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Akteneinsichtsrecht Miterbe in Insolvenzakten eines weiteren Miterben

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 11 VA 9/21 – Beschluss vom 04.10.2021

1. Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung v. 25.08.2021 gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Potsdam vom 09.08.2021, mit der ihm Akteneinsicht in die Gerichtsakten zum Az. 53 IN 428/18 versagt worden ist, wird zurückgewiesen.

2. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt Akteneinsicht in die Insolvenzakten des Antragsgegners. Der Antragsgegner hat ihm unter dem 09.08.2021 die Akteneinsicht in die Akten zum Geschäftszeichen 53 IN 428/18 mit der Begründung versagt, dass der beteiligte Insolvenzverwalter einer Akteneinsicht des Antragstellers widersprochen und der Antragsteller im Übrigen ein rechtlich geschütztes Interesse an der Einsichtnahme gem. § 299 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht habe.

Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 ff. EGGVG vom 25.08.2021, beim Amtsgericht Potsdam eingegangen am selben Tag, verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

Er ist der Auffassung, dass ihm ein Anspruch auf Akteneinsicht in die im Tenor näher bezeichneten Gerichtsakten zustehe, was im Einzelnen ausgeführt wird

II.

Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1) Der Antrag ist gem. § 23 ff. EGGVG zulässig.

a) Der Antrag richtet sich gegen einen Justizverwaltungsakt im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG und ist daher statthaft. Nach dieser Vorschrift entscheiden auf Antrag die ordentlichen Gerichte über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozessrechts, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Strafrechtspflege getroffen werden. Rechtsprechungsakte der Gerichte stellen keine Justizverwaltungsakte dar, sodass für diese der Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet ist (Lückemann, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 23 EGGVG Rn. 3; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschl. v. 22.06.2018 – 2 VA 12/14, Rn. 26, juris). Bei der Entscheidung des Gerichtsvorstands über ein Akteneinsichtsgesuch gem. § 299 ZPO handelt es sich hingegen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, nicht um einen Rechtsprechungsakt, sondern um einen Justizverwaltungsakt gem. § 23 Abs. 1 S. 1 EGGVG (BGH, Beschl. v. 29.04.2015 – XII ZB 214/14, NJW 2015, 1827).

b) Der Antragsteller ist antragsbefugt im Sinne des § 24 Abs. 1 EGGVG, weil er Adressat der ablehnenden Entscheidung des Amtsgerichts Potsdam (1451 E-1779) vom 09.08.2021 ist.

c) Der Antrag richtet sich auch gegen den richtigen Antragsgegner. Richtiger Antragsgegner ist nach § 23 EGGVG in Verbindung mit § 8 Nr. 3 FamFG das Amtsgericht Potsdam, das nach § 9 Abs. 3 FamFG durch den Präsidenten als Vorstand des Amtsgerichts vertreten wird (vgl. hierzu allgemein BGH, Beschl. v. 17.03.2016 – IX AR (VZ) 1/15, NZI 2016, 508).

d) Der Antrag ist form- und fristgerecht, nämlich schriftlich binnen der Monatsfrist des § 26 Abs. 1 S. 1 EGGVG, eingereicht worden. Der angefochtene Bescheid ist dem Antragsteller am 11.08.2021 zugestellt worden (Bl. 45 der Beiakte 1451 E-1779 des Amtsgerichts Potsdam). Der Antrag vom 25.08.2021 wahrte demnach die Frist.

2) Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid des Antragsgegners ist vom 09.09.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

Der Antragsteller hat ein rechtlich geschütztes Interesse an der Einsicht in die Insolvenzakten des Verfahrens 53 IN 428/18 nicht glaubhaft gemacht (§ 299 Abs. 2 ZPO).

a) Personen, die nicht Partei sind, darf gem. § 299 Abs. 2 ZPO Akteneinsicht nur gewährt werden, wenn alle Parteien zustimmen oder wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen. Entsprechendes gilt, wenn eine Partei nach Abschluss des Verfahrens Akteneinsicht begehrt (BeckOK ZPO/Bacher, 41. Ed. 01.07.2021, § 299 Rn. 26). Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller durch den Akteninhalt rechtlich berührt wird. Dabei muss sich das rechtliche Interesse aus der Rechtsordnung selbst ergeben und verlangt als Mindestbedingung ein auf Rechtsnormen beruhendes oder durch solche geregeltes gegenwärtiges Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache (BGH, Beschl. v. 05.04. 2006 – IV AR(VZ) 1/06, NZG 2006, 595, 596).

b) Zutreffend und mit überzeugender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat der Präsident des Amtsgerichts Potsdam in der angefochtenen Entscheidung ein rechtliches Interesse des Antragstellers verneint.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichtspräsidenten, wonach allein der Umstand, dass die Insolvenzmasse an die Stelle des Miterben getreten ist, kein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme in die Insolvenzakten begründet.

Auch der Umstand, den der Antragsteller maßgeblich in seiner Antragsschrift vom 25.08.2021 anführt, die Einsichtnahme könne für ihn wichtig sein, weil die Verwertung des wesentlichen Nachlassgegenstandes der (großen) Erbengemeinschaft betreffend den Grundbesitz die vollständige Kenntnis des Akteninhalts notwendig mache, ist nicht nachvollziehbar. Etwaige Auskunftsansprüche dürften sich hinsichtlich der weiteren Beteiligten der Erbengemeinschaft ohne Weiteres auf zivilrechtlichem Wege geltend machen lassen.

Auch begründet die „zielstrebige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaften“ ein rechtliches Interesse nicht. Insbesondere bildet die vorgenannte Auseinandersetzung offensichtlich nicht den „Gegenstand des Verfahrens“, in den eine Einsichtnahme begehrt wird.

Gleichermaßen vage und abstrakt ist das Argument des Antragstellers, dass zu vermuten sei, dass durch die Einsichtnahme geklärt werden könne, welche offenen Fragen für die (kleine) Erbengemeinschaft noch bestünden bzw. gelöst werden könnten. Auch dies betrifft offensichtlich nicht den Gegenstand eines Insolvenzverfahrens.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 30 S. 2 EGGVG. Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten besteht kein Anlass.

4. Die Festsetzung des Gegenstandswerts hat ihre Rechtsgrundlage in § 36 Abs. 3 GNotKG. In Ermangelung hinreichender Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts war von dem Regelbetrag auszugehen. Entgegen der Annahme des Antragstellers beträgt der Regelbetrag nach der vorgenannten Vorschrift indessen 5.000,00 €.

5. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 29 Abs. 1 EGGVG).

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