Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Auskunftsanspruch im Erbrecht: Schlüssel zur transparenten Nachlassaufteilung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Dokumente und Nachweise müssen Erben für eine vollständige Auskunft über den Nachlass vorlegen?
- Wie weit reicht die Auskunftspflicht bei Schenkungen vor dem Erbfall zurück?
- Welche Rechte haben Pflichtteilsberechtigte bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses?
- Was passiert wenn Erben ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen?
- Wie müssen gemischte Schenkungen und verschleierte Vermögensübertragungen offengelegt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Stuttgart
- Datum: 14.02.2024
- Aktenzeichen: 7 O 191/23
- Verfahrensart: Stufenklage zur Auskunftserteilung über den Nachlass
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Nachlassrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Verlangt die umfassende Auskunft über den Nachlass des Verstorbenen sowie die Vorlage eines vollständigen Bestandsverzeichnisses.
- Beklagte: Wurde verurteilt, der Klägerin detaillierte Informationen über den Nachlass zu erteilen, insbesondere über sämtliche vorhandene Aktiva (unter anderem Gegenstände, Forderungen, digitale Positionen etc.) und Passiva, sowie ergänzende Angaben zu Zuwendungen, Verträgen und weiteren relevanten Nachlassaspekten.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Es wurde beantragt, dass der Beklagte umfassend über den Nachlass des Verstorbenen Auskunft gibt. Der geforderte Nachlassbericht soll alle Vermögenswerte, Forderungen, Verbindlichkeiten, Zuwendungen (einschließlich Schenkungen und vertraglicher Verpflichtungen) sowie weitere relevante Informationen enthalten.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob und in welchem Umfang der Beklagte verpflichtet ist, ein vollständiges und detailliertes Bestandsverzeichnis des Nachlasses zu erstellen und der Klägerin vorzulegen.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte wurde im Wege der Stufenklage dazu verurteilt, der Klägerin umfassend Auskunft über den vollständigen Nachlass des Verstorbenen zu erteilen und ein Bestandsverzeichnis mit allen relevanten Unterlagen vorzulegen.
- Folgen: Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wodurch der Beklagte verpflichtet ist, die geforderten Auskünfte bereitzustellen.
Auskunftsanspruch im Erbrecht: Schlüssel zur transparenten Nachlassaufteilung
Die Kenntnis des Auskunftsanspruchs von Pflichtteilsberechtigten über den Nachlassbestand spielt im Erbrecht eine zentrale Rolle. Transparente Nachlassaufteilungen mittels Vermögensaufstellung, Nachlassverzeichnis und Testamentsauskunft sichern den Erbanspruch und stärken das Informationsrecht.
Diese Regelung ist besonders relevant bei Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft und im Familienrecht. Ein konkreter Fall verdeutlicht, wie essenziell dieser Rechtsanspruch im Streit um Erbe ist.
Der Fall vor Gericht
Umfassende Auskunftspflicht über Nachlass gerichtlich bestätigt

Das Landgericht Stuttgart hat in einem wegweisenden Urteil die Auskunftspflicht eines Beklagten über einen Nachlass umfassend bestätigt (Az.: 7 O 191/23). Die Klägerin hatte im Rahmen einer Stufenklage die detaillierte Offenlegung sämtlicher Nachlassbestandteile gefordert.
Weitreichende Informationspflichten beim Erbe
Das Gericht gab der Klage statt und verpflichtete den Beklagten zur Vorlage eines umfassenden Bestandsverzeichnisses. Dieses muss sämtliche zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Vermögenswerte und Forderungen dokumentieren, einschließlich digitaler Positionen und selbst unsicherer oder verjährter Ansprüche. Bei Kapitalvermögen ist zusätzlich die Mitteilung an die Erbschaftssteuerstelle nach § 33 ErbStG vorzulegen.
Transparenz bei Schenkungen und Zuwendungen
Besonderes Augenmerk legt das Gericht auf die Offenlegung von Schenkungen und Zuwendungen der letzten zehn Jahre vor dem Tod des Erblassers. Hierzu gehören auch gemischte Schenkungen, Zuwendungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sowie Erlasse von Forderungen. Die zeitliche Beschränkung entfällt, wenn sich der Erblasser Nutzungsrechte vorbehalten hat oder die Zuwendungen an den Ehegatten erfolgten und die Ehe zum Zeitpunkt des Todes noch keine zehn Jahre beendet war.
