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Akteneinsicht in die Nachlassakte für Dritte: Testierfähigkeits-Gutachten einsehen?

Eine Anwaltskanzlei benötigte die Akteneinsicht in die Nachlassakte für Dritte, um sich in einem Schadensersatzprozess gegen den vermeintlichen Erben zu verteidigen. Das Gericht musste klären, ob die Anfechtung der Erbenstellung die Verletzung strengster Persönlichkeitsrechte des Erblassers rechtfertigt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 101 VA 12/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
  • Datum: 07.05.2025
  • Aktenzeichen: 101 VA 12/25
  • Verfahren: Beschwerde gegen die Ablehnung von Akteneinsicht
  • Rechtsbereiche: Nachlassrecht, Verfahrensrecht

  • Das Problem: Eine Anwaltskanzlei forderte Einsicht in das psychiatrische Gutachten einer Nachlassakte. Die Kanzlei brauchte diese Informationen für einen separaten Zivilprozess gegen sie. Das Amtsgericht lehnte die ergänzende Einsicht in das Gutachten ab.
  • Die Rechtsfrage: Hat eine außenstehende Partei ein Berechtigtes Interesse, vertrauliche Gutachten aus einer Erbschaftsakte einzusehen? Dieses Interesse muss vorliegen, wenn die Partei die geistige Verfassung des Verstorbenen anzweifeln muss, um einen anderen Rechtsstreit zu führen.
  • Die Antwort: Das Gericht hob die Ablehnung der unteren Instanz auf. Die Behörde muss den Antrag der Kanzlei neu prüfen. Das Gericht stellte fest, dass ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht grundsätzlich vorliegt.
  • Die Bedeutung: Auch externe Parteien können Einsicht in sensible Nachlassakten erhalten. Dies ist möglich, wenn sie diese Informationen zwingend für die Klärung eines anderen anhängigen Gerichtsverfahrens benötigen.

Der Fall vor Gericht


Darf man hinter das Schutzschild eines Erbscheins blicken?

Ein Erbschein ist im Rechtsverkehr ein mächtiges Dokument. Er wirkt wie ein offizielles Siegel, das verkündet: „Hier ist der Erbe“. Ein Mann nutzte dieses papierne Schild, um eine Anwaltskanzlei auf Schadensersatz zu verklagen.

Ein Rechtsanwalt studiert die Nachlassakte, um das berechtigte Interesse für die Akteneinsicht ins psychiatrische Gutachten zu beweisen.
Bayerisches Gericht stärkt Recht auf Akteneinsicht zur Widerlegung eines Erbscheins. | Symbolbild: KI

Die Kanzlei versuchte, hinter dieses Schild zu blicken. Sie forderte Zugang zu dem, was dem Erbschein seine Kraft gab: einem psychiatrischen Gutachten über den Verstorbenen. Die Weigerung des Gerichts, dieses Gutachten herauszugeben, zwang die Anwälte zu einem juristischen Manöver vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht.

Wie stark ist die Beweiskraft eines Erbscheins wirklich?

Im Zentrum des Falles stand ein Schadensersatzprozess. Ein Mann, vom Nachlassgericht als Alleinerbe bestätigt, verklagte eine Anwaltskanzlei. Sein Recht, überhaupt klagen zu dürfen – die sogenannte Aktivlegitimation –, leitete er aus seinem Erbschein ab. Die beklagte Kanzlei zweifelte genau diese Berechtigung an. Ihre These: Der Verstorbene war bei der Abfassung des Testaments, das den Mann zum Erben machte, gar nicht mehr testierfähig. Sollte diese Annahme zutreffen, wäre das Testament unwirksam und der Kläger kein Erbe. Sein Schadensersatzanspruch würde in sich zusammenfallen.

Der Erbschein selbst begründet das Erbrecht nicht, er bezeugt es nur. Das Bürgerliche Gesetzbuch stattet ihn mit einer starken rechtlichen Vermutung aus, dass die darin enthaltenen Angaben korrekt sind (§ 2365 BGB). Im Zivilprozess bedeutet das: Wer den Erbschein vorlegt, hat seine Erbenstellung zunächst bewiesen. Diese Vermutung ist aber kein unumstößliches Gesetz. Sie kann widerlegt werden, wie es die Zivilprozessordnung vorsieht (§ 292 ZPO). Die Anwaltskanzlei wollte genau das tun – den Gegenbeweis antreten, dass der Erblasser wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht testieren konnte (§ 2229 Abs. 4 BGB).

