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Bestreiten der Echtheit eines Testaments – Beweislast

Ein erbitterter Erbschaftsstreit um eine Eigentumswohnung gipfelte in einem ungewöhnlichen Urteil. Eine Anwältin hatte sich den hälftigen Anteil ihres Stiefvaters gesichert und stand als Alleineigentümerin im Grundbuch. Doch das Oberlandesgericht Hamm ordnete nun dessen Berichtigung an: Die Immobilie gehört weiterhin der ursprünglichen Erbengemeinschaft.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 U 91/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

Hier ist die Zusammenfassung des Urteilstextes nach den vorgegebenen Regeln:

  • Gericht: Oberlandesgerichts Hamm
  • Datum: 02.07.2024
  • Aktenzeichen: 10 U 91/23
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Grundbuchrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Stiefsohn des Erblassers, der die Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Erbengemeinschaft verlangt.
  • Beklagte: Eine Stieftochter des Erblassers, die als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen ist und zuvor als Testamentsvollstreckerin handelte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Fall betraf den hälftigen Miteigentumsanteil des verstorbenen Erblassers an einer Eigentumswohnung. Dieser Anteil fiel zunächst an die Erbengemeinschaft der drei Stiefkinder des Erblassers. Die Beklagte, die auch Testamentsvollstreckerin war, übertrug den Anteil zuerst auf ihre Kinder und kaufte ihn kurz darauf selbst, wodurch sie als alleinige Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Zentrale Frage war, ob die Eintragung der Beklagten als Alleineigentümerin des Erblasseranteils korrekt ist. Es ging darum, ob die Übertragungen durch die Beklagte wirksam waren und ob sie das Eigentum gutgläubig erworben hat, obwohl sie als Testamentsvollstreckerin und Juristin handelte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht änderte das Urteil der Vorinstanz ab und gab der Klage statt. Die Beklagte wurde verurteilt, der Berichtigung des Grundbuchs zuzustimmen, sodass der hälftige Anteil wieder als Eigentum der Erbengemeinschaft eingetragen wird.
  • Begründung: Das Grundbuch ist unrichtig, da die Erbengemeinschaft Eigentümerin blieb. Die Übertragung des Anteils auf die Kinder der Beklagten durch sie als Testamentsvollstreckerin war unwirksam, weil das angebliche Vermächtnis zugunsten der Kinder im letzten Testament des Erblassers widerrufen wurde. Die anschließende Übertragung an die Beklagte selbst war ebenfalls unwirksam, da sie als erfahrene Juristin positive Kenntnis davon hatte, dass ihre Kinder nicht die wahren Eigentümer waren, und somit nicht gutgläubig erwerben konnte.
  • Folgen: Das Grundbuch muss berichtigt werden, um die Erbengemeinschaft (Kläger, Beklagte und eine weitere Stieftochter) wieder als Eigentümer des hälftigen Anteils auszuweisen. Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.

Der Fall vor Gericht


OLG Hamm: Anwältin muss Hälfte der Eigentumswohnung an Erbengemeinschaft zurückübertragen – Kein gutgläubiger Erwerb trotz Testamentsvollstreckung und Grundbucheintrag

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem komplexen Erbfall entschieden, dass eine als Testamentsvollstreckerin eingesetzte Rechtsanwältin den hälftigen Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung, der ursprünglich ihrem verstorbenen Stiefvater gehörte, nicht wirksam für sich erwerben konnte.

Juristische Konfrontation um Eigentumswohnung, Anwältin erklärt Miteigentumsübertragung
Testamentsvollstreckerin überträgt Eigentumswohnung und Miteigentumsanteil im Grundbuch an Kinder. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht ordnete die Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der ursprünglichen Erbengemeinschaft an, da die von der Anwältin vorgenommenen Übertragungen – erst an ihre eigenen Kinder und dann an sich selbst – unwirksam waren und sie aufgrund ihrer Kenntnisse nicht als gutgläubige Erwerberin im Sinne des § 892 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angesehen werden konnte.

