Testament oder Vollmacht? Die feine Linie im Erbrecht entschlüsselt
Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss vom 18. Januar 2023 (Az.: 10 W 155/22) einen komplexen Fall im Erbrecht behandelt. Im Kern ging es um die Frage, ob ein schriftliches Dokument, das nicht den üblichen Formalitäten eines Testaments entspricht, dennoch als letztwillige Verfügung angesehen werden kann. Der Erblasser war an multiplem Organversagen verstorben, und eine Frau namens B behauptete, dass sie aufgrund dieses Dokuments Alleinerbin sei. Ein weiterer Beteiligter argumentierte jedoch, dass es sich lediglich um eine Vollmacht für die Zeit des Krankenhausaufenthalts des Erblassers handele.
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Übersicht
Ernsthafter Testierwille als Schlüsselkriterium
Das Gericht stellte fest, dass ein Dokument nur dann als Testament gelten kann, wenn es auf einem „ernsthaften Testierwillen“ des Erblassers beruht. Dies muss durch Auslegung gemäß § 133 BGB und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung ermittelt werden. Im vorliegenden Fall wurde der Erblasser palliativ betreut und war sich seines bevorstehenden Todes bewusst, was für einen ernsthaften Testierwillen sprach.
Die Rolle der Vermögenswerte
Ein weiteres wichtiges Kriterium war die Art und Weise, wie der Erblasser seine Vermögenswerte im Dokument aufgeführt hatte. Die spezifische Erwähnung von Vermögenswerten deutete darauf hin, dass der Erblasser wollte, dass diese nach seinem Tod an Frau B gehen sollten. Das Gericht fand, dass dies ein weiterer Hinweis auf den ernsthaften Testierwillen des Erblassers war.
Bedingung oder bloße Mitteilung?
Das Gericht untersuchte auch, ob die Formulierung im Dokument eine Bedingung darstellte oder nur den Anlass für die Abfassung des Dokuments angab. Es kam zu dem Schluss, dass es sich um eine Mitteilung des Gedankens an den eigenen Tod handelte, nicht um eine Bedingung, die die Gültigkeit des Dokuments beeinflussen würde.
Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung
Das Gericht betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelte, die keine grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsprechung hatte. Daher wurde das Rechtsmittel abgewiesen, und das Dokument wurde als gültiges Testament anerkannt, das Frau B zur Alleinerbin machte.
Diese Entscheidung zeigt, wie komplex und nuanciert die rechtlichen Fragen im Erbrecht sein können, insbesondere wenn es um die Gültigkeit von Testamenten und Vollmachten geht. Es unterstreicht die Bedeutung eines klaren und unmissverständlichen Ausdrucks des Testierwillens, um spätere rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Hamm – Az.: 10 W 155/22 – Beschluss vom 18.01.2023
Leitsätze:
Eine schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers, deren Form nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, kann nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht.
Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist im Wege der Auslegung gem. § 133 BGB unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Ur-kunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen. An den Nachweis des Testierwillens sind strenge Anforderungen zu stellen.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 23.08.2022 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Bielefeld vom 11.08.2022 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten zu 1) und 3) werden dem Beteiligten zu 2) auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 104.000,00 Euro festgesetzt
Gründe:
I.
Der am 00.00.1955 geborene Erblasser verstarb am 00.00.2020 in A. Er war ledig und kinderlos.
Er hatte acht Geschwister, von denen zwei bereits vorverstorben waren.
Die Beteiligten zu 2) und 3) sind Brüder des Erblassers. Die Beteiligten zu 1) sind die gesetzlichen Erben der am 03.10.2021 im laufenden Erbscheinsverfahren verstorbenen Schwester des Erblassers, Frau B.
Diese beantragte am 04.06.2021 beim Amtsgericht – Nachlassgericht – St. Goar – zunächst gemeinsam mit dem Beteiligten zu 2) – die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist.
Diesem Antrag beigefügt war ein handschriftliches Dokument, das auf den 08.08.2020 datiert und als Brief an sie gerichtet war. Inhaltlich enthielt das Dokument folgende Bestimmung:
„Hiermit verfüge ich das die Frau B über die Gelder verfügen darf, wenn ich das Krankenhaus nicht lebend verlasse.
