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Alleinerbeneinsetzung des Abkömmlings in einem Ehe- und Erbvertrag

OLG Rostock – Az.: 3 W 19/19 – Beschluss vom 30.07.2019

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 25.01.2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 21.12.2018 abgeändert und der Antrag des Beteiligten zu 1. auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 14.09.2018 auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Zur Darstellung des Sachverhalts wird zunächst auf den Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 21.12.2018 Bezug genommen wird.

Die Sachverhaltsdarstellung des Amtsgerichts wird dahingehend ergänzt, dass der Beteiligte zu 2. das einzige Kind der C. M. und des A. F. B. ist, die (für beide jeweils die zweite) Ehe miteinander eingingen und vorab zur UR-Nr. 553/2014 des Notars H. S. einen Ehe- und Erbvertrag mit Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen schlossen. In diesem Vertrag verzichteten beide Vertragsparteien jeweils auf die Geltendmachung von Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen nach dem Tode des anderen Ehegatten und bestimmten, dass ein jeder den Sohn F., den Beteiligten zu 2., als gemeinsamen Sohn zum Alleinerben beruft, der mit der Gewährung eines Wohnrechtes am Familienheim in A. zugunsten des Längstlebenden belastet wurde. Zudem ordneten die Eheleute Testamtsvollstreckung an und bestimmten, dass bis zum Erreichen des 25. Lebensjahres der überlebende Elternteil die Testamentsvollstreckung ausüben solle. Ein Ersatztestamentsvollstrecker wurde nicht benannt. Am 18.11.2014 verstarb A. F. M., geb. B., und wurde von dem Beteiligten zu 2. beerbt. Die Erblasserin wurde als die überlebende Ehegattin zur Testamentsvollstreckerin bestellt und trat dieses Amt am 28.08.2015 an.

In der Folgezeit erkrankte die Erblasserin schwer an Brustkrebs und befasste sich zunehmend mit der Frage, wie nach ihrem etwaigen Tod für ihren Sohn Sorge getragen werden könne. Am 14. und 22.02.2018 begab sich die Erblasserin, die die Eheleute H. nach dem Tode des A. F. M., geb. B., zunächst geschäftlich beim Verkauf eines in ihrem Eigentum stehenden Zweifamilienhauses in S. kennengelernt hatte, in deren Begleitung in die Anwaltspraxis des Beteiligten zu 1., um sich dazu beraten zu lassen, wie für ihren Todesfall Vorsorge in Bezug auf den Beteiligten zu 2. getroffen werden könne. Der Beteiligte zu 1. hatte zu diesem Zeitpunkt verschiedentlich Mandate für die Eheleute H. und / oder von diesen betriebenen Unternehmen wahrgenommen, die die Interessen der Erblasserin nicht berührten, wobei Einzelheiten hierzu vom Senat nicht aufgeklärt werden konnten. Am 22.02.2018 bat die Erblasserin den Beteiligten zu 1., der aufgrund der anwaltlichen Beratung ins Auge gefassten letztwilligen Verfügung für eine spätere Beurkundung durch Notar R. B. G. zu übersenden. Dem kam der Beteiligte zu 1. mit der Übersendung des Beratungsschreibens vom 26.02.2018 an die Erblasserin sowie des Entwurfs einer ergänzenden testamentarischen Verfügung (vgl. Bl. 25 – 28 d. A.) nach. Inhalt der testamentarischen Verfügung sollten danach die Bestellung eines Vormundes und eines Ersatzvormundes für den Beteiligten zu 2. sowie eine Anregung der Erblasserin an das Nachlassgericht zur Auswahl eines noch nicht namentlich benannten Testamentsvollstreckers sein. In der Folgezeit suchte die Erblasserin die Kanzlei des Beteiligten zu 1. anlässlich von Behandlungsterminen in R. mehrfach auf. Nach Angaben des Beteiligten zu 1. bat sie ihn hierbei mehrmals, sich als Testamentsvollstrecker zur Verfügung zu stellen und äußerte wiederholt die Vorstellung, dass M. H. als Ersatzvormund benannt werden solle. Zu einer abschließenden Entscheidung und Beurkundung kam es jedoch zunächst nicht.

