OLG München – Az.: 8 U 3464/17 – Beschluss vom 21.12.2018
I. Das Endurteil des Landgerichts München II vom 19.4.2017 wird in Ziff. 2 dahingehend berichtigt, dass nach dem Satzteil „…dass die beklagte Partei zu 2) in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstrecker der am 03.04.2015 verstorbenen Christine H. die Worte „nach dem 12.07.2016“ eingefügt werden.
II. Die Berufungen der Beklagten zu 1) und 2) sowie des Streithelfers gegen das Endur- teil des Landgerichts München II vom 19.4.2017 werden zurückgewiesen.
III. Die Beklagten zu 1) und 2) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Streithel- fer trägt seine Kosten selbst.
IV. Der vorliegende Beschluss und das bei I. und II. genannte Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.500,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten zu 1) als von der Erblasserin eingesetztem Testamentsvollstrecker, die Verwertung des Nachlassgrundstücks (E. Str. 50 in W.), insbesondere im Wege des Verkaufs (Klageantrag I.) zu unterlassen. Ferner begehrt sie Feststellung, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, dem Nachlass der am 3.4.2015 verstorbenen Christine H. alle Schäden zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass er in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker das zum Nachlass gehörende Grundstück W., E. Straße 50, im Wege des Verkaufs veräußern wollte (Klageantrag II.).
Der Bruder der Klägerin, Gerhard H., ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Streithelfer beigetreten.
Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug, das der Klage stattgegeben hat, jedoch auf S. 19 ausgeführt hat, dass das erteilte Einverständnis der Klägerin nach deren Schreiben vom 12.7.2016 (Anl. K 2) hinfällig gewesen sei.
Die Beklagten zu 1) und 2) sowie der Streithelfer verfolgen ihre erstinstanzlichen Anträge auf Klageabweisung mit ihren Berufungen weiter.
Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.
Unter dem 29.8.2018 hat der Senat den aus Bl. 211/225 d.A. ersichtlichen Hinweisbeschluss im Sinne des § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO erlassen, auf den die Beklagten zu 1) und 2) sowie der Streithelfer jeweils mit Schriftsatz vom 25.10.2018 erwidert haben.
Zur weiteren Ergänzung des Sach- und Streitstands nimmt der Senat auf alle zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf alle gerichtlichen Entscheidungen und Protokolle Bezug.
II.
Das Endurteil des Landgerichts München II vom 19.04.2017 weist in Ziff. 2 eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne von § 319 Abs. 1 ZPO auf, sodass es von Amts wegen zu berichtigen war.
Das Landgericht hat auf S. 19 des angegriffenen Urteils ausgeführt, dass die Klagepartei einer zunächst einvernehmlichen Hinwegsetzung über die getroffene Anordnung (der Erblasserin) nicht mehr zugestimmt habe, wie sich ihrem Schreiben vom 12.07.2016 (Anl. K 2) und ihrer Klage entnehmen ließe. Damit hat das Landgericht eine zeitliche Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass der Beklagte zu 2) in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker das Grundstück ab dem Widerruf des von der Klägerin zunächst erteilten Einverständnisses am 12.7.2016 nicht mehr verwerten durfte, sodass der Feststellungsantrag auf Ersatz etwaiger, ab diesem Zeitpunkt entstandener Schäden beschränkt war. Diese, in den Entscheidungsgründen erörterte zeitliche Einschränkung hat das Erstgericht offenbar versehentlich nicht in den Tenor in Ziff. 2 aufgenommen, so dass es sich um einen Fehler in der Verlautbarung handelt, der jederzeit auch durch das Berufungsgericht von Amts wegen gemäß § 319 Abs. 1 ZPO berichtigt werden kann (Thomas/Putzo, 39. Aufl. § 319 Rn. 5).
III.
Alle Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen vor.