00179835 Giro ca 19000,-
K Rente ca 19500 Firma C
Sparbücher ca. 1 x 23000 (Kennwort)
1 x 5000 D
J-Versicherung 1 x 11000
L Bank 1 x 8000 hab ich mir noch auszahlen
Grosser Bild liegt da immer.
1000,- Euro in Bar“
Dieses Dokument wurde per Einschreiben an B , die ursprüngliche Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens, versandt.
Am 24.09.2020 wurde dieses beim Amtsgericht – Nachlassgericht – St. Goar als Verfügung von Todes wegen eröffnet.
Der Nachlass des Erblassers besteht im Wesentlichen aus Guthaben bei Banken in Höhe von 103.949,19 Euro.
Der Erblasser litt seit 2013 unter einer Darmkrebserkrankung mit seit 2016 bestehenden Metastasen an der Leber. Am 30.07.2020 begab er sich zur Behandlung in das E- Krankenhaus in F. Dort wurde er auf eigene Veranlassung am 25.08.2020 entlassen. Am 29.08.2020 wurde der Erblasser notfallmäßig in das G-Hospital in H verbracht, wo er nach seiner Aufnahme noch am gleichen Tag an multiplem Organversagen verstarb.
B, die ursprüngliche Antragstellerin, hat behauptet, dass der Erblasser während seines Krankenhausaufenthaltes den Zeugen I gebeten habe, das Dokument an sie per Post zu senden. Sie habe das Dokument an den Erblasser zurückgeben wollen. Dieser habe aber nochmals den Wunsch geäußert, dass seine Vermögenswerte bei ihr verbleiben sollen.
Gegen den Erbscheinsantrag hat sich der Beteiligte zu 3) mit der Begründung gewandt, dass es sich bei dem Dokument vom 08.08.2020 seiner Ansicht nach schon nicht um ein Testament, sondern um eine Kontenvollmacht für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes des Erblassers handele. Er hat zudem behauptet, dass das Dokument nicht vom Erblasser geschrieben worden sei. Weiter hat er die Ansicht vertreten, dass die Bedingung, dass der Erblasser das Krankenhaus nicht lebend verlasse, nicht eingetreten sei.
Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bielefeld hat den Zeugen I schriftlich vernommen, Auskünfte der Krankenhäuser und ein schriftliches graphologisches Gutachten eingeholt.
Durch Beschluss vom 11.08.2022 hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bielefeld die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags der Beteiligten zu 1) erforderlich sind, für festgestellt erachtet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das Dokument vom 08.08.2020 nach dem graphologischen Gutachten zu 90 % vom Erblasser stamme. Es handele sich hierbei auch um ein Testament. Es sei nicht bestimmt, in welcher Art und Weise Frau B über die Gelder verfügen können soll, so dass sie frei verfügen können sollte. Dies stelle eine Erbeinsetzung dar. Bei der Formulierung „wenn ich das Krankenhaus nicht lebend verlasse“ handele es sich nicht um eine Bedingung, sondern um Motiv.
Dieser Beschluss ist dem Beteiligten zu 2) am 17.08.2022 zugestellt worden. Mit am 25.08.2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat dieser hiergegen Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass dem Dokument vom 08.08.2020 ein Testierwille nicht entnommen werden könne. Es werde auch nicht über Vermögensgegenstände wie Hausrat und Auto verfügt. Auch sei die Bedingung nicht eingetreten, da der Erblasser das Krankenhaus zwischenzeitlich verlassen habe.
Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Bielefeld hat der Beschwerde mit Beschluss vom 26.10.2022 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gem. §§ 63, 64 FamFG eingelegt worden. Der Beteiligte zu 2) ist beschwerdeberechtigt gem. § 59 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Nachlassgericht die zur Begründung des Erbscheinsantrages der Beteiligten zu 1) erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet, da der Erblasser aufgrund des Testaments vom 08.08.2020 von der zwischenzeitlich verstorbenen Frau B als Alleinerbin beerbt wurde.
