OLG Köln – Az.: 2 Wx 14/20 – Beschluss vom 16.01.2020
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) vom 21.12.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgerichts – Eschweiler vom 21.11.2019, 42 VI 512/19, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beteiligte zu 3) zu tragen.
Gründe
I.
Am xx.xx.2016 ist Herr A (Erblasser) verstorben. Er war geschieden und hatte keine Abkömmlinge.
Mit Beschluss vom 21.11.2019 hat das Nachlassgericht auf Antrag des Beteiligten zu 1) vom 08.07.2019 die Nachlasspflegschaft angeordnet und den Beteiligten zu 2) zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie Ermittlung der Erben bestellt, wobei weiter bestimmt worden ist, dass der Vergütungsanspruch erst erlösche, wenn er nicht binnen 3 Monaten und binnen 15 Monaten nach Aufhebung der Pflegschaft geltend gemacht werde (Bl. 39ff. d.A.). Begründet wurde die Entscheidung floskelhaft damit, dass die Erben unbekannt seien, werthaltiger Nachlass vorhanden sei und der Antragsteller die Feststellung der Erben zum Zwecke der Geltendmachung von Steueransprüchen begehre (Bl. 40 d.A.). Mit Schreiben vom 21.12.2019 hat die Beteiligte zu 3) gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt (Bl. 53 d.A.). Sie macht geltend, dass der Erblasser sie und ihren Ehemann als Erben bestimmt habe. Dies sei mündlich erfolgt und schriftlich nicht mehr zum Tragen gekommen, da der Erblasser zwischenzeitlich verstorben sei.
Mit Beschluss vom 02.01.2020 hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 55 d.A.).
II.
1.
Die Beschwerde ist gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässigerweise eingelegt.
2.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg Das Amtsgericht hat die Nachlasspflegschaft im Ergebnis zu Recht angeordnet.
Nach § 1960 Abs. 1 und 2 BGB kann das Nachlassgericht dem unbekannten Erben einen Nachlasspfleger bestellen, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht. Ob der Erbe „unbekannt“ ist und ob ein Fürsorgebedürfnis besteht, ist vom Standpunkt des Nachlassgerichts bzw. des im Beschwerdeverfahren an seine Stelle tretenden Beschwerdegerichts aus zu beurteilen (Senat, FamRZ 1989, 547 (548); BayObLG, Rpfleger 1990, 257), wobei der Kenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung über die Sicherungsmaßnahme maßgebend ist (BGH, FamRZ 2012, 1869; BayObLG, FamRZ 1996, 308; KG, Rpfleger 1982, 184; OLG Hamm, FGPrax 2011, 84).
Unbekannt nach dieser Vorschrift ist der Erbe, wenn sich das Nachlassgericht nicht ohne umfängliche Ermittlungen davon überzeugen kann, wer bzw. wer von mehreren in Betracht kommenden Personen Erbe geworden ist (vgl. BGH FamRZ 2012, 1869; OLG Düsseldorf, FamRZ 1996, 308). Dies ist hier der Fall. Namen und Anschriften von möglicherweise als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Verwandten sind nach wie vor nicht bekannt, so dass entsprechende Ermittlungen erforderlich sind. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann sind bereits nach eigenen Angaben nicht wirksam als Erben eingesetzt worden. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung der Nichtabhilfeentscheidung verwiesen.
Weiter hat das Nachlassgericht im Ergebnis zu Recht auch das erforderliche Fürsorgebedürfnis für den Nachlass angenommen. Es besteht Grund zu der Besorgnis, dass die Beschwerdeführerin über den Nachlass verfügen könnte; zumal sie sich darauf beruft, es sei Wille des Erblassers gewesen, sie und ihren Mann als Erben einzusetzen.
3.Für das weitere Verfahren sieht sich der Senat allerdings veranlasst, das Nachlassgericht auf folgendes hinzuweisen:
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der von dem Nachlassgericht gewährten; nicht näher begründeten Fristverlängerung zur Vergütungsgeltendmachung. Zwar ist in § 1835 Abs. 1 a S. 1 BGB geregelt, dass eine von Abs. 1 S. 3 dieser Bestimmung abweichende Frist von mindestens 2 Monaten bestimmt werden kann. Allerdings dient die in § 1835 Abs. 1 BGB geregelte kurze Ausschlussfrist von 15 Monaten zur Geltendmachung der Vergütungsansprüche zum einen dem Interesse des Mündels, im Falle der Nachlasspflegschaft also dem Erben, indem das Auflaufen von hohen, nach Ablauf längerer Zeiträume zudem nicht mehr nachvollziehbaren Vergütungsbeträgen verhindert wird. Zum anderen dient diese Ausschlussfrist aber auch dem Interesse der Allgemeinheit, weil so zudem eine mögliche Ersatzhaftung des Staates vermieden wird (vgl. OLG Frankfurt; Beschluss v. 22.01.2019, 20 W 316/16 m.w.N.). Eine Verlängerung der Frist kann daher nur im Einzelfall unter Abwägung der jeweils bestehenden Interessen des Nachlasspflegers einerseits und des Mündels bzw. der Erben andererseits erfolgen (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.; zum Zweck der gesetzlichen Ausschlussfrist von 15 Monaten vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss v. 25.04.2017, Az. 20 W 379/15). Die vom Nachlassgericht vorliegend gewählte Handhabung, die einen Nachlasspfleger ohne Weiteres veranlassen kann, eine erstmalige und abschließende Vergütung erst Jahre nach Einleitung einer Nachlasspflegschaft geltend zu machen, lässt indes nicht erkennen, dass eine derartige Interessenabwägung überhaupt erfolgt ist. Hinzu kommt, dass dem Nachlassgericht zum Zeitpunkt der ohne Antrag erfolgten Fristverlängerung auch noch keinerlei Tatsachen von dem Antragsteller oder anderen Verfahrensbeteiligten mitgeteilt worden sind, die Grundlage für eine derartige erforderliche Abwägung hätten sein können.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 EUR (§ 36 Abs. 3 GNotKG).