OLG München – Az.: 34 Wx 320/11 – Beschluss vom 18.08.2011
I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freising – Grundbuchamt – vom 6. Juli 2011 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 296.670 €.
Gründe
I.
In den jeweiligen Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern sind die Beteiligten zu 1 bis 3 gemäß gemeinsamem Erbschein vom 7.5.2010 seit 19.5.2010 als Eigentümer in Erbengemeinschaft eingetragen. Unter dem 16.5.2011 wurden dem Grundbuchamt zwei notarielle Urkunden vom 6.6.1994 mit dem Antrag vorgelegt, die Eigentümereintragung dahingehend zu berichtigen, dass die drei Beteiligten als Eigentümer zu gleichen Anteilen eingetragen werden. Die genannten Urkunden beinhalten die Übertragung des Wohnungs- und Teileigentums an die Erblasserin als Erwerberin und enthalten in § 7 folgende – gleichlautende – Klauseln:
2. Wenn die Erwerberin verstirbt, ohne dass das Eigentum an dem Vertragsgegenstand ausschließlich auf leibliche Abkömmlinge der verstorbenen Erwerberin übergegangen ist oder übergeht, haben die Geschwister der verstorbenen Erwerberin einen Anspruch auf unentgeltliche Übertragung des Vertragsgegenstandes auf sich als gemeinschaftliche Berechtigte zu gleichen Anteilen gegen den Rechtsnachfolger der verstorbenen Erwerberin. … Die Geschwister haben unwiderrufliche Vollmacht, für den Fall des Vorversterbens der Erwerberin die Auflassung an sich zu erklären und entgegenzunehmen. Der Notar ist angewiesen, die Übereignung nur gegen Vorlage der Sterbeurkunde des Erwerbers zu veranlassen.
3. …
4. Zur Sicherung … des aufschiebend bedingten Übertragungsanspruches der Geschwister werden im Gleichrang untereinander die Eintragung einer … Auflassungsvormerkung … von den Vertragsparteien beantragt und bewilligt.
Das Grundbuchamt erließ am 18.5.2011 eine Zwischenverfügung mit dem Hinweis auf folgendes Eintragungshindernis:
Der Inhalt der vorgelegten Urkunden enthalte nicht die Grundlage der begehrten Eintragung. Ihnen sei nur ein Anspruch gegen den Rechtsnachfolger der Erblasserin auf Übertragung des Vertragsgegenstands auf sich zu gleichen Teilen zu entnehmen. Die Beteiligten seien in Erbengemeinschaft eingetragen. Hinsichtlich des Gemeinschaftsverhältnisses könne die Eintragung nicht berichtigt werden. Mehrere Erben könnten nur in Erbengemeinschaft eingetragen werden. Die begehrte Eintragung könne nur durch einen Erbauseinandersetzungsvertrag erreicht werden, in dem sich die Eigentümer auf eine Eintragung zu je 1/3 einigen und die Eintragung bewilligen.
Nach Fristablauf hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag am 6.7.2011 kostenpflichtig zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er meint, sein Anspruch ergebe sich aus den vorgelegten Urkunden. Nach dem Erbschein sei er lediglich zu 2/12 an der Erbengemeinschaft beteiligt, während sein Anspruch gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung zu gleichen Anteilen ihm einen 1/3-Miteigentumsanteil verschaffe. Er habe diesen Anspruch unbeschadet dessen, ob die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt sei oder nicht.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 1.8.2011 nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist nach § 71 Abs. 1 GBO grundsätzlich statthaft. Sie richtet sich gegen die Ablehnung des Berichtigungsantrags. Ihr steht nicht entgegen, dass die Zwischenverfügung nicht angefochten worden war. Die Grundbuchbeschwerde kann gegen die Antragszurückweisung auch mit der Begründung erhoben werden, die in der mit Rechtsmitteln nicht angegriffenen Zwischenverfügung aufgeführten Hindernisse beständen nicht (vgl. Demharter GBO 27. Aufl. § 18 Rn. 54). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Zwischenverfügung, nämlich ein behebbares Eintragungs- bzw. Berichtigungshindernis, überhaupt vorlagen. Die Beschwerdeberechtigung des Beteiligten zu 1 (allein) folgt aus seinem Antragsrecht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO, das unabhängig von Anträgen der übrigen Gesamthandsberechtigten besteht (Wilke in Bauer/von Oefele GBO 2. Aufl. § 13 Rn. 43 m.w.N.).
