Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Überblick über den Fall: Erbe ausgeschlagen, dann bereut
- Die familiären Hintergründe
- Die Ausschlagung der Erbschaft
- Der Versuch der Anfechtung
- Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins
- Die Entscheidung des Nachlassgerichts
- Die Entscheidung der Vorinstanz
- Die Entscheidung des OLG Zweibrücken
- Kosten und Geschäftswert
- Bedeutung für Betroffene
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Hinweise und Tipps
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet „Anfechtung“ einer Erbausschlagung genau und wann ist sie möglich?
- Welche Arten von Irrtümern berechtigen zur Anfechtung einer Erbausschlagung?
- Welche Fristen muss ich bei der Anfechtung einer Erbausschlagung beachten?
- Wie läuft das Verfahren zur Anfechtung einer Erbausschlagung ab und wer ist zuständig?
- Welche Konsequenzen hat eine erfolgreiche Anfechtung der Erbausschlagung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 8 W 20/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Zweibrücken
- Datum: 07.03.2025
- Aktenzeichen: 8 W 20/24
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren in einer Nachlasssache
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Verfahrensrecht
Beteiligte Parteien:
- Die Beschwerdeführerin: Eine Tochter des Erblassers aus dessen erster Ehe. Sie legte Beschwerde gegen einen Beschluss des Nachlassgerichts Lahnstein ein. Ihre Argumente werden im vorliegenden Textauszug nicht genannt.
- Die Witwe des Erblassers: Die zweite Ehefrau des Erblassers. Ihre Rolle und Argumente im Beschwerdeverfahren werden im Textauszug nicht näher beschrieben.
- Ein weiterer Sohn des Erblassers: Ein Sohn aus der ersten Ehe des Erblassers. Seine Rolle und Argumente im Beschwerdeverfahren werden im Textauszug nicht näher beschrieben.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Erblasser verstarb und hinterließ eine Witwe aus zweiter Ehe sowie drei Kinder aus erster, geschiedener Ehe. Einer der Söhne aus erster Ehe schlug die Erbschaft aus. Es kam zu einem Verfahren vor dem Nachlassgericht Lahnstein, dessen Entscheidung vom 16.01.2024 von der Tochter aus erster Ehe angefochten wurde. Der genaue Inhalt der Entscheidung des Nachlassgerichts und der Grund der Anfechtung sind dem Textauszug nicht zu entnehmen.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits kann aus dem vorliegenden Textauszug nicht ermittelt werden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beschwerde der Tochter des Erblassers aus erster Ehe wurde zurückgewiesen.
- Folgen: Die Beschwerdeführerin (Tochter aus erster Ehe) muss die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Die Entscheidung des Amtsgerichts Lahnstein vom 16.01.2024 bleibt bestehen.
Der Fall vor Gericht
Überblick über den Fall: Erbe ausgeschlagen, dann bereut

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem Beschluss vom 07.03.2025 (Az.: 8 W 20/24) eine wichtige Entscheidung im Erbrecht getroffen. Es ging um die Frage, ob eine Erbin ihre bereits erklärte Ausschlagung der Erbschaft rückgängig machen kann. Sie hatte behauptet, sich über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen geirrt zu haben. Das Gericht wies ihre Beschwerde jedoch zurück.
Die familiären Hintergründe
Der Fall betrifft die Erbfolge nach einem am 5. August 2021 verstorbenen Mann. Der Erblasser war zweimal verheiratet. Aus seiner ersten, 1999 geschiedenen Ehe stammen drei Kinder: die Beteiligte zu 1) (die Beschwerdeführerin), der Beteiligte zu 3) und ein weiterer Sohn. Die zweite Ehe mit der Beteiligten zu 2), geschlossen im Jahr 2000, blieb kinderlos. Weitere Abkömmlinge gab es nicht.
Die Ausschlagung der Erbschaft
Nach dem Tod des Vaters schlugen mehrere potenzielle Erben die Erbschaft aus. Die Beteiligte zu 1) erklärte gemeinsam mit ihrem volljährigen Sohn am 18. August 2021 die Ausschlagung. Als Grund gab sie „Schulden/private Gründe“ an. Diese Erklärung wurde amtlich beglaubigt und ging am 10. September 2021 beim zuständigen Nachlassgericht ein.
Auch der andere Bruder der Beteiligten zu 1) schlug die Erbschaft am 6. September 2021 für sich und seine minderjährige Tochter aus „persönlichen Gründen“ aus. Diese Erklärungen erreichten das Nachlassgericht Lahnstein noch am selben Tag. Die Ausschlagung einer Erbschaft ist eine formelle Erklärung, mit der ein potenzieller Erbe auf sein Erbrecht verzichtet, oft um nicht für Schulden des Verstorbenen haften zu müssen.
Der Versuch der Anfechtung
Rund einen Monat später, am 13. Oktober 2021, änderte die Beteiligte zu 1) ihre Meinung. Sie focht ihre eigene Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht an. Zur Begründung gab sie an, sie sei bei der Ausschlagung fälschlicherweise davon ausgegangen, der Nachlass sei überschuldet. Diese Information habe sie von ihrem Bruder, dem Beteiligten zu 3), erhalten.
Sie habe seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater gehabt. Erst durch eigene Nachforschungen habe sie erfahren, dass der Erblasser ein eigenes Haus besessen habe, was ihr zuvor unbekannt gewesen sei. Eine Anfechtung ist die Möglichkeit, eine abgegebene Willenserklärung rückgängig zu machen, wenn bestimmte Gründe wie ein relevanter Irrtum vorliegen.
Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins
Aufgrund ihrer Anfechtung beantragte die Beteiligte zu 1) am 28. März 2022 beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins. Dieser sollte sie neben der Witwe (Beteiligte zu 2) und ihrem Bruder (Beteiligter zu 3) als Miterbin ausweisen. Die Erbteile sollten laut Antrag wie folgt lauten: die Witwe zu 1/2, sie selbst und ihr Bruder zu je 1/4.
