OLG Karlsruhe stärkt Auskunftsanspruch pflichtteilsberechtigter Erben im Erbrecht
Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger umfassende Auskünfte über den Nachlass des Erblassers zu erteilen. Dies umfasst die wertbildenden Faktoren bestimmter Nachlassgegenstände sowie detaillierte Informationen zu von dem Erblasser gegründeten Stiftungen. Die Entscheidung unterstreicht die weitreichenden Auskunftsansprüche pflichtteilsberechtigter Erben im Erbrecht und präzisiert die Anforderungen an die von den Erben zu erteilenden Informationen.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Auskunftsanspruch: Das Gericht bestätigt den umfassenden Auskunftsanspruch des Klägers bezüglich des Nachlasses und spezifischer Vermögenswerte.
- Stiftungsvermögen: Die Beklagten müssen detaillierte Informationen über die vom Erblasser gegründeten Stiftungen und deren Vermögen preisgeben.
- Wertbildende Faktoren: Der Kläger hat Anspruch auf Auskunft über wertbildende Faktoren bestimmter Nachlassgegenstände, insbesondere Teppiche und Bilder.
- Pflichtteilsergänzungsanspruch: Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei der Bewertung von Schenkungen und Stiftungen.
- Stiftungsstatuten: Die Vorlage der Stiftungsstatuten und weiterer Dokumente zu den Stiftungen ist für die Beurteilung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs erforderlich.
- Klageerweiterung: Das Gericht lässt eine Klageerweiterung zu, um den Auskunftsanspruch vollständig zu adressieren.
- Vollstreckbarkeit: Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar, wobei Sicherheitsleistungen festgelegt wurden.
- Keine Revision zugelassen: Das Gericht lässt keine Revision zu, was die Endgültigkeit der Entscheidung unterstreicht.
Übersicht
Auskunftsanspruch bei Pflichtteilsergänzungsanspruch: Schenkungen im Fokus
Im Erbrecht spielt der Auskunftsanspruch bezüglich eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei Schenkungen eine wichtige Rolle. Laut § 2314 BGB sind Beschenkte neben den Erben auskunftspflichtig über Schenkungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB bezieht sich auf Schenkungen in den letzten 10 Jahren vor dem Tod des Erblassers. In diesem Zeitraum kann der Pflichtteilsberechtigte die Hinzurechnung des Wertes einer Schenkung verlangen, um seinen Pflichtteil zu berechnen.
Um den Pflichtteilsergänzungsanspruch erfolgreich durchzusetzen, ist der Pflichtteilsberechtigte gemäß § 2325 BGB auf Auskunft über Schenkungen angewiesen. Diese Auskunftspflicht ist notwendig, um den Wert der Schenkungen zu ermitteln. Allerdings verjähren Ansprüche gegen die Beschenkten, wenn die Schenkung länger als 10 Jahre zurückliegt. Im Erbrecht stellen Schenkungen somit einen wichtigen Faktor dar, der bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden muss. In einem bemerkenswerten Rechtsstreit vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe ging es um den tiefgreifenden Auskunftsanspruch eines Erben hinsichtlich des Nachlasses seines verstorbenen Vaters. Der Kläger, ein pflichtteilsberechtigter Erbe, verlangte von den Beklagten, den Erben des Verstorbenen, detaillierte Auskünfte über den Nachlass, speziell über bestimmte Kunstgegenstände und Stiftungsvermögen.
Der Auskunftsanspruch im Detail
Der Kern des Streits lag in der Forderung des Klägers nach umfassender Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrats, insbesondere der wertbildenden Faktoren von Teppichen und Bildern in zwei Immobilien des Erblassers. Zusätzlich forderte der Kläger Einblick in die Dokumente und Informationen zu drei Stiftungen, die der Erblasser in Liechtenstein gegründet hatte. Dies beinhaltete Reglemente, Beistatuten, „Letter of Wishes“, und Informationen über die Treuhänder sowie Stiftungsratsmitglieder.
Die rechtliche Herausforderung
Die rechtliche Komplexität des Falles ergab sich aus dem Spannungsfeld zwischen dem Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten und dem Schutz der Privatsphäre der Erben sowie der betroffenen Stiftungen. Während der Kläger auf transparente Offenlegung zur Ermittlung seines Pflichtteilsergänzungsanspruchs bestand, beriefen sich die Beklagten auf bereits erteilte, aus ihrer Sicht ausreichende Auskünfte.
Urteilsbegründung und Entscheidung des OLG Karlsruhe
Das Gericht entschied zugunsten des Klägers und betonte die weitreichenden Auskunftsrechte pflichtteilsberechtigter Erben. Es wurde klargestellt, dass die Beklagten nicht nur über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilen müssen, sondern auch über den fiktiven Nachlassbestand, der ergänzungspflichtige Schenkungen einschließt. Besonders hervorgehoben wurde die Notwendigkeit, dem Kläger auch über die Zusammensetzung und die wertbildenden Faktoren bestimmter Nachlassgegenstände Auskunft zu geben.
Relevanz von Stiftungsvermögen und -dokumenten
Ein weiterer entscheidender Aspekt des Urteils war die Verpflichtung der Beklagten, detaillierte Informationen über die vom Erblasser gegründeten Stiftungen offenzulegen. Das Gericht unterstrich, dass solche Informationen entscheidend sind, um zu beurteilen, ob und inwieweit Stiftungsvermögen in den Nachlass fällt oder als Schenkung zu behandeln ist, was wiederum den Pflichtteilsergänzungsanspruch des Klägers beeinflusst.