Ausgangslage: Streit um Miteigentumsanteil an Wohnung nach Tod des Stiefvaters und widersprüchliche Testamente

Im Zentrum des Rechtsstreits stand ein Miteigentumsanteil von 247/1000 an einem Grundstück in A-G., auf dem sich eine Wohnungseigentumsanlage befindet. Dieser Anteil bezog sich auf eine spezifische Eigentumswohnung. Ursprünglich gehörte dieser Anteil je zur Hälfte der Mutter der streitenden Geschwister und deren Ehemann, dem Stiefvater der Geschwister, Herrn I. R. (im Folgenden: der Verstorbene). Die Parteien des Rechtsstreits sind der Stiefsohn des Verstorbenen (im Folgenden: der Kläger) und dessen Schwester, eine Rechtsanwältin (im Folgenden: die beklagte Anwältin). Eine weitere Schwester war ebenfalls Erbin, aber nicht direkt am Verfahren beteiligt. Die beklagte Anwältin hat drei Kinder, die Stiefenkelkinder des Verstorbenen.

Die Kernfrage war, ob das Grundbuch, das die beklagte Anwältin als Alleineigentümerin des gesamten Wohnungsanteils auswies, korrekt war. Der Kläger war der Ansicht, dass der hälftige Anteil des Verstorbenen weiterhin der Erbengemeinschaft gehöre, da die Verfügungen der von der beklagten Anwältin als Testamentsvollstreckerin verwalteten Erbengemeinschaft unwirksam gewesen seien und sie selbst den Anteil nicht gutgläubig habe erwerben können.

Die Testamente des Erblassers: Eine Chronologie der Verfügungen und der Rolle der beklagten Anwältin als Testamentsvollstreckerin

Der Verstorbene hatte im Laufe der Jahre mehrere Testamente errichtet, die für die Beurteilung des Falls von entscheidender Bedeutung waren:

  1. Ein notarielles Testament vom 14. Februar 2007: Hierin setzte er seine drei Stiefkinder – den Kläger, die beklagte Anwältin und deren Schwester – zu gleichen Teilen als Erben ein und verfügte verschiedene Vorausvermächtnisse.
  2. Ein handschriftliches Testament vom 5. Dezember 2013: Dieses ergänzte das notarielle Testament. Es enthielt die Anordnung, dass der auf ihn entfallende Eigentumsanteil an der Wohnung in A-G. seinen drei Stiefenkelkindern (den Kindern der beklagten Anwältin) gemeinsam zu gleichen Teilen als Vermächtnis zufallen solle.
  3. Ein handschriftliches Testament vom 1. Mai 2015: Dieses Testament sollte das notarielle Testament von 2007 ersetzen. Entscheidend war der Satz: „Vorsorglich widerrufe ich sämtliche Verfügungen von Todes wegen, die ich bisher errichtet habe.“ Es setzte erneut die drei Stiefkinder zu gleichen Teilen als Erben ein und enthielt neue Vermächtnisanordnungen. Die Wohnung in A-G. wurde in diesem Testament jedoch nicht mehr erwähnt. Die beklagte Anwältin wurde zudem zur Testamentsvollstreckerin eingesetzt.

Nach dem Tod des Stiefvaters im Jahr 2016 wurden alle Testamente amtlich eröffnet. Das Nachlassgericht erteilte am 31. Juli 2017 einen Erbschein, der die drei Stiefkinder als Miterben zu je einem Drittel auswies. Am 25. Oktober 2017 erhielt die beklagte Anwältin ein Testamentsvollstreckerzeugnis.