Der Senat nimmt insoweit auf den soeben erwähnten Beschluss vom 29.8.2018 Bezug; die hierauf erwidernden Schriftsätze der Beklagten zu 1) und 2) sowie des Streithelfers vom 25.10.2018 sind nicht geeignet, die in diesem Beschluss aufgeführten Argumente zu entkräften bzw. den Berufungen zum Erfolg zu verhelfen. Im Einzelnen:
A. Schriftsatz der Rechtsanwälte B., Bl. 251/255 d.A. (Beklagte zu 1) und 2)
1. Klageantrag I.
a) Soweit die Beklagten zu1) und 2) geltend machen – und insoweit übergangenen Vortrag im Schriftsatz des Beklagten vom 22.3.2017 rügen -, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die von der Klägerin erhobenen Unterlassungsklage fehle, da der Beklagte zu 1) der Klägerin im Schreiben vom 21.7.2016 (Anl. K 6) – mithin noch vor Klageerhebung – bestätigt habe, dass er bis zur rechtskräftigen Klärung der Frage, ob das Grundstück verwertet werden dürfe, weder Maklerverträge abschließen noch Verkaufsgespräche oder diesbezügliche Verhandlungen bezüglich des Grundstücks führen würde, greift dieser Einwand nicht durch. Denn das vorliegende Verfahren dient gerade der rechtskräftigen Klärung dieser Frage.
Darüber hinaus hat auch der Beklagte zu 1) selbst die Auffassung vertreten, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Frage seiner Verwertungsbefugnis bzw. der Rechtsnatur der testamentarischen Anordnung erforderlich sei, wie sich dem Schriftsatz vom 22.3.2017 entnehmen lässt, so dass sich auch hieraus ein Rechtsschutzbedürfnis für die von der Klägerin mit dem Ziel der Untersagung einer Verwertung des Grundstücks erhobenen Klage ergibt.
b) Der Beklagten-Schriftsatz vom 25.10.2018 greift die Ausführungen im Hinweisbeschluss auf S. 8 an (“freier Widerruf des von der Klägerin erteilten Einverständnisses zur Verwertung des Grundstücks“…) und macht geltend, dass der Senat nicht die Frage eines Verzichtes bzw. einer Ausschlagung eines etwaigen Vorausvermächtnisses und/oder einer Teilungsanordnung durch Vereinbarung der Erben geprüft habe. Hätte er dies getan, wäre er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anspruch untergegangen ist.
Die Beklagten verkennen insoweit jedoch, dass die Erblasseranordnungen für den Testamentsvollstrecker gemäß §§ 2203, 2204 BGB bindend sind, worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 29.08.2018 hingewiesen hat (dort S. 7/8). Die Erben, zwischen denen eine Teilungsanordnung nur eine schuldrechtliche Wirkung entfaltet, können zwar anstelle des ihnen jeweils zustehenden Auseinandersetzungsanspruchs (BGH NJW 81, 1837) einvernehmlich eine davon abweichende Teilung miteinander vereinbaren, so dass der Testamentsvollstrecker abweichend von der testamentarischen Anordnung eine andere, dinglich wirksame Aufteilung des Nachlasses vornehmen kann. Gleichwohl hat eine solche Vereinbarung der Erben keinen Einfluss auf den Bestand der von der Erblasserin getroffenen Anordnung, die daher weiterhin für den Testamentsvollstrecker bindend ist. Aufgrund der Einsetzung des Beklagten zu 1) als Testamentsvollstrecker unterlag der gesamte Nachlass seiner Verwaltung (§ 2205 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB), sodass die Miterben von der Verwaltung ausgeschlossen sind und daher nicht berechtigt waren, über Nachlassgegenstände zu verfügen.
Darüberhinaus erfordert ein Verzicht bzw. eine Ausschlagung wegen der weitreichenden Folgen eine klare und eindeutige Erklärung der Miterben, woran es vorliegend jedenfalls fehlen würde.
c) Soweit der Beklagten-Schriftsatz auf S. 4 (ohne Angabe einer Fundstelle) Ausführungen im Senatsbeschluss angreift, kann bereits nicht nachvollzogen werden, auf welche Stelle im Senatsbeschluss Bezug genommen wird, da sich die zitierte Aussage (“… dass der Testamentsvollstrecker auf alle Fälle wegen § 2216 BGB an eine Verwaltungsanordnung gebunden sei“) nicht darin befindet. Auch ist weder ersichtlich noch vorgetragen, welche Schlussfolgerungen die Beklagtenseite hieraus zieht, sodass hierauf nicht weiter einzugehen ist.