Das Rechtsmittel erweist sich jedoch als unbegründet. Für die Umwandlung des gemeinschaftlichen Eigentums zur gesamten Hand (solches besteht im Rahmen einer Erbengemeinschaft; § 2032 Abs. 1 BGB) in Miteigentum der Erben nach Bruchteilen (§§ 1008 ff. BGB) bedarf es nach einhelliger Meinung (vgl. schon RGZ 57, 433; BGHZ 21, 229/231 f.; Palandt/Weidlich BGB 70. Aufl. § 2042 Rn. 17; Palandt/Bassenge § 873 Rn. 5; Staudinger/Werner BGB Bearb. Juni 2010 § 2042 Rn. 61; Flechtner in Burandt/Rojahn Erbrecht § 2042 BGB Rn. 43) der Übertragung des Eigentums in der Form der §§ 873, 925 Abs. 1 BGB und auf grundbuchrechtlicher Ebene der Bewilligung (§ 19 GBO) und des Nachweises der erforderlichen Einigung (§§ 20, 29 GBO).
Das Reichsgericht hat dazu ausgeführt (RGZ 57, 432/435):
Keiner der in der Erbengemeinschaft stehenden Erben sei im Stande, das vom Gesetz geschaffene Rechtsverhältnis zu den einzelnen Nachlassgegenständen von sich aus allein zu ändern. Dazu bedürfe es vielmehr der Zustimmung und Mitwirkung seiner Miterben. Er verfüge aber nicht bloß über den Nachlassgegenstand, wenn er von dem ihm daran zustehenden Eigentum Teile zugunsten der beiden Miterben preisgebe, sondern es sei auch dann eine Verfügung, wenn er zu den gleichlautenden Verfügungen der beiden anderen Teilhaber seine Zustimmung erteile. Auch die Veränderungen der Eigentumsquote vollzögen sich mithin kraft eines von allen Teilhabern vorzunehmenden Rechtsakts. Dieser sei ein Übertragungs- und zugleich Erwerbsakt im Sinne der gesetzlichen Terminologie. Das neu entstehende Eigentum nach Bruchteilen sei auch gegenüber dem bisherigen Eigentum zur gesamten Hand wirtschaftlich betrachtet in wichtigen Beziehungen anders geartet. Der Miterbe erlange damit das Recht, unmittelbar über seinen Anteil am Grundstück und nicht nur am Nachlass zu verfügen (vgl. § 747 BGB). Er dürfe namentlich diesen Grundstücksanteil belasten (vgl. §§ 1106, 1114 BGB). Nach außen hin verändere sich seine Rechtslage; so könnten seine Gläubiger nunmehr auch Zugriff unmittelbar am Grundstücksanteil nehmen, nicht bloß am Nachlassanteil (vgl. § 864 Abs. 2, § 859 Abs. 2 ZPO).
Die demnach erforderliche Rechtsänderung wird regelmäßig im Rahmen eines Auseinandersetzungsvertrags in die Wege geleitet (§ 2042 BGB; zu etwaigen Verfahrenshilfen siehe Palandt/Weidlich § 2042 Rn. 19), der sodann für den dinglichen Vollzug bei Grundstücken (auch Wohnungseigentum; vgl. BGHZ 173, 71), sieht man von einer außerhalb des Grundbuchs vollzogenen Erbteilsabtretung gegen Grundstücksüberlassung ab, die Auflassung erfordert. Ohne Auflassung ist das Grundbuch hier nicht unrichtig, ein auf die Unrichtigkeit gestützter Berichtigungsantrag (siehe § 22 GBO) demnach unbegründet. Ein dinglicher Rechtsübergang ergibt sich insbesondere nicht auf der Grundlage möglicher Ansprüche aus den beiden Übertragungsverträgen vom 6.6.1994. Die jeweilige Klausel in diesen Verträgen begründet nur einen schuldrechtlichen, durch Vormerkung (§ 883 Abs. 1 BGB) sicherbaren, bedingten Anspruch der Geschwister gegen den Rechtsnachfolger der Erwerberin auf Übertragung des Grundbesitzes in einem bestimmten Verhältnis untereinander. Inwieweit dies und die zugleich erteilte unwiderrufliche Vollmacht für den eingetretenen Fall des Vorversterbens der Erwerberin, die Auflassung an sich zu erklären und entgegenzunehmen, auch beim Vollzug einer Auflösung der unter den Geschwistern bestehenden Erbengemeinschaft Erleichterungen bringt, kann dahinstehen. Denn entsprechende Erklärungen, die auf eine (notwendige) Veränderung der dinglichen Rechtslage abzielen, sind weder von der Erblasserin noch von den aus der Klausel begünstigten Personen abgegeben.
Kosten: § 131 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 und § 19 Abs. 2 KostO. Eine Kostenentscheidung erscheint nicht veranlasst.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (vgl. § 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.