Nach Angaben des Beteiligten zu 1. informierten ihn die Eheleute H. am Morgen des 12.07.2018 zunächst telefonisch und anschließend persönlich in seinem Büro, dass sich der Gesundheitszustand der Erblasserin, die nunmehr auf der Palliativstation des Klinikums S. behandelt wurde, deutlich verschlechtert habe und die Erblasserin jetzt die Beurkundung der testamentarischen Verfügung entsprechend den im Vorfeld geäußerten Wünschen und die Beurkundung von Generalvollmachten und Vorsorgevollmachten für die Eheleute H. wünsche. Eine erneute telefonische oder persönliche Rücksprache des Beteiligten zu 1. mit der Erblasserin erfolgte nicht. Der Beteiligte zu 1. übermittelte dem Zeugen R. B. G., der von den Eheleuten H. seit mehreren Jahren regelmäßig als Urkundsnotar beauftragt wird, sowohl einen Entwurf für das ergänzende notarielle Testament der Erblasserin als auch von ihm gefertigte Entwürfe für eine Generalvollmacht sowie eine Vorsorgevollmacht, mit der die Erblasserin die Eheleute M. und Ma. H. jeweils einzeln bevollmächtigte und hinsichtlich des zu beanspruchenden Aufwendungsersatzes regelte: „Neben den gesetzlichen Ansprüchen der Bevollmächtigten auf Aufwendungsersatz steht ihnen eine großzügige Belohnung zu.“

Nach einem anschließenden persönlichen Gespräch in den in der Nähe liegenden Räumlichkeiten des Notariats entschied der Zeuge R. B. G., dass er die gewünschten Beurkundungen wegen des schlechten Gesundheitszustandes der Erblasserin noch am selben Tag nach Abschluss der für diesen Tag in seinem Notariat vorgesehenen Urkundsgeschäfte im Klinikum S. R. vornehmen wolle und begab sich in den späten Nachmittagsstunden des 12.07.2018 auf die Palliativstation des Klinikums S. R., wo die Erblasserin in einem Zweibettzimmer lag. Bei Durchführung der anschließenden Beurkundungen des Testaments sowie der beiden General- und Vorsorgevollmachten zugunsten von M. und Ma. H. waren neben der Erblasserin und einem schwer kranken Mitpatienten auch die Eheleute M. und Ma. H. anwesend. Die Mutter der Erblasserin, Frau R. M., sowie die Freundin der Erblasserin seit Kindertagen, die Zeugin J. G., die die Erblasserin im Verlauf des Nachmittags besucht und die Erblasserin dort in einem sehr erschöpften, schmerzhaften Zustand, der ein Gespräch nicht zuließ, vorgefunden hatten, hatten die Klinik zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen und beabsichtigten, die Erblasserin am nächsten Tag zusammen mit dem Beteiligten zu 2. erneut zu einem Krankenbesuch aufzusuchen. Nach den Bekundungen des Zeugen R. B. G. beglaubigte dieser zunächst die Unterschriftsleistung der Erblasserin unter den Vollmachten, ohne diese mehrseitigen Dokumente inhaltlich vorzulesen oder sie mit der Erblasserin zu erörtern. Die bei der Beurkundung anwesenden Eheleute H. hatten gegenüber der Erblasserin, die diese Dokumente nicht selbst durchlas, nach Erinnerung des Zeugen G. bestätigt, dass es sich bei dem Urkundsinhalt um die zwischen ihnen vorbesprochenen Vollmachten handele. Anschließend erfolgte die Beurkundung des Testaments. Dieses hatte der Notar in vorbereiteter maschinenschriftlicher Form nebst der maschinenschriftlich vorbereiteten Anlage zum Beurkundungstermin mitgebracht und die auf der Urkunde ersichtlichen handschriftlichen Einfügungen im Beurkundungstermin eingefügt. Eine Rücksprache des Notars mit dem diensthabenden Stationsarzt, der beim Eintreffen des Notars auf der Palliativstation bei der Erblasserin eine ärztliche Visite durchführte, erfolgte nicht.