2. Klageantrag II.
a) Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, dass kein Fall des § 319 ZPO vorliegen würde, da sich das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht mit einer etwaigen zeitlichen Einschränkung auseinandergesetzt habe. Auf die vorstehenden Ausführungen unter II. wird insoweit Bezug genommen.
b) Der Beklagten-Schriftsatz vom 25.10.2018 greift ferner die Ausführungen im Hinweisbeschluss auf S. 11/12 an (“Grundsätzlich steht ihm bei Auslegungsfragen keine Entscheidungsmacht zu, so dass er zur Vermeidung einer Haftung bei einer Fehlinterpretation ggfs. Feststellungsklage erheben muss“) und trägt vor, dass der Beklagte zu 1) unstreitig am 24.8.2016 eine Feststellungsklage beim Landgericht München II eingereicht habe, um den Auslegungsstreit unter den Erben klären zu lassen. Jedenfalls sei die vom Beklagten zu 1) vorgenommene Auslegung vertretbar gewesen, wie daraus ersichtlich sei, dass das Erstgericht und der Senat eine unterschiedliche rechtliche Qualifizierung der Anordnung der Erblasserin vorgenommen hätten. Das Vorbringen der Beklagten führt gleichfalls nicht zum Erfolg.
Wie der Senat bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt hat (LGU S.11unten/12 oben), ist die Annahme des rechtskundigen Beklagten zu 2), dass die von der Erblasserin getroffene Anordnung eines „Vorausvermächtnisses“ in Bezug auf die Immobilie aufgrund der Erbeinsetzung der beiden Miterben zu je 1/2 keinen Sinn mache und daher so ausgelegt werden müsse, dass nach dem Willen der Erblasserin die Testamentsvollstreckung im Vordergrund gestanden habe und der Beklagte daher zur Verwertung des Grundstücks berechtigt gewesen sei, nicht vertretbar. Ob es sich bei der fraglichen Anordnung um eine Teilungsanordnung handelt, wie der Senat mangels einer erkennbaren Begünstigungsabsicht in Bezug auf einen Miterben angenommen hat, oder um ein Vorausvermächtnis, wie das Erstgericht meint, ist im Ergebnis nicht entscheidend, da der Beklagte zu 1) in beiden Fällen zur Übereignung von hälftigem Bruchteilseigentum an die beiden Miterben verpflichtet wäre, so dass die unterschiedliche rechtliche Qualifizierung der Anordnung durch das Erstgericht und den Senat nicht als Argument für die Vertretbarkeit der vom Beklagten zu 2) vorgenommenen Auslegung herangezogen werden kann.
c) Die Behauptung der Beklagtenseite, das Erstgericht habe Vortrag im Schriftsatz vom 22.3.2017 übergangen, wonach dieser unstreitig eine Feststellungsklage zur Klärung seiner Verwertungsbefugnis beim Landgericht München I eingereicht habe, führt gleichfalls nicht zum Erfolg.
