass er alles bekommen solle, was sie habe. Unabhängig von der Frage, zu welchem Zeitpunkt er diese Vermögensgegenstände erhalten sollte, war ein solcher Vertrag darauf gerichtet, dass die Erblasserin ihm ihr gesamtes gegenwärtiges Vermögen übertrug.

Ein solcher Vertrag bedurfte gemäß § 311b Abs. 3 BGB der notariellen Form auch und insbesondere dann, wenn die Vermögensübertragung erst kurz vor dem Ableben der Erblasserin erfolgen sollte. Denn die Formvorschrift bezweckt auch, eine Umgehung der für Verfügungen von Todes wegen einzuhaltenden Formerfordernisse zu vermeiden (vgl. Motive II S. 188; Staudinger/Schumacher, BGB, Bearb. 2012, § 311b Abs. 3 Rn. 1; MünchKomm. BGB/Krüger, 7. Aufl., § 311b Rn. 100).

[10] Mangels Einhaltung dieser Form war die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwischen der Erblasserin und dem Beklagten getroffene Vereinbarung somit nichtig (§ 125 BGB).

2. Der Mangel der Form wurde nicht durch einen Vollzug der Schenkung geheilt.

Das deutsche Zivilrecht kennt keinen allgemeinen Grundsatz der Heilung eines formnichtigen Vertrages durch Erfüllung. Die Erfüllung hat nur in denjenigen Fällen heilende Wirkung, in denen dies vom Gesetz bestimmt wird (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 1967 – III ZR 193/64, NJW 1967, 1128, 1131 unter II 1 b; vom 29. Juni 1970 – III ZR 21/68, DNotZ 1971, 37, 38).

Soweit § 518 Abs. 2 BGB für den Vollzug einer Schenkung die Heilung eines Mangels der notariellen Form des Schenkungsvertrags anordnet, ist diese Wirkung auf den Formmangel nach § 518 Abs. 1 BGB beschränkt. Sie beruht auf dem Gedanken, dass der Schenker, der sich durch den Vollzug des Schenkungsversprechens des verschenkten Gegenstands tatsächlich begeben hat, ebenso wenig wie bei einer Handschenkung weiterhin des Schutzes der Form bedarf und der Rechtsfriede nicht durch eine Rückforderung des hingegebenen Schenkungsgegenstands belastet werden soll. § 311b BGB verfolgt hingegen einen weiteren Schutzzweck und enthält demgemäß auch keine § 518 Abs. 2 BGB entsprechende Bestimmung. Da der Betroffene mit dem Formzwang gemäß § 311b Abs. 3 BGB vor einer übereilten Übertragung des gesamten Vermögens und nicht nur eines einzelnen, schenkweise zugewandten Gegenstands geschützt werden und überdies, wie ausgeführt, auch eine Umgehung der für Verfügungen von Todes wegen geltenden Vorschriften verhindert werden soll, kann die formheilende Wirkung des Schenkungsvollzugs gemäß § 518 Abs. 2 BGB nicht auf einen sich aus § 311b Abs. 3 BGB ergebenden Formmangel übertragen werden (vgl. Staudinger/Löwisch, BGB, Bearb. 2012, § 311b Abs. 3 Rn. 21; MünchKomm. BGB/Krüger, 7. Aufl., § 311b Rn. 107; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 311b Rn. 68).

III. Die angefochtene Entscheidung ist demnach aufzuheben. Da weitere Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden und das auch im Zinsausspruch rechtsfehlerfreie landgerichtliche Urteil wiederhergestellt.

IV. Die Kostenfolge beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

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