Unter welchen Umständen erhält ein Dritter Einblick in eine Nachlassakte?

Um den Gegenbeweis führen zu können, brauchte die Kanzlei Informationen. In der Nachlassakte des Verstorbenen schlummerte ein Schatz: ein detailliertes psychiatrisches Sachverständigengutachten. Dieses Gutachten war im ursprünglichen Erbscheinsverfahren angefertigt worden und kam zu dem Schluss, eine Testierunfähigkeit sei nicht nachweisbar. Auf dieser Grundlage hatte das Nachlassgericht den Erbschein ausgestellt. Die Kanzlei beantragte Einsicht in die komplette Akte, insbesondere in dieses Gutachten. Sie argumentierte, nur so könne sie ihre Verteidigung im Schadensersatzprozess vorbereiten.

Das Nachlassgericht verweigerte den Zugriff auf das Gutachten. Die Kanzlei habe bereits Teile der Akte gesehen. Das Ergebnis des Gutachtens sei aus dem Erbschein selbst ablesbar. Ein darüberhinausgehendes „berechtigtes Interesse“, wie es das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen für die Akteneinsicht durch Dritte fordert (§ 13 Abs. 2 FamFG), liege nicht vor. Die Kanzlei legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim Bayerischen Obersten Landesgericht ein. Ihr Standpunkt war klar: Die reine Kenntnis des Ergebnisses reicht nicht. Um die Richtigkeit des Erbscheins zu erschüttern, muss man die Grundlagen der Entscheidung – also das Gutachten – prüfen können.

Warum musste das Nachlassgericht seine Ablehnung überdenken?

Das Bayerische Oberste Landesgericht gab der Kanzlei im Kern recht. Es hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf und wies es an, den Antrag neu zu prüfen – unter Beachtung der korrekten juristischen Maßstäbe. Die Richter machten deutlich, dass das Nachlassgericht einen Denkfehler begangen hatte. Das Interesse der Kanzlei war nicht rein akademischer Natur. Es war ein konkretes rechtliches Interesse, das direkt aus der Notwendigkeit einer effektiven Prozessführung im Schadensersatzverfahren erwuchs.

Die Argumentation des Gerichts war bestechend einfach: Wer das Recht hat, die Vermutungswirkung eines Erbscheins zu widerlegen, muss auch die Mittel dazu erhalten. Die Kanzlei musste die Möglichkeit bekommen, die fachlichen Grundlagen des Gutachtens nachzuvollziehen, mögliche Schwachstellen zu finden und ihre Prozessstrategie darauf aufzubauen. Das bloße Endergebnis des Gutachtens genügt dafür nicht. Das Gericht muss bei seiner neuen Entscheidung das Informationsinteresse der Kanzlei gegen die schutzwürdigen Interessen des Erben und der anderen Beteiligten – etwa den Schutz sensibler medizinischer Daten – abwägen. Eine pauschale Ablehnung war rechtswidrig. Das Nachlassgericht muss nun eine neue, sorgfältig begründete Ermessensentscheidung treffen.

Die Urteilslogik

Das Recht, die Aktivlegitimation eines Klägers anzuzweifeln, eröffnet dem Prozessgegner einen Anspruch auf die notwendigen Beweismittel.

  • Der Erbschein bezeugt, nicht begründet: Die gesetzliche Vermutung der Erbenstellung, die ein Erbschein begründet, ist im Zivilprozess nicht unumstößlich, sondern lässt sich durch substantiierten Gegenbeweis erfolgreich erschüttern.
  • Effektive Verteidigung schafft berechtigtes Interesse: Die Notwendigkeit einer effektiven Prozessführung in einem anhängigen Zivilverfahren begründet für den Prozessgegner ein konkretes, rechtliches Interesse an der Akteneinsicht in die Nachlassakte.
  • Prüfbarkeit der Grundlagen gewährleisten: Gerichte dürfen das Einsichtsrecht in Beweismittel nicht auf die bloße Kenntnis des Ergebnisses beschränken, sondern müssen dem Dritten ermöglichen, die fachlichen und sachlichen Grundlagen eines Gutachtens umfassend nachzuvollziehen.