Die umstrittenen Grundstücksübertragungen: Von der angeblichen Vermächtniserfüllung an die eigenen Kinder zum Verkauf an sich selbst

Der hälftige Miteigentumsanteil des Verstorbenen an der Wohnung fiel zunächst in dessen Nachlass und stand damit im Eigentum der Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, der beklagten Anwältin und ihrer Schwester. Die beklagte Anwältin nahm in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin mehrere Verfügungen über diesen Anteil vor:

  1. Versuch einer unentgeltlichen Übertragung an die Mutter am 3. Juni 2020: Dieser Versuch scheiterte, da das Grundbuchamt die Eintragung ablehnte. Es verwies auf ein mögliches Vermächtnis zugunsten der Stiefenkelkinder aus dem Testament von 2013. Die beklagte Anwältin zog den Antrag daraufhin im November 2020 zurück.
  2. „Vermächtniserfüllungsvertrag“ mit ihren eigenen Kindern am 14. Dezember 2020: Die beklagte Anwältin, handelnd für die Erbengemeinschaft, übertrug den hälftigen Miteigentumsanteil des Verstorbenen an ihre drei Kinder. Sie gab an, damit das Vermächtnis aus dem Testament von 2013 erfüllen zu wollen. Die Auflassung wurde erklärt, und am 9. Februar 2021 wurden die Kinder der beklagten Anwältin als Eigentümer dieses Anteils im Grundbuch eingetragen.
  3. Wohnungskaufvertrag unmittelbar danach, ebenfalls am 14. Dezember 2020: Die beklagte Anwältin erwarb nun, handelnd für sich selbst, das gesamte Eigentum an der Wohnung (also beide Hälften) von ihrer Mutter und ihren drei Kindern. Der Kaufpreis für die gesamte Wohnung betrug 65.000 Euro. Die Auflassung wurde erklärt, und nach Genehmigung des Vertrags durch die Mutter wurde die beklagte Anwältin am 13. Juli 2021 als alleinige Eigentümerin der gesamten Wohnung im Grundbuch eingetragen.

Der Kläger verlangte die Berichtigung des Grundbuchs dahingehend, dass der hälftige Anteil des Verstorbenen wieder der Erbengemeinschaft zugeschrieben wird. Er argumentierte, das Vermächtnis zugunsten der Kinder der beklagten Anwältin sei durch das Testament von 2015 widerrufen worden. Daher sei die Übertragung des Anteils an die Kinder durch die beklagte Anwältin als Testamentsvollstreckerin eine unentgeltliche Verfügung und somit nach § 2205 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 134 BGB unwirksam. Folglich sei auch der anschließende Erwerb durch die beklagte Anwältin selbst unwirksam, da sie nicht gutgläubig hinsichtlich der Eigentümerstellung ihrer Kinder gewesen sei.

Vorinstanz Landgericht Essen: Klageabweisung trotz Zweifel an Wirksamkeit der Übertragungen – Annahme gutgläubigen Erwerbs

Das Landgericht Essen hatte die Klage abgewiesen. Es teilte zwar die Auffassung, dass das Vermächtnis von 2013 durch das Testament von 2015 widerrufen worden war und die Übertragung an die Kinder der beklagten Anwältin als unentgeltliche Verfügung unwirksam sein könnte. Jedoch sah das Landgericht die beklagte Anwältin als gutgläubig an, als sie den Anteil von ihren Kindern erwarb. Ihr sei eine positive Kenntnis von der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht nachzuweisen gewesen, weshalb sie nach § 892 BGB wirksam Eigentum erworben habe. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung ein.

Entscheidung des OLG Hamm: Grundbuchberichtigung zugunsten der Erbengemeinschaft – Anwältin war bösgläubig

Das Oberlandesgericht Hamm änderte das Urteil des Landgerichts Essen ab und gab der Klage des Stiefsohns im Hauptantrag statt. Die beklagte Anwältin wurde verurteilt, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs zu erteilen. Der hälftige Anteil des Verstorbenen an der Wohnung steht somit nicht im Alleineigentum der beklagten Anwältin, sondern im Eigentum der Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, der beklagten Anwältin und ihrer Schwester.

Begründung des OLG Hamm: Warum die Erbengemeinschaft Eigentümerin des Wohnungsanteils geblieben ist (§ 1922 BGB)

Das Gericht stellte fest, dass das Grundbuch unrichtig ist, da nicht die beklagte Anwältin, sondern die Erbengemeinschaft Eigentümerin des hälftigen Miteigentumsanteils des Verstorbenen ist. Gemäß § 1922 BGB ging mit dem Tod des Stiefvaters dessen Vermögen, einschließlich des Wohnungsanteils, auf die Erbengemeinschaft über.