Probleme im Verfahren
Die Bearbeitung des Antrags verzögerte sich zunächst. Die Beteiligte zu 1) hatte versehentlich einen falschen Nachnamen für ihren Bruder (Beteiligter zu 3) angegeben. Erst nachdem die Witwe (Beteiligte zu 2) die korrekten Daten nachreichte, konnte der Bruder über den Antrag informiert und um Stellungnahme gebeten werden. Die Witwe selbst hatte dem Antrag der Beteiligten zu 1) zugestimmt.
Die Entscheidung des Nachlassgerichts
Da vom Bruder (Beteiligter zu 3) zunächst keine Stellungnahme einging, ging das Nachlassgericht Lahnstein davon aus, dass die Voraussetzungen für den Erbschein vorliegen. Am 7. September 2022 erachtete die zuständige Rechtspflegerin die Tatsachen für festgestellt und erteilte den beantragten Erbschein – allerdings immer noch mit dem falschen Namen des Bruders.
Der späte Widerspruch des Bruders
Kurz nach Erlass des Beschlusses und Ausstellung des Erbscheins ging beim Gericht ein Schriftsatz des Anwalts des Bruders (Beteiligter zu 3) ein. Dieser war zwar bereits am 6. September 2022 elektronisch übermittelt worden, wurde aber erst später zu den Akten genommen. Darin widersprach der Bruder dem Erbscheinsantrag seiner Schwester energisch.
Er argumentierte, die Anfechtung der Ausschlagung durch die Beteiligte zu 1) sei unwirksam. Sie habe sich nicht in einem rechtlich relevanten Irrtum befunden. Insbesondere habe sie gewusst, dass der Vater weiterhin in seinem Haus gewohnt habe. Ein Irrtum über die Überschuldung sei daher nicht glaubhaft oder zumindest nicht entschuldbar gewesen.
Die Entscheidung der Vorinstanz
Das Amtsgericht Lahnstein musste sich daraufhin erneut mit dem Fall befassen. Mit Beschluss vom 16. Januar 2024 korrigierte es offenbar seine ursprüngliche Einschätzung und wies den Antrag der Beteiligten zu 1) (implizit) ab bzw. traf eine für sie nachteilige Entscheidung hinsichtlich der Wirksamkeit ihrer Anfechtung. Gegen diesen Beschluss legte die Beteiligte zu 1) Beschwerde beim OLG Zweibrücken ein.
Die Entscheidung des OLG Zweibrücken
Das OLG Zweibrücken prüfte die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und kam zu dem Ergebnis, dass diese unbegründet ist. Der Senat wies die Beschwerde zurück. Damit bestätigte das OLG im Ergebnis die Entscheidung des Amtsgerichts Lahnstein vom 16. Januar 2024.
Begründung des OLG (Zusammenfassung der Kernaussagen)
Obwohl die detaillierten juristischen Gründe des OLG im vorliegenden Auszug nicht vollständig wiedergegeben sind, lässt sich die Kernaussage ableiten: Das Gericht sah die Voraussetzungen für eine wirksame Anfechtung der Erbausschlagung gemäß § 119 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit erbrechtlichen Vorschriften (§§ 1954 ff. BGB) als nicht erfüllt an.
Ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum liegt nur vor, wenn er sich auf wesentliche Eigenschaften des Nachlasses bezieht, wie etwa dessen tatsächliche Überschuldung. Entscheidend ist jedoch auch, ob der Irrtum für den Ausschlagenden entschuldbar war. Hier spielte offenbar die Argumentation des Bruders eine Rolle, dass die Beteiligte zu 1) Kenntnis vom Haus des Vaters hatte oder hätte haben können.
Das Gericht folgte offenbar der Ansicht, dass die Beteiligte zu 1) ihren behaupteten Irrtum über die Überschuldung nicht ausreichend nachweisen konnte oder dass ein eventueller Irrtum nicht die rechtlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anfechtung erfüllte. Die bloße Fehlvorstellung über den Wert oder die Zusammensetzung des Nachlasses reicht oft nicht aus, insbesondere wenn einfache Nachforschungen möglich gewesen wären.
Kosten und Geschäftswert
Als Konsequenz der zurückgewiesenen Beschwerde muss die Beteiligte zu 1) die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten (z.B. Anwaltskosten der anderen Beteiligten) wurde nicht angeordnet. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf bis zu 35.000 Euro festgesetzt, was für die Berechnung der Gerichtskosten relevant ist.
Bedeutung für Betroffene
Hohe Hürden für die Anfechtung einer Ausschlagung
Diese Entscheidung unterstreicht die erheblichen Hürden, die für die Anfechtung einer einmal erklärten Erbausschlagung bestehen. Wer eine Erbschaft ausschlägt, sollte sich dieser Entscheidung sehr sicher sein. Eine spätere Korrektur ist nur in engen Ausnahmefällen möglich, insbesondere bei einem nachweisbaren und rechtlich relevanten Irrtum.
Wichtigkeit eigener Nachforschungen
Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, sich vor einer Ausschlagung selbst ein Bild vom Nachlass zu machen, soweit dies möglich ist. Sich allein auf Informationen Dritter zu verlassen, kann riskant sein. Gerichte prüfen genau, ob ein Irrtum vermeidbar gewesen wäre. Mangelnder Kontakt zum Erblasser entbindet nicht generell von einer gewissen Erkundigungspflicht.
Rechtsfolgen der gescheiterten Anfechtung
Für die Beteiligte zu 1) bedeutet die Entscheidung des OLG Zweibrücken, dass ihre Ausschlagungserklärung wirksam bleibt. Sie ist damit endgültig nicht Erbin ihres Vaters geworden und hat keinen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses, insbesondere nicht auf einen Anteil am Wert des Hauses. Ihr Erbteil wächst stattdessen den verbleibenden Erben (hier voraussichtlich der Witwe und dem Bruder, Beteiligter zu 3) an, sofern dieser nicht ebenfalls wirksam ausgeschlagen hat.