aa) Es handelt sich insoweit um neuen Tatsachenvortrag, den die Berufung erstmals im Schriftsatz vom 25.10.2018 (dort S. 2 = Bl. 252 d.A.) gebracht hat, so dass das Vorbringen verspätet ist (§ 530 ZPO) und daher nicht berücksichtigt werden kann. § 529 Abs. 2 S. 1 ZPO bestimmt für nicht von Amts wegen zu berücksichtigende Fehler, wie den hier gerügten Fehler, dass diese vom Berufungsgericht nur geprüft werden, wenn sie gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO gerügt worden sind. Hierauf hat der Senat bereits in seinen allgemeinen Verfahrenshinweisen hingewiesen. Es kann indes dahingestellt bleiben, ob das Landgericht entsprechenden Vortrag übergangen hat, da sich ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der mit Klageantrag Ziff. 2 begehrten Feststellung aufgrund folgender Erwägungen ergibt:
bb) Da der Beklagte zu 2) in seinem Schriftsatz vom 21.07.2016 erklärt hat, Verwertungshandlungen in Bezug auf die Immobilie zu unterlassen, bezieht sich diese Erklärung lediglich auf den Zeitraum ab dem 21.07.2016, sodass im Zeitraum ab Widerruf des von der Klägerin erteilten Einverständnisses mit dem Verkauf des Grundstücks am 12.7.2016 bis zur Erklärung im Schriftsatz vom 21.07.2016 nicht geklärt ist, ob der Beklagte zu 2) in dieser Zeit Verkaufsbemühungen unternommen hat, und daher insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis an der von der Klägerin begehrten Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zu 2), dem Nachlass den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, besteht.
cc) Darüber hinaus fehlt aber auch ein Nachweis, dass der Beklagte zu 2) in der Zeit ab der im Schriftsatz vom 21.07.2016 erklärten Abstandnahme tatsächlich keine Verkaufsbemühungen unternommen bzw. Makler beauftragt hat, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an einer entsprechenden Feststellung nicht verneint werden kann. Entgegen der Auffassung der Beklagten (vgl. Schriftsatz der Rechtsanwälte F., dort unter 5.) ist eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung eines Schädigers zum Ersatz künftiger Schäden zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts, wie vorliegend, besteht.
dd) Wenn es so wäre, wie der Beklagte zu 2) behauptet, dass keine Maklerkosten angefallen sind, dann hätte dies letztlich nur zur Folge, dass kein Schaden entstanden ist und den Beklagten daher auch keine Ersatzpflicht trifft. Das Rechtsschutzbedürfnis an der mit der Klage begehrten Feststellung in Ziff. 2 bleibt jedoch bestehen.
B. Schriftsatz der Rechtsanwälte F., Bl. 239/250 d.A. (Beklagte zu 1) und 2))
Klageantrag I.
1. Soweit die Beklagten das Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses in Bezug auf die erhobene Unterlassungsklage rügen, wird auf die vorstehenden Ausführungen unter A. 1.a) Bezug genommen.
2./3. Soweit die Beklagten zwar die Auffassung des Senats teilen, dass die fragliche Anordnung der Erblasserin rechtlich nicht als Vorausvermächtnis zu qualifizieren sei, jedoch die Ausführungen zur Teilungsanordnung im Hinweisbeschluss angreifen (S. 7 ff.) und geltend machen, dass die Erblasserin nur versehentlich den Begriff „Wert“ bei der Formulierung des „Vorausvermächtnisses“ in Bezug auf die Immobilie nicht verwendet habe, vermag dieses Vorbringen einen Rechtsfehler des Landgerichts bei der vorgenommenen Auslegung nicht zu begründen.
Das Landgericht hat vielmehr die höchstrichterlichen Rechtssätze bei der Auslegung der streitgegenständlichen Anordnung beachtet und weder Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt noch wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen. Es hat sich gerade nicht nur am Wortlaut der von der Erblasserin getroffenen Anordnung in Ziff. 2 des Testaments orientiert, sondern den gesamten Text des Testaments in den Blick genommen und ist wegen der in Ziff. 2 vorgenommenen Differenzierung (zwischen der streitgegenständlichen Immobilie einerseits und dem „Wert“ einer kleineren Immobilie im Falle des Verkaufs des Hauses andererseits) sowie der auch an anderen Stellen des Testaments vorgenommenen Unterscheidung zwischen einem Nachlassgegenstand, einem Anteil daran sowie dessen Wert zu der – auch den Senat überzeugenden – Auffassung gelangt, dass die Erblasserin den beiden Miterben jeweils hälftiges Bruchteilseigentum am streitgegenständlichen Grundstück zuwenden wollte. Eine versehentliche Auslassung des Wortes „Wert“ in Satz 1 von Ziff. 2, wie die Beklagten geltend machen, kann bereits aufgrund des Satzbaus ausgeschlossen werden.
