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Anforderungen an Drei-Zeugen-Testament

In letzter Minute noch schnell das Testament gemacht – drei Zeugen eilten ans Sterbebett. Doch vor Gericht scheiterte das Nottestament. Denn die Richter machten klar: Für solche letztwilligen Verfügungen in höchster Not gelten extrem hohe Hürden.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 4/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

Gericht: Oberlandesgericht Saarbrücken Datum: 4. Februar 2025 Aktenzeichen: 5 W 4/25 Verfahrensart: Beschwerdeverfahren Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Zwei potenzielle Erben, die ihre Erbansprüche aus einem Nottestament geltend machten und Beschwerde einlegten.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Einen Monat vor ihrem Tod am 29. April 2023 errichtete die Erblasserin in ihrer Wohnung aufgrund ihres sich rapide verschlechternden Gesundheitszustands ein Nottestament vor drei Zeugen. Dieses setzte zwei Personen als Erben ein und enthielt weitere Verfügungen wie ein Nießbrauchsrecht, Geldvermächtnisse und eine Auflage zur Grabpflege. Zuvor hatte die Erblasserin eine notwendige Operation abgelehnt.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Gültigkeit dieses Drei-Zeugen-Nottestaments und die Frage, ob die strengen gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde der zwei potenziellen Erben wurde zurückgewiesen; das Nottestament wurde nicht anerkannt (Bestätigung der Entscheidung der Vorinstanz).
  • Begründung: Das Gericht betonte die extrem hohen Anforderungen für die Gültigkeit eines Nottestaments („in höchster Not“).
  • Folgen: Die im Nottestament als Erben eingesetzten Personen konnten ihre Erbansprüche auf dieser Grundlage nicht durchsetzen.

Der Fall vor Gericht


Streit um Nottestament: OLG Saarbrücken bestätigt strenge Anforderungen

Streit um Nottestament
Symbolbild: KI generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken hat eine wichtige Entscheidung zu den Voraussetzungen eines sogenannten Drei-Zeugen-Testaments getroffen. In seinem Beschluss vom 4. Februar 2025 (Az.: 5 W 4/25) wies das Gericht die Beschwerde zweier potenzieller Erben zurück. Sie hatten versucht, ihre Erbansprüche auf Basis eines kurz vor dem Tod der Erblasserin errichteten Nottestaments durchzusetzen. Das Gericht bestätigte damit die Auffassung der Vorinstanz.

Der Hintergrund: Testament in den letzten Lebenswochen

Die Erblasserin, Frau I., verstarb am 29. April 2023. Einen Monat zuvor, am 29. März 2023, wurde in ihrer Wohnung in Anwesenheit dreier Zeugen ein „privatschriftliches Nottestament“ aufgenommen. Dieses Testament setzte die Beteiligten zu 1) und zu 2) als Erben zu je einer Hälfte ein. Ferner enthielt es Verfügungen zugunsten weiterer Personen, darunter ein Nießbrauchsrecht und Geldvermächtnisse, sowie eine Auflage zur Grabpflege.

Auslöser für die Testamentserrichtung war der sich rapide verschlechternde Gesundheitszustand der Erblasserin. Sie war kurz zuvor aus dem Krankenhaus entlassen worden, nachdem sie eine notwendige Amputation wegen Durchblutungsstörungen im Fuß abgelehnt hatte. Die genaue Lebenserwartung war zu diesem Zeitpunkt ungewiss. Nach der Testamentserrichtung wurde eine Schmerztherapie mit Morphium begonnen.

Das Verfahren vor dem Amtsgericht Saarlouis

Die beiden im Testament bedachten Haupterben beantragten beim Amtsgericht Saarlouis die Erteilung eines Erbscheins, der sie entsprechend ausweisen sollte. Das Amtsgericht leitete daraufhin umfangreiche Ermittlungen ein. Es hörte die Beteiligten an und vernahm die drei Zeugen, die bei der Testamentserrichtung anwesend waren. Zudem holte es ärztliche Auskünfte ein, um den Gesundheitszustand der Erblasserin zum kritischen Zeitpunkt zu klären.

Die Entscheidung der ersten Instanz: Kein gültiges Nottestament

Das Amtsgericht Saarlouis wies den Antrag auf Erteilung des Erbscheins mit Beschluss vom 15. November 2024 zurück. Die Begründung stützte sich auf die strengen gesetzlichen Voraussetzungen für ein Nottestament nach § 2250 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ein solches Testament ist nur unter außergewöhnlichen Umständen gültig.

Fehlende nahe Todesgefahr

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass sich die Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung am 29. März 2023 nicht in naher Todesgefahr befunden habe. Auch wenn ihr Zustand ernst war, reichte die Situation nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um die außergewöhnliche Form des Nottestaments zu rechtfertigen. Es fehlten die objektiven Anzeichen für einen unmittelbar bevorstehenden Tod.

Keine Unmöglichkeit der regulären Testamentserrichtung

Zudem prüfte das Gericht, ob die Hinzuziehung eines Notars oder Bürgermeisters zur regulären Testamentsaufnahme unmöglich oder zumindest erheblich erschwert war. Auch diese Voraussetzung sah das Amtsgericht nicht als erfüllt an. Die bloße Annahme, man könne zur Mittagszeit keinen Notar erreichen, genügte nicht, um eine objektive Unmöglichkeit zu begründen.

Die Beschwerde der potenziellen Erben

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legten die beiden abgewiesenen Antragsteller Beschwerde beim Oberlandesgericht Saarbrücken ein. Sie argumentierten, die Zeugen seien subjektiv fest davon überzeugt gewesen, dass die Erblasserin unmittelbar vor dem Tod stehe. Sie hätten geglaubt, die Erblasserin würde den nächsten Tag nicht erleben.