Rechtssicherheit im Erbfall
Die strenge Handhabung der Anfechtung dient auch der Rechtssicherheit. Einmal getroffene Erklärungen sollen Bestand haben, damit die Erbauseinandersetzung nicht unnötig verzögert oder verkompliziert wird. Erben, Gläubiger und das Nachlassgericht müssen sich auf die abgegebenen Erklärungen verlassen können.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass eine einmal erklärte Erbausschlagung nicht leichtfertig angefochten werden kann – der behauptete Irrtum muss tatsächlich vorgelegen haben und nachweisbar sein. Wer ausschlägt und später erfährt, dass der Nachlass doch wertvoll ist, kann dies nicht ohne Weiteres rückgängig machen, besonders wenn Hinweise auf Kenntnis der wahren Vermögensverhältnisse bestehen. Daher ist vor einer Erbausschlagung eine gründliche Prüfung des Nachlasses unbedingt erforderlich, da diese Entscheidung weitreichende und oft irreversible Folgen hat.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Erben zum Thema Erbausschlagung und Anfechtung
Wer erbt, steht oft vor der schwierigen Entscheidung, die Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen – insbesondere, wenn Unklarheit über Schulden besteht. Eine voreilige Ausschlagung kann jedoch bereut werden, wenn sich später herausstellt, dass der Nachlass doch werthaltig war. Eine Anfechtung der Ausschlagung ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, wie der referenzierte Fall zeigt.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.
Tipp 1: Erst prüfen, dann entscheiden!
Bevor Sie eine Erbschaft ausschlagen, verschaffen Sie sich einen genauen Überblick über den Nachlass. Prüfen Sie Vermögenswerte (Konten, Immobilien, Wertgegenstände) und Verbindlichkeiten (Schulden, Kredite). Erst auf Basis dieser Informationen sollten Sie entscheiden, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen. Eine voreilige Ausschlagung aus Angst vor unbekannten Schulden kann dazu führen, dass Sie wertvolles Vermögen verlieren.
⚠️ ACHTUNG: Die Ausschlagung ist eine endgültige Entscheidung, die nur schwer rückgängig gemacht werden kann. Handeln Sie nicht überstürzt.
Tipp 2: Die 6-Wochen-Frist beachten
Die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft beträgt nur sechs Wochen. Sie beginnt in dem Moment, in dem Sie von der Erbschaft und dem Grund Ihrer Berufung (z.B. durch Testament oder gesetzliche Erbfolge) erfahren. Versäumen Sie diese Frist, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen – mit allen Konsequenzen, auch der Haftung für Schulden. Bei Auslandsbezug (Erbe oder Erblasser im Ausland) verlängert sich die Frist auf sechs Monate.
⚠️ ACHTUNG: Die Frist ist sehr kurz! Beginnen Sie sofort nach Kenntnis vom Erbfall mit der Prüfung des Nachlasses. Notieren Sie sich das Datum, an dem Sie informiert wurden.
Tipp 3: Anfechtung der Ausschlagung nur im Ausnahmefall möglich
Haben Sie die Erbschaft ausgeschlagen und stellen später fest, dass Sie sich über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses geirrt haben (z.B. über dessen Überschuldung), können Sie die Ausschlagung eventuell anfechten. Ein relevanter Irrtum liegt vor, wenn Sie bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht ausgeschlagen hätten. Ein bloßer Irrtum über den Wert einzelner Gegenstände reicht meist nicht.
Die Anfechtung muss innerhalb von sechs Wochen erklärt werden, nachdem Sie von dem Irrtum erfahren haben. Sie muss gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen. Die Erfolgsaussichten einer Anfechtung sind oft unsicher, da Gerichte strenge Anforderungen an den Nachweis des Irrtums stellen.
Beispiel: Sie schlagen aus, weil Sie von hohen Schulden ausgehen. Später entdecken Sie ein bisher unbekanntes, wertvolles Aktiendepot, das den Nachlass positiv macht. Hier könnte ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum über die Überschuldung vorliegen.
⚠️ ACHTUNG: Die Anfechtung wegen Irrtums ist ein rechtlich komplexes Verfahren mit kurzer Frist und ungewissem Ausgang. Holen Sie hierzu unbedingt anwaltlichen Rat ein.
Tipp 4: Form der Ausschlagung und Anfechtung wahren
Sowohl die Ausschlagung der Erbschaft als auch deren spätere Anfechtung müssen formal korrekt gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Dies kann entweder zur Niederschrift des Gerichts oder in öffentlich beglaubigter Form (durch einen Notar) geschehen. Ein einfacher Brief genügt nicht!
⚠️ ACHTUNG: Formfehler können zur Unwirksamkeit der Erklärung führen. Beachten Sie die gesetzlichen Formvorschriften genau.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Ein häufiger Fallstrick ist die Fehleinschätzung, was einen rechtlich relevanten Irrtum darstellt. Nicht jeder Irrtum berechtigt zur Anfechtung. Insbesondere reine Motivirrtümer (z.B. „Ich wollte den Streit mit Miterben vermeiden“) oder bloße Fehleinschätzungen des Marktwertes bekannter Nachlassgegenstände sind in der Regel unbeachtlich. Relevant ist meist nur der Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften, wie die (nicht erkannte) Überschuldung oder das (unbekannte) Vorhandensein erheblicher Vermögenswerte.
✅ Checkliste: Erbausschlagung
- [ ] Kenntnis vom Erbfall und Berufungsgrund erhalten? (Datum notieren!)
- [ ] Überblick über Nachlass (Vermögen UND Schulden) verschafft?
- [ ] Ausschlagungsfrist von 6 Wochen (bzw. 6 Monaten) im Kalender vermerkt?