Auch kann entgegen der Auffassung der Beklagtenseite aus der Verwendung des Begriffs „Wert“ bei der Zuteilung der übrigen Vermögenswerte nicht abgeleitet werden, dass die Erblasserin jegliche Berührungspunkte zwischen ihren beiden Kindern vermeiden wollte, sodass durch eine Übertragung des hälftigen Miteigentums an der Immobilie dieser Wunsch der Klägerin konterkarriert würde. Denn ein solcher tatsächlicher Wille der Erblasserin kann der Anordnung der Testamentsvollstreckung in Verbindung mit der Anordnung der wertmäßigen Aufteilung des Nachlasses in Bezug auf die Bankkonten nicht entnommen werden. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Erblasserin die Testamentsvollstreckung angeordnet hat, um jegliche Berührungspunkte zwischen ihren Kindern bei der Aufteilung ihres Nachlasses zu vermeiden, wie die Beklagten vortragen, würde dies der vom Landgericht vorgenommenen Auslegung nicht entgegenstehen, da eine Veräußerung der Immobilie bei nicht erzielbarer Einigung über einen freihändigen Verkauf unter den Geschwistern jederzeit im Wege der Zwangsversteigerung möglich wäre. Dass hierbei in der Regel ein erheblich schlechterer Kaufpreis erzielt wird als bei einem freihändigen Verkauf, ist allgemein bekannt und war auch den beiden Miterben bekannt, wie sich aus der vorgelegten Korrespondenz ergibt. Dass es der Erblasserin bei der getroffenen Anordnung in erster Linie darauf ankam, ihren Kindern den höchsten erzielbaren Verkehrswert des Hauses zuzuwenden, ergibt sich weder bei Vornahme einer Gesamtbetrachtung der testamentarischen Verfügungen noch kann unterstellt werden, dass eine aus objektiver Sicht vorzugswürdige Verwertung der Immobilie im Wege eines freiwilligen Verkaufs dem tatsächlichen Willen der Erblasserin entsprach.
Klageantrag II.
1. – 3. Soweit die Beklagtenpartei den Tenor des Erstgerichts mit der Begründung als rechtsfehlerhaft rügt, dass § 2219 BGB nur einen Schadensersatzanspruch des einzelnen Erben begründe, so dass die Klägerin als Miterbin zu 1/2 nur die Hälfte des geltend gemachten Betrages erstattet erhalten könne, greift dieser Einwand gleichfalls nicht durch.
Anspruchsberechtigter Gläubiger des Anspruchs aus § 2219 Abs. 1 BGB ist der Erbe. Bei einer Mehrheit von Erben ist für die Geltendmachung des Ersatzanspruchs allerdings § 2039 BGB maßgebend (MüKoBGB/Zimmermann BGB § 2219 Rn. 6-8, beck-online). Gehört ein Anspruch zum Nachlass, kann der Verpflichtete bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft – wie im Streitfall – mit befreiender Wirkung nur an alle Miterben gemeinschaftlich leisten. Danach ist zwar die Geltendmachung des Ersatzanspruchs durch jeden Miterben allein zulässig, jeder Miterbe kann jedoch nur die Leistung an alle Erben verlangen. Dies hat die Klägerin in Klageantrag II. zutreffend beantragt.
4. Soweit der Beklagte zu 2) die Ausführungen im Hinweisbeschluss auf S. 11 ff. angreift (“Haftung des Beklagten zu 2) für Schäden, die aufgrund einer nicht autorisierten Verwertung der Immobilie nach Widerruf des Einverständnisses gemäß § 2219 BGB entstanden sind“) und geltend macht, dass der Beklagte zu 2) nicht schuldhaft gehandelt habe, wird zunächst auf die vorstehenden Ausführungen unter A. 2. a) und b) zur Unvertretbarkeit jeder anderen Auslegung Bezug genommen. Wie oben bereits ausgeführt, hat der Beklagte zu 1) im Schreiben vom 21.7.2016 (Anl. K 6) selbst bestätigt, dass er bis zur rechtskräftigen Klärung der Frage, ob das Grundstück verwertet werden dürfe, weder Maklerverträge abschließen noch Verkaufsgespräche oder diesbezügliche Verhandlungen bezüglich des Grundstücks führen würde. Er hat somit die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage selbst erkannt; damit wäre ein Verstoß gegen diese „Selbstverpflichtung“ auch ohne weiteres schuldhaft für den Beklagten zu 2) persönlich.