Weiter führten sie an, man habe erfolglos versucht, Notare während der Mittagspause zu erreichen. Auch das Bürgermeisteramt sei nicht erreichbar gewesen. Daher sei die Errichtung eines Nottestaments die einzig verbliebene Möglichkeit gewesen, den letzten Willen der Erblasserin rechtzeitig festzuhalten. Kritisiert wurde zudem, dass die Anhörung der Zeugen durch eine Rechtspflegerin erfolgte.

Die Entscheidung des OLG Saarbrücken: Bestätigung der strengen Maßstäbe

Das OLG Saarbrücken folgte der Argumentation der Beschwerdeführer nicht und wies die Beschwerde zurück. Es bestätigte damit vollumfänglich die Entscheidung des Amtsgerichts. Das OLG stellte klar, dass die strengen Voraussetzungen für ein Nottestament nach § 2250 BGB objektiv vorliegen müssen.

Objektive Kriterien entscheidend, nicht subjektive Einschätzung

Die subjektive Überzeugung der Zeugen von einer nahen Todesgefahr reicht nicht aus, wenn die objektiven Umstände dies nicht stützen. Das Gericht sah keine ausreichenden Beweise dafür, dass der Tod der Erblasserin am 29. März derart unmittelbar bevorstand, dass keine Zeit mehr für eine reguläre Testamentserrichtung geblieben wäre. Sie verstarb erst einen Monat später.

Keine ausreichende Erschwerung der regulären Beurkundung

Auch das Argument der Nichterreichbarkeit von Notaren oder des Bürgermeisters während der Mittagspause überzeugte das OLG nicht. Eine vorübergehende Nichterreichbarkeit stellt keine Unmöglichkeit oder erhebliche Erschwerung im Sinne des Gesetzes dar. Es wäre zumutbar gewesen, zu einem späteren Zeitpunkt erneut Kontakt aufzunehmen oder andere Notare zu kontaktieren.

Das OLG betonte, dass die Formvorschriften im Erbrecht dem Schutz des Erblasserwillens und der Rechtssicherheit dienen. Ein Nottestament ist eine Ausnahme, die nur in eng definierten Notlagen zulässig ist. Diese lagen hier nach Überzeugung des Gerichts nicht vor. Die Beschwerde wurde daher auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Der Geschäftswert wurde auf 170.000 Euro festgesetzt.

Bedeutung für Betroffene

Diese Entscheidung unterstreicht die hohen Hürden für die Gültigkeit eines Drei-Zeugen-Nottestaments. Für die beiden Antragsteller bedeutet dies, dass sie auf Grundlage dieses Testaments nicht erben werden. Ihr Antrag auf einen Erbschein wurde endgültig abgelehnt.

Sollte kein anderes gültiges Testament der Erblasserin existieren, tritt nun die Gesetzliche Erbfolge in Kraft. Das Erbe würde dann an die gesetzlichen Erben (z.B. Verwandte bestimmter Ordnungen) verteilt werden, nicht an die im Nottestament Bedachten. Auch die im Testament angeordneten Vermächtnisse und Auflagen sind damit unwirksam.

Für Personen, die sich in einer Situation befinden, in der ein Testament errichtet werden soll, zeigt der Fall: Die Möglichkeit eines Nottestaments ist eng begrenzt. Es sollte immer versucht werden, ein reguläres Testament vor einem Notar oder ein eigenhändiges Testament zu errichten. Nur wenn dies objektiv absolut unmöglich ist und eine akute Todesgefahr besteht, kommt ein Nottestament in Betracht. Die Beweislast für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liegt bei denen, die sich auf das Nottestament berufen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass ein Drei-Zeugen-Nottestament nur gültig ist, wenn sich der Erblasser nachweislich in einer nahen Todesgefahr befand und gleichzeitig die Errichtung eines regulären Testaments vor einem Notar unmöglich oder erheblich erschwert war. Bloße subjektive Einschätzungen der Beteiligten zur Dringlichkeit reichen nicht aus; vielmehr müssen beide Voraussetzungen objektiv vorgelegen haben und beweisbar sein. Die strengen Formvorschriften für Nottestamente dienen als wichtige Schutzmaßnahme gegen Missbrauch und unterstreichen, dass informelle Testamente nur in echten Ausnahmesituationen Gültigkeit erlangen können.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann genau gilt ein Testament als Nottestament und welche Formvorschriften sind dabei unbedingt zu beachten?

Ein Testament ist normalerweise entweder eigenhändig geschrieben und unterschrieben oder wird vor einem Notar erklärt und beurkundet. Ein Nottestament stellt eine absolute Ausnahme von diesen üblichen Formen dar. Es ist nur für ganz bestimmte, dringende Notsituationen vorgesehen, in denen es einer Person unmöglich ist, ein reguläres Testament zu errichten.

Wann ist ein Nottestament überhaupt möglich?