- [ ] Entscheidung (Annahme/Ausschlagung) auf Basis der Prüfung getroffen?
- [ ] Bei Ausschlagung: Formvorschrift beachtet (Erklärung beim Nachlassgericht oder Notar)?
- [ ] Bei späterem Irrtum: Anfechtungsfrist (6 Wochen ab Kenntnis) und Voraussetzungen geprüft? Ggf. Anwalt konsultiert?
Benötigen Sie Hilfe?
Die Komplexität einer Erbausschlagung
Stehen Sie vor der Frage, ob eine Erbausschlagung unter Umständen rückgängig gemacht werden kann oder haben Sie Zweifel an der ursprünglichen Entscheidung? Das Erbrecht ist komplex und unterliegt ständigen Veränderungen durch die Rechtsprechung. Eine voreilige Entscheidung kann weitreichende Folgen haben.
Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden, in der rechtliche Unsicherheiten und komplexe erbrechtliche Fragen eine Rolle spielen, sind wir für Sie da. Unsere erfahrenen Juristen analysieren Ihren individuellen Fall präzise und bieten Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation. Kontaktieren Sie uns, um Klarheit zu gewinnen und Ihre nächsten Schritte zu planen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet „Anfechtung“ einer Erbausschlagung genau und wann ist sie möglich?
„Anfechtung“ bedeutet im juristischen Sinne, dass Sie eine eigene, bereits abgegebene Erklärung unter bestimmten Voraussetzungen wieder rückgängig machen können. Im Fall der Erbausschlagung heißt das: Sie können versuchen, Ihre Erklärung, das Erbe nicht anzunehmen, für unwirksam erklären zu lassen.
Eine einmal erklärte Erbausschlagung ist grundsätzlich bindend. Sie können sie also nicht einfach nach Belieben widerrufen oder zurücknehmen. Die Anfechtung ist eine gesetzlich vorgesehene Ausnahme für besondere Situationen. Sie führt dazu, dass die Ausschlagung so behandelt wird, als wäre sie von Anfang an nicht erfolgt.
Wann kommt eine Anfechtung der Ausschlagung in Frage? Der Irrtum als häufigster Grund
Eine Anfechtung ist nicht willkürlich möglich, sondern nur dann, wenn ein sogenannter Anfechtungsgrund vorliegt. Der häufigste und wichtigste Grund für die Anfechtung einer Erbausschlagung ist ein Irrtum. Das bedeutet, dass Sie die Ausschlagung erklärt haben, weil Sie von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder die Bedeutung Ihrer Erklärung nicht richtig verstanden haben.
Typische Irrtümer, die zu einer Anfechtung berechtigen können, sind:
- Irrtum über die Überschuldung: Sie haben das Erbe ausgeschlagen, weil Sie dachten, der Nachlass sei überschuldet (also mehr Schulden als Vermögen vorhanden). Später stellt sich heraus, dass doch erhebliches Vermögen da ist, von dem Sie nichts wussten. Dieser Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses ist der klassische Fall.
- Irrtum über den Inhalt der Erklärung: Sie wussten zwar, dass Sie eine Erklärung abgeben, aber nicht genau, welche rechtlichen Folgen diese hat. Beispiel: Sie dachten, Sie schlagen nur einen Teil des Erbes aus oder nur die Schulden, obwohl eine Ausschlagung immer das gesamte Erbe betrifft.
- Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft: Sie haben sich über eine wichtige Eigenschaft des Nachlasses geirrt, die für Ihre Entscheidung zur Ausschlagung entscheidend war. Beispiel: Sie wussten nichts von einem wertvollen Grundstück oder einer bedeutenden Forderung, die zum Nachlass gehört.
Wichtig: Ein Irrtum über rein rechtliche Bewertungen (z.B. „Ich wusste nicht, dass ich nach der Ausschlagung gar nichts mehr bekomme“) ist oft schwieriger als Anfechtungsgrund durchzusetzen als ein Irrtum über Tatsachen (z.B. „Ich wusste nicht, dass noch ein Sparbuch existiert“).
Wie funktioniert die Anfechtung praktisch? Frist und Form
Wenn Sie Ihre Erbausschlagung wegen eines Irrtums anfechten möchten, müssen Sie zwei wichtige Dinge beachten:
- Die Anfechtungserklärung: Sie müssen die Anfechtung ausdrücklich gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklären. Das ist dasselbe Gericht, bei dem Sie auch die Ausschlagung erklärt haben. Diese Erklärung muss – genau wie die Ausschlagung selbst – entweder zur Niederschrift des Gerichts erfolgen (Sie gehen persönlich hin und geben die Erklärung zu Protokoll) oder in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden (Sie lassen Ihre schriftliche Erklärung von einem Notar beglaubigen). Ein einfacher Brief reicht nicht aus. In der Erklärung müssen Sie den Grund für die Anfechtung nennen (also den Irrtum beschreiben).
- Die Anfechtungsfrist: Die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von dem Anfechtungsgrund erfahren haben, also zum Beispiel ab dem Moment, in dem Sie von dem bisher unbekannten Vermögen Kenntnis erlangt haben. Es ist entscheidend, diese Frist genau einzuhalten.
Was passiert, wenn die Anfechtung erfolgreich ist?
Wird die Anfechtung vom Nachlassgericht anerkannt, gilt die Erbausschlagung als von Anfang an unwirksam. Das bedeutet rechtlich: Sie werden so gestellt, als hätten Sie das Erbe nie ausgeschlagen.
In der Regel führt die erfolgreiche Anfechtung der Ausschlagung dazu, dass Sie als Erbe gelten. Oft wird die Anfechtungserklärung rechtlich zugleich als Annahme der Erbschaft gewertet, insbesondere wenn die ursprüngliche Frist zur Ausschlagung bereits abgelaufen war. Sie treten dann also doch die Erbschaft an – mit allen Rechten und Pflichten, also auch mit der Haftung für eventuelle Schulden, falls sich später doch welche herausstellen.