1.
Zunächst steht nach dem bereits durch das Nachlassgericht eingeholten graphologischen Sachverständigengutachten auch zur Überzeugung des Senats fest, dass das Dokument vom 08.08.2020 eigenhändig vom Erblasser geschrieben und unterschrieben worden ist. Dies wird auch von dem Beteiligten zu 2) mit der Beschwerde nicht angegriffen.
2.
Bei dem Dokument vom 08.08.2020 handelt es sich auch um ein Testament und nicht nur um eine Vollmacht.
Denn ein privatschriftliches Testament kann grundsätzlich auch in einem vom Erblasser eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein (BayObLG, Beschluss vom 19. Oktober 2000 – 1Z BR 87/00; BayObLG, Beschluss vom 18. Dezember 2002 – 1Z BR 105/02, OLG Saarbrücken FGPrax 2022, 87; OLG Schleswig FamRZ 2010, 65).
Eine solche schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers kann indes nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn sie auf einem ernstlichen Testierwillen des Erblassers beruht. Daher muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden (BayObLG, Beschluss vom 19. Oktober 2000 – 1Z BR 87/00; OLG Schleswig, Beschluss vom 29. Mai 2009 – 3 Wx 58/04 und OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. März 1997 – 3 W 24/97).
Ob ein solcher ernstlicher Testierwille vorgelegen hat, ist dabei im Wege der Auslegung gem. § 133 BGB unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen. Dabei sind, sofern die Form des Schriftstücks nicht den für Testamente üblichen Gepflogenheiten entspricht, an den Nachweis des Testierwillens strenge Anforderungen zu stellen (BayObLG, Beschluss vom 02.10.1998, 1Z BR 95–98, NJW-RR 1999, 88f. m. w. N.).
Die danach durchzuführende Auslegung führt hier zu dem Ergebnis, dass es sich es sich bei dem Dokument vom 08.08.2020 um ein mit Testierwillen verfasstes Testament handelt.
a)
Schon der Wortlaut bietet hinreichend Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Erblasser Frau B zu seiner Erbin einsetzen wollte.
Zwar werden keine typischen Worte wie „Testament“, „letzter Wille“ oder „vererben“ genannt. Ein Erblasser ist aber nicht gezwungen, bestimmte Worte zu verwenden. Entscheidend ist vielmehr immer die konkrete Bedeutung, die der Erblasser seiner Erklärung beigelegt hat.
Gegen die Annahme einer bloßen Vollmacht spricht hier bereits die Bestimmung, dass „die Frau B über die Gelder verfügen darf, wenn ich das Krankenhaus nicht lebend verlasse“. Hätte es sich nämlich um eine Vollmacht für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes handeln sollen, hätte diese Formulierung keinen Sinngehalt. Denn die Verfügungsbefugnis sollte gerade für den Fall des Todes des Erblassers gelten. Hinzu kommt, dass es dann auch nicht der Auflistung der Vermögenswerte in Einzelheiten bedurft hätte.
Im Rahmen der Testamentsauslegung ist regelmäßig dann von einer Erbeinsetzung auszugehen, wenn der Wert der Vermögensgegenstände über die verfügt wird den Wert des übrigen Vermögens so erheblich übertreffen, dass der Erblasser diese Gegenstände offensichtlich als wesentlichen Nachlass angesehen hat. Diese Annahme beruht auf der Überlegung, dass nicht anzunehmen ist, dass ein Erblasser, der praktisch sein gesamtes Vermögen aufteilt, keinen Erben berufen möchte (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann beck-online Grosskommentar BGB § 2087 Rn. 28, OLG München ZEV 2007, 383). Entscheidend ist daher, ob der Erblasser durch die bedachte Person seine wirtschaftliche Stellung fortgesetzt wissen wollte und ob der Bedachte nach dem Willen des Erblassers gegebenenfalls auch den Nachlass zu regeln hatte (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann beck-online Grosskommentar BGB § 2087 Rn. 12, BayObLG ZEV 2001, 240). Auszugehen ist dabei von den Vorstellungen, die der Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung über die voraussichtliche Zusammensetzung des Nachlasses und den Wert der in diesen fallenden Gegenständen hatte (OLG München, Beschluss vom 19.02.2020, 31 Wx 231/17, 31 Wx 502/19 in BeckRS 2020, 2909, Rn. 9 m. w. N.; Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann beck-online Grosskommentar BGB § 2087 Rn. 30).