Ein Nottestament kann nur dann wirksam errichtet werden, wenn eine konkrete Notsituation vorliegt, die die Einhaltung der normalen Formvorschriften verhindert. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt im Wesentlichen drei Arten von Notsituationen, die ein Nottestament rechtfertigen können:

  1. Das Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB): Diese Form kommt in Betracht, wenn sich eine Person an einem Ort aufhält, der durch außergewöhnliche Umstände (wie z.B. eine Epidemie oder Katastrophe) abgesperrt ist, sodass die Hinzuziehung eines Notars nicht möglich oder erheblich erschwert ist. Der letzte Wille wird dann mündlich vor dem Bürgermeister (oder seinem Vertreter) und zwei Zeugen erklärt. Es muss eine Niederschrift angefertigt werden.
  2. Das Drei-Zeugen-Testament (§ 2250 BGB): Dies ist die praktisch relevanteste Form des Nottestaments. Es ist zulässig, wenn sich eine Person in so naher Todesgefahr befindet, dass es voraussichtlich nicht mehr möglich ist, ein Testament vor einem Notar oder Bürgermeister zu errichten. Stellen Sie sich beispielsweise eine Person vor, die nach einem schweren Unfall an einem abgelegenen Ort auf Hilfe wartet. Ebenso ist es möglich, wenn durch andere außergewöhnliche Umstände (z.B. Verschüttung, eingeschneit sein ohne Kommunikationsmittel) die Errichtung eines regulären Testaments nicht möglich oder unzumutbar erschwert ist. Auch hier erfolgt die Erklärung mündlich vor drei Zeugen.
  3. Das Seetestament (§ 2251 BGB): Befindet sich eine Person während einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines deutschen Hafens, kann sie ihren letzten Willen mündlich vor drei Zeugen erklären.

Welche formalen Anforderungen müssen unbedingt beachtet werden?

Gerade weil das Nottestament eine Ausnahme darstellt, sind die gesetzlichen Anforderungen sehr streng. Werden diese formalen Kriterien nicht exakt erfüllt, ist das Nottestament unwirksam, und es gilt die gesetzliche Erbfolge (oder ein früheres, gültiges Testament).

Am Beispiel des häufigeren Drei-Zeugen-Testaments müssen folgende Punkte zwingend eingehalten werden:

  • Anwesenheit von drei Zeugen: Es müssen mindestens drei Zeugen gleichzeitig anwesend sein, während der Erblasser seinen letzten Willen erklärt.
  • Anforderungen an die Zeugen: Die Zeugen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen zum Beispiel während der gesamten Erklärung anwesend sein, die Sprache des Erblassers verstehen und dürfen nicht selbst im Testament bedacht werden oder mit einem Begünstigten eng verwandt sein (z.B. Ehepartner, Eltern, Kinder). Sie müssen voll geschäftsfähig sein.
  • Mündliche Erklärung: Der Erblasser muss seinen Willen mündlich gegenüber den Zeugen äußern.
  • Niederschrift: Über die Erklärung des letzten Willens muss unverzüglich eine Niederschrift (Protokoll) angefertigt werden. Diese muss in deutscher Sprache verfasst sein (oder in der Sprache des Erblassers, wenn die Zeugen diese verstehen).
  • Inhalt der Niederschrift: Die Niederschrift muss bestimmte Angaben enthalten: die Feststellung der Person des Erblassers, die Feststellung seiner Testierfähigkeit (also dass er bei Sinnen ist und versteht, was er tut – nach Überzeugung der Zeugen), den erklärten Willen, den Ort und das Datum der Errichtung.
  • Vorlesen, Genehmigen, Unterschreiben: Die Niederschrift muss dem Erblasser vorgelesen und von ihm genehmigt werden (dies sollte vermerkt werden). Alle drei Zeugen müssen die Niederschrift unterschreiben. Wenn der Erblasser noch dazu in der Lage ist, sollte auch er die Niederschrift unterschreiben.

Wie lange ist ein Nottestament gültig?

Ein ganz wichtiger Punkt: Ein Nottestament ist nur eine vorübergehende Lösung. Es verliert automatisch seine Gültigkeit, wenn drei Monate vergangen sind, seitdem der Erblasser wieder in der Lage gewesen wäre, ein reguläres Testament (also eigenhändig oder vor einem Notar) zu errichten, und er zu diesem Zeitpunkt noch lebt (§ 2252 BGB). Überlebt die Person also die Notsituation und hätte sie die Möglichkeit gehabt, ein „normales“ Testament zu machen, wird das Nottestament nach drei Monaten unwirksam.

Für Sie bedeutet das: Die Hürden für ein gültiges Nottestament sind sehr hoch. Gerichte prüfen im Erbfall sehr genau, ob die Notsituation tatsächlich vorlag und ob alle Formvorschriften penibel eingehalten wurden. Ist dies nicht der Fall, kann das Testament für ungültig erklärt werden, mit der Folge, dass der letzte Wille des Verstorbenen nicht berücksichtigt wird.


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Welche Rolle spielen Zeugen bei der Errichtung eines Nottestaments und welche Anforderungen werden an diese Zeugen gestellt (z.B. Unabhängigkeit, Alter)?

Zeugen sind bei einem Nottestament absolut entscheidend. Da in einer Notsituation oft kein Notar hinzugezogen oder kein handschriftliches Testament mehr verfasst werden kann, übernehmen Zeugen die wichtige Aufgabe, den letzten Willen des Sterbenden zu bezeugen und zu bestätigen. Ihre Beteiligung soll sicherstellen, dass der tatsächlich geäußerte Wille festgehalten wird.

Aufgaben der Zeugen

Die Hauptaufgabe der Zeugen ist es, bei der Erklärung des letzten Willens des Erblassers (der Person, die das Testament macht) gleichzeitig und ununterbrochen anwesend zu sein. Je nach Art des Nottestaments (z.B. vor dem Bürgermeister oder vor drei Zeugen) haben sie folgende Aufgaben:

  1. Anwesenheit und Wahrnehmung: Sie müssen hören und verstehen, was der Erblasser als seinen letzten Willen erklärt. Bei bestimmten Nottestamentformen müssen sie auch eine übergebene Schrift als letzten Willen entgegennehmen.
  2. Bestätigung/Niederschrift: Beim sogenannten Drei-Zeugen-Testament müssen die Zeugen den mündlich erklärten Willen in einer Niederschrift festhalten (oder festhalten lassen), diese genehmigen und unterschreiben. Sie bestätigen damit den Inhalt.
  3. Unterschrift: Die Zeugen müssen das aufgenommene Testament bzw. die Niederschrift unterschreiben.