Fazit
Das Urteil des OLG Karlsruhe bekräftigt die umfangreichen Auskunftsansprüche pflichtteilsberechtigter Erben und präzisiert die Anforderungen an die Auskunftspflicht der Erben. Es verdeutlicht die Bedeutung der Transparenz im Erbrecht und setzt Maßstäbe für die Offenlegung von Informationen über Nachlassgegenstände und Stiftungsvermögen.
✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt
Was umfasst der Auskunftsanspruch im Erbrecht?
Der Auskunftsanspruch im Erbrecht ist ein umfassendes Recht, das Erben, Pflichtteilsberechtigten und anderen Beteiligten ermöglicht, Informationen über den Nachlass des Erblassers zu erhalten. Dieser Anspruch kann in verschiedenen Kontexten auftreten:
- Erbschaftsanspruch: Der Erbe hat das Recht, die Herausgabe des gesamten Nachlasses einschließlich der Surrogate und Nutzungen zu verlangen. Wenn eine dritte Person aufgrund eines angeblichen oder vermeintlichen Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt, ist sie dem Erben zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet[1].
- Pflichtteilsanspruch: Der Erbe ist dem Pflichtteilsberechtigten gegenüber zur Auskunft verpflichtet. Dies umfasst Informationen über den gesamten Nachlass sowie über sämtliche Schenkungen des Erblassers[2].
- Innerhalb der Erbengemeinschaft: Es gibt eine Vielzahl an Auskunftsansprüchen innerhalb der Erbengemeinschaft, die jeweils zu ganz verschiedenen Auskünften verpflichten. Ein Erbe hat aber nur in ganz bestimmten Konstellationen einen Pflichtteilsergänzungsanspruch[3].
- Gegenüber Hausgenossen: Personen, die sich im Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden haben, sind verpflichtet, dem Erben Auskunft über die erbschaftlichen Geschäfte und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände zu erteilen[4].
- Allgemeiner Auskunftsanspruch: Wenn der Erbe in entschuldbarer Weise im Ungewissen über das Bestehen und den Umfang seines Rechts ist, besteht ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB[6].
- Gegenüber dem Erbschaftsbesitzer: Der Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu geben.
Diese Auskunftsansprüche sind mittels Klage erzwingbar und durch Zwangshaft oder Zwangsgeld vollstreckbar. Es ist zu beachten, dass Auskunftsansprüche bis zu 30 Jahre nach Eintritt des Erbfalls geltend gemacht werden können.
Wie wird der Pflichtteilsergänzungsanspruch definiert?
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch ist ein gesetzlicher Anspruch, der im deutschen Erbrecht verankert ist und dazu dient, Pflichtteilsberechtigte vor Beeinträchtigungen ihres gesetzlichen Pflichtteils durch Schenkungen des Erblassers zu schützen. Dieser Anspruch kommt ins Spiel, wenn der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen gemacht hat, die sein Vermögen zum Zeitpunkt seines Todes und damit auch den Pflichtteil reduzieren.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch gilt nur für Personen, die auch im Erbfall als Pflichtteilsberechtigte gelten. Dazu gehören Ehepartner, Kinder, Enkelkinder oder, sofern keine Kinder vorhanden sind, auch die Eltern. Es ist nicht erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte auch einen ordentlichen Pflichtteilsanspruch haben muss.
Der Pflichtteilsergänzungsanspruch kommt nur bei lebzeitigen Schenkungen des Erblassers in Betracht. Der Anspruch errechnet sich aus der Differenz von Gesamtpflichtteil und dem, was der Pflichtteilsberechtigte tatsächlich erhält. Die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist in § 2325 BGB festgelegt. Grundsätzlich wird der Wert der Schenkung zum Zeitpunkt der Schenkung zugrunde gelegt.
Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist primär der Erbe. Mehrere Erben haften als Gesamtschuldner. Nur wenn der Erbe nicht zur Pflichtteilsergänzung verpflichtet ist, etwa weil der Nachlass zur Erfüllung des Anspruchs nicht ausreicht oder gar überschuldet ist, kann und muss sich der Pflichtteilsberechtigte subsidiär an den Beschenkten halten.
Die Verjährungsfrist für Pflichtteilsergänzungsansprüche beträgt drei Jahre. Die Frist beginnt, wenn der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis vom Erbfall hat. Schenkungen des Erblassers, die in den letzten 10 Jahren vor dem Versterben des Erblassers getätigt wurden, können in die Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs einbezogen werden.
Was ist unter wertbildenden Faktoren bei Nachlassgegenständen zu verstehen?
Wertbildende Faktoren bei Nachlassgegenständen beziehen sich auf die spezifischen Eigenschaften und Merkmale eines Vermögenswertes, die dessen Wert beeinflussen. Diese Faktoren variieren je nach Art des Nachlassgegenstandes.
Bei Immobilien gehören zu den wertbildenden Faktoren beispielsweise die genaue Adresse, die Größe der Wohnfläche und der Zustand des Gebäudes. Bei Fahrzeugen können die gefahrenen Kilometer, das Modell, das Baujahr und der Zustand des Fahrzeugs wertbildende Faktoren sein. Bei Schmuck kann der Wert durch das Material, das Gewicht, die Qualität und das Alter bestimmt werden.
Die Ermittlung des Werts der Nachlassgegenstände erfolgt in der Regel zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers. Spätere Wertveränderungen sind dabei unbeachtlich. In einigen Fällen kann es notwendig sein, einen Sachverständigen zur Wertermittlung hinzuzuziehen.
Die Angabe der wertbildenden Faktoren ist Teil des Nachlassverzeichnisses, das der Erbe erstellen muss. Dieses Verzeichnis dient zur Wertermittlung des Nachlasses und zur Übersicht über die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers. Es ist wichtig, dass das Nachlassverzeichnis vollständig und korrekt ist, da unvollständige oder falsche Angaben weitreichende Folgen für den Erben haben können.