Welche Arten von Irrtümern berechtigen zur Anfechtung einer Erbausschlagung?
Nicht jeder Irrtum, den Sie bei der Ausschlagung einer Erbschaft gemacht haben, gibt Ihnen automatisch das Recht, diese Entscheidung wieder rückgängig zu machen (anzufechten). Das Gesetz erkennt nur bestimmte Arten von Irrtümern als relevant an, um eine bereits erklärte Ausschlagung anzufechten.
Relevante Irrtümer für eine Anfechtung
Eine Anfechtung Ihrer Ausschlagungserklärung kann möglich sein, wenn einer der folgenden Irrtümer vorlag:
- Irrtum über den Inhalt der Erklärung (Inhaltsirrtum): Sie wussten zwar, dass Sie eine Ausschlagung erklären, haben sich aber über die rechtliche Bedeutung oder Tragweite dieser Erklärung geirrt.
- Beispiel: Sie dachten, durch die Ausschlagung würde automatisch eine andere bestimmte Person erben (z.B. Ihr Geschwisterteil), aber nach dem Gesetz erben stattdessen Ihre eigenen Kinder, was Sie nicht wollten. Ein anderer Fall wäre, wenn Sie dachten, als Erbe würden Sie immer unbeschränkt mit Ihrem gesamten Privatvermögen für Schulden des Verstorbenen haften, obwohl es Möglichkeiten gegeben hätte, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.
- Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses (Eigenschaftsirrtum): Sie haben sich über eine entscheidende Eigenschaft des Nachlasses geirrt, die für Ihre Entscheidung zur Ausschlagung maßgeblich war. Der häufigste und wichtigste Fall ist der Irrtum über die Überschuldung.
- Beispiel: Sie sind fest davon ausgegangen, dass der Nachlass nur aus Schulden besteht oder weitgehend wertlos ist und haben deshalb ausgeschlagen. Später stellt sich heraus, dass ein erhebliches, Ihnen bisher unbekanntes Vermögen (wie ein wertvolles Grundstück, ein Guthaben auf einem Bankkonto oder wertvolle Gegenstände) zum Nachlass gehört. Wichtig ist hier: Ein Irrtum nur über den genauen Wert einzelner, bereits bekannter Gegenstände reicht meist nicht aus. Entscheidend ist der Irrtum über die grundlegende Zusammensetzung des Nachlasses, insbesondere die Frage der Überschuldung oder das Vorhandensein relevanter, bisher unbekannter Vermögenswerte.
- Irrtum bei der Abgabe der Erklärung (Erklärungsirrtum): Sie wollten eigentlich etwas ganz anderes erklären, als Sie tatsächlich erklärt haben, beispielsweise durch ein Verschreiben oder Versprechen. Dieser Fall ist bei der formalisierten Ausschlagungserklärung vor dem Nachlassgericht oder einem Notar eher selten, aber denkbar.
- Beispiel: Sie wollten die Erbschaft eigentlich annehmen, haben aber versehentlich auf dem amtlichen Formular das Kreuz bei „Ausschlagung“ gemacht oder mündlich bei Gericht „Ausschlagung“ statt „Annahme“ erklärt.
Irrtümer, die meist nicht zur Anfechtung berechtigen
Nicht jeder Fehlgedanke oder jede Fehleinschätzung rechtfertigt eine Anfechtung. Insbesondere sogenannte Motivirrtümer sind in der Regel unbeachtlich. Ein Motivirrtum liegt vor, wenn Ihr Irrtum lediglich Ihren persönlichen Beweggrund für die Ausschlagung betrifft, aber nicht den Inhalt der Erklärung selbst oder eine wesentliche Eigenschaft des Nachlasses.
- Beispiel: Sie schlagen aus, weil Sie Streit mit anderen möglichen Erben vermeiden möchten. Oder Sie schlagen aus, weil Sie fälschlicherweise annehmen, die Erbschaftsteuer nicht bezahlen zu können (obwohl dies möglich gewesen wäre). Auch die bloße Fehleinschätzung, wie sich der Wert eines Ihnen bekannten Nachlassgegenstandes (z.B. einer Aktie oder Immobilie) zukünftig entwickeln wird, ist normalerweise ein unbeachtlicher Motivirrtum.
Was Sie beachten sollten
Für eine erfolgreiche Anfechtung muss der Irrtum ursächlich für Ihre Entscheidung zur Ausschlagung gewesen sein. Das bedeutet, Sie müssen darlegen und glaubhaft machen können, dass Sie bei Kenntnis der wahren Umstände die Erbschaft nicht ausgeschlagen hätten.
Zudem muss die Anfechtung innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen, nachdem Sie von Ihrem Irrtum erfahren haben. Die Anfechtungserklärung muss in der gesetzlich vorgeschriebenen Form gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht abgegeben werden.
Welche Fristen muss ich bei der Anfechtung einer Erbausschlagung beachten?
Wenn Sie eine Erbschaft ausgeschlagen haben und dies später rückgängig machen möchten, weil Ihnen bei der Ausschlagung ein relevanter Irrtum unterlaufen ist (zum Beispiel über die Überschuldung des Nachlasses), müssen Sie bestimmte Fristen beachten.
Die grundsätzliche Frist für die Anfechtung der Erbausschlagung beträgt sechs Wochen. Diese Frist ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt.
Wann beginnt die Sechs-Wochen-Frist?
Der entscheidende Punkt ist der Beginn dieser Frist: Sie startet nicht ab dem Zeitpunkt, an dem Sie die Erbschaft ausgeschlagen haben. Die Frist beginnt erst ab dem Moment, in dem Sie von dem Grund erfahren, der Sie zur Anfechtung berechtigt.
- Konkret bedeutet das: Wenn Sie die Ausschlagung wegen eines Irrtums anfechten wollen, beginnt die sechswöchige Frist, sobald Sie zuverlässige Kenntnis von diesem Irrtum erlangen.