Die richterliche Pflicht gebietet es, das Informationsinteresse des Prozessgegners, der die Erbenstellung widerlegen will, sorgfältig gegen den Schutz sensibler Daten abzuwägen und eine pauschale Ablehnung zu vermeiden.


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Experten Kommentar

Ein amtliches Dokument wie der Erbschein wirkt auf viele wie eine undurchdringliche Mauer. Doch das Gericht hat hier klargestellt: Wer die Aktivlegitimation des Klägers im Zivilprozess angreifen muss, darf nicht nur das Endergebnis eines Gutachtens kennen, das diese Mauer stützt. Die bloße Kenntnis des positiven Gutachten-Ergebnisses hilft dem verteidigenden Anwalt wenig; erst die Einsicht in die komplette Nachlassakte ermöglicht eine tiefgehende Prüfung der Testierfähigkeit und damit eine echte Chance auf Widerlegung. Das Urteil ist damit eine klare rote Linie für Nachlassgerichte und eine entscheidende strategische Öffnung für alle Außenstehenden, die sich gegen die Vermutungswirkung des Erbscheins wehren müssen.


Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Kann man die Gültigkeit eines Erbscheins im Zivilprozess widerlegen?

Ja, Sie können die Beweiskraft eines Erbscheins im Zivilprozess erfolgreich erschüttern. Obwohl das Dokument eine starke Vermutungswirkung der Richtigkeit trägt, ist diese nicht unumstößlich. Der Erbschein ist kein unantastbares Gesetz, sondern schafft lediglich eine bezeugende Grundlage für die Erbenstellung. Sie können die Gültigkeit widerlegen, indem Sie den sogenannten Gegenbeweis antreten. Entscheidend ist dabei, die inhaltliche Unrichtigkeit des Scheins nachzuweisen.

Der Erbschein begründet das Erbrecht formal nicht, sondern er bezeugt lediglich die Erbenstellung nach außen. Gemäß § 2365 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schafft er eine gesetzliche Vermutung für die Korrektheit der Angaben. Diese Vermutung befreit die Gegenseite zwar zunächst von der Beweispflicht, sie ist jedoch stets widerlegbar. Im Zivilprozess erlaubt § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) explizit den Gegenbeweis, dass die im Erbschein genannte Person gar nicht der rechtmäßige Erbe ist.

Der stärkste Angriffspunkt ist der Nachweis der fehlenden Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung. War der Erblasser wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit nicht in der Lage zu testieren (§ 2229 Abs. 4 BGB), ist das gesamte zugrundeliegende Testament unwirksam. Dies entzieht dem Erbschein seine inhaltliche Grundlage. Konkret müssen Sie dabei die Feststellung des Nachlassgerichts angreifen und sich nicht auf die Rüge formaler Verfahrensfehler beschränken.

Fordern Sie bei Gericht formal die Akteneinsicht in die Nachlassakte an, um gezielt nach medizinischen Dokumenten oder Zeugenaussagen zu suchen, die die Testierfähigkeit des Erblassers in Zweifel ziehen.


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Habe ich Anspruch auf Einsicht in das psychiatrische Gutachten des Erblassers?

Ja, ein Anspruch auf Einsicht in das psychiatrische Gutachten besteht in der Regel, wenn Sie die Informationen zwingend für eine effektive Prozessführung benötigen. Das Nachlassgericht darf die Akteneinsicht nicht pauschal verweigern, selbst wenn das Gutachten hochsensible Daten enthält. Die Notwendigkeit, die Aktivlegitimation des Klägers im Zivilprozess anzuzweifeln, stellt ein konkretes berechtigtes Interesse dar (§ 13 Abs. 2 FamFG). Dieses rechtliche Interesse erzwingt die Einsicht in die Nachlassakte.