Das vorliegende Urteil
OLG Karlsruhe – Az.: 8 U 187/13 – Urteil vom 09.12.2014
I. Auf die Berufung des Klägers werden die Beklagten über die Verurteilung gemäß Teilurteil des Landgerichts Baden-Baden vom 18.10.2013 – 2 O 193/10 – hinaus verurteilt,
1. dem Kläger Auskunft zu erteilen über die wertbildenden Faktoren der Teppiche und Bilder, die in der Inventarliste der Immobilie in A aufgeführt sind;
2. dem Kläger jeweils die Reglemente, die Beistatuten und den „Letter of Wishes“ der H-Stiftung, der L-Stiftung sowie der T-Stiftung vorzulegen sowie Auskunft darüber zu erteilen, wer jeweils der Treuhänder und die Stiftungsratsmitglieder dieser Stiftungen sind oder waren.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten der Berufung tragen der Kläger zu 30 % und die Beklagten zu 70 %.
IV. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1. Der Kläger nimmt die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Wertermittlung hinsichtlich des Nachlasses des am 16. September 2009 verstorbenen K (im Folgenden: Erblasser) in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage auf Auskunft, die sich zuletzt – soweit hierüber durch das angefochtene Urteil entschieden wurde (Klagantrag Ziffer 1.a aus dem Schriftsatz vom 19. Juni 2013/I 883) – nur noch auf den Hausrat zweier Immobilien des Erblassers, auf das Depotvermögen des Erblassers bei der V Vermögensberatung GmbH (im Folgenden: V GmbH) und auf drei vom Erblasser gegründete Stiftungen mit Sitz in Vaduz/Liechtenstein bezogen hat, durch Teilurteil teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen, der im ersten Rechtszug gestellten Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Teilurteils Bezug genommen.
2. Der Kläger akzeptiert das erstinstanzliche Urteil, soweit seine Klage auf Auskunft, ob die Ehefrau des Erblassers an dessen Todestag Begünstigte einer der drei streitgegenständlichen Stiftungen war, abgewiesen wurde. Die Beklagten greifen ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung über die Zusammensetzung des Hausrats der Eigentumswohnung des Erblassers in L/Schweiz nicht an. Im Übrigen wiederholen und vertiefen die Parteien jeweils ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie ihre Rechtsausführungen zur Begründung ihrer Rechtsmittel.
Der Kläger rügt, das Urteil des Landgerichts sei überraschend, soweit es den Anspruch des Klägers auf Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrats in der Immobilie des Erblassers in A abgewiesen habe, nachdem es gemäß Hinweisbeschluss vom 03. Mai 2013 (I 853 ff.) von einer „ersichtlich unvollständigen Auskunft“ ausgegangen sei (I 859). Tatsächlich sei der Auskunftsanspruch des Klägers insofern nicht erfüllt, als die Beklagten die wertbestimmenden Faktoren der in der Inventarliste (Anlage B 45) aufgeführten Gegenstände nicht mitgeteilt haben. Das vorgelegte Inventarverzeichnis reiche auch deshalb nicht aus, weil es sich auf den zum Nachlass der vorverstorbenen Ehefrau des Erblassers gehörenden Hausrat beziehe und eine vollständige Identität mit dem Hausrat des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes, immerhin etwa sieben Jahre später, bei lebensnaher Würdigung unwahrscheinlich sei. Die Auffassung des Landgerichts, der Antrag des Klägers habe eine Auskunft über wertbildende Faktoren der betreffenden Gegenstände nicht umfasst, sei fehlerhaft, weil der Klagantrag jedenfalls entsprechend hätte ausgelegt werden müssen. Vorsorglich verfolge der Kläger diesen Anspruch nunmehr im Wege der Klageerweiterung. (…)
Fehlerhaft habe das Landgericht schließlich den Anspruch des Klägers auf Auskunft zum stichtagsbezogenen Wert sämtlicher bei der V GmbH verwalteten Konten und Depots verneint. (…)
Der Kläger beantragt, teilweise abändernd über die erstinstanzlich zuerkannten Ansprüche hinaus,
a)
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über die Zusammensetzung des Hausrats des Erblassers am 16.09.2009 bezüglich der Immobilie in A, insbesondere die wertbildenden Faktoren des Hausrats der in Anlage B 45 gemäß Schriftsatz vom 04.01.2012 des Beklagtenvertreters angeführten Gegenstände, insbesondere der Bilder und der Teppiche mitzuteilen,
b)
die Beklagten zu verurteilen, über die erstinstanzlich bereits zuerkannten Statuten der H-Stiftung, der L-Stiftung sowie der T-Stiftung hinaus dem Kläger die Regularien, Reglements, Beistatuten, den „Letter of Wishes“ sowie Stiftungsverträge jeweils der H-Stiftung, der L-Stiftung sowie der T-Stiftung vorzulegen sowie Auskunft über Stiftungsrat und Treuhänder der H-Stiftung, der L-Stiftung sowie der T-Stiftung zu erteilen,
c)
die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger stichtagsbezogene Auskunft (16.09.2009) zum Wert sämtlicher bei der V GmbH verwalteten Konten und Depots zu erteilen,
d)
die Beklagten zu verurteilen, einen stichtagsbezogenen Beleg (16.09.2009) hinsichtlich sämtlicher von der V GmbH am 16.09.2009 verwalteten Konten und Depots vorzulegen,
e)
die Beklagten zu verurteilen, einen Auflösungsbeleg bezüglich der L-Stiftung vorzulegen.