- Beispiel: Sie haben ausgeschlagen, weil Sie dachten, der Nachlass sei stark überschuldet. Wochen später erfahren Sie zufällig, dass doch erhebliches Vermögen vorhanden ist, von dem Sie nichts wussten. Ab dem Zeitpunkt, an dem Sie diese Information sicher erhalten, beginnt die Sechs-Wochen-Frist für die Anfechtung Ihrer Ausschlagungserklärung zu laufen.
Gibt es Ausnahmen oder Sonderregelungen?
Ja, es gibt eine wichtige Ausnahme: Die Frist beträgt sechs Monate statt sechs Wochen, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
- Der Erblasser (die verstorbene Person) hatte seinen letzten Wohnsitz im Ausland.
- Oder: Sie als Erbe befanden sich im Ausland, als die Frist für Sie zu laufen begann (also als Sie vom Anfechtungsgrund erfuhren).
Wie erfolgt die Anfechtung?
Die Anfechtung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Das ist in der Regel das Amtsgericht, das für den letzten Wohnsitz des Verstorbenen zuständig ist. Die Erklärung muss in einer bestimmten Form erfolgen, üblicherweise schriftlich oder zur Niederschrift bei Gericht. Die reine Information an andere Erben oder Dritte genügt nicht.
Was passiert, wenn die Frist versäumt wird?
Das Versäumen der Anfechtungsfrist hat gravierende Folgen: Wenn Sie die sechs Wochen (oder sechs Monate im Ausnahmefall) verstreichen lassen, ohne die Anfechtung form- und fristgerecht beim Nachlassgericht erklärt zu haben, wird Ihre Erbausschlagung endgültig wirksam.
- Sie gelten dann rechtlich so, als wären Sie von Anfang an nie Erbe geworden.
- Das Erbe fällt in der Regel an die nächste Person in der gesetzlichen Erbfolge oder an die im Testament als Nächstes benannte Person.
- Eine spätere Anfechtung ist dann in der Regel nicht mehr möglich, und Sie haben keine Ansprüche mehr auf das Erbe.
Es ist daher von großer Bedeutung, bei Kenntnis eines möglichen Irrtums bezüglich der Erbausschlagung die geltenden Fristen genau zu beachten.
Wie läuft das Verfahren zur Anfechtung einer Erbausschlagung ab und wer ist zuständig?
Wenn Sie eine Erbschaft ausgeschlagen haben und dies später rückgängig machen möchten, weil Sie sich bei der Ausschlagung geirrt haben (zum Beispiel über den Wert des Nachlasses oder über Schulden), müssen Sie die Ausschlagung anfechten. Dieses Verfahren folgt bestimmten Regeln.
Die Anfechtungserklärung – Form und Frist
Die Anfechtung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Das ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Sie können die Anfechtung dort schriftlich einreichen oder persönlich zu Protokoll geben. Eine einfache E-Mail genügt meist nicht.
Für die Anfechtung gibt es eine wichtige Frist: Sie beträgt sechs Wochen. Diese Frist beginnt in dem Moment, in dem Sie von dem Grund erfahren, der Sie zur Anfechtung berechtigt – also zum Beispiel, wenn Sie von Ihrem Irrtum erfahren haben. Haben Sie Ihren Wohnsitz im Ausland, beträgt die Frist sechs Monate. Wird die Frist versäumt, ist die Anfechtung in der Regel nicht mehr möglich.
Der Anfechtungsgrund – Der Irrtum
In Ihrer Anfechtungserklärung müssen Sie den Grund angeben, warum Sie Ihre Ausschlagung rückgängig machen möchten. Ein häufiger Grund ist ein Irrtum. Das kann zum Beispiel sein, wenn Sie dachten, der Nachlass sei überschuldet, sich später aber herausstellt, dass doch erhebliches Vermögen vorhanden ist. Wichtig ist, dass dieser Irrtum ursächlich dafür war, dass Sie die Erbschaft ausgeschlagen haben. Sie müssen also darlegen, dass Sie die Erbschaft nicht ausgeschlagen hätten, wenn Sie die wahren Umstände gekannt hätten. Ein reiner Irrtum über die rechtlichen Folgen der Ausschlagung (z.B. wer nach Ihnen Erbe wird) reicht oft nicht aus.
Nachweise und Prüfung durch das Nachlassgericht
Das Nachlassgericht prüft Ihre Anfechtungserklärung. Es kontrolliert, ob die Form und die Frist eingehalten wurden und ob der von Ihnen genannte Anfechtungsgrund (der Irrtum) grundsätzlich geeignet ist, eine Anfechtung zu rechtfertigen. Sie sollten versuchen, Ihren Irrtum und den Zeitpunkt, zu dem Sie davon erfahren haben, möglichst nachvollziehbar darzulegen und gegebenenfalls Belege dafür anzuführen (man spricht hier von „Glaubhaftmachung“). Das Gericht entscheidet nicht endgültig über die Wirksamkeit der Anfechtung, sondern nimmt sie zunächst zu den Akten, wenn die formalen Voraussetzungen erfüllt sind.
Mögliche Folgen und Rechtsstreitigkeiten
Ist die Anfechtung form- und fristgerecht erklärt und liegt ein anerkannter Anfechtungsgrund vor, gilt die Erbausschlagung als von Anfang an unwirksam. Das bedeutet, Sie werden so behandelt, als hätten Sie die Erbschaft angenommen.
Es kann jedoch vorkommen, dass andere Beteiligte – wie zum Beispiel Personen, die nach Ihnen geerbt hätten, oder Nachlassgläubiger – die Wirksamkeit Ihrer Anfechtung anzweifeln. In solchen Fällen kann es zu einem Rechtsstreit kommen, in dem ein Gericht dann verbindlich klären muss, ob Ihre Anfechtung wirksam war und Sie tatsächlich Erbe geworden sind.