Unwirksame Übertragung an die Kinder der Testamentsvollstreckerin: Fehlendes Vermächtnis und Verstoß gegen § 2205 Satz 3 BGB

Die Erbengemeinschaft hat dieses Eigentum auch nicht durch die Übertragung des Anteils auf die Kinder der beklagten Anwältin am 14. Dezember 2020 verloren. Diese Verfügung war nach §§ 2205 Satz 3, 134 BGB nichtig. Ein Testamentsvollstrecker darf zwar grundsätzlich über Nachlassgegenstände verfügen, jedoch sind ihm unentgeltliche Verfügungen nur gestattet, wenn sie einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen. Eine solche Ausnahme lag hier nicht vor.

Widerruf des Vermächtnisses durch späteres Testament (§ 2254 BGB): Eindeutige Auslegung der Widerrufsklausel

Die Übertragung an die Kinder konnte nicht als Erfüllung eines Vermächtnisses angesehen werden, da das Vermächtnis aus dem Testament von 2013 zugunsten der Stiefenkelkinder zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr bestand. Der Verstorbene hatte es in seinem Testament vom 1. Mai 2015 gemäß § 2254 BGB widerrufen. Der Wortlaut „Vorsorglich widerrufe ich sämtliche Verfügungen von Todes wegen, die ich bisher errichtet habe“ war nach Ansicht des Gerichts eindeutig und umfasste alle früheren Anordnungen, also auch das handschriftliche Testament von 2013 und das darin enthaltene Vermächtnis. Eine Testamentsauslegung nach § 2084 BGB führte zu keinem anderen Ergebnis. Dass die Wohnung im Testament von 2015 nicht mehr erwähnt wurde, deutete das Gericht eher als Zeichen, dass der Verstorbene sie entweder den Erben allgemein zukommen lassen oder die frühere Anordnung schlicht vergessen hatte. Das Vergessen ändere aber nichts an der Wirksamkeit einer klaren Widerrufserklärung.

Keine unentgeltliche Verfügung aus sittlicher Pflicht: Die Nichtigkeit der Schenkung an die Kinder (§ 134 BGB)

Da kein wirksames Vermächtnis zugunsten der Kinder der beklagten Anwältin mehr bestand, stellte die Übertragung des Miteigentumsanteils an sie eine unentgeltliche Verfügung dar. Diese erfolgte nicht zur Erfüllung einer sittlichen Pflicht oder aus Anstand. Daher war die Verfügung der Testamentsvollstreckerin nichtig. Sie wäre nur mit Zustimmung aller Miterben wirksam geworden, welche der Kläger jedoch verweigerte. Folglich sind die Kinder der beklagten Anwältin nie Eigentümer des Anteils geworden, und ihre Eintragung im Grundbuch war von Anfang an unrichtig.

Kein gutgläubiger Erwerb des Miteigentumsanteils durch die beklagte Anwältin von ihren Kindern (§ 892 BGB)

Auch durch den anschließenden Wohnungskaufvertrag vom 14. Dezember 2020 hat die Erbengemeinschaft ihr Eigentum nicht verloren. Die beklagte Anwältin erwarb den Anteil von ihren Kindern, die – wie dargelegt – nicht die wahren Eigentümer und somit Nichtberechtigte waren. Ein Erwerb von Nichtberechtigten ist im Grundstücksrecht zwar unter den Voraussetzungen des § 892 BGB (gutgläubiger Erwerb) möglich. Dieser setzt voraus, dass dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht bekannt ist.