Die Beklagten beantragen:
a. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
b. Das Teilurteil des Landgerichts Baden-Baden vom 18.10.2013, 2 O 193/10, wird im Urteilstenor Ziff. 1 b bis f aufgehoben. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagten treten einer Klageerweiterung seitens des Klägers in zweiter Instanz entgegen. Da der Rechtsstreit noch in der Auskunftsstufe beim Landgericht anhängig sei, könne und müsse der Kläger ggf. in erster Instanz seine Klage erweitern.
Die Beklagten führen im Wesentlichen ergänzend aus:
Die Beklagten hätten das zum Todestag des Erblassers vorhandene Auslandsvermögen – angelegt in der T-Stiftung und der H-Stiftung – vollständig offengelegt mit Schriftsatz vom 04. Januar 2012. Die L-Stiftung sei bereits vor dem Tod des Erblassers aufgelöst worden. Die T-Stiftung und die H-Stiftung seien ebenfalls mittlerweile aufgelöst worden. Ebenso wie in einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf mit Teilurteil vom 30. April 2010 entschiedenen Fall (I-22 U 126/06, 22 U 126/06) und in einem vom Oberlandesgericht Stuttgart durch Urteil vom 29. Juni 2009 (5 U 40/09) entschiedenen Fall sei der Erblasser auch hier ohne Einschränkung am gesamten Kapital und Ertrag der Stiftungen beteiligt gewesen; wie in dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall habe die Geldanlage auch hier allein der Steuervermeidung gedient. Deshalb handele es sich gemäß der zitierten Rechtsprechung bei dem Stiftungsvermögen um Nachlassvermögen. Die Stiftungen seien nicht Dritte im Sinne von § 2325 BGB.
Der Kläger könne schließlich keine Rechnungslegung verlangen, mithin nicht etwa die Vorlage von Statuten oder weiteren Stiftungsunterlagen. Zudem würden sich die beteiligten Banken und Verwalter der ehemaligen Stiftungen auch weigern, den Beklagten weitere Auskünfte über die Stiftungen zu erteilen, so dass nicht einmal gesichert sei, ob die Beklagten in dem vom Kläger begehrten Umfang Auskunft erteilen könnten. Tatsächlich benötige der Kläger auch keine weiteren Unterlagen oder Angaben der Beklagten; er könne vielmehr seinen Pflichtteilsanspruch längst beziffern.
(…)
II.
1. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht dazu verurteilt, dem Kläger über den Zweck und die Begünstigten der drei streitgegenständlichen Stiftungen sowie über Zuwendungen des Erblassers an diese Stiftungen in den letzten zehn Jahren vor dem Erbfall Auskunft zu erteilen und ihm die jeweiligen Statuten der Stiftungen vorzulegen.
a)
Nach § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB hat der Erbe dem Pflichtteilsberechtigten, der selbst nicht Erbe ist, auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Kläger ist pflichtteilsberechtigter Nichterbe in Bezug auf den Nachlass des Erblassers. Die Beklagten sind durch Erbeinsetzung dessen Erben geworden.
Der nach § 2314 Abs. 1 BGB zur Auskunftserteilung Verpflichtete hat ein Bestands- oder Vermögensverzeichnis, welches grundsätzlich vollständig und einheitlich alle Aktiv- und Passivwerte des Nachlasses aufführen muss, vorzulegen. Der Berechtigte hat daher nach ständiger Rechtsprechung Anspruch auf Auskunft über alle beim Erbfall tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände (reale Nachlassaktiva) und Nachlassverbindlichkeiten (Passiva). Seine Auskunftspflicht erstreckt sich über den tatsächlichen Bestand hinaus grundsätzlich nicht auf die Vermögensdispositionen, die der Erblasser zu Lebzeiten getroffen hat. Eine Ausnahme gilt für den sogenannten fiktiven Nachlassbestand, also für ausgleichungspflichtige Zuwendungen des Erblassers (§ 2316 BGB in Verbindung mit §§ 2050 ff. BGB) und für ergänzungspflichtige Schenkungen i. S. v. § 2325 BGB (Weidlich in Palandt, BGB, 73. Auflage, § 2314 Rn. 9 m.w.N.). Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist insoweit nicht, dass das Vorliegen einer Schenkung feststeht. Ob der Auskunftsberechtigte Anhaltspunkte für eine Schenkung nachweisen muss, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (verneinend OLG Frankfurt ZEV 11, 379, zitiert nach juris; Weidlich in Palandt, a.a.O.; bejahend Haas in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2006, § 2314 Rn. 13; Lange im Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 2314 Rn. 8). Jedenfalls bei ausreichenden Anhaltspunkten für möglicherweise pflichtteilsrelevante Vorgänge muss sich die Auskunft auf alle Umstände erstrecken, deren Kenntnis wesentlich ist für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe ein Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht werden kann (BGH LM BGB § 2314 Nr. 5; BGHZ 89, 24, 27; Weidlich in Palandt, a.a.O.; Lange im Münchener Kommentar, a.a.O.). Grundsätzlich besteht im Rahmen des Auskunftsanspruchs gemäß § 2314 BGB keine allgemeine Pflicht zur Rechenschaftslegung oder gar zur Vorlage von Belegen; vielmehr kann die Vorlage von Belegen nur ausnahmsweise dann verlangt werden, wenn es auf diese ankommt, um dem Pflichtteilsberechtigten die Schätzung des Wertes seines Anspruches zu ermöglichen, wie beispielsweise bei gemischten Schenkungen oder schwer einzuschätzenden Vermögensobjekten wie Unternehmens- oder Gesellschaftsbeteiligungen (Weidlich in Palandt, a.a.O., § 2314 Rn. 10; Lange im Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2314 Rn. 11; Haas in Staudinger, a.a.O., § 2314 Rn. 18 a).