Welche Konsequenzen hat eine erfolgreiche Anfechtung der Erbausschlagung?
Wenn Sie Ihre Entscheidung, eine Erbschaft auszuschlagen, erfolgreich angefochten haben (zum Beispiel weil Sie sich über wichtige Punkte wie die Höhe der Schulden geirrt haben), hat das weitreichende Folgen:
Sie werden rechtlich so gestellt, als hätten Sie die Erbschaft niemals ausgeschlagen. Die Anfechtung wirkt zurück, sodass Ihre ursprüngliche Ausschlagungserklärung als von Anfang an ungültig gilt.
Für Sie bedeutet das konkret:
- Sie sind (wieder) Erbe: Sie treten vollständig in die Rechtsposition des Erben ein. Damit geht das gesamte Vermögen des Verstorbenen, der sogenannte Nachlass, auf Sie über.
- Anspruch auf das Erbe: Sie haben nun Anspruch auf alle Vermögenswerte, die zum Nachlass gehören. Das können beispielsweise Bankguthaben, Immobilien, Fahrzeuge oder persönliche Gegenstände sein.
- Haftung für Schulden: Gleichzeitig übernehmen Sie aber auch die volle Verantwortung für alle Schulden, die der Verstorbene hinterlassen hat. Das ist ein sehr wichtiger Punkt: Als Erbe haften Sie für diese Nachlassverbindlichkeiten nicht nur mit dem geerbten Vermögen, sondern grundsätzlich auch mit Ihrem eigenen, privaten Vermögen.
Die erfolgreiche Anfechtung führt also dazu, dass Sie die Erbschaft mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten annehmen. Die Situation ist dann so, als hätten Sie die sechswöchige Frist zur Ausschlagung verstreichen lassen und die Erbschaft automatisch angenommen. Sie erhalten Zugriff auf mögliche Vermögenswerte, müssen aber auch für eventuell vorhandene Schulden einstehen.
⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erbausschlagung
Die Erbausschlagung ist die offizielle Erklärung eines Erben, dass er eine ihm zugefallene Erbschaft nicht annehmen möchte. Diese Erklärung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen gegenüber dem Nachlassgericht oder einem Notar erfolgen, nachdem der Erbe von der Erbschaft erfahren hat (§ 1944 BGB). Der Hauptgrund für eine Ausschlagung ist oft die Überschuldung des Nachlasses, da der Erbe sonst auch für die Schulden des Verstorbenen haften würde. Mit der Ausschlagung verliert die Person rückwirkend ihre Stellung als Erbe, so als wäre sie nie Erbe gewesen (§ 1953 Abs. 1 BGB).
Beispiel: Anna erfährt, dass sie von ihrem Onkel geerbt hat. Nach Prüfung stellt sie fest, dass der Onkel hohe Schulden hinterlassen hat, die sein geringes Vermögen übersteigen. Um nicht für diese Schulden haften zu müssen, erklärt Anna fristgerecht beim Nachlassgericht die Erbausschlagung.
Anfechtung
Die Anfechtung ist ein juristisches Mittel, um eine abgegebene Willenserklärung (wie z.B. die Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft) rückwirkend für ungültig erklären zu lassen. Voraussetzung ist, dass ein gesetzlich anerkannter Anfechtungsgrund vorliegt, wie beispielsweise ein Irrtum über wesentliche Eigenschaften (§ 119 BGB) oder eine arglistige Täuschung. Im Erbrecht kann die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft angefochten werden (§ 1954 BGB), wenn sich der Erklärende beispielsweise über den Wert oder die Zusammensetzung des Nachlasses geirrt hat. Die Anfechtung muss innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen (§ 1954, § 121 BGB).
Beispiel: Max schlägt eine Erbschaft aus, weil er glaubt, der Nachlass sei wertlos. Später stellt sich heraus, dass ein wertvolles Aktiendepot zum Nachlass gehört, von dem er nichts wusste. Max könnte nun versuchen, seine Erbausschlagung wegen Irrtums anzufechten, um doch noch Erbe zu werden.
Irrtum
Ein Irrtum im juristischen Sinne ist eine unbewusste Fehlvorstellung über Tatsachen oder Rechtsfolgen bei Abgabe einer Willenserklärung. Nicht jeder beliebige Irrtum berechtigt zur Anfechtung, sondern nur bestimmte, im Gesetz genannte Irrtumsarten (§ 119 BGB). Relevant im Erbrecht ist oft der Eigenschaftsirrtum, bei dem sich der Erklärende über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person oder Sache irrt – zum Beispiel über die Überschuldung oder den Wert des Nachlasses. Ein bloßer Irrtum über den Wert (Motivirrtum) reicht oft nicht aus, es sei denn, er beruht auf einem Irrtum über wertbildende Faktoren (z.B. die Zugehörigkeit eines wertvollen Gegenstands zum Nachlass).
Beispiel: Die Erbin im Text behauptete, sich über die Vermögensverhältnisse des Verstorbenen geirrt zu haben. Sie ging möglicherweise fälschlicherweise von einer Überschuldung aus und schlug deshalb aus. Dies wäre ein potenzieller Irrtum, der zur Anfechtung berechtigen könnte, wenn die Voraussetzungen nach § 119 Abs. 2 BGB vorliegen und nachweisbar sind.
Nachlass
Der Nachlass bezeichnet das gesamte Vermögen einer verstorbenen Person (des Erblassers) zum Zeitpunkt ihres Todes. Dazu gehören alle Vermögenswerte wie Bargeld, Immobilien, Kontoguthaben, Wertpapiere und persönliche Gegenstände, aber auch alle Verbindlichkeiten, also Schulden des Verstorbenen (§ 1922 BGB). Der Nachlass geht als Ganzes auf den oder die Erben über (sogenannte Gesamtrechtsnachfolge). Die Erben treten somit vollständig in die rechtliche Position des Erblassers ein, was auch die Haftung für dessen Schulden einschließt.
