AG Coburg – Az.: IN 217/16 – Beschluss vom 12.08.2016
Die von der Beteiligten für die Erben beantragte Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligte hat als gesetzliche Vertreterin der (bislang noch nicht feststehenden) Erben mit Schreiben vom 28.06.2016, bei Gericht am 01.07.2016 eingegangen, die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens über das Vermögen des am 25.05.2008 verstorbenen Erblassers sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Den Antrag auf Prozesskostenhilfe hat sie damit begründet, der Nachlass sei nicht in der Lage, etwaige Kosten zu tragen. Insbesondere könnten keine Beträge aus dem Nachlass entnommen werden, da keine liquiden Mitteln vorhanden seien.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des begehrten Nachlassinsolvenzverfahrens ist aus rechtlichen Gründen zurückzuweisen.
Als Sondervermögen ist der Nachlass gemäß § 11 II Nr. 2 InsO zwar insolvenzfähig, nicht aber rechtsfähig. Der Nachlass kann daher nicht als Schuldner angesehen werden (so aber LG Göttingen, Beschluss vom 10.10.2000, ZInsO 2000, 619). Diese Rolle kommt vielmehr dem Erben als rechtsfähige natürliche Person und Träger der in der Nachlassmasse befindlichen Vermögenswerte und Nachlassverbindlichkeiten zu (vgl. Münch/Komm-InsO, 3. Aufl. 2014, Siegmann, Anhang zu § 315 Rdnr. 1).
Für den Schuldner sieht § 4 a InsO die Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens für den Fall vor, dass ein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt und dieser nicht offensichtlich zu versagen ist. Aus der notwendigen Verbindung mit der Restschuldbefreiung, die gem. §§ 286, 4 a InsO nur eine natürliche Person beantragen kann, folgt, dass für einen Erben zwar in der Eigeninsolvenz, nicht aber im Nachlassinsolvenzverfahren, das keine Restschuldbefreiung für den Nachlass kennt, Kostenhilfe im Wege der Stundung in Betracht kommt. Nur wenn der Schuldner das Ziel der Restschuldbefreiung verfolgt, kann er auf Kostenstundung hoffen (vgl. Münch/Komm, a. a. O., § 317 InsO Rdnr. 14). Vorliegend scheidet somit die Gewährung von Kostenhilfe im Wege der Stundung aus.
Der vorrangige § 4 a InsO (vgl. Uhlenbruck/Pape, 14. Aufl. § 4 a InsO Rdnr. 9) schließt grundsätzlich die Anwendung der §§ 114 ff. ZPO (über § 4 InsO) aus. Schon vor der durch Gesetz vom 26.10.2001 mit § 4 a InsO geschaffenen gesonderten Regelung zur Kostenhilfe im Insolvenzverfahren hat der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 16.03.2000 – Az. IX ZB 2/00) ausgeführt, dass der Gesetzgeber von einer Bereitstellung der zur Verfahrensdurchführung notwendigen Massekosten aus öffentlichen Mitteln bewusst abgesehen habe (BGH a. a. O. Rn. 17). Sieht das jetzt gültige Gesetz Kostenhilfe jedoch nur unter den in § 4 a InsO aufgeführten Voraussetzungen vor, muss die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 4 InsO, §§114 ff. ZPO für andere als dort geregelte Fallgestaltungen nach wie vor ausscheiden (so auch LG Kassel BeckRS 2014, 13610).
Soweit die Beteiligte zur Bekräftigung ihrer Auffassung auf die scheinbar der vorgenannten Rechtsmeinung entgegengesetzte Entscheidungen der Landgerichte Göttingen (Beschluss vom 10.10.2000, Az. 10 T 128/00, ZInsO 2000, 619) und Fulda (Beschluss vom 13.10.2006, Az. 3 T 266/09, BeckRS 2007, 06564) abstellt, kann sie damit nicht durchdringen. Beide Beschlüsse setzen sich schon nicht mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen § 4 a InsO einerseits und § 4 InsO, §§ 114 ff. ZPO andererseits auseinander. Im Übrigen wird die von beiden Landgerichten in ihren Beschlüssen verneinte Mutwilligkeit auch in Teilen der Rechtsprechung anders beurteilt: So haben das Landgericht Berlin (ZInsO 2004, 626) und das Landgericht Neuruppin (ZInsO 2004, 1090) Mutwilligkeit im Sinne von § 114 I 1, II ZPO angenommen, und damit die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verneint, wenn der antragstellende Erbe zur Beschränkung seiner Eigenhaftung (§ 1990 I BGB) die Abweisung des Antrages mangels Masse anstrebt (vgl. auch Uhlenbruck/Lüer, a. a. O., § 315 InsO Rdnrn. 6 und 12; Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl. 2015, Rüther, § 4 InsO Rdnr. 28 und Böhm, § 317 InsO Rdnr. 8).
Es bleibt somit dabei, dass die Deckung der Verfahrenskosten nach § 26 InsO im Nachlassinsolvenzverfahren nicht aus der Staatskasse über Prozesskostenhilfe finanziert werden kann.