C. Schriftsatz der Rechtsanwältin Dr. K., Bl. 236/238 d.A. (Streithelfer)
Soweit der Streithelfer lediglich pauschal rügt, dass sich der Senat in dem Hinweisbeschluss vom 29.08.2018 weder mit den Berufungsangriffen der Beklagten noch denen des Streithelfers auseinandergesetzt habe, verhilft dieses Vorbringen seinem Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da sich der Streithelfer weder mit den Argumenten im Hinweisbeschluss auseinandersetzt noch vorträgt, mit welchen konkreten Berufungsangriffen der Beklagten und des Streithelfers sich der Senat nicht auseinandergesetzt hat, so dass das Vorbringen nicht einlassungsfähig ist.
Soweit der Streithelfer vorträgt, dass die Erblasserin keinesfalls eine Teilungsanordnung hinsichtlich des streitgegenständlichen Anwesens in W. habe bestimmen wollen, wie der Senat angenommen habe, lässt das Vorbringen gleichfalls jegliche Auseinandersetzung mit den Gründen im Hinweisbeschluss vermissen, in welchem der Senat ausführlich dargelegt hat (vgl. dort S. 3/7), weshalb er die von der Erblasserin getroffene testamentarische Anordnung vom 24.10.2010 unter Ziff. 2 (“Vorausvermächtnisse“) als Teilungsanordnung ausgelegt hat. Auf die Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit der Streithelfer den tatsächlichen Willen der Erblasserin, keinesfalls eine Teilungsanordnung hinsichtlich der Immobilie in W. treffen zu wollen, aus der ausdrücklichen Anordnung einer Auseinandersetzungsvollstreckung herleitet, werden lediglich die bereits vorgetragenen Argumente wiederholt. Der Beklagte verkennt insoweit, dass eine Auseinandersetzungsvollstreckung auch dann vorliegt, wenn der Testamentsvollstrecker lediglich Teilungsanordnungen bzw. Vorausvermächtnisse der Erblasserin ausführt, worauf der Senat gleichfalls im Hinweisbeschluss hingewiesen hat (vgl. dort S. 7). Die Anordnung einer Auseinandersetzungsvollstreckung lässt daher nicht lediglich die vom Streithelfer gezogene Schlussfolgerung zu.
III.
1. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 101 Abs. 1 2. Hs., 708 Nr. 10, 711 ZPO; für die Anwendung von § 100 Abs. 2 ZPO sieht der Senat – wie im Ergebnis schon das Landgericht – keinen Anlass.
2. Zum Streitwert:
Abweichend von III. des Hinweisbeschlusses vom 29.8.2018 hält der Senat als Streitwert für den Antrag zu I. doch nur 10.000,- € für angemessen. Auch wenn bei der Bewertung eines Veräußerungsverbots gemäß § 6 S. 1 Alt. 1 ZPO grundsätzlich auf den Verkehrswert abzustellen ist, bewertet der Senat das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hier entsprechend ihrer eigenen Bezifferung und der Auffassung der Beklagten deutlich niedriger. Denn auch der Verwertungserlös würde der Erbengemeinschaft zugute kommen, so dass es hier nicht um die Realisierung des Verkehrswertes geht, sondern um das geringere Interesse der Klägerin, das Anwesen als Nachlassgegenstand zu erhalten. Das wirtschaftliche Interesse an der positiven Feststellungsklage (Klageantrag II.) bewertet der Senat mit 2.500,- € (vgl. S. 14 des Hinweisbeschlusses), sodass der Streitwert auf 12.500,- € festzusetzen war.