Im späteren Verfahren zur Feststellung der Erben (Erbscheinverfahren) sind die Aussagen der Zeugen oft das wichtigste Beweismittel. Das Nachlassgericht wird die Zeugen in der Regel anhören, um zu prüfen, ob das Nottestament gültig ist und was genau der Erblasser wollte.

Anforderungen an die Zeugen

Da die Zeugen eine so wichtige Rolle spielen, stellt das Gesetz strenge Anforderungen an sie, um Missbrauch und Ungenauigkeiten zu vermeiden:

  • Alter und Geschäftsfähigkeit: Zeugen müssen in der Regel volljährig sein. Entscheidend ist, dass sie geistig in der Lage sind, den Vorgang zu verstehen und zu bezeugen (geschäftsfähig). Personen, die zum Beispiel aufgrund einer Demenzerkrankung den Vorgang nicht mehr erfassen können, dürfen keine Zeugen sein.
  • Sinneswahrnehmung: Die Zeugen müssen den letzten Willen des Erblassers mit ihren Sinnen wahrnehmen können. Wer zum Beispiel taub ist, kann bei einer mündlichen Erklärung kein Zeuge sein.
  • Sprachverständnis: Sie müssen die Sprache des Erblassers verstehen.
  • Unabhängigkeit und Unbefangenheit (sehr wichtig!): Dies ist ein zentraler Punkt. Zeugen müssen neutral sein. Deshalb dürfen bestimmte Personen nicht als Zeugen mitwirken:
    • Personen, die im Testament selbst als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht werden.
    • Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner dieser begünstigten Personen.
    • Eltern, Kinder, Großeltern, Enkel etc. (Verwandte in gerader Linie) dieser begünstigten Personen.
    • Auch Geschwister oder Schwäger von Begünstigten können problematisch sein.

    Der Grund für diese strengen Regeln ist klar: Wer selbst einen Vorteil aus dem Testament zieht oder einer begünstigten Person sehr nahesteht, könnte versucht sein, den letzten Willen nicht korrekt wiederzugeben. Die Unabhängigkeit der Zeugen ist daher essenziell.

Bedeutung für die Gültigkeit des Testaments

Die Einhaltung der Anforderungen an die Zeugen ist für die Gültigkeit des Nottestaments von entscheidender Bedeutung. Wenn Zeugen nicht die notwendigen Voraussetzungen erfüllen (z.B. weil sie selbst Erben sind oder nicht geschäftsfähig waren), kann dies dazu führen, dass das gesamte Nottestament ungültig ist. Aufgrund der besonderen Umstände einer Notsituation und der fehlenden notariellen Form gelten hier besonders strenge Maßstäbe.


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Was bedeutet „nahe Todesgefahr“ im Zusammenhang mit einem Nottestament konkret und welche Nachweise sind erforderlich, um diese zu belegen?

Nahe Todesgefahr“ im Zusammenhang mit einem Nottestament bedeutet, dass nach objektiven Umständen der baldige Tod der Person, die das Testament errichten möchte (Erblasser), ernsthaft zu befürchten ist. Entscheidend ist hierbei nicht allein das subjektive Gefühl des Erblassers, sterben zu müssen, sondern eine objektiv begründete, unmittelbare Lebensgefahr.

Die objektive Sichtweise ist entscheidend

Die Gerichte prüfen sehr streng, ob tatsächlich eine nahe Todesgefahr vorlag. Das bedeutet:

  • Ein bloßes Gefühl der Angst vor dem Tod, ein hohes Alter oder eine chronische Krankheit allein genügen in der Regel nicht.
  • Es muss eine konkrete, nachvollziehbare Gefahr bestanden haben, dass der Tod sehr wahrscheinlich und in Kürze eintreten wird. Stellen Sie sich eine Situation vor, in der ein vernünftiger Beobachter ebenfalls zum Schluss käme, dass das Leben der Person unmittelbar bedroht ist.
  • Zusätzlich muss diese Gefahr so akut sein, dass es dem Erblasser nachweislich nicht mehr möglich oder zumutbar war, ein reguläres Testament zu errichten – also entweder handschriftlich oder vor einem Notar.

Was kann eine nahe Todesgefahr begründen?

Objektive Umstände, die eine nahe Todesgefahr begründen können, sind beispielsweise:

  • Schwere Unfälle mit lebensbedrohlichen Verletzungen.
  • Akute, lebensbedrohliche Erkrankungen, wie ein schwerer Herzinfarkt, ein Schlaganfall oder eine plötzlich auftretende, massive innere Blutung.
  • Der finale Zustand einer unheilbaren Krankheit, wenn sich der Gesundheitszustand rapide verschlechtert und der Tod unmittelbar bevorsteht.
  • Äußere Gefahrensituationen, wie beispielsweise eine Verschüttung nach einer Lawine oder ein Schiffbruch auf offener See, wenn eine Rettung sehr unwahrscheinlich ist.