Positive Kenntnis der Grundbuchunrichtigkeit: Die Rolle der juristischen Expertise und der Vorgeschichte

Das OLG Hamm kam jedoch zu dem Schluss, dass ein gutgläubiger Erwerb durch die beklagte Anwältin ausscheidet. Der Senat war davon überzeugt, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Antrag auf Eintragung im Grundbuch) positive Kenntnis von der Nichtberechtigung ihrer Kinder hatte. Als langjährig tätige Rechtsanwältin waren ihr nicht nur die tatsächlichen Umstände (die verschiedenen Testamente, der Wortlaut des Widerrufs von 2015, ihre Rolle als Testamentsvollstreckerin, die frühere Ablehnung der Übertragung durch das Grundbuchamt) bekannt. Ihr waren auch die Kriterien der Testamentsauslegung und die rechtliche Bedeutung einer umfassenden Widerrufsklausel bewusst, oder sie hätte sich dieser Kenntnis als redlich denkende Erwerberin nicht verschließen können. Ihre Behauptung, sie sei vom Fortbestand des Vermächtnisses ausgegangen, hielt das Gericht angesichts des eindeutigen Wortlauts und ihrer juristischen Expertise für nicht vertretbar. Die rechtliche Einschätzung der Unwirksamkeit der Übertragung an ihre Kinder drängte sich ihr geradezu auf.

Die Tatsache, dass sie bereits im Juni 2020 versucht hatte, den Anteil unentgeltlich an ihre Mutter zu übertragen – was das Grundbuchamt mit Verweis auf das mögliche Vermächtnis an ihre Kinder monierte – war für das Gericht ein weiteres starkes Indiz dafür, dass ihr die Problematik der Wirksamkeit des Vermächtnisses und die mögliche Unwirksamkeit einer Übertragung auf ihre Kinder bekannt war oder sie diese zumindest billigend in Kauf nahm.

Da die beklagte Anwältin somit nicht gutgläubig war, konnte sie von ihren nichtberechtigten Kindern kein Eigentum an dem hälftigen Miteigentumsanteil erwerben. Die Erbengemeinschaft ist und blieb Eigentümerin dieses Anteils. Die Eintragung der beklagten Anwältin als Alleineigentümerin im Grundbuch ist daher unrichtig und muss berichtigt werden.

Konsequenzen der Entscheidung: Kosten und keine Zulassung der Revision

Die beklagte Anwältin muss nun der Berichtigung des Grundbuchs zustimmen. Die Kosten des Rechtsstreits für beide Instanzen wurden ihr auferlegt. Eine Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung habe und die Entscheidung im Wesentlichen auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls – insbesondere der Beurteilung der Bösgläubigkeit der beklagten Anwältin – beruhe.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Hamm entschied, dass eine als Testamentsvollstreckerin eingesetzte Rechtsanwältin einen hälftigen Miteigentumsanteil an einer Eigentumswohnung zurückgeben muss, da sie diesen nicht wirksam für sich selbst erwerben konnte. Wir lernen, dass Testamentsvollstrecker nicht unentgeltlich über Nachlassgegenstände verfügen dürfen und ein späteres Testament mit klarer Widerrufsklausel frühere Vermächtnisse ungültig macht. Die Quintessenz ist, dass Rechtskenntnis und Rollenverständnis bei Erbangelegenheiten entscheidend sind – wer als Fachperson die Rechtslage kennen muss, kann sich nicht auf Gutgläubigkeit berufen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet die Berichtigung des Grundbuchs und warum ist sie in diesem Fall angeordnet worden?

Stellen Sie sich das Grundbuch wie ein sehr wichtiges, öffentliches Buch für jedes einzelne Grundstück in Deutschland vor. In diesem Buch ist für jedermann einsehbar festgehalten, wem ein Grundstück gehört (der Eigentümer) und welche wichtigen Rechte oder Belastungen darauf lasten. Das Grundbuch hat eine große Bedeutung, weil man sich grundsätzlich auf die dort eingetragenen Informationen verlassen kann. Es soll die tatsächlichen rechtlichen Verhältnisse am Grundstück korrekt abbilden.

Eine Berichtigung des Grundbuchs ist notwendig, wenn der Eintrag im Grundbuch falsch ist. Das bedeutet, dass die Person, die dort als Eigentümer eingetragen ist, nach der geltenden Rechtslage eigentlich nicht der wahre Eigentümer ist. Die Berichtigung dient dazu, diesen falschen Eintrag zu korrigieren, damit das Grundbuch wieder die wahre rechtliche Situation zeigt.