Vollständige Dokumentation der Vermögensverhältnisse
Die gerichtlich angeordnete Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf sämtliche Veräußerungen, bei denen der Verdacht einer teilweisen Schenkung besteht. Darüber hinaus müssen alle Kontoverträge des Erblassers sowie etwaige Berechtigungen des Ehepartners an Einzelkonten offengelegt werden. Der Beklagte muss zudem Auskunft über den Güterstand des Erblassers zum Todeszeitpunkt sowie über erteilte Vollmachten zur Vermögensverfügung geben.
Rechtliche Durchsetzung der Auskunft
Das Landgericht Stuttgart hat die Anwesenheit der Klägerin bei der Erstellung des Bestandsverzeichnisses ausdrücklich gestattet, wobei sie sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen kann. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, während die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten bleibt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Position von Erben bei der Durchsetzung ihrer Auskunftsansprüche im Rahmen einer Stufenklage. Es definiert präzise den Umfang der Auskunftspflicht über den Nachlass, die sich auf sämtliche Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und relevante Schenkungen der letzten 10 Jahre erstreckt. Besonders wichtig ist die Klarstellung, dass auch digitale Positionen mit möglichem Wert sowie bedingte und ungewisse Rechte offengelegt werden müssen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Erbe haben Sie das Recht, ein detailliertes Bestandsverzeichnis des Nachlasses zu verlangen. Dies umfasst nicht nur klassische Vermögenswerte wie Immobilien oder Bankkonten, sondern auch digitale Werte und frühere Schenkungen. Sie können bei der Erstellung des Verzeichnisses persönlich anwesend sein oder sich durch einen Anwalt vertreten lassen. Besonders wertvoll ist die Möglichkeit, Informationen über Vollmachten und mögliche Ansprüche gegen Bevollmächtigte zu erhalten, um potenzielle Vermögensverschiebungen nachvollziehen zu können.
Benötigen Sie Hilfe?
Klare Perspektiven bei komplexen Auskunftspflichten im Erbfall
Zahlreiche Aspekte der Nachlassoffenlegung erfordern ein detailliertes Verständnis der gesetzlichen Anforderungen und eine präzise Bewertung der individuellen Vermögenssituation. Unsicherheit bei der vollständigen Dokumentation und Bewertung von Vermögenswerten sowie bei der Einhaltung umfassender Auskunftspflichten kann weitreichende Konsequenzen haben. Effizienz und Genauigkeit sind hier unerlässlich, um Ihren rechtlichen Interessen gerecht zu werden.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre rechtlichen Möglichkeiten in Situationen mit komplexen Auskunftspflichten sachlich zu durchleuchten. Wir legen besonderen Wert auf eine transparente und präzise Beratung, die auf einer fundierten Analyse Ihrer individuellen Situation beruht und Ihnen Sicherheit in der weiteren Vorgehensweise bietet.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Dokumente und Nachweise müssen Erben für eine vollständige Auskunft über den Nachlass vorlegen?
Grundlegende Vermögenswerte
Ein vollständiges Nachlassverzeichnis muss alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls enthalten. Die Erben müssen folgende Dokumente und Nachweise vorlegen:
Bankguthaben und Finanzvermögen:
- Kontoauszüge aller Bankkonten mit Kontonummern und Bankverbindungen
- Sparbücher und Bausparverträge mit aktuellen Wertangaben
- Wertpapierdepots mit Bestandsaufstellungen
- Nachweis über laufende Zinsen
Immobilien und Grundbesitz:
- Grundbuchauszüge
- Kaufverträge oder andere Eigentumsnachweise
- Mietverträge bei vermieteten Objekten
- Belastungen wie Hypotheken oder Grundschulden
Weitere Vermögenswerte
Bewegliches Vermögen muss detailliert aufgelistet werden, insbesondere:
- Fahrzeuge mit Angaben zu Marke, Modell, Baujahr und Kilometerstand
- Wertvoller Hausrat und Schmuck
- Kunst- und Sammlergegenstände mit Wertangaben
Digitales Vermögen:
- Zugangsdaten zu Online-Konten
- Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte
- Cloud-Speicher mit wichtigen Dokumenten
Verbindlichkeiten und Ansprüche
Die Erben müssen auch Nachweise über:
- Bestehende Kredite und Darlehen
- Offene Rechnungen und Verbindlichkeiten
- Versicherungsverträge und Ansprüche
- Forderungen des Erblassers gegen Dritte
Bei Schenkungen sind zusätzlich nachzuweisen:
- Zuwendungen der letzten 10 Jahre an Dritte
- Schenkungen an Ehegatten ohne zeitliche Begrenzung
- Ausgleichungspflichtige Zuwendungen an eigene Kinder
Die Erben müssen bei der Dokumentation alle Informationen bereitstellen, die eine spätere Wertermittlung ermöglichen. Auf Verlangen der Pflichtteilsberechtigten kann auch ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellt werden.