Nachweis der nahen Todesgefahr

Da die Gültigkeit eines Nottestaments oft erst nach dem Tod des Erblassers gerichtlich geklärt wird, ist der lückenlose Nachweis der nahen Todesgefahr zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung von zentraler Bedeutung. Ohne diesen Nachweis ist das Nottestament ungültig. Folgende Beweismittel können hierfür herangezogen werden:

  • Ärztliche Dokumentationen: Dies sind besonders wichtige Beweise. Dazu zählen Arztbriefe, Befundberichte, Gutachten oder Einträge in der Krankenakte, die den lebensbedrohlichen Zustand zum exakten Zeitpunkt der Testamentserrichtung objektiv beschreiben.
  • Aussagen von Zeugen: Personen, die bei der Errichtung des Nottestaments anwesend waren (insbesondere die Testamentszeugen selbst, aber auch Ärzte, Pflegepersonal oder andere Anwesende), können vor Gericht als Zeugen aussagen. Ihre Schilderungen der Situation, des Gesundheitszustands und der Dringlichkeit sind oft entscheidend.
  • Weitere Beweismittel: Je nach Situation können auch andere Unterlagen oder Aufzeichnungen (z.B. Notrufe, Einsatzprotokolle von Rettungsdiensten) relevant sein.

Wichtig ist: Alle Nachweise müssen sich konkret auf den Zeitpunkt beziehen, an dem das Nottestament errichtet wurde. Sie müssen klar belegen, dass objektiv eine nahe Todesgefahr bestand und die Errichtung eines regulären Testaments unmöglich war. Fehlende oder unzureichende Nachweise führen zur Unwirksamkeit des Nottestaments. Dies unterstreicht die strengen Anforderungen, die an diese besondere Testamentsform gestellt werden, um Missbrauch vorzubeugen.


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Was passiert, wenn ein Nottestament aufgrund fehlender Voraussetzungen für ungültig erklärt wird?

Wird ein Nottestament für ungültig erklärt, weil die strengen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind (zum Beispiel fehlende Zeugen, keine akute Notsituation), ist es rechtlich so, als hätte es dieses Testament nie gegeben. Die darin festgehaltenen Wünsche des Verstorbenen zur Verteilung seines Erbes sind dann unwirksam.

Die Folgen der Ungültigkeit: Gesetzliche Erbfolge oder früheres Testament

Wenn das Nottestament ungültig ist, richtet sich die Erbfolge nach anderen Regelungen:

  1. Gibt es ein früheres, gültiges Testament? Wenn der Verstorbene vor dem Nottestament bereits ein anderes, formgültiges Testament (z.B. ein handschriftliches oder notarielles Testament) errichtet hat, dann gilt dieses frühere Testament. Das Erbe wird entsprechend den Regelungen dieses älteren Testaments verteilt.
  2. Gibt es kein anderes gültiges Testament? Existiert kein anderes wirksames Testament, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Das bedeutet, das Erbe wird nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verteilt. Erben sind dann die nächsten Verwandten (Ehepartner, Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister etc.) in einer gesetzlich festgelegten Reihenfolge und Quote.

Für Sie bedeutet das: Personen, die nur im ungültigen Nottestament als Erben oder Vermächtnisnehmer genannt wurden, gehen leer aus, es sei denn, sie sind auch nach der gesetzlichen Erbfolge oder einem früheren Testament erbberechtigt.

Was können Beteiligte tun? Anfechtung und Klärung

Die Feststellung, dass ein Nottestament ungültig ist, erfolgt in der Regel durch das Nachlassgericht, oft im Rahmen des Erbscheinverfahrens. Beteiligte (z.B. Personen, die laut Nottestament erben sollten, oder gesetzliche Erben), die mit dieser Entscheidung nicht einverstanden sind oder generell die Erbfolge klären lassen möchten, haben Möglichkeiten:

  • Anfechtung der Ungültigkeitserklärung: Wenn Gründe vorliegen anzunehmen, dass das Nottestament doch gültig war, kann gegen die Entscheidung des Gerichts vorgegangen werden.
  • Feststellung der Erbfolge: Es kann gerichtlich geklärt werden, wer nun tatsächlich Erbe geworden ist (entweder nach gesetzlicher Erbfolge oder einem früheren Testament).

Wichtig zu wissen ist: Für solche Verfahren gibt es gesetzliche Fristen, die eingehalten werden müssen. Diese Fristen beginnen oft erst zu laufen, wenn die betreffende Person von dem Grund für die mögliche Anfechtung oder der Ungültigkeit erfährt.

Warum die strengen Regeln?

Die strengen Voraussetzungen für Nottestamente sollen sicherstellen, dass der letzte Wille auch in einer Ausnahmesituation korrekt und möglichst frei von Manipulationen festgehalten wird. Wird von diesen Regeln abgewichen, führt dies zum Schutz der Rechtssicherheit und des tatsächlichen Willens des Erblassers oft zur Ungültigkeit des Nottestaments, mit der Konsequenz, dass dann eben die gesetzliche Erbfolge oder ein früheres Testament greift.


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Gibt es Alternativen zum Nottestament, die weniger formale Hürden haben und dennoch eine zeitnahe Regelung des Nachlasses ermöglichen?