Ein Gericht ordnet die Berichtigung des Grundbuchs an, wenn es in einem gerichtlichen Verfahren festgestellt hat, dass der Grundbucheintrag nicht korrekt ist. Das ist häufig der Fall, wenn frühere Schritte, die zum aktuellen Eintrag geführt haben, rechtlich unwirksam waren. „Unwirksam“ bedeutet hier, dass die Handlungen, mit denen das Eigentum übertragen werden sollte (wie z.B. ein Kaufvertrag und die Auflassung beim Notar), aus rechtlichen Gründen nicht den gewünschten Erfolg hatten. Trotz dieser unwirksamen Schritte wurde fälschlicherweise ein neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Obwohl das Grundbuch öffentlichen Glauben genießt und man sich grundsätzlich auf die dort eingetragenen Informationen verlassen kann, gibt es Ausnahmen. Wer ein Recht an einem Grundstück erwirbt, kann unter Umständen auch dann Eigentümer werden, wenn derjenige, von dem er erwirbt, gar nicht der wahre Eigentümer war – man spricht dann vom gutgläubigen Erwerb. Dieser besondere Schutz greift aber nicht, wenn der Erwerber nicht gutgläubig war. Das ist der Fall, wenn er wusste oder aus bestimmten Gründen wissen musste, dass der Grundbucheintrag falsch war oder die vorherigen Übertragungen fehlerhaft waren.

Wenn ein Gericht also feststellt, dass die früheren Übertragungen, die zur Eintragung führten, unwirksam waren und die aktuell im Grundbuch eingetragene Person das Eigentum nicht gutgläubig erworben hat (weil sie von den Mängeln wusste oder hätte wissen müssen), dann ist der Grundbucheintrag nach Ansicht des Gerichts falsch. Die im Grundbuch eingetragene Person ist dann trotz des Eintrags nicht der rechtmäßige Eigentümer geworden. Um diesen Fehler zu beheben und sicherzustellen, dass das Grundbuch wieder den tatsächlichen, rechtmäßigen Eigentümer ausweist, ordnet das Gericht die Berichtigung des Grundbuchs an.


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Was bedeutet Testamentsvollstreckung und welche Pflichten hat ein Testamentsvollstrecker?

Wenn jemand stirbt und einen letzten Willen (Testament oder Erbvertrag) hinterlässt, möchte der Verstorbene oft sicherstellen, dass seine Wünsche auch genau so umgesetzt werden. Manchmal ist der Nachlass kompliziert, oder die Erben brauchen Unterstützung bei der Abwicklung. In solchen Fällen kann der Verstorbene in seinem letzten Willen eine Person bestimmen, die sich darum kümmert. Das nennt man Testamentsvollstreckung.

Was genau ist Testamentsvollstreckung?

Stellen Sie sich vor, jemand hat in seinem Testament festgelegt, wer was erben soll, welche Schulden noch zu bezahlen sind oder ob vielleicht bestimmte Gegenstände verkauft werden sollen. Die Testamentsvollstreckung ist die Aufgabe, all diese Anweisungen des Verstorbenen genau nach dessen Willen auszuführen. Die Person, die diese Aufgabe übernimmt, wird Testamentsvollstrecker genannt.

Welche Hauptaufgaben hat ein Testamentsvollstrecker?

Der Testamentsvollstrecker wird vom Verstorbenen ausgewählt, um den Nachlass zu verwalten und die Erbauseinandersetzung zu regeln. Seine Hauptaufgabe ist es, den Willen des Verstorbenen so umzusetzen, wie es im Testament steht.