Die Regel: Dritte erhalten nur Einsicht in die Nachlassakte, wenn sie ein berechtigtes Interesse nachweisen können. Gerichte neigen oft dazu, den Schutz der medizinischen Daten des Erblassers über das Informationsinteresse Dritter zu stellen. Erfolgt eine Klage gegen Sie basierend auf einem Erbschein, müssen Sie jedoch in der Lage sein, dessen Vermutungswirkung (§ 2365 BGB) zu widerlegen. Dieses Verteidigungsinteresse wiegt oft schwerer als der Datenschutz.

Die reine Kenntnis des Gutachtenergebnisses ist für Ihre Verteidigung meist unzureichend. Um die Testierfähigkeit des Erblassers anzugreifen, müssen Sie die Methodik, die zugrundeliegenden Befunde und die fachlichen Schlussfolgerungen des Sachverständigen prüfen. Das Bayerische Oberste Landesgericht stellte klar: Wer das Recht hat, die Vermutungswirkung des Erbscheins zu erschüttern, muss auch die Mittel dazu erhalten. Eine pauschale Ablehnung des Zugriffs ist daher rechtswidrig und ignoriert Ihr Recht auf eine faire Prozessstrategie.

Stellen Sie einen neuen, detaillierten Antrag auf Akteneinsicht, der die Notwendigkeit der Widerlegung der Aktivlegitimation im laufenden Zivilprozess klar begründet.


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Wann habe ich ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Nachlassakte?

Ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in die Nachlassakte liegt dann vor, wenn Sie die enthaltenen Informationen zwingend zur Durchsetzung oder Verteidigung Ihrer Rechte in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren benötigen. Ein reines Informationsbedürfnis oder akademische Neugier reichen dafür nicht aus (§ 13 Abs. 2 FamFG). Ihr Anliegen muss ein juristisch schwerwiegendes, konkretes Ziel verfolgen. Sie müssen nachweisen, dass die Akteneinsicht ein notwendiges Mittel darstellt, um Ihre rechtliche Position zu sichern.

Dieses Interesse muss direkt aus der Notwendigkeit einer effektiven Prozessführung in einem Zivilverfahren entstehen. Wenn Sie beispielsweise die Aktivlegitimation eines Klägers in einem Schadensersatzprozess anzweifeln, benötigen Sie die Akten, um den Gegenbeweis antreten zu können. Solange Ihr Ziel darin besteht, die rechtliche Position eines Beteiligten im Hauptverfahren zu erschüttern, ist das Interesse grundsätzlich als konkret anzusehen. Das Nachlassgericht muss diese Notwendigkeit als konkretes rechtliches Interesse anerkennen.

Ob das Gericht die Einsicht gewährt, hängt letztlich von einer strengen Interessensabwägung ab. Das Gericht muss Ihr Informationsinteresse sorgfältig gegen die schutzwürdigen Belange anderer Beteiligter abwägen. Hierbei spielt der Schutz höchst sensibler medizinischer Daten eine zentrale Rolle. War in der Akte etwa ein psychiatrisches Gutachten hinterlegt, muss das Gericht prüfen, ob Ihre Notwendigkeit zur Widerlegung eines Erbscheins diesen Datenschutz überwiegt. Eine pauschale Ablehnung des Antrags aufgrund des Datenschutzes ist rechtswidrig.

Identifizieren Sie daher in Ihrem Antrag das spezifische Aktenzeichen des Hauptverfahrens und begründen Sie das Einsichtsrecht als direkte Notwendigkeit für Ihre Verteidigungsstrategie.


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Was kann ich tun, wenn das Nachlassgericht meine Akteneinsicht ablehnt?

Die Ablehnung der Akteneinsicht durch das Nachlassgericht ist nicht endgültig und blockiert Ihre Verteidigung nicht. Sie müssen sofort handeln und gegen diese Entscheidung Beschwerde bei der nächsthöheren Instanz einlegen. Argumentieren Sie dabei, dass das Gericht die notwendige Abwägung Ihres Informationsinteresses fehlerhaft vorgenommen hat. Dies ist der entscheidende juristische Fahrplan, um die Einsicht in die Nachlassakte doch noch durchzusetzen.