Nach der Beurkundung und einem Abendessen schlief die Erblasserin ein. Gegen 22.30 Uhr wurden sowohl die Mutter der Erblasserin als auch der Zeuge Ma. H. seitens des Klinikums S. R. davon in Kenntnis gesetzt, dass sich der Zustand der Erblasserin erheblich verschlechtert habe. Daraufhin begaben sich sowohl die Mutter der Erblasserin, Frau R. M., von der Zeugin J. G. und ihrem Ehemann gefahren, als auch die Eheleute H. ins Klinikum. Bei ihrem Eintreffen in den frühen Morgenstunden des 13.07.2018 war die Erblasserin C. M. bereits verschieden.

Die persönlichen Gegenstände der Erblasserin wurden später dem Zeugen M. H. ausgehändigt und von diesem mitgenommen. Zum Nachlass der Erblasserin gehören neben diesen Gegenständen auch die bei dem Verkauf des in Stralsund belegenen Zweifamilienhauses erzielten, der Höhe nach unbekannten Erlöse sowie die aus dem Verkauf eines auf Rügen gelegenen Grundstücks der Erblasserin erzielten Erlöse in unbekannter Höhe, die jedenfalls teilweise in einem Unternehmen der M. H. in Form eines Darlehens oder einer Einlage verblieben sind, sowie eine von dem mit Wohnungsverwaltungen befassten Unternehmen der M. H. verwaltete Ferienimmobilie. Von den am 12.07.2018 erteilten Generalvollmachten und Vorsorgevollmachten erlangte der Beteiligte zu 2. erst im Verlauf des Beschwerdeverfahrens (Anhörungstermin) Kenntnis.

Der Beteiligte zu 2. wendet sich mit seiner am 25.01.2019 eingegangenen Beschwerde gegen den ihm am 07.01.2019 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 21.12.2018. Er ist der Auffassung, dass nur wenige Stunden vor dem Tod der Erblasserin auf der Paliativstation des Klinikums S. R. aufgenommene notarielle Testament vom 12.07.2018 (UR-Nr. 1552/2018 des Notars R. B. G.) sei insgesamt unwirksam, weil die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt bereits testierunfähig gewesen sei. Neben schmerzstillenden Opiaten habe die Erblasserin nach Verordnung durch ihren Hausarzt auch Methadon zur Schmerzlinderung eingenommen. Jedenfalls aber könne der Beteiligte zu 1. nicht zum Testamentsvollstrecker bestellt werden, weil er zuvor vielfach für die Eheleute M. und Ma. H. oder deren Unternehmen anwaltlich tätig geworden sei und bei der Wahrnehmung von Testamentsvollstreckeraufgaben für den Beteiligten zu 2. in einen Interessenkonflikt mit dieser Mandantschaft geraten könne.

Der Beteiligte zu 1. verteidigt den angefochtenen Beschluss. Er sei am 12.07.2018 tätig geworden, nachdem die Eheleute H. ihn als Boten der Erblasserin davon in Kenntnis gesetzt hätten, dass die Erblasserin nunmehr sowohl die Errichtung eines notariellen Testaments durch Notar B. R. G. mit dem zuvor erörterten Inhalt sowie die Beglaubigung der Erteilung von General- und Vorsorgevollmachten für die Eheleute M. und Ma. H. wünsche. Über die schriftlich dokumentierten Beratungsgespräche hinaus sei es zuvor zu mehrfachen Besprechungen mit der Erblasserin gekommen, in der diese ihn wiederholt ersucht habe, das Amt des Testamentsvollstreckers nach ihrem Ableben zu übernehmen. Zu etwaigen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Erblasserin und den Eheleuten M. und Ma. H. habe er nicht recherchiert. Ein Interessenkonflikt, der ihn an der Wahrnehmung des Amtes des Testamentsvollstreckers hindere, sei nicht ersichtlich. Soweit Forderungen des Beteiligten zu 2. gegen die Eheleute H. durchzusetzen sein, werde dies geschehen. Bislang habe der Vormund des Beteiligten zu 2. ihm keine Auskünfte zu Art und Umfang des zu verwaltenden Nachlasses erteilt.