Dazu gehört:

  • Verwaltung des Nachlasses: Der Testamentsvollstrecker nimmt den Nachlass (also das gesamte Vermögen und die Schulden des Verstorbenen) in Besitz. Er kümmert sich darum, Rechnungen zu bezahlen, Verträge zu kündigen oder sich um Immobilien zu kümmern. Er muss den Nachlass wie ein guter Verwalter behandeln, damit sein Wert erhalten bleibt oder sogar steigt, bis er verteilt werden kann.
  • Umsetzung der Anordnungen: Gibt es im Testament besondere Anweisungen, wie z.B. die Verteilung bestimmter Gegenstände an bestimmte Personen oder die Erfüllung von Vermächtnissen (wenn jemand etwas Bestimmtes aus dem Nachlass erhalten soll), muss der Testamentsvollstrecker dies erledigen.
  • Verteilung an die Erben: Nachdem alle Schulden bezahlt und alle Anweisungen umgesetzt wurden, teilt der Testamentsvollstrecker den verbleibenden Nachlass gemäß den Anweisungen im Testament unter den Erben auf.

Welche wichtigen Pflichten hat der Testamentsvollstrecker?

Der Testamentsvollstrecker handelt zwar im Auftrag des Verstorbenen, hat aber auch wichtige Pflichten gegenüber den Erben. Die wichtigste Pflicht ist die Pflicht zur sorgfältigen und ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses. Er muss den Nachlass so behandeln, als wäre es sein eigenes Vermögen, aber immer im Interesse der Erben und nach den Vorgaben des Verstorbenen.

Dazu gehört auch eine Rechenschaftspflicht. Die Erben haben das Recht zu erfahren, was mit dem Nachlass passiert. Der Testamentsvollstrecker muss deshalb Auskunft geben und Rechnung legen über seine Verwaltungstätigkeit.

Eine ganz zentrale Pflicht ist die Treuepflicht gegenüber den Erben. Auch wenn der Testamentsvollstrecker vom Verstorbenen ernannt wurde, muss er die Interessen der Erben wahren und darf ihnen nicht schaden. Er muss neutral handeln und darf keine Seite bevorzugen, es sei denn, das Testament schreibt dies ausdrücklich vor (was selten der Fall ist). Er muss die Erben über wichtige Schritte informieren und ihnen ermöglichen, ihre Rechte zu verstehen und wahrzunehmen.

Die Rolle des Testamentsvollstreckers ist also eine verantwortungsvolle Aufgabe, bei der Sorgfalt, Neutralität und die Wahrung der Interessen der Erben im Vordergrund stehen.


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Unter welchen Voraussetzungen kann man als Erwerber einer Immobilie als „gutgläubig“ gelten und welche Rolle spielt das Grundbuch dabei?

Beim Kauf einer Immobilie ist das Grundbuch von zentraler Bedeutung. Stellen Sie sich das Grundbuch wie einen öffentlichen Personalausweis für Grundstücke vor. Dort sind wichtige Informationen eingetragen, vor allem, wer der aktuelle Eigentümer ist. Das deutsche Recht schützt grundsätzlich das Vertrauen in die Richtigkeit dieses öffentlichen Verzeichnisses.

Wenn Sie eine Immobilie kaufen möchten, gehen Sie in der Regel davon aus, dass die Person, die im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, auch wirklich der wahre Eigentümer ist und Ihnen die Immobilie wirksam verkaufen kann. Wenn Sie auf diese Eintragung im Grundbuch vertrauen und die Immobilie erwerben, obwohl die Eintragung falsch ist (die eingetragene Person ist gar nicht der wahre Eigentümer), können Sie unter bestimmten Bedingungen trotzdem der neue Eigentümer werden. Dies nennt man den gutgläubigen Erwerb.

Damit Sie als „gutgläubig“ gelten und die Immobilie wirksam erwerben, obwohl der Verkäufer nicht der wahre Eigentümer war, müssen in der Regel zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Sie müssen die Immobilie erwerben, also Eigentum übertragen bekommen. Dies geschieht durch Einigung (Auflassung beim Notar) und Eintragung im Grundbuch.
  2. Beim Erwerb, insbesondere zum Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung ins Grundbuch, müssen Sie gutgläubig sein.

Gutgläubig bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Sie im Moment des Erwerbs weder wussten, dass das Grundbuch falsch ist, noch, dass Sie dies aufgrund offensichtlicher Umstände hätten wissen müssen. Ihr Glaube an die Richtigkeit des Grundbuchs darf also nicht durch klare Anzeichen widerlegt werden, die jeder aufmerksame Käufer bemerken würde.