Beispiel: Zum Nachlass von Herrn Müller gehören sein Einfamilienhaus, sein Auto, 10.000 Euro auf dem Sparkonto sowie ein offener Kredit in Höhe von 5.000 Euro. Seine Erben erhalten das Haus, das Auto und das Guthaben, müssen aber auch den Kredit zurückzahlen.
Erblasser
Der Erblasser ist die verstorbene Person, deren Vermögen (der Nachlass) auf die Erben übergeht. Mit dem Tod des Erblassers tritt der Erbfall ein (§ 1922 BGB). Nur eine natürliche Person kann Erblasser sein. Die gesetzlichen oder durch Testament bestimmten Erben treten in die Rechtsstellung des Erblassers ein und erwerben dessen Nachlass. Im analysierten Text ist der am 5. August 2021 verstorbene Mann der Erblasser.
Beispiel: Frau Schmidt verstirbt. Sie ist die Erblasserin. Ihr Vermögen, bestehend aus einer Wohnung und Schmuck, geht auf ihre Tochter als Alleinerbin über.
Beschwerde
Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine gerichtliche Entscheidung (in der Regel einen Beschluss) anfechten und von einer höheren Instanz überprüfen lassen kann. Im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu der auch Nachlasssachen gehören, ist die Beschwerde das typische Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Amtsgerichts (Nachlassgericht). Die Voraussetzungen und Fristen für die Einlegung einer Beschwerde sind gesetzlich geregelt (z.B. in §§ 58 ff. FamFG). Ziel ist es, die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern zu lassen.
Beispiel: Das Nachlassgericht erlässt einen Beschluss, mit dem es den Antrag von Frau Klein auf Erteilung eines Erbscheins ablehnt. Frau Klein hält diese Entscheidung für falsch und legt dagegen Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht ein, damit dieses die Sache erneut prüft.
Erbfolge
Die Erbfolge regelt, wer Erbe einer verstorbenen Person (Erblasser) wird und wie der Nachlass auf die Erben übergeht. Man unterscheidet zwischen der gesetzlichen Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB), die eintritt, wenn kein gültiges Testament oder kein Erbvertrag vorhanden ist, und der gewillkürten Erbfolge, die auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, § 1937 BGB, oder Erbvertrag, § 1941 BGB) beruht. Die gesetzliche Erbfolge richtet sich nach Ordnungen (Verwandtschaftsgraden). Die gewillkürte Erbfolge hat Vorrang vor der gesetzlichen Erbfolge.
Beispiel: Herr Yilmaz stirbt ohne Testament. Nach der gesetzlichen Erbfolge erben seine Ehefrau und seine beiden Kinder zu bestimmten Quoten. Hätte Herr Yilmaz ein Testament hinterlassen, in dem er seine Nichte als Alleinerbin einsetzt (gewillkürte Erbfolge), würde diese alles erben, und die gesetzliche Erbfolge käme nicht zur Anwendung (abgesehen von Pflichtteilsansprüchen).
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1954 BGB (Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist und der Ausschlagung): Die Anfechtung einer Erbschaftsausschlagung ist möglich, wenn ein Anfechtungsgrund vorliegt, wie beispielsweise ein Irrtum über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses, und die Anfechtung fristgerecht erklärt wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beteiligte zu 1 hat ihre Erbausschlagung angefochten, weil sie sich über den Wert des Nachlasses geirrt haben will. Sie dachte, der Nachlass sei überschuldet, was sich später als möglicherweise falsch herausstellte, da der Erblasser ein Haus besaß.
- § 1944 BGB (Frist für die Ausschlagung): Die Ausschlagung einer Erbschaft muss innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden, in der Regel sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfall der Erbschaft und dem Berufungsgrund. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die ursprüngliche Ausschlagung durch die Beteiligte zu 1 erfolgte fristgerecht. Die spätere Anfechtung der Ausschlagung musste jedoch ebenfalls fristgerecht erfolgen und die Frist zur Anfechtung beginnt mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes.
- § 2353 BGB (Antrag auf Erteilung des Erbscheins): Ein Erbscheinverfahren wird auf Antrag eines Erben beim Nachlassgericht eingeleitet, um die Rechtsnachfolge nachzuweisen. Das Gericht prüft die Erbberechtigung und erteilt einen Erbschein, der die Erben und ihre Erbteile ausweist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beteiligte zu 1 hat einen Erbscheinsantrag gestellt, um ihre vermeintliche Erbenstellung nach Anfechtung der Ausschlagung feststellen zu lassen. Das Nachlassgericht hatte zunächst den Erbschein antragsgemäß erteilt, bevor der Einwand des Beteiligten zu 3 vorlag.
- § 58 FamFG (Beschwerde): Gegen Entscheidungen des Nachlassgerichts ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberlandesgericht gegeben. Die Beschwerde ermöglicht die Überprüfung der Entscheidung des Nachlassgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beteiligte zu 1 hat gegen die Ablehnung ihres Erbscheinsantrags durch das Amtsgericht Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde jedoch zurückgewiesen, was bedeutet, dass die ursprüngliche Entscheidung des Amtsgerichts bestätigt wurde.
- § 1924 BGB (Gesetzliche Erben erster Ordnung): Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder und deren Kinder. Sie erben zu gleichen Teilen, wenn keine andere erbberechtigte Person vorhanden ist oder diese die Erbschaft ausgeschlagen hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Erblasser Kinder hatte, gehören diese grundsätzlich zu den gesetzlichen Erben erster Ordnung. Aufgrund der ursprünglichen Ausschlagungen und der zweiten Ehefrau des Erblassers, ergab sich die Frage der Erbteile und wer letztendlich Erbe geworden ist.
Das vorliegende Urteil
OLG Zweibrücken – Az.: 8 W 20/24 – Beschluss vom 07.03.2025
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