Der Senat hat im Anhörungstermin vom 11.07.2019 die Zeugen J. G., F. D., R. B. G. und Ma. H. sowie den Beteiligten zu 1. und den Vormund des Beteiligten zu 2. vernommen.

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässig eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 2. erweist sich in der Sache als begründet.

a.

Im Ergebnis der Anhörung vom 11.07.2019 sieht es der Senat als erwiesen an, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments vom 12.07.2018 beabsichtigt hat, einen Testamentsvollstrecker zu bestellen, der sowohl als Testamentsvollstrecker hinsichtlich des Nachlasses von A. F. M., geborener B., als auch hinsichtlich des eigenen Nachlasses tätig werden sollte. Für diese Beurteilung ist zunächst maßgebend, dass der Wortlaut des § 3 der notariellen Urkunde vom 12.07.2018 (UR.-Nr. 1552/2018 des Notars R. B. G.) lautet:

„Mit oben genanntem Ehe- und Erbvertrag wurde Testamentsvollstreckung angeordnet und der überlebende Elternteil zum Testamentsvollstrecker benannt. Sollte das Nachlassgericht an meiner statt einen Testamentsvollstrecker als Nachfolger auszuwählen haben, rege ich an, bzw. ordne ich (soweit zulässig) an, Herrn Rechtsanwalt M. B., kanzleiansässig in R., … als Testamentsvollstrecker zu benennen. Zur Vergütung will ich heute nichts regeln. Ersatzpersonen: Rechtsanwalt R., ansässig …, R. Bei der genannten Dauertestamentsvollstreckung (25. Lebensjahr) soll es bleiben.“

Auch wenn die Klausel ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf die Aufgaben des Testamentsvollstreckers für den Nachlass des A. F. M. Bezug nimmt, ergibt die gebotene umfassende Auslegung doch, dass die Erblasserin einheitlich einen Testamentsvollstrecker sowohl für den Nachlass des A. F. M. als auch für ihren eigenen Nachlass benennen wollte. Die der Erblasserin bewusste schwere Erkrankung und der gegenüber dem Beteiligten zu 1. vielfach geäußerte Wunsch, umfassend und bestmöglich für ihren Sohn Vorsorge treffen zu wollen, lassen darauf schließen, dass die Erblasserin nicht nur für den Nachlass des A. F. M. einen Testamentsvollstrecker benennen wollte, sondern auch für den eigenen Nachlass. Dabei entnimmt der Senat der Klausel im Wege der Auslegung weiter, dass die Erblasserin für die beiden Fälle der Testamentsvollstreckung ein- und denselben Testamentsvollstrecker bestellen wollte, soweit dies rechtlich zulässig war. Dabei stützt sich der Senat einerseits auf die deutlich erkennbare Interessenlage der Erblasserin, dass in ihrer Nachfolge nur eine Person als Testamentsvollstrecker tätig werden solle, schon um divergierende und dem Wohl ihres Sohnes abträgliche Entscheidungen zu vermeiden. Der im Verlauf der Beurkundung vom 12.07.2018 durch den Notar R. B. G. handschriftlich hinzugefügte Zusatz („soweit zulässig“) belegt zur Gewissheit des Senats, dass die Erblasserin einen Vorrang der im Ehe- und Erbvertrag mit Pflichtteilsvereinbarung vom 05.05.2014 getroffenen Regelung sah und die von ihr ergänzend getroffene Bestimmung nur dann Geltung erlangen sollte, wenn dies (ohne im Widerspruch zu den zuvor gemeinsam mit A. F. M. getroffenen Regelungen zu geraten) möglich war.