Sie gelten NICHT als gutgläubig, wenn:

  • Sie wussten, dass die Person, die im Grundbuch steht, nicht der wahre Eigentümer ist.
  • Sie es nicht wussten, aber Ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht. Das bedeutet, dass Ihnen die Unrichtigkeit des Grundbuchs so offensichtlich sein musste, dass es unverständlich wäre, dass Sie es nicht bemerkt haben, obwohl Sie die nötige Sorgfalt walten lassen müssten. Wenn Sie beispielsweise andere eindeutige Informationen erhalten haben, die der Grundbucheintragung widersprechen, und Sie diese ignoriert haben.

Die Rolle des Grundbuchs ist hier also entscheidend: Es ist die amtliche Grundlage, auf deren Richtigkeit Sie vertrauen dürfen. Dieses Vertrauen schützt das Gesetz. Der gutgläubige Erwerb ermöglicht, dass der Rechtsverkehr mit Immobilien sicher und verlässlich ist, auch wenn im Einzelfall das Grundbuch fehlerhaft sein sollte. Dieser Schutz endet aber, wenn Sie die Unrichtigkeit des Grundbuchs kennen oder so offensichtliche Hinweise darauf ignorieren, dass Ihnen dies angelastet werden kann.


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Was bedeutet es, wenn ein Testament widerrufen wird und welche Auswirkungen hat das auf frühere Verfügungen?

Wenn jemand ein Testament aufsetzt, hält er darin fest, wie sein Vermögen nach seinem Tod verteilt werden soll. Doch der Verfasser eines Testaments, auch Erblasser genannt, kann seine Meinung jederzeit ändern. Das Gesetz erlaubt es, ein Testament jederzeit ganz oder teilweise zu widerrufen. Das bedeutet, dass die darin getroffenen Anordnungen ihre Gültigkeit verlieren.

Wie kann ein Testament widerrufen werden?

Ein Testament kann auf verschiedene Arten widerrufen werden:

  • Ausdrücklicher Widerruf: Dies geschieht meist durch ein neues Testament, in dem der Erblasser klar und deutlich erklärt, dass er sein früheres Testament oder bestimmte Teile davon aufhebt. Er kann aber auch ein separates Dokument erstellen, in dem er nur den Widerruf erklärt.
  • Stillschweigender Widerruf: Ein Widerruf kann sich auch aus dem Verhalten des Erblassers ergeben. Dies geschieht, wenn der Erblasser eine Handlung vornimmt, die eindeutig zeigt, dass er sein früheres Testament nicht mehr gelten lassen will. Ein typisches Beispiel ist, wenn er das alte Testament vernichtet, indem er es zum Beispiel zerreißt oder verbrennt. Auch das Aufsetzen eines neuen Testaments, das mit dem früheren Testament nicht vereinbar ist, führt oft automatisch zum Widerruf des älteren Testaments, auch wenn dies nicht ausdrücklich darin steht. Wenn das neue Testament frühere Verfügungen anders regelt, gelten die neuen Regelungen und die alten sind insoweit aufgehoben.

Welche Auswirkungen hat ein Widerruf?

Ein wirksamer Widerruf hat zur Folge, dass das widerrufene Testament oder die widerrufenen Teile davon unwirksam werden. Das bedeutet, dass die darin festgelegten Anordnungen, wie zum Beispiel, wer Erbe wird oder wer ein bestimmtes Vermächtnis erhält (z.B. ein bestimmter Geldbetrag oder Gegenstand), ihre rechtliche Wirkung verlieren.

Wird ein Testament vollständig widerrufen, ist es so, als hätte es nie existiert. Die Erbfolge richtet sich dann entweder nach einem eventuell vorhandenen noch gültigen älteren Testament (falls dieses nicht ebenfalls widerrufen wurde) oder, falls kein anderes gültiges Testament existiert, nach der gesetzlichen Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge bestimmt, wer Erbe wird, wenn kein wirksames Testament vorliegt – meist sind das die nächsten Verwandten.

Es ist also sehr wichtig, dass der