Bei den seitens des Erblassers aufgeführten Vermögenswerten handelte es sich bereits objektiv um sein Vermögen im Wesentlichen. So ergeben sich hieraus Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 86.500,00 Euro. In Anbetracht des Gesamtwertes des Nachlasses von 103.949,19 Euro hat der Erblasser daher mehr als 83 % seines Vermögens genannt (vgl. zu 78 %: KG Berlin, Beschluss vom 15. März 2016 – 6 W 102/15 –, juris; zu 75 %: BayObLG NJW-RR 1997, 517; zu mehr als 80 % OLG Frankfurt a.M. ZEV 2022, 222).
Maßgebliches Kriterium ist jedoch neben diesem objektiven Wertverhältnis die subjektive Auffassung des Erblassers (Hahn ZEV 2016, 360; Kroiß/Ann/Mayer, NK-BGB § 2087 Rn. 6). Und insoweit muss berücksichtigt werden, dass sich der Erblasser zum einen bewusst darüber war, dass sein Vermögen im Wesentlichen aus Geldwerten bestand. Und zum anderen war er sich bewusst, dass die genannten Beträge möglicherweise auch höher ausfallen werden. Denn er hat die Beträge teilweise mit einer ca.-Angabe versehen.
Dies zeigt, dass der Erblasser bewusst über sein Vermögen für den Fall seines Todes bestimmen wollte und insoweit Frau B als Erbin einsetzen wollte.
Soweit der Beteiligte zu 2) einwendet, dass gegen diese Auslegung spreche, dass der Erblasser keine Bestimmung für den Hausrat und sein Auto getroffen habe, vermag dies nicht zu überzeugen. So hat der Erblasser in dem Dokument ausdrücklich ein großes Bild erwähnt. Dies war bei der gebotenen Auslegung nach Ansicht des Erblassers der einzige werthaltige Gegenstand in seinem Hausrat, weshalb dieser besondere Erwähnung fand. Hingegen war der Pkw des Erblassers weder fahrbereit noch werthaltig. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass weitere Gegenstände von besonderem Wert vorhanden gewesen wären. Solche werden auch von dem Beteiligten zu 2) nicht genannt. Die von dem Beteiligten zu 2) angeführte J- Versicherung findet in dem Testament nämlich ebenfalls ausdrücklich Erwähnung.
Es ist daher hinreichend erkennbar, dass der Erblasser sein Vermögen umfassend auf seine Schwester übergehen lassen wollte.
b)
Auch der Anlass der Verfassung des Dokumentes spricht für eine von Seiten des Erblassers gewollte testamentarische Anordnung.
Denn der Erblasser litt bereits seit 2013 an Darmkrebs. Dieser hatte bereits metastasiert, weshalb auch die Leber seit 2016 betroffen war. Die Lebermetastasen waren nicht operabel. Von September 2018 bis Mai 2020 fanden Chemotherapien statt. Der Port wurde im Anschluss bereits extrahiert. Während seines Krankenhausaufenthaltes ab dem 30.07.2020 wurde mit dem Erblasser darüber gesprochen, dass aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes weder eine OP noch Bestrahlung in Betracht kämen. Auch eine weitere Chemotherapie wurde nicht durchgeführt. Letztlich wurde der Erblasser nur noch palliativ betreut. Dies war dem Erblasser bei Abfassung des Dokumentes am 08.08.2020 bewusst. Denn er befand sich bereits seit dem 30.07.2020 aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes im Krankenhaus. Er litt bereits seit Jahren an Krebs, der bereits gestreut hatte, und erhielt auch keine weitere Therapie. Er muss sich bei Abfassung des Dokumentes daher im Klaren darüber gewesen sein, dass er wahrscheinlich versterben wird.
c)
Hinzukommen die Begleitumstände. So hat der Erblasser das Dokument an den Zeugen I übergeben mit der Bitte, dieses an seine Schwester Frau B zu versenden. Dieser hatte das Gefühl, dass es dem Erblasser wichtig war, dass der Brief seine Schwester auch erreicht. Deshalb hat sich der Zeuge I dazu entschlossen, diesen sogar per Einschreiben zu versenden.
