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Anfechtbarkeit einer bloßen Mitteilung eines Nachlassgerichts

Anfechtung einer Mitteilung des Nachlassgerichts: Zuständigkeitsfrage im Erbrecht

Die rechtliche Auseinandersetzung um die Zuständigkeit eines Nachlassgerichts in Erbschaftsangelegenheiten kann für Beteiligte komplex und verwirrend sein. Im vorliegenden Fall des OLG Köln (Az.: I-2 Wx 73/20) vom 27.03.2020 wurde die Frage der Zuständigkeit eines deutschen Nachlassgerichts bei internationalen Erbschaftsfällen thematisiert.

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Hintergrund des Falles

Frau A B, die Erblasserin, verstarb 2019 in England, obwohl sie deutsche Staatsangehörige war. Sie hinterließ mehrere Kinder. Der Beteiligte zu 1) schlug die Erbschaft mit einer notariell beglaubigten Erklärung aus und sandte diese an das Amtsgericht Heinsberg. Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass es nur zuständig sei, wenn sich Nachlassgegenstände in Deutschland befänden. Das Gericht sandte die Erklärung zurück, da nicht klar war, ob solche Gegenstände im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Heinsberg vorhanden waren.

Zuständigkeitsfrage und Beschwerde

Ein weiterer Beteiligter, der Beteiligte zu 2), hatte die Erbschaft ebenfalls ausgeschlagen. Das Amtsgericht Krefeld leitete die Ausschlagungserklärung an das Amtsgericht Heinsberg weiter. Das Amtsgericht Heinsberg erklärte sich jedoch für unzuständig und verwies auf das Nachlassgericht in Großbritannien. Der Beteiligte zu 1) legte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein, argumentierend, dass das Amtsgericht Heinsberg gemäß bestimmten EU-Verordnungen zuständig sei.

Entscheidung des OLG Köln

Das OLG Köln stellte fest, dass die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg unzulässig sei. Das Gericht argumentierte, dass der Beschluss des Nachlassgerichts Heinsberg, sich für unzuständig zu erklären, keine rechtlichen Auswirkungen hatte und daher nicht anfechtbar sei. Das Gericht betonte, dass eine Entscheidung nur dann anfechtbar sei, wenn sie rechtliche Auswirkungen für die Beteiligten habe.

Internationale Zuständigkeitsregelungen

Das OLG Köln wies darauf hin, dass die internationale Zuständigkeit für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung in Fällen mit internationaler Beteiligung von Amts wegen geprüft werden muss. Es wurde jedoch festgestellt, dass die Erblasserin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der EU, sondern in England hatte. Daher war die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nicht offensichtlich.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 73/20 – Beschluss vom 27.03.2020

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 06.02.2020 gegen den am 06.01.2020 erlassenen Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Heinsberg, 2 VI 134/19, wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 1) zu tragen.

Gründe

I.

Am xx.xx.2019 ist Frau A B (im Folgenden: Erblasserin) mit letztem gewöhnlichem Aufenthalt in England verstorben. Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige. Sie war verwitwet und hat neben den Beteiligten 1) und 3) drei weitere Kinder hinterlassen.

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 22.02.2019 hat der Beteiligte zu 1) für sich und gemeinsam mit Frau C B für ihr gemeinsames minderjähriges Kind D B die Erbschaft nach der Erblasserin aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen (Bl. 1 ff. d.A.). Die Erklärung hat der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) an das Amtsgericht Heinsberg mit der Begründung übersandt, dass die Erblasserin vor ihrer Auswanderung ins Vereinigte Königreich in Deutschland zuletzt in E gelebt habe. Mit Schreiben vom 17.04.2019 hat das Nachlassgericht darauf hingewiesen, dass eine Zuständigkeit für die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung nur vorliegen würde, wenn sich Nachlassgegenstände im Inland befinden würden (Bl. 10 d.A.). Mit Schreiben vom 27.05.2019 hat das Nachlassgericht die Urschrift der Ausschlagungserklärung vom 22.02.2019 an den Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) zurückgesandt, da nicht mitgeteilt worden sei, ob sich Nachlassgegenstände im Amtsgerichtsbezirk befinden würden (Bl. 11 d.A.).