Bei dieser Sachlage erweist sich die im Testament vom 12.07.2019 getroffene Bestimmung des Beteiligten zu 1. als Testamentsvollstrecker als insgesamt unwirksam:

Die seitens des A. F. M. im Ehe- und Erbvertrag mit Pflichtteilsverzichtsvereinbarung vom 05.05.2014 getroffene abschließende Regelung hinsichtlich der Testamentsvollstreckung für seinen Nachlass konnte die Erblasserin nicht abändern. Da A. F. M. in seiner letztwilligen Verfügung von der Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers abgesehen hatte und die überlebende Ehegattin auch nicht dazu befugt hat, an seiner Stelle einen weiteren Testamentsvollstrecker zu berufen, ist seine im Ehe- und Erbvertrag mit Pflichtteilsverzichtsvereinbarung getroffene Bestimmung dahingehend auszulegen, dass im Falle eines etwaigen Wegfalls der ihn überlebenden C. M. vom zuständigen Nachlassgericht ein Testamentsvollstrecker zu bestellen ist. Bei einer angeordneten Testamentsvollstreckung bis zum 25. Lebensjahr war deshalb nicht die Erblasserin als überlebende Ehegattin, sondern das zuständige Nachlassgericht zur Auswahl eines Ersatztestamentsvollstreckers für den Nachlass des A. F. M. berufen.

Zwar wäre die Erblasserin befugt gewesen, einseitig nur für ihren eigenen Nachlass einen Testamentsvollstrecker zu benennen, nachdem ihr Ehegatte A. F. M. vorverstorben und die diesbezügliche vertragliche Regelung deshalb obsolet geworden war. Die von der Erblasserin im Testament vom 12.07.2018 getroffene Regelung stellt sich jedoch nicht als einseitige Benennung eines Testamentsvollstreckers nur für den eigenen Nachlass dar, sondern nur als – rechtlich nicht zulässige – Benennung eines Gesamt-Testamentsvollstreckers. Angesichts des Wortlauts der Klausel in § 3, der sich explizit ausschließlich auf die Benennung eines Ersatztestamentsvollstreckers für den Nachlass des A. F. M. bezieht und als Geltungsvoraussetzung auf die Zulässigkeit der (Gesamt) – Regelung abstellt, sieht sich der Senat bei der gebotenen wohlwollenden Testamentsauslegung nach § 2084 BGB auch daran gehindert, die Klausel einschränkend nur dahingehend auszulegen, dass die Erblasserin gegebenenfalls nur für ihren eigenen Nachlass eine Testamentsvollstreckung durch den Beteiligten zu 1. und gegebenenfalls Rechtsanwalt R. anordnen wollte. Das Interesse der C. M. war nach der Überzeugung des Senats auf eine Gesamtlösung der Nachlassverwaltung und damit auf eine einheitliche Handhabung beider Nachlässe gerichtet, so dass, wie im Ehe- und Erbvertrag mit Pflichtteilsverzichtsvereinbarung vom 05.05.2014 vorgegeben, im Fall des Ablebens beider Ehegatten vor Vollendung des 25. Lebensjahres des Beteiligten zu 2. das zuständige Nachlassgericht berufen wurde, für beide Nachlässe gleichlautend ein- und denselben Testamentsvollstrecker zu bestellen. Erweist sich mithin die Bestimmung des Beteiligten zu 1. als Testamentsvollstrecker im Testament vom 12.07.2018 bereits in der Sache als unwirksam, kann dahinstehen, ob C. M. im Zeitpunkt der Errichtung dieses Testaments testierfähig oder testierunfähig war.