b)
Danach haben die Beklagten hinsichtlich der drei streitgegenständlichen Stiftungen den Auskunftsanspruch des Klägers bisher nicht vollständig erfüllt. Die Beklagten haben die zum Todestag des Erblassers bestehenden Vermögen der T-Stiftung und der H-Stiftung als reale Nachlassaktiva mitgeteilt (T-Stiftung: 2.310.089,80 EUR / H-Stiftung: 5.653.593,00 EUR) und in Bezug auf die L-Stiftung, dass diese im Jahr 2006 aufgelöst und ihr Vermögen auf die T-Stiftung übertragen wurde. Diese Auskunft reicht vorliegend nicht aus, um den Pflichtteils(ergänzungs)anspruch des Klägers zuverlässig berechnen zu können.
aa)
Es fehlt zunächst eine Auskunft über unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers innerhalb seiner letzten zehn Lebensjahre an diese Stiftungen. Grundsätzlich gilt, dass endgültige unentgeltliche Zuwendungen des Erblassers an Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit pflichtteilsergänzungspflichtige Schenkungen im Sinne von § 2325 BGB darstellen (BGHZ 157, 178 = NJW 2004, 1382; Weidlich in Palandt, a.a.O., § 2325 Rn. 17 m.w.N.). Anhaltspunkte für solche unentgeltlichen Zuwendungen liegen hier schon deshalb vor, weil zwischen den Parteien unstreitig ist, dass der Erblasser allen drei streitgegenständlichen Stiftungen eigenes Vermögen unentgeltlich zugeführt hat. Der Beantwortung der oben genannten Streitfrage, ob der Auskunftsberechtigte Anhaltspunkte für eine Schenkung nachweisen muss, bedarf es hier deshalb nicht. Daraus, dass diese möglicherweise pflichtteilsrelevanten Zuwendungen höher als das Vermögen der T- und der H-Stiftung zum Todestag des Erblassers sein können, ergibt sich auch ein berechtigtes Auskunftsinteresse des Klägers.
Die Behauptung der Beklagten, es handele sich bei den Stiftungen nicht um Dritte im Sinne von § 2325 Abs. 1 BGB mit der Folge, dass eine ergänzungspflichtige Schenkung von vornherein ausgeschlossen sei, ändert an ihrer Pflicht zur weitergehenden Auskunft nichts. Die Beklagten berufen sich insoweit auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2009 (5 U 40/09) und ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. April 2010 (I-22 U 26/06). Beide Entscheidungen setzen sich mit der Frage auseinander, in welchen Fällen das Vermögen einer liechtensteinischen Stiftung ausnahmsweise dem wirtschaftlichen Stifter zugerechnet wird und infolgedessen beim Tod des Stifters in dessen Nachlass fällt. Das Oberlandesgericht Stuttgart führt aus, die rechtliche Selbstständigkeit der liechtensteinischen Stiftung als juristische Person werde ausnahmsweise durchbrochen und das Vermögen weiterhin dem wirtschaftlichen Stifter zugerechnet, wenn sich der Stifter im Zuge des Stiftungserrichtungsgeschäfts nach Art. 559 Abs. 4 des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) umfassende Widerrufs- und Änderungsbefugnisse in der Absicht vorbehalte, das Stiftungsvermögen weiterhin zu seinem Vorteil und nicht im Sinne des angegebenen Stiftungszwecks zu verwenden (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.06.2009 – 5 U 40/09 -). Darüber hinaus führt das Oberlandesgericht Düsseldorf Folgendes aus: Zwar habe der Fürstliche Oberste Gerichtshof des Fürstentums Liechtenstein (FLOGH) in einer jüngeren Entscheidung vom 06. Dezember 2001 dargelegt, dass die Errichtung einer Stiftung wegen ihrer Natur als einseitige Willenserklärung nicht als Scheingeschäft mit der Rechtsfolge qualifiziert werden könne, dass die Stifterrechte dem wirtschaftlichen Hintermann der Stiftung zukommen würden. Dieser Entscheidung des FLOGH könne jedoch nicht entnommen werden, dass eine Durchbrechung des Trennungsprinzips in der vorgenannten Konstellation nicht mehr möglich sein solle. Nach wie vor sei einer solchen Stiftung die eigene Rechtspersönlichkeit abzuerkennen. Habe sich nämlich der Erblasser als Stifter zu seinen Lebzeiten alle Rechte am Stiftungsvermögen und an dessen Ertrag vorbehalten und sei die Rechtsbeziehung des Erblassers zur Stiftung derart ausgestaltet, dass der Erblasser als Stifter jederzeit über das Stiftungsvermögen wie über ein Bankkonto frei verfügen könne, gelte nach wie vor, dass in diesem Fall eine Stiftung mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht bestehe. Selbst wenn das Vermögen einer Stiftung nach liechtensteinischem Recht aber nicht der Erbmasse zuzurechnen wäre, könne dieser Stiftung die Anerkennung wegen eines Verstoßes gegen den ordre public zu versagen sein, und zwar dann, wenn nach deutschem Recht das Rechtsgeschäft deshalb nichtig wäre, weil sein Hauptzweck die Steuerhinterziehung sei (OLG Düsseldorf, Teilurteil vom 30.04.2010 – I-22 U 26/06 -).