Am 17.06.2019 hat der Beteiligte zu 2) zur Niederschrift des Amtsgerichts Krefeld die Ausschlagung der Erbschaft nach der Erblasserin erklärt (Bl. 15 ff. d.A.), nachdem sein Vater, der Beteiligte zu 3) am 01.03.2019 die Erbschaft nach der Erblasserin zur Niederschrift des Amtsgerichts Hagen ausgeschlagen hatte (Bl. 36 ff. d.A.). Das Amtsgericht Krefeld hat die Urschrift der Ausschlagungserklärung des Beteiligten zu 2) vom 17.06.2019 an das Amtsgericht Schöneberg übersandt. Das Amtsgericht Schöneberg hat sich durch Beschluss vom 26.08.2019 gem. § 343 Abs. 2 FamFG für örtlich unzuständig erklärt, weil sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Erblasserin in Deutschland in E befunden habe (Bl. 23 d.A.). Daraufhin hat das Amtsgericht Krefeld am 11.09.2019 die Urschrift der Ausschlagungserklärung vom 17.06.2019 „zuständigkeitshalber“ dem Amtsgericht Heinsberg übersandt (Bl. 26 d.A.). Mit Schreiben vom 15.10.2019 hat das Amtsgericht Heinsberg dem Beteiligten zu 2) die Urschrift der Ausschlagungserklärung vom 17.06.2019 zurückgesandt und ihm sowie dem Amtsgericht Krefeld mitgeteilt, dass nicht das Amtsgericht Heinsberg, sondern das Nachlassgericht in Großbritannien zuständig sei, weil sich im Amtsgerichtsbezirk Heinsberg kein Nachlassvermögen befinde (Bl. 28 f. d.A.). Durch Beschluss vom 02.12.2019 hat das Amtsgericht Krefeld das Verfahren gem. §§ 3, 343 Abs. 2 FamFG an das Amtsgericht Heinsberg verwiesen, weil die Erblasserin im dortigen Amtsgerichtsbezirk ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt habe (Bl. 47 d.A.).

Durch am 06.01.2020 erlassenen Beschluss hat sich das Nachlassgericht Heinsberg „für unzuständig erklärt“ und zur Begründung ausgeführt, dass eine Zuständigkeit gem. Art. 10 EuErbVO nicht gegeben sei, weil sich im Amtsgerichtsbezirk Heinsberg kein Nachlassvermögen befinde (Bl. 50 ff. d.A.).

Gegen diese dem Beteiligten zu 1) am 08.01.2020 zugestellten Beschluss hat dieser mit am 07.02.2020 beim Amtsgericht Heinsberg eingegangenen Schriftsatz vom 06.02.2020 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Heinsberg aus Art. 13 EuErbVO und § 343 Abs. 2 FamFG ergebe (Bl. 60 f. d.A.).

Durch am 10.03.2020 erlassenen Beschluss hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 64 f. d.A.).

II.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG findet nur statt gegen Endentscheidungen der Amts- und Landgerichte in Angelegenheiten nach dem FamFG. Eine Endentscheidung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn sie das erstinstanzliche Hauptsacheverfahren ganz oder teilweise erledigt. Es muss sich um eine Entscheidung mit Außenwirkung handeln, die ein auf Antrag oder von Amts wegen eingeleitetes Verfahren insgesamt erledigt oder seine Anhängigkeit hinsichtlich eines einer selbständigen Erledigung zugänglichen Teils des Verfahrensgegenstands beendet (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 58 Rn. 16). Nicht anfechtbar sind dagegen bloße Äußerungen wie etwa die schriftliche Beantwortung einer Anfrage durch das Gericht ohne Umsetzung der geäußerten Ansicht in eine Entscheidung in einem anhängigen Verfahren oder die bloße Übermittlung einer Rechtsauffassung (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 58 Rn. 42 m.w.N.). So liegt der Fall hier. Das Nachlassgericht hat sich lediglich für unzuständig erklärt. Es hat an diese Äußerung keine Rechtsfolge geknüpft. Es hat die Sache weder an ein anderes Gericht verwiesen noch einen Antrag zurückgewiesen noch ein Verfahren in sonstiger Weise beendet. Vielmehr war das Verfahren bereits durch die Entgegennahme der Ausschlagungserklärungen, spätestens aber durch die Zurücksendung der Urschriften an die Erklärenden beendet worden. Die „Unzuständigkeitserklärung“ des Nachlassgerichts kann daher nur als nachträgliche Rechtfertigung der vorhergehenden Verfahrensweise verstanden werden und ist als bloße Kundgabe einer Rechtsauffassung nicht anfechtbar. Dem steht auch nicht entgegen, dass der angefochtene Beschluss – fehlerhaft – mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen worden ist (vgl. hierzu: Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 39 Rn. 15 m.w.N.).

Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1). Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine materielle Beschwer in diesem Sinne liegt nur vor, wenn der angefochtene Beschluss den Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht unmittelbar beeinträchtigt, also negative Auswirkungen auf seine materielle Rechtsstellung hat (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 59 Rn. 9 m.w.N.). Eine solche unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung hat der angefochtene Beschluss indes nicht zur Folge. Eine unmittelbare Rechtsbeeinträchtigung des Beteiligten zu 1) könnte allenfalls dadurch eingetreten sein, dass das Nachlassgericht die Urschrift der Ausschlagungserklärung am 27.05.2019 mit dem Hinweis, es sei nicht zuständig, wieder zurückgesandt hat (vgl. hierzu: OLG Hamm NJW-RR 2011, 666; MüKo-BGB/Leipold, 8. Aufl. 2020, § § 1945 Rn. 44). Dieser Vorgang ist indes nicht angegriffen worden. Dass sich das Nachlassgericht Monate später in dem angefochtenen Beschluss vom 06.01.2020 für unzuständig erklärt, beeinträchtigt den Beteiligten zu 1) dagegen nicht unmittelbar in seinen Rechten. Zudem wird die Frage, ob die Ausschlagung durch Einreichung der Ausschlagungserklärung beim Amtsgericht Heinsberg wirksam erfolgt ist, von dem Gericht zu prüfen sein, das letztlich in der Nachlasssache entscheidet.

Auch wenn es nicht darauf ankommt, weist der Senat zur Klarstellung auf Folgendes hin: Die internationale Zuständigkeit für die Entgegennahme einer Ausschlagungserklärung, die bei Fällen mit Auslandsberührung – wie hier – von Amts wegen vorweg zu prüfen ist, kann sich aus Art. 4, 10 oder 13 EuErbVO ergeben. Art. 4 EuErbVO scheidet offenbar aus, weil die Erblasserin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der EuErbVO, sondern im Vereinigten Königreich, Teilrechtsordnung England, hatte. Ob Art. 10 EuErbVO eingreift, hängt davon ab, ob sich Nachlassgegenstände im Inland (nicht im Amtsgerichtsbezirk!) befinden, was derzeit nicht ersichtlich ist. Also bleibt allein Art. 13 EuErbVO. Insoweit ist indes umstritten und derzeit höchstrichterlich ungeklärt, ob die Vorschrift auch dann anwendbar ist, wenn eine Zuständigkeit eines Mitgliedsstaates der EuErbVO gem. Art. 4 oder Art. 10 EuErbVO – wie hier – nicht ersichtlich ist (einerseits MüKo-BGB/Dutta, 7. Aufl. 2018, Art. 13 EuErbVO Rn. 2; MüKo-FamFG/Rauscher, Art. 13 EuErbVO Rn. 2; andererseits: Eichel in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK, 9. Aufl. 2020, Art. 13 EuErbVO Rn. 6; Eichel ZEV 2017, 545, 550).

Im Übrigen kann sich die örtliche Zuständigkeit im vorliegenden Fall nur aus § 31 IntErbRVG ergeben (vgl. Keidel/Zimmermann, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 344 Rn. 43a). §§ 343, 344 Abs. 7 FamFG sind nicht anwendbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gem. § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000,00 EUR (§ 36 Abs. 3 GNotKG)

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