Ja, es gibt verschiedene Möglichkeiten, Ihren letzten Willen festzuhalten, die weniger strenge Voraussetzungen als ein Nottestament haben und oft mehr Rechtssicherheit bieten. Ein Nottestament ist wirklich nur für absolute Ausnahmesituationen gedacht, in denen keine andere Testamentsform mehr möglich ist. Hier sind die gängigsten Alternativen:

Das Testament: Der klassische Weg

Die häufigste Form, den Nachlass zu regeln, ist das „normale“ Testament. Hier gibt es zwei Varianten:

  1. Das privatschriftliche (oder eigenhändige) Testament:
    • Was ist das? Sie schreiben Ihren letzten Willen vollständig von Hand auf ein Blatt Papier und unterschreiben es. Wichtig ist, dass der gesamte Text handschriftlich verfasst ist – ein am Computer geschriebener und nur unterschriebener Text ist ungültig. Es ist empfehlenswert, Ort und Datum anzugeben.
    • Vorteile: Es kostet nichts und Sie können es jederzeit und überall verfassen oder ändern, solange Sie dazu geistig in der Lage sind.
    • Nachteile: Es besteht die Gefahr, dass Sie Formfehler machen (z.B. nicht alles handschriftlich), was das Testament ungültig machen kann. Auch unklare Formulierungen können später zu Streit führen. Zudem muss sichergestellt sein, dass das Testament nach Ihrem Tod gefunden wird. Oft benötigen die Erben trotz eines solchen Testaments einen kostenpflichtigen Erbschein.
    • Wann könnte es passen? Wenn Ihre familiären und finanziellen Verhältnisse eher einfach sind und Sie klare Anweisungen geben möchten.
  2. Das notarielle (oder öffentliche) Testament:
    • Was ist das? Sie erklären Ihren letzten Willen mündlich einem Notar, der diesen dann niederschreibt, oder Sie übergeben dem Notar eine Schrift (die auch maschinell geschrieben sein darf) mit der Erklärung, dass dies Ihr letzter Wille ist. Der Notar prüft Ihre Identität und Geschäftsfähigkeit (also ob Sie verstehen, was Sie tun) und berät Sie zu den Formulierungen.
    • Vorteile: Dieses Testament bietet hohe Rechtssicherheit. Der Notar sorgt für korrekte Formulierungen und beugt Formfehlern vor. Es wird amtlich verwahrt und ersetzt in den meisten Fällen den Erbschein, was den Erben später Zeit und Kosten spart.
    • Nachteile: Es fallen Notarkosten an, deren Höhe sich nach dem Wert Ihres Nachlasses richtet. Sie müssen einen Termin beim Notar wahrnehmen.
    • Wann könnte es passen? Wenn Sie sichergehen wollen, dass Ihr Testament gültig ist, wenn Sie komplexe Regelungen treffen möchten (z.B. bei Immobilienbesitz, Unternehmen oder Patchwork-Familien) oder wenn Sie Streit unter den Erben vermeiden möchten.

Der Erbvertrag: Gemeinsam und verbindlich planen

  • Was ist das? Ein Erbvertrag ist ein Vertrag zwischen Ihnen (dem Erblasser) und mindestens einer anderen Person (z.B. Ihrem Ehepartner, Kindern oder einer anderen Person), in dem Sie gemeinsam erbrechtliche Regelungen treffen. Dieser Vertrag muss immer von einem Notar beurkundet werden, wobei alle Vertragspartner gleichzeitig anwesend sein müssen.
  • Vorteile: Der Erbvertrag ist bindend. Das bedeutet, Sie können ihn später nicht einfach allein ändern. Das schafft Verlässlichkeit für alle Beteiligten, zum Beispiel wenn jemand als Gegenleistung für die Erbeinsetzung bestimmte Pflegeleistungen übernimmt.
  • Nachteile: Die starke Bindung kann auch ein Nachteil sein, wenn sich Lebensumstände ändern. Eine Änderung ist oft nur gemeinsam mit den anderen Vertragspartnern möglich. Es fallen Notarkosten an.
  • Wann könnte es passen? Wenn Sie verbindliche Absprachen mit anderen Personen treffen möchten, die für beide Seiten gelten sollen, etwa bei der Regelung der Unternehmensnachfolge oder bei gegenseitigen Versorgungszusagen.

Die Vorsorgevollmacht: Handlungsfähig bleiben (regelt nicht die Erbfolge!)

  • Was ist das? Eine Vorsorgevollmacht ist keine direkte Alternative zum Testament, da sie nicht regelt, wer erbt. Sie ist aber eine wichtige Ergänzung. Mit ihr bestimmen Sie eine Vertrauensperson, die zu Ihren Lebzeiten für Sie handeln und entscheiden darf, falls Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind (z.B. durch Krankheit oder Unfall).
  • Wie hilft sie beim Nachlass? Eine Vorsorgevollmacht kann auch über den Tod hinaus (transmortal) oder erst mit dem Tod (postmortal) gelten. Das kann den Erben helfen, direkt nach dem Todesfall wichtige Dinge zu regeln (z.B. Bankgeschäfte), bevor ein Erbschein ausgestellt ist. Sie kann also die Abwicklung des Nachlasses erleichtern, bestimmt aber nicht die Erben.
  • Vorteile: Sie ermöglicht Ihrer Vertrauensperson schnelles Handeln, wenn Sie es nicht mehr können, und kann eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermeiden.
  • Nachteile: Es besteht die Gefahr des Missbrauchs, daher ist absolutes Vertrauen in die bevollmächtigte Person unerlässlich. Sie ersetzt kein Testament zur Regelung der Erbfolge.
  • Wann passt sie? Grundsätzlich für jeden, der für den Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit vorsorgen möchte.