Ob im Streitfall die in diesen beiden Entscheidungen genannten Voraussetzungen dafür, dass ausnahmsweise eine Zurechnung des Stiftungsvermögens zum Nachlass des Erblassers erfolgt, vorliegen, ist zwischen den Parteien streitig. In diesem Stadium des Verfahrens kann jedoch dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Zuwendungen des Erblassers an die Stiftungen um Schenkungen handelt oder nicht. Die Auskunftspflicht kann in dieser Konstellation nicht davon abhängen, dass der umstrittene Vorgang tatsächlich als eine Schenkung zu werten ist und daher die Grundlage für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) bilden kann; die Entscheidung hierüber gehört wesensmäßig in den Streit um die Höhe des Zahlungsanspruchs, ihre Vorverlagerung in den Streit um die Auskunftspflicht und die Offenbarungseidspflicht würde diese Ansprüche für den Gläubiger weitgehend entwerten (vgl. BGH LM BGB § 2314 Nr. 5 zu möglicherweise verschleierten gemischten Schenkungen).
Einen Nachweis haben die Beklagten für ihre Behauptungen, der Erblasser sei ohne Einschränkung am gesamten Kapital und Ertrag der Stiftungen beteiligt gewesen und die Geldanlage habe allein der Steuervermeidung gedient, jedenfalls bisher nicht erbracht. Zutreffend wertet das Landgericht den Umstand, dass die Stiftungsvermögen der Nachlassversteuerung unterworfen wurden, nur als Indiz für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten und vermisst im Übrigen untermauernden Sachvortrag der Beklagten (LGU 9 f.). Die oben dargelegten Anhaltspunkte für pflichtteilsrelevante Schenkungen verlieren dadurch nicht ihre Stichhaltigkeit.
bb)
Darüber hinaus hat der Kläger Anspruch auf die Vorlage der jeweiligen Stiftungsstatuten, die zugleich auch Auskunft über den Stiftungszweck geben, und auf Auskunft über die Begünstigten der jeweiligen Stiftung. Die Begünstigten werden nicht zwingend in den Stiftungsstatuten benannt.
Diese Informationen und Unterlagen benötigt der Kläger für die Beurteilung, ob und in welcher Höhe ihm ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zusteht. Denn nur mit deren Hilfe kann er sich Kenntnis über die tatsächlichen Verfügungsbefugnisse des Erblassers hinsichtlich des Stiftungsvermögens und damit auch über das tatsächlich vom Erblasser mit den Stiftungsgründungen verfolgte Ziel verschaffen. Ohne diese Kenntnis kann der Kläger die notwendige Einordnung der streitgegenständlichen Stiftungen entweder als echte Stiftungen mit eigener Rechtspersönlichkeit oder als „Schein-Stiftungen“ nicht zuverlässig vornehmen und dementsprechend auch nicht ermitteln, ob die dem Kläger der Höhe nach noch unbekannten Zuwendungen des Erblassers an die Stiftungen dem fiktiven Nachlassbestand zuzuordnen sind oder ob das dem Kläger der Höhe nach bekannte Stiftungsvermögen zum Todestag des Erblassers zu den realen Nachlassaktiva gehört, wie die Beklagten meinen.
c)
Der Anspruch des Klägers auf (weitere) Auskunft über die drei streitgegenständlichen Stiftungen ist nicht dadurch gemäß § 362 BGB (teilweise) erloschen, dass die Beklagten im Rahmen der vom Kläger auf Grundlage des angefochtenen Teilurteils eingeleiteten Zwangsvollstreckung, nämlich nach Stellung des Zwangsgeldantrags des Klägers vom 23. April 2014, (teilweise) die begehrten Auskünfte erteilt und die jeweiligen Stiftungsstatuten vorgelegt haben. Denn die Erbringung einer Leistung zwecks Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem nur für vorläufig vollstreckbaren Titel stellt keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB dar. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für unter dem Druck der Zwangsvollstreckung erteilte Auskünfte (BGHZ 94, 268, 274 = juris Rn. 26).
Der entgegenstehenden Ansicht des Oberlandesgerichts Köln gemäß dessen Urteil vom 10. Februar 2010 (- 2 U 64/09 – = BeckRS 2010, 17323) schließt sich der Senat nicht an. In dem genannten Urteil führt das Oberlandesgericht Köln aus, der Grundsatz, dass eine Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung keine Erfüllung im Sinne von § 362 BGB darstelle, beruhe auf der Überlegung, dass bei einer derartigen Leistung stets ein Vorbehalt des Schuldners anzunehmen sei, die Leistung wieder zurückzufordern, sollte das der Zwangsvollstreckung zu Grunde liegende Urteil im weiteren Prozessverlauf aufgehoben werden. Ein solcher Vorbehalt komme bei Erteilung einer Auskunft jedoch naturgemäß nicht in Betracht. Sei Auskunft erst einmal erteilt, so stünden die mitgeteilten Tatsachen auch im Wissen des Gläubigers und könnten nicht mehr zurückgefordert werden. Hieraus folge, dass einerseits die stillschweigende oder ausdrückliche Erklärung eines Rückforderungsvorbehalts auf Seiten des Schuldners bei Auskunftserteilung zwecklos sei. Andererseits bestehe auch auf Seiten des Gläubigers nach Erhalt der Auskunft kein erkennbares Interesse mehr an einer rechtskräftigen Entscheidung als causa für das Behaltendürfen der Leistung. Dem verbleibenden Kosteninteresse der Parteien könne auch nach einseitiger oder übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien durch eine entsprechende gerichtliche Kostenentscheidung Rechnung getragen werden. Etwas anderes möge für die einer Auskunft beigefügten Belege gelten; da es sich hierbei um körperliche Sachen handele, käme eine Rückforderung jedenfalls in Betracht.