Die Regel: Das Gericht darf Ihr Interesse an den Akten nicht pauschal als Neugier abtun. Stattdessen ist das Nachlassgericht verpflichtet, eine sorgfältige Interessensabwägung vorzunehmen. Dabei muss es Ihr konkretes rechtliches Interesse – insbesondere das Recht auf effektive Prozessführung in einem Zivilverfahren – gegen die schutzwürdigen Belange des Erben, etwa den Schutz sensibler medizinischer Daten, abwägen. Eine einfache Ablehnung, ohne diese Abwägung transparent darzulegen, kann einen gerichtlichen Fehler darstellen.

Konkret: Ihre Beschwerde muss diesen sogenannten „Denkfehler“ des Nachlassgerichts rügen. Ein bekanntes Urteil des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) zeigt, dass eine solche pauschale Ablehnung oft rechtswidrig ist. Das Gericht hob die Entscheidung auf und wies das Nachlassgericht an, den Antrag neu zu prüfen. Das Ziel der Beschwerde ist somit nicht zwingend die sofortige Einsicht, sondern die Neubewertung des Antrags nach korrekten juristischen Maßstäben, basierend auf Ihrer Notwendigkeit zur Prozessführung.

Verfassen Sie die formelle Beschwerde unbedingt innerhalb der gesetzlichen Frist an die nächsthöhere Gerichtsinstanz, um Ihre Prozessrechte zu wahren.


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Welche Beweismittel brauche ich, um Testierunfähigkeit festzustellen?

Um die Testierunfähigkeit eines Erblassers erfolgreich nachzuweisen, benötigen Sie mehr als allgemeine Zeugenaussagen von Laien. Der Goldstandard im Erbrecht ist das Sachverständigengutachten. Dieses medizinisch fundierte Dokument muss belegen, dass zur Zeit der Testamentserrichtung eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorlag. Diese Störung muss die freie Willensbildung des Erblassers ausgeschlossen haben, wie es das Bürgerliche Gesetzbuch vorsieht (§ 2229 Abs. 4 BGB).

Der Gesetzgeber legt die juristischen Anforderungen bewusst hoch, weil jedes Testament zunächst als gültige Willenserklärung gilt. Allgemeine Zeugenaussagen, die den Erblasser lediglich als „verwirrt“ beschreiben, genügen daher selten, um die Vermutung der Testierfähigkeit zu widerlegen. Sie müssen präzise nachweisen, dass die Störung nicht nur altersbedingt oder temporär war, sondern eine medizinisch feststellbare Krankheit darstellte. Nur ein forensisches Gutachten kann die schwere Hürde der „krankhaften Störung“ im Kontext der Testierunfähigkeit fundiert belegen.

Ein Sachverständiger stützt sein Gutachten in der Regel auf zeitgenössische medizinische Unterlagen, Pflegeprotokolle und Krankenhausakten des Erblassers. Diese Dokumente sind besonders kritisch, weil sie den Zustand zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung widerspiegeln. Falls ein Gutachten bereits im Erbscheinsverfahren erstellt wurde, sollten Sie dessen Methodik und Grundlagen akribisch prüfen. Nur durch die Anfechtung der fachlichen Basis des Gutachtens kann die Beweiskraft des resultierenden Erbscheins wirksam erschüttert werden.

Sichern Sie umgehend alle medizinischen Unterlagen und Pflegeprotokolle des Erblassers aus der relevanten Zeitspanne, um einem Sachverständigen eine solide Basis für die forensische Beurteilung zu bieten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Ein Erbrecht Glossar Buch mit Waage, Taschenuhr und Testament auf einem Schreibtisch.

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Aktivlegitimation

Juristen nennen die Aktivlegitimation die formelle Berechtigung einer Partei, einen Anspruch im Prozess überhaupt als Kläger geltend machen zu dürfen. Dieses Prinzip stellt sicher, dass nur derjenige eine Klage führt, dem das eingeklagte Recht tatsächlich zusteht, und verhindert Prozesse, die von unbeteiligten Dritten angestrengt werden.

Beispiel: Im Schadensersatzprozess musste der Kläger seine Aktivlegitimation beweisen, da die beklagte Kanzlei bezweifelte, dass er tatsächlich der rechtmäßige Erbe und somit Anspruchsinhaber war.