Diese Alternativen bieten je nach Ihrer persönlichen Situation und Ihren Wünschen unterschiedliche Vor- und Nachteile gegenüber einem Nottestament und ermöglichen eine planvolle und rechtssichere Regelung Ihrer Angelegenheiten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nottestament (nach § 2250 BGB)

Ein Nottestament ist eine besondere Form des Testaments, die nur in außergewöhnlichen Notsituationen errichtet werden darf, wenn ein reguläres Testament nicht mehr möglich ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt dies in § 2250. Im vorliegenden Fall ging es um ein sogenanntes Drei-Zeugen-Testament, bei dem drei Zeugen den letzten Willen der Erblasserin aufnahmen, weil sie glaubten, es sei keine Zeit mehr für einen Notar. Solche Testamente sind nur gültig, wenn objektiv eine nahe Todesgefahr bestand und die Hinzuziehung eines Notars oder Bürgermeisters tatsächlich unmöglich oder erheblich erschwert war.
Beispiel: Jemand ist nach einem schweren Unfall eingeklemmt und bei Bewusstsein, aber die Rettungskräfte signalisieren, dass er die nächsten Stunden wahrscheinlich nicht überleben wird. Wenn kein Notar rechtzeitig herbeigeholt werden kann, könnte diese Person vor drei Zeugen mündlich ein Nottestament erklären, das die Zeugen dann niederschreiben müssen.


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Nahe Todesgefahr

Nahe Todesgefahr ist eine Voraussetzung für die Gültigkeit eines Nottestaments (§ 2250 BGB). Sie liegt vor, wenn aufgrund objektiver Umstände (z. B. schwere Verletzungen, akute lebensbedrohliche Erkrankung) vernünftigerweise damit gerechnet werden muss, dass der Tod des Erblassers unmittelbar bevorsteht, bevor ein reguläres Testament errichtet werden kann. Es reicht nicht aus, wenn die Beteiligten (wie im Fall die Zeugen) nur subjektiv glauben, der Tod stehe kurz bevor. Im Fall des OLG Saarbrücken war die Erblasserin zwar schwer krank, aber das Gericht sah keine Anzeichen für einen objektiv unmittelbar bevorstehenden Todeseintritt zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung, da sie erst einen Monat später verstarb.


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Unmöglichkeit oder erhebliche Erschwerung (der regulären Testamentserrichtung)

Dies ist die zweite zentrale Voraussetzung für ein gültiges Nottestament (§ 2250 BGB), neben der nahen Todesgefahr. Es bedeutet, dass es dem Erblasser objektiv nicht möglich oder zumindest sehr stark erschwert sein muss, ein reguläres Testament vor einem Notar (öffentliches Testament) oder durch eigenhändige Niederschrift (privatschriftliches Testament, § 2247 BGB) zu errichten. Eine vorübergehende Nichterreichbarkeit, wie im Fall die Mittagspause eines Notars oder die üblichen Bürozeiten, stellt laut OLG Saarbrücken keine solche Unmöglichkeit oder erhebliche Erschwerung dar. Es muss nachgewiesen werden, dass ernsthafte Bemühungen zur Errichtung eines regulären Testaments unter den gegebenen Umständen gescheitert sind oder von vornherein aussichtslos waren.


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Beschwerde

Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine gerichtliche Entscheidung (hier: einen Beschluss des Amtsgerichts) von einer höheren Instanz (hier: dem Oberlandesgericht) überprüfen lassen kann. Ziel ist es, die Entscheidung abändern oder aufheben zu lassen, wenn man sie für rechtlich falsch oder unzutreffend hält. Im vorliegenden Fall legten die beiden im Nottestament als Erben eingesetzten Personen Beschwerde beim OLG Saarbrücken ein, weil das Amtsgericht Saarlouis ihren Antrag auf einen Erbschein abgelehnt hatte. Das OLG wies die Beschwerde jedoch als unbegründet zurück.


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Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn eine verstorbene Person (Erblasser) kein gültiges Testament oder keinen Erbvertrag hinterlassen hat, oder wenn das Testament erfolgreich angefochten wurde. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB, §§ 1924 ff.) regelt dann, wer in welcher Reihenfolge und zu welchen Teilen erbt. Üblicherweise sind das der überlebende Ehepartner/eingetragene Lebenspartner und die Verwandten in einer bestimmten Ordnung (zuerst Kinder, dann Eltern, Geschwister etc.). Da das OLG Saarbrücken das Nottestament für ungültig erklärte, tritt im Fall der Erblasserin Frau I. nun die gesetzliche Erbfolge ein, sofern kein anderes wirksames Testament existiert.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2250 BGB (Nottestament vor drei Zeugen): Diese Norm regelt das Nottestament vor drei Zeugen, eine Ausnahmeform des Testaments, die zulässig ist, wenn der Erblasser sich in naher Todesgefahr befindet oder der Zugang zu einem Notar oder Bürgermeister erheblich erschwert ist. Für die Gültigkeit müssen drei Zeugen gleichzeitig anwesend sein, die den Testierwillen des Erblassers bezeugen und das Testament unterschreiben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat den Erbscheinsantrag abgelehnt, weil es die Voraussetzungen für ein wirksames Nottestament nach § 2250 BGB als nicht gegeben ansah, da weder eine nahe Todesgefahr bestand noch die Hinzuziehung eines Notars oder Bürgermeisters unmöglich oder erheblich erschwert war.
  • § 2231 BGB (Testamentsformen): Im deutschen Erbrecht gibt es verschiedene Formen, ein Testament zu errichten, darunter das eigenhändige Testament (§ 2247 BGB), das öffentliche Testament (§ 2232 BGB) und in Ausnahmefällen das Nottestament. Die Wahl der Form ist entscheidend für die formelle Gültigkeit des Testaments. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüft, ob das informelle Dokument die Voraussetzungen einer der anerkannten Testamentsformen erfüllt. Da es als Nottestament bezeichnet wird, liegt der Fokus auf § 2250 BGB, da die regulären Formen (eigenhändig oder öffentlich) offenbar nicht gewählt wurden.
  • § 2247 BGB (Eigenhändiges Testament): Das eigenhändige Testament ist die gebräuchlichste Form des Testaments in Deutschland. Es muss vollständig handschriftlich vom Erblasser verfasst und unterschrieben sein, um formell wirksam zu sein. Ort und Datum der Errichtung sollen angegeben werden, sind aber keine zwingenden Gültigkeitsvoraussetzungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl es sich um ein Nottestament handeln soll, prüft das Gericht implizit, ob die Erblasserin nicht doch die Möglichkeit gehabt hätte, ein formgültiges eigenhändiges Testament zu errichten, was die Annahme eines Nottestaments ausschließen würde.
  • Grundsatz der Testierfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 1937 ff. BGB): Die Testierfreiheit ist ein grundlegendes Prinzip des deutschen Erbrechts und bedeutet, dass jeder Mensch grundsätzlich frei entscheiden kann, wer sein Vermögen nach dem Tod erhalten soll. Diese Freiheit findet ihre Grenzen jedoch in zwingenden gesetzlichen Formvorschriften und dem Pflichtteilsrecht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht muss die Testierfreiheit der Erblasserin respektieren, aber gleichzeitig sicherstellen, dass die formellen Anforderungen an ein Testament erfüllt sind, um Rechtssicherheit und den Schutz der Erben zu gewährleisten. Die formellen Mängel des Nottestaments überwiegen hier offenbar den mutmaßlichen Willen der Erblasserin.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Personen, die ein Testament errichten wollen [zum Thema Nottestament]