Diese Erwägungen überzeugen den Senat aus folgenden Gründen nicht:
Die Auskunft ist eine Wissenserklärung, die grundsätzlich schriftlich erteilt werden muss (BGH NJW 2008, 917 zu § 260 Abs. 1 BGB). Die Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 2314 BGB kann nur durch Vorlage eines Bestands- oder Vermögensverzeichnisses erfüllt werden. Mithin erschöpft sich die Pflicht zur Auskunftserteilung nicht in einer bloßen Wissensmitteilung, sondern enthält auch die Pflicht zur Übergabe eines Schriftstücks, also einer körperlichen Sache, die zurückgefordert werden kann. Die schriftlich verkörperte Erklärung des Schuldners ist insbesondere auch im Verfahren über die Abgabe der eidesstattliche Versicherung der maßgebliche Bezugspunkt. Denn dass der zur Auskunft Verpflichtete den Bestand gemäß dem übergebenen Verzeichnis nach bestem Wissen vollständig angegeben habe, ist gerade Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung. Es kommt deshalb nicht allein darauf an, dass das einmal erlangte Wissen aus einer erteilten Auskunft nicht zurückgefordert werden kann.
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Köln hat der Gläubiger eines Auskunftsanspruchs auch nach Erhalt der Auskunft noch ein schutzwürdiges Interesse an einer rechtskräftigen Entscheidung über das Bestehen seines Auskunftsanspruchs. Denn ohne eine solche rechtskräftige Entscheidung könnte der Schuldner des Auskunftsanspruchs die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, sofern der Auskunftsberechtigte eine solche verlangt, schon mit der Begründung verweigern, er sei bereits zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet gewesen und somit auch nicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Der Auskunftsberechtigte müsste dann im Verfahren über die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erneut die Voraussetzungen für das Bestehen seines Auskunftsanspruchs darlegen und ggf. beweisen. Das ist weder prozessökonomisch noch dem Auskunftsberechtigten zumutbar.
Dafür, dass der Bundesgerichtshof auch heute noch die seiner oben zitierten Entscheidung zu Grunde gelegte Auffassung, der sich der Senat anschließt, vertritt, spricht ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofs: Mit Urteil vom 14. März 2014 (- V ZR 115/13 – = NJW 2014, 2199) hat der Bundesgerichtshof unter Bezugnahme auf jene frühere Entscheidung aus dem Jahr 1985 bestätigt, dass eine Leistung, die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erbracht wird, grundsätzlich unter dem Vorbehalt des Rechtskrafteintritts erfolge und nur für diesen Fall materiell-rechtliche Wirkungen entfalten solle. Daran, dass Gegenstand der betreffenden Entscheidung ein Anspruch auf Herausgabe einer Wohnung nach § 985 BGB war, zeigt sich, dass der Bundesgerichtshof diesen Grundsatz nicht etwa auf Geldleistungen beschränkt sondern – weiterhin – unabhängig vom Leistungsgegenstand für anwendbar hält.
2. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
a)
Ob die Berufungsanträge des Klägers Klageänderungen in Form von Klageerweiterungen enthalten, soweit sie gegenüber den in erster Instanz verlesenen Klageanträgen Umformulierungen aufweisen, oder ob die Berufungsanträge lediglich das Begehren des Klägers präzisieren, welches bei entsprechender Auslegung auch den erstinstanzlichen Anträgen bereits zu entnehmen war, bedarf keiner Entscheidung. Denn ggf. sind die Klageänderungen gemäß § 533 ZPO zulässig. Sie sind sachdienlich, da das Ergebnis der bisherigen Prozessführung auch für die Beurteilung der umformulierten Berufungsanträge verwertet werden kann. Dem steht nicht entgegen, dass über die Auskunftsstufe in der ersten Instanz teilweise noch nicht abschließend entschieden wurde. Der noch in erster Instanz anhängige Teil des Auskunftsanspruchs bezieht sich nämlich auf einen Sachverhalt (Beteiligung des Erblassers an der FGmbH), der mit dem hier streitgegenständlichen Sachverhalt (Inventar der Immobilien des Erblassers, Beteiligung des Erblassers an Stiftungen, Depots und Konten des Erblassers bei der V GmbH) keine Überschneidungen aufweist.
b)
Der Kläger hat aus § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 2325 BGB Anspruch auf die Vorlage weiterer Dokumente der streitgegenständlichen Stiftungen, nämlich auf Vorlage der Reglemente, der Beistatuten und des „Letter of Wishes“ der jeweiligen Stiftungen, sowie auf Auskunft, wer jeweils der Treuhänder und die Stiftungsratsmitglieder sind bzw. waren. Auch diese weiteren Unterlagen und Informationen benötigt der Kläger für die aus den oben dargelegten Gründen notwendige rechtliche Einordnung der Stiftungen als echte Stiftungen oder als „Schein-Stiftungen“. (wird ausgeführt)
c)
Der Kläger hat gemäß § 2314 Abs. 1 S. 1 BGB Anspruch auf Ergänzung der bereits erteilten Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrats der Immobilie des Erblassers in A, und zwar insoweit, als die Beklagten noch die Mitteilung der wertbildenden Faktoren der Teppiche und Bilder, die in der Inventarliste (Teil der Anlage B 45) aufgelistet sind, schulden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hausrat wertlos, ist wie die Beklagten meinen. Der Umfang der Auskunftspflicht wird hierdurch nämlich nicht berührt (Lange im Münchener Kommentar, a.a.O., § 2314 Rn. 5).
Zwar kann der Berechtigte in der Regel bei Unvollständigkeit des Verzeichnisses keine Vervollständigung verlangen, sondern ist auf die Möglichkeit, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu verlangen, zu verweisen. Ausnahmen hiervon werden aber bejaht, wenn der Pflichtige z. B. aus Rechtsirrtum eine unbestimmte Zahl von Gegenständen nicht aufgenommen hat, einen bestimmten Teil des Nachlassvermögens ganz ausgelassen hat oder aber bei erkennbar unvollständiger Auskunft (OLG Schleswig NJW-RR 2011, 1449 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; Weidlich in Palandt, a.a.O. § 2314 Rn. 8 und 11).