3.
Der Senat ist mit dem Nachlassgericht auch davon überzeugt, dass die Wirksamkeit des Testaments nicht etwa von der Bedingung abhängig gemacht wurde, dass der Erblasser das Krankenhaus nicht mehr lebend verlässt.
Eine Bedingung i.S.d. §§ 158 ff. BGB liegt nur vor, wenn die Wirkungen eines Rechtsgeschäfts nach dem erklärten Parteiwillen vom Eintritt oder vom Unterbleiben eines künftigen ungewissen Umstands abhängig gemacht werden. Von der Bedingung unterscheidet sich die bloße Mitteilung eines Beweggrundes (Motivs) dadurch, dass nach dem Inhalt der Erklärung keine unmittelbare Verknüpfung zwischen dem Vorliegen oder Eintritt des motivierenden Umstands und der Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts bestehen soll (OLG München, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 31 Wx 244/11). Entscheidend ist die Auslegung, wobei man gerade im Erbrecht mit der Annahme einer echten Bedingung zurückhaltend sein sollte. Es muss der Wille des Erblassers erkennbar sein, die Wirksamkeit der Verfügung mit dem angegebenen, von ihm selbst für ungewiss gehaltenen Umstand unmittelbar zu verknüpfen (Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann beck-online Großkommentar BGB § 2074 Rn. 20).
Daran fehlt es hier. Denn mit seiner Formulierung hat der Erblasser bei der gebotenen Auslegung (§ 133 BGB) nur den Anlass für die Abfassung des Testamentes angeben wollen, ohne dass das „nicht lebend verlassen“ etwas an der Übereinstimmung der Verfügung mit dem Willen des Erblassers und damit an der unbedingten Geltung ändert. Es handelt sich um die Mitteilung des Gedankens an den eigenen Tod. Der Wortlaut und der Umstand, dass die in Rede stehende Formulierung als Einleitungssatz fungiert, sprechen gegen die Annahme einer Bedingung. Es sind auch keine Umstände feststellbar, die dafür sprechen würden, dass die Bestimmung nicht gelten sollte, wenn der Erblasser das Krankenhaus kurzzeitig wieder verlässt (vgl. zur Formulierung „sollte uns etwas zustoßen“ OLG Hamm, Beschluss vom 10. Juni 1996 – 15 W 63/96 –, juris; zu der Formulierung „sollte mir während meines Urlaubs etwas passieren“ BayOLG MDR 1982, 145; zu der Formulierung “Sollte mir bei der Gallenoperation etwas zustoßen” BayObLG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 1 Z BR 14/02 – zitiert nach juris).
Lediglich dann, wenn sich ausnahmsweise ein Wille des Erblassers ermitteln lässt, dass er tatsächlich die Erbeinsetzung einer bestimmten Person nur vom Tode anlässlich eines ganz bestimmten Ereignisses abhängig machen wollte, weil diese Person in irgendeiner Form mit dem Ereignis verknüpft ist, liegt jedoch eine echte Bedingung vor (vgl. Soergel BGB § 2074 Rn.13; OLG München, Beschluss vom 15. Mai 2012 – 31 Wx 244/11 –, juris).
III.
Die Kostenentscheidung beruht § 84 FamFG. Danach sollen die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegt werden, der es eingelegt hat. Es sind keine Gründe ersichtlich, die es billig erscheinen ließen, hiervon im vorliegenden Fall abzuweichen.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Es handelt sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 61 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 GNotKG. Maßgeblich ist der Wert des Nachlasses des Erblassers im Zeitpunkt des Erbfalls.