Manchmal verschlechtert sich der Gesundheitszustand plötzlich und es bleibt scheinbar keine Zeit mehr für ein reguläres Testament. In solchen Momenten denken Betroffene oder Angehörige über ein Nottestament nach. Doch Vorsicht: Diese Form der Testamentserrichtung ist an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft und scheitert oft vor Gericht.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Frühzeitig handeln – Regeltestament statt Nottestament
Verlassen Sie sich nicht darauf, im Notfall noch schnell ein wirksames Testament errichten zu können. Die sichersten Wege sind das notarielle Testament (vom Notar beurkundet) oder das eigenhändige Testament (vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben). Planen Sie Ihre Nachlassregelung rechtzeitig und in Ruhe, um spätere Streitigkeiten und die Unwirksamkeit Ihres letzten Willens zu vermeiden.


Tipp 2: Notsituation objektiv prüfen – Hohe Hürden beachten
Ein Nottestament, wie das Drei-Zeugen-Testament, ist nur in extremen Ausnahmesituationen zulässig. Es muss eine unmittelbare Todesgefahr bestehen und gleichzeitig die Errichtung eines regulären Testaments (beim Notar oder durch Niederschrift vor dem Bürgermeister) objektiv unmöglich sein. Die bloße Annahme einer nahen Todesgefahr oder schwere Krankheit reicht oft nicht aus, wie Gerichtsentscheidungen immer wieder zeigen.

⚠️ ACHTUNG: Die Anforderungen an das Vorliegen einer echten Notsituation werden von den Gerichten sehr streng geprüft. Wird die Notsituation verneint, ist das Nottestament unwirksam, auch wenn alle anderen Formalitäten eingehalten wurden.


Tipp 3: Formvorschriften exakt einhalten – Fehler vermeiden
Selbst wenn eine Notsituation objektiv vorliegt, muss das Nottestament (z. B. das Drei-Zeugen-Testament nach § 2250 BGB) formal korrekt errichtet werden. Dazu gehört unter anderem die gleichzeitige Anwesenheit der Zeugen, die Feststellung des Erblasserwillens, die Niederschrift, die Genehmigung durch den Erblasser und die Unterschriften aller Beteiligten. Fehler bei diesen Formalitäten führen ebenfalls zur Unwirksamkeit.

⚠️ ACHTUNG: Laien übersehen leicht formale Fallstricke. Schon kleine Abweichungen vom gesetzlich vorgeschriebenen Ablauf können das gesamte Testament ungültig machen.


Tipp 4: Zeitliche Begrenzung des Nottestaments kennen
Ein Nottestament ist nur eine vorübergehende Lösung. Es verliert seine Gültigkeit, wenn seit der Errichtung drei Monate vergangen sind und der Erblasser noch lebt und in der Lage gewesen wäre, ein reguläres Testament zu errichten (§ 2252 BGB). Kümmern Sie sich daher umgehend um ein reguläres Testament, sobald die Notsituation vorüber ist.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Das Hauptrisiko bei Nottestamenten liegt in der Nichterfüllung der strengen gesetzlichen Voraussetzungen – sei es das Fehlen einer objektiv nachweisbaren Notsituation oder formale Fehler bei der Errichtung. Die Gerichte legen einen sehr strengen Maßstab an, um Missbrauch zu verhindern. Die Beweislast für das Vorliegen aller Voraussetzungen liegt bei denjenigen, die sich auf das Nottestament berufen (also den potenziellen Erben).

Checkliste: Testamentserrichtung im Notfall

  • Ist die Errichtung eines regulären Testaments (Notar, Bürgermeister, eigenhändig) objektiv unmöglich?
  • Besteht akute, nachweisbare Todesgefahr für den Erblasser?
  • Sind die Zeugen (falls Drei-Zeugen-Testament) geeignet und unbefangen?
  • Können alle Formvorschriften für das gewählte Nottestament exakt eingehalten werden?
  • Ist bewusst, dass das Nottestament nur vorübergehend gilt und ersetzt werden sollte?

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 5 W 4/25 – Beschluss vom 04.02.2025


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