Eine solche Unvollständigkeit liegt hier insoweit vor, als Angaben zu den wertbildenden Faktoren der seitens der Beklagten aufgelisteten Teppiche und Bilder weitgehend fehlen.
Für den Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB (Pflicht der Ehegatten zur Auskunftserteilung über Endvermögen) ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass das zu übergebende Vermögensverzeichnis die am Stichtag zum Endvermögen gehörenden Gegenstände nach Anzahl, Art und wertbildenden Merkmalen aufzuführen hat (BGHZ 84, 31, 32 = NJW 1982, 1643, 1644 = juris Rn. 7). Auch im Rahmen der Auskunftspflicht der Miterben über ausgleichungspflichtige Zuwendungen (§ 2057 BGB) gilt, dass die ausgleichungsrelevanten Eigenschaften wie Zuwendungszeitpunkt und wertbildende Faktoren anzugeben sind (Weidlich in Palandt, a.a.O., § 2057 Rn. 1; Ann im Münchener Kommentar zum BGB, a.a.O., § 2057 Rn. 5). Für den Auskunftsanspruch aus § 2314 BGB kann nichts anderes gelten. Ausgehend vom Zweck dieses Auskunftsanspruchs, der in der Offenlegung der Berechnungsfaktoren für den sonst nicht bezifferbaren Pflichtteilsanspruch liegt, ist eine Pflicht zur Angabe von wertbildenden Faktoren der Nachlassgegenstände jedenfalls dann zu bejahen, wenn eine solche ausdrücklich verlangt wird und offensichtlich ist, dass sie zur Bezifferung des Pflichtteilsanspruchs benötigt wird.
So liegt es hier. Die von den Beklagten vorgelegte Inventarliste führt eine Reihe von Teppichen auf, zu denen jeweils lediglich die Größe, jedoch nur zum Teil das Alter und die Herkunft und nicht beispielsweise das Material, das Motiv, der Zustand etc. angegeben wurden. Zu den aufgelisteten Bildern fehlen nahezu durchweg Angaben zum Motiv, zur Bildgröße etc.. Der Kläger vermutet, dass die Teppiche jedenfalls teilweise einen Wert von 5.000,00 EUR bis 8.000,00 EUR, die Bilder zum Teil einen Wert von 500,00 EUR bis 3.000,00 EUR haben (II 41). Ohne Kenntnis von den (weiteren) wertbildenden Faktoren ist eine genauere Einschätzung der Verkehrswerte offensichtlich nicht möglich.
Dass ein Anspruch auf Wertermittlung in Betracht kommt, soweit für die Bewertung einzelner Nachlassgegenstände die Hilfe eines Sachverständigen erforderlich ist und deshalb in der Regel für eine Auskunft eine solche Bezeichnung des Nachlassgegenstandes genügt, mit deren Hilfe der Pflichtteilsberechtigte die Ermittlung des Wertes durch einen Sachverständigen beantragen kann (BGH, Beschluss vom 21.02.1996 – IV ZB 27/95 – = BeckRS 1996, 31059736; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 07.01.2004 – 13 U 25/03 – = ZErb 2004, 132 = juris Rn. 32), ändert an dem Anspruch des Klägers auf Auskunft über die wertbildenden Merkmale der betreffenden Nachlassgegenstände nichts. Während nämlich der Auskunftsanspruch lediglich auf die Weitergabe von Wissen gerichtet ist, bezweckt der Wertermittlungsanspruch eine vom Wissen und von den Wertvorstellungen des Verpflichteten gänzlich unabhängige vorbereitende Mitwirkung anderer Art (BGHZ 89, 24, 28). Hier geht es dem Kläger ersichtlich zunächst um die Mitteilung von verschaffbarem Wissen der Beklagten; nur mit Hilfe dieses Wissens kann der Kläger eine sachgerechte Entscheidung treffen, ob er die Beklagten zusätzlich auf Wertermittlung in Anspruch nehmen will.
Allerdings ist der Anspruch des Klägers auf die Mitteilung der wertbildenden Faktoren zu den in der Inventarliste aufgeführten Teppichen und Bildern beschränkt. Bezüglich aller übrigen aufgelisteten Gegenstände lässt sich ein solcher weiterer Auskunftsbedarf nicht erkennen. Nur hinsichtlich der Bilder und Teppiche hat der Kläger konkret und nachvollziehbar dargelegt, dass er zur genaueren Einschätzung von deren – seiner Vermutung nach nennenswerten – Verkehrswerten der Kenntnis der wertbildenden Merkmale bedarf.
Auch im Übrigen hat der Kläger keinen Anspruch auf Ergänzung der bereits erteilten Auskunft über das Inventar in der Immobilie des Erblassers in A. (…)
d)
Schließlich hat der Kläger keinen Anspruch auf weitere Mitteilungen der Beklagten zum Wert der bei der V GmbH verwalteten Konten und Depots des Erblassers nebst Vorlage eines stichtagsbezogenen Belegs hierzu. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten ihre Auskunftspflicht erfüllt haben, … (wird ausgeführt).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung der Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung wurde nach der Höhe der gegen die Beklagten vollstreckbaren Kosten, erhöht um den geschätzten finanziellen Aufwand der Beklagten für die nach diesem Urteil geschuldete Erteilung von weiteren Auskünften, die sie nicht bereits nach dem erstinstanzlichen Urteil zu erteilen haben, bemessen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Insbesondere gibt der Umstand, dass der Senat in Bezug auf die Frage der Erfüllungswirkung von Auskunftserteilungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung von einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln abweicht, keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Denn die hiesige Entscheidung folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.