b.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass nach dem Ergebnis der Anhörung vom 11.07.2019 eine Bestellung des Beteiligten zu 1. als Testamentsvollstrecker auch wegen eventueller künftiger Interessenkonflikte nicht in Betracht kommt. § 43 a Abs. 4 BRAO bestimmt, dass ein Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf. Aus Sicht des Senats ergibt sich ein möglicher Interessenkonflikt vorliegend bereits deshalb, weil der Beteiligte zu 1. als anwaltlicher Vertreter der Erblasserin für diese eine umfassende Generalvollmacht mit postmortaler Wirkung zugunsten der Eheleute H. entworfen hat und der Erblasserin am 12.07.2018 zur Unterschrift hat vorlegen lassen, ohne zuvor die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen der Erblasserin und den Eheleuten H. und von diesen betriebenen Unternehmen und damit die sich aus diesen wirtschaftlichen Verflechtungen ergebenden Risiken für seine Mandantin abgeklärt und diese mit der Erblasserin erörtert zu haben. Jedenfalls hat der Beteiligte zu 1. bei seiner Anhörung vor dem Senat am 11.07.2019 ausgeführt, ihm sei nicht bekannt, dass sich die Erblasserin mit einem namhaften Geldbetrag bei einem Unternehmen der M. H. beteiligt habe. Auch schien dem Beteiligten zu 1. unbekannt, dass sich die Eheleute H. gemeinsam mit der Erblasserin – wie von dem Zeugen Ma. H. am 11.07.2019 ausgeführt – auf einem Grundstück der Erblasserin auf der Insel R. zuvor mit wechselseitigen Leistungen um die Entwicklung eines gemeinsamen Immobilienprojekts auf der Insel Rügen bemüht hatten. Ein der Bestellung als Testamentsvollstrecker entgegenstehender Interessenkonflikt ergibt sich mithin daraus, dass der Beteiligte zu 1. sich als Testamentsvollstrecker mit eventuellen nachteiligen Folgen des Gebrauchs der von ihm selbst entworfenen transmortalen Generalvollmacht zugunsten von M. und Ma. H. auseinandersetzen müsste.

Auch sieht der Senat durchaus als relevantes Risiko, dass der Beteiligte zu 1. als Testamentsvollstrecker bei Realisierung der Ansprüche des Beteiligten zu 2. wegen der den Eheleuten H. oder ihren Unternehmen aus Haus- und Grundstücksverkäufen zugeflossenen Geldern der Erblasserin auf Vorkenntnisse zu den wirtschaftlichen Verhältnissen aus früheren Mandatsverhältnissen mit den Eheleuten H. zurückgreifen könnte.

Schließlich sieht der Senat einen klaren Interessenkonflikt darin, wenn der Beteiligte zu 1. als Testamentsvollstrecker beurteilen müsste, was den Eheleuten H. als Aufwendungsersatz und als „großzügige Belohnung“ für den Gebrauch der von ihm selbst konzipierten Generalvollmacht zuzubilligen ist.

Der Schriftsatz des Beteiligten zu 1. vom 12.07.2019 gab zur Erteilung weiterer rechtlicher Hinweise keine Veranlassung. Die für die vorliegende Entscheidung maßgebliche Beurteilung des Senats zu der mangelnden Befugnis der Erblasserin, im Rahmen des Testaments vom 12.07.2019 für den Nachlass des A. F. M. einen weiteren Testamentsvollstrecker zu bestellen und die Auswirkungen dieser Beurteilung auf die Wirksamkeit der Bestimmung des Beteiligten zu 1. zum Testamentsvollstrecker insgesamt wurde ausweislich Seite 6 des Anhörungsprotokolls vom 11.07.2019 eingehend erörtert.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beteiligte zu 1. nach § 81 FamFG zu tragen.

Für die Ernennung und Entlassung eines Testamentsvollstreckers wird regelmäßig 1/10 des Nachlasswertes in Ansatz gebracht (§§ 61, 65 GNotKG). Der Senat hat das hier betroffene Erblasservermögen der Erblasserin und des A. F. M. der beiden Erblasservermögen dabei auf jedenfalls 500.000,– € geschätzt, so dass sich ein Geschäftswert von 50.000,– € ergibt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht erfüllt.

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