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Berechtigtes Interesse

Ein berechtigtes Interesse liegt vor, wenn eine dritte Person die Akteneinsicht zwingend zur Verteidigung oder Durchsetzung eigener konkreter Rechte in einem anhängigen gerichtlichen Verfahren benötigt (§ 13 Abs. 2 FamFG). Das Gesetz begrenzt den Zugriff auf sensible Akten, um den Schutz der persönlichen Daten anderer Beteiligter, wie des Erblassers, zu gewährleisten.

Beispiel: Die Anwaltskanzlei begründete ihr berechtigtes Interesse damit, dass sie das psychiatrische Gutachten zur effektiven Widerlegung der Erbenstellung im Zivilprozess benötigte.

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Erbschein

Der Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und die Erbenstellung einer bestimmten Person gegenüber dem Rechtsverkehr öffentlich bezeugt. Dieses Dokument erleichtert den Rechtsverkehr ungemein, da es Banken, Grundbuchämtern und anderen Institutionen Sicherheit gibt, wer als Rechtsnachfolger des Verstorbenen handeln darf.

Beispiel: Der Kläger nutzte den ihm ausgestellten Erbschein als Beweis, um seine Aktivlegitimation im Klageverfahren gegen die Anwaltskanzlei zu untermauern.

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Gegenbeweis

Der Gegenbeweis ist das prozessuale Mittel, mit dem eine Partei die Widerlegung einer gesetzlichen Vermutung, wie der Richtigkeit eines Erbscheins, durch eigene Beweismittel anstrebt (§ 292 ZPO). Obwohl das Gesetz die Beweislast durch eine Vermutung erleichtert, muss stets die Möglichkeit bestehen, diese Annahme zu erschüttern, um der materiellen Wahrheit zum Durchbruch zu verhelfen.

Beispiel: Die beklagte Kanzlei wollte im Schadensersatzprozess den Gegenbeweis antreten, indem sie mithilfe des psychiatrischen Gutachtens die fehlende Testierfähigkeit des Erblassers nachwies.

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Nachlassakte

Bei der Nachlassakte handelt es sich um die vom Nachlassgericht geführten amtlichen Unterlagen und Schriftstücke, die sämtliche Vorgänge rund um den Tod und die Erbfolge einer Person dokumentieren. Diese Akte dient als zentrale Dokumentationsstelle für das gesamte Erbscheinsverfahren, enthält oft Testamente, Gutachten und Protokolle und sichert die Nachvollziehbarkeit der gerichtlichen Entscheidungen.

Beispiel: Das psychiatrische Sachverständigengutachten über den Erblasser befand sich geschützt in der Nachlassakte und war für Dritte nicht ohne Weiteres zugänglich.

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Testierfähigkeit

Testierfähigkeit beschreibt die juristische Fähigkeit einer Person, wirksam ein Testament zu errichten oder einen Erbvertrag abzuschließen, ohne dass krankhafte geistige Störungen vorliegen. Das Gesetz (§ 2229 Abs. 4 BGB) schützt den freien Willen und sieht vor, dass eine letztwillige Verfügung unwirksam ist, wenn sie wegen einer schweren Störung der Geistestätigkeit nicht frei gebildet werden konnte.

Beispiel: Die Kanzlei argumentierte, der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht testierfähig gewesen, weshalb das zugrundeliegende Testament unwirksam sei.

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Vermutungswirkung

Die Vermutungswirkung ist die starke rechtliche Folge des Erbscheins, die besagt, dass die Angaben zur Erbenstellung als wahr angenommen werden, bis das Gegenteil bewiesen ist (§ 2365 BGB). Durch diese gesetzliche Fiktion wird der Kläger, der den Erbschein vorlegt, von der sofortigen Beweislast befreit, was die Abwicklung von Erbfällen enorm beschleunigt und Rechtssicherheit schafft.

Beispiel: Aufgrund der Vermutungswirkung des Erbscheins musste die beklagte Kanzlei die Beweislast übernehmen, um nachzuweisen, dass der Kläger nicht der rechtmäßige Erbe war.

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Das vorliegende Urteil


BayObLG – Az.: 101 VA 12/25 – Beschluss vom 07.05.2025


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