Wie weit reicht die Auskunftspflicht bei Schenkungen vor dem Erbfall zurück?
Die Auskunftspflicht über Schenkungen vor dem Erbfall erstreckt sich grundsätzlich auf die letzten zehn Jahre vor dem Erbfall. Der Wert der Schenkungen wird dabei nach einem Abschmelzmodell berücksichtigt: Im ersten Jahr vor dem Erbfall wird die Schenkung zu 100% angerechnet, danach reduziert sich der Wert jährlich um 10%.
Wichtige Ausnahmen von der 10-Jahres-Frist
Bei bestimmten Schenkungen gilt die 10-Jahres-Frist nicht. In diesen Fällen müssen alle Schenkungen ohne zeitliche Begrenzung offengelegt werden:
- Schenkungen zwischen Ehepartnern während der Ehezeit
- Schenkungen mit Nutzungsvorbehalt (z.B. Nießbrauch oder Wohnrecht)
- Schenkungen an den Ehegatten, bei denen die Frist erst mit Auflösung der Ehe zu laufen beginnt
Umfang der Auskunftspflicht
Die Auskunftspflicht umfasst nicht nur direkte Schenkungen, sondern auch:
- Gemischte Schenkungen, bei denen der Verkaufspreis unter dem tatsächlichen Wert lag
- Zuwendungen, die als Verkauf bezeichnet wurden, wirtschaftlich aber eine Schenkung darstellen
- Vermögensübertragungen mit vorbehaltenen Nutzungsrechten
Besonderheiten bei der Auskunftserteilung
Der Erbe muss bei der Auskunftserteilung sämtliche ihm bekannten oder beschaffbaren Informationen über Schenkungen weitergeben. Dies gilt auch für Schenkungen, die möglicherweise als Verkauf getarnt wurden. Wenn Sie als Pflichtteilsberechtigter konkrete Anhaltspunkte für eine Schenkung haben, können Sie auch direkt vom Beschenkten Auskunft verlangen.
Die Auskunftspflicht besteht unabhängig davon, ob der Erblasser zu Lebzeiten seine Angehörigen über die Schenkungen informiert hat. Der Pflichtteilsberechtigte hat dabei nicht nur Anspruch auf Auskunft über den tatsächlichen Nachlassbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls, sondern auch über Art, Umfang und Zeitpunkt der getätigten Schenkungen.
Welche Rechte haben Pflichtteilsberechtigte bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses?
Pflichtteilsberechtigte haben nach § 2314 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Dieser Anspruch umfasst mehrere konkrete Rechte:
Grundlegendes Auskunftsrecht
Als Pflichtteilsberechtigter können Sie zwischen zwei Arten des Nachlassverzeichnisses wählen:
- Ein privatschriftliches Verzeichnis durch den Erben
- Ein notarielles Nachlassverzeichnis
Sie haben dabei die freie Wahl und können auch nach Vorlage eines privatschriftlichen Verzeichnisses noch ein notarielles Verzeichnis verlangen.
Anwesenheitsrecht bei der Verzeichniserstellung
Bei der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses steht Ihnen ein gesetzliches Anwesenheitsrecht zu. Dieses Recht gilt sowohl für das private als auch für das notarielle Nachlassverzeichnis.
Wichtig: Das Anwesenheitsrecht beschränkt sich auf einen Besprechungstermin, bei dem Sie die Gelegenheit haben, eigene Anmerkungen oder Hinweise zu geben. Ein weitergehendes physisches Anwesenheitsrecht bei jeder Ermittlungshandlung des Notars besteht nicht.
Vertretungsmöglichkeiten
Sie können Ihr Anwesenheitsrecht auf verschiedene Weise wahrnehmen:
- Persönlich
- Durch einen von Ihnen entsandten Vertreter
- In Begleitung eines Beistands
Grenzen der Mitwirkung
Das Anwesenheitsrecht ist kein Mitwirkungsrecht. Als Pflichtteilsberechtigter dürfen Sie:
- Keine eigenen Nachforschungen anstellen
- Keine Erklärungen des Erben in Zweifel ziehen
- Keine eigenen Erkenntnisse über den Nachlass entgegenhalten
Ein Anspruch auf Einsicht in die dem Verzeichnis zugrunde liegenden Belege und sonstige Nachweise besteht grundsätzlich nicht.
Kostenaspekt
Die Kosten für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses fallen dem Nachlass zur Last. Der Erbe muss die Kosten zunächst vorstrecken, sie werden jedoch als Nachlassverbindlichkeit berücksichtigt. Als Pflichtteilsberechtigter tragen Sie die Kosten rechnerisch in Höhe Ihrer Pflichtteilsquote mit.
Was passiert wenn Erben ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen?
Gerichtliche Durchsetzung
Wenn Erben ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen, kann der Auskunftsanspruch im Wege der Stufenklage vor dem zuständigen Zivilgericht durchgesetzt werden. Die Klage ist beim Amts- oder Landgericht am Wohnsitz des Erblassers einzureichen.
Zwangsmittel und Sanktionen
Das Gericht kann verschiedene Zwangsmittel anordnen:
- Zwangsgeld: Bei anhaltender Verweigerung kann ein Zwangsgeld verhängt werden.
- Zwangshaft: In besonders schweren Fällen ist auch die Anordnung von Zwangshaft möglich.
- Eidesstattliche Versicherung: Bei Zweifeln an der Sorgfalt der erteilten Auskunft kann eine eidesstattliche Versicherung verlangt werden. Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar nach § 156 StGB.
Rechtliche Folgen
Bei Verweigerung oder unvollständiger Auskunft drohen weitere Konsequenzen:
Der Auskunftspflichtige kann schadensersatzpflichtig werden, wenn durch die Verweigerung ein Schaden entsteht. Die Auskunftspflicht ist zudem vererblich – stirbt der Auskunftspflichtige, geht die nicht erfüllte Pflicht auf dessen Erben über.
Die Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch beträgt grundsätzlich 30 Jahre. Hat der Erbschaftsbesitzer jedoch Gegenstände durch eine Straftat erlangt, verjährt der Schadensersatzanspruch bereits nach 3 Jahren.
Wie müssen gemischte Schenkungen und verschleierte Vermögensübertragungen offengelegt werden?
Anzeigepflicht beim Finanzamt
Eine gemischte Schenkung muss innerhalb von drei Monaten dem zuständigen Finanzamt angezeigt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Schenkung unter dem persönlichen Freibetrag liegt oder aus anderen Gründen keine Steuer anfällt.
Bewertung und Nachweis
Bei einer gemischten Schenkung wird die Bereicherung als Differenz zwischen dem gemeinen Wert des übertragenen Vermögens und der Gegenleistung ermittelt. Wenn die Gegenleistung 20 bis 25 Prozent unter dem tatsächlichen Wert liegt, wird regelmäßig von einer gemischten Schenkung ausgegangen.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn Sie eine Eigentumswohnung im Wert von 200.000 Euro für nur 75.000 Euro erwerben, beträgt die steuerlich relevante Bereicherung 125.000 Euro.
Besondere Nachweispflichten
Bei Vermögensübertragungen zwischen Angehörigen gelten strenge Nachweispflichten. Sie müssen:
- Die tatsächlichen Werte des übertragenen Vermögens nachweisen
- Die vereinbarten Gegenleistungen dokumentieren
- Den Zeitpunkt der Übertragung belegen
- Die Zahlungsflüsse transparent machen
Verschleierte Übertragungen
Besondere Vorsicht ist geboten bei Verträgen, die eine Schenkung verschleiern sollen. Wenn etwa eine Immobilie zum Verkehrswert veräußert wird, der Kaufpreis aber später wieder zurückfließt, liegt rechtlich eine verschleierte Schenkung vor. In solchen Fällen ist nicht die Immobilie, sondern der zurückgeflossene Geldbetrag Gegenstand der Schenkung.
Bei der Bewertung von Gegenleistungen wie Wohnrechten oder Versorgungsleistungen müssen diese nach den gesetzlichen Vorschriften bewertet und bei der Ermittlung der Bereicherung berücksichtigt werden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Pflichtteilsberechtigter
Eine Person, die einen gesetzlich garantierten Mindestanteil am Nachlass eines Verstorbenen beanspruchen kann, auch wenn sie im Testament nicht als Erbe eingesetzt oder sogar enterbt wurde. Dies betrifft vor allem Kinder, Ehegatten und bei kinderlosem Erblasser auch die Eltern des Verstorbenen. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist in §§ 2303 ff. BGB geregelt.
Beispiel: Eine Mutter enterbt ihren Sohn im Testament und setzt nur ihre Tochter als Erbin ein. Der Sohn kann dennoch die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil verlangen.
Nachlassbestand
Die Gesamtheit aller Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt des Todes dem Erblasser gehörten und auf die Erben übergehen. Dazu zählen Immobilien, Bargeld, Wertpapiere, Schmuck, aber auch Schulden und digitale Vermögenswerte. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 1922 BGB zur Gesamtrechtsnachfolge.
Beispiel: Zum Nachlassbestand gehören das Eigenheim des Verstorbenen, sein Bankkonto, seine Aktien, aber auch seine ausstehenden Kreditraten und digitalen Konten.
Erbengemeinschaft
Eine Zwangsgemeinschaft mehrerer Erben, die den Nachlass gemeinsam verwalten und nur einstimmig darüber verfügen können. Sie entsteht automatisch, wenn mehrere Personen durch Testament oder gesetzliche Erbfolge zu Erben werden (§§ 2032 ff. BGB). Die Erbengemeinschaft besteht bis zur vollständigen Auseinandersetzung (Aufteilung) des Nachlasses.
Beispiel: Drei Geschwister erben gemeinsam das Haus ihrer Eltern. Sie müssen sich einig werden, ob sie es verkaufen, vermieten oder einer von ihnen die anderen auszahlt.
Vermögensaufstellung
Ein detailliertes Verzeichnis aller Vermögenswerte und Schulden des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes. Sie dient als Grundlage für die Erbschaftssteuer und die Berechnung der Pflichtteile. Nach § 2314 BGB können Pflichtteilsberechtigte eine solche Aufstellung verlangen, die auch Schenkungen der letzten zehn Jahre umfassen muss.
Beispiel: Die Aufstellung listet das Hausgrundstück (Wert 400.000 €), Bankguthaben (50.000 €), Aktien (30.000 €) und Hypothekenschulden (100.000 €) auf.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1922 BGB (Gesamtrechtsnachfolge): Dieser Paragraph regelt die Gesamtrechtsnachfolge bei Erbfällen, das heißt, die Erben treten in alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen ein. Er definiert, welche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf die Erben übergehen.
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin als Erbin daran interessiert, einen vollständigen Überblick über den Nachlass des Verstorbenen zu erhalten, um ihre Rechte und Pflichten als Erbin wahrnehmen zu können. - § 2325 BGB (Anfechtungsberechtigung bei Schenkungen): Diese Vorschrift betrifft die Anfechtung von Schenkungen, die der Erblasser innerhalb von zehn Jahren vor seinem Tod vorgenommen hat. Sie ermöglicht es den Erben, Schenkungen rückgängig zu machen, um den Nachlass zu sichern.
Das Gericht verlangt detaillierte Angaben zu solchen Schenkungen, um mögliche Pflichtteilsansprüche der Erben sicherzustellen und die Vermögenslage des Nachlasses genau zu erfassen. - § 33 ErbStG (Mitteilungspflicht bei Kapitalvermögen): Nach dieser Vorschrift sind Erben verpflichtet, bestimmte Informationen über Kapitalvermögen an die Erbschaftssteuerstelle zu übermitteln. Dies dient der Feststellung der steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit dem Erbe.
Im Urteil wird gefordert, dass bei Kapitalvermögen die Mitteilung an die Erbschaftssteuerstelle erfolgt, um steuerliche Transparenz und die ordnungsgemäße Abwicklung des Nachlasses zu gewährleisten. - §§ 2050 ff. BGB (Ausgleichspflichtige Zuwendungen): Diese Paragraphen regeln die Ausgleichspflicht bei Zuwendungen an Erben, die während der Erblasserlebensfrist erfolgten. Sie stellen sicher, dass solche Zuwendungen bei der Erbverteilung berücksichtigt werden.
Die Offenlegung aller ausgleichungspflichtigen Zuwendungen ist erforderlich, um eine faire Verteilung des Nachlasses unter den Erben sicherzustellen und mögliche Nachteilsausgleiche zu vermeiden. - Zivilprozessordnung (ZPO) § 759 (Auskunftsanspruch bei Erbschaftsstreitigkeiten): Diese Regelung gibt den Erben das Recht, vom Testamentsvollstrecker oder den Verwaltungserben umfassende Auskünfte über den Nachlass zu verlangen. Sie dient der Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Nachlassverwaltung.
Im vorliegenden Fall wurde der Beklagte zur Herausgabe eines Bestandsverzeichnisses verurteilt, um der Klägerin die notwendigen Informationen zur Ermittlung der Nachlassverhältnisse bereitzustellen.
Das vorliegende Urteil
LG Stuttgart – Az.: 7 O 191/23 – Urteil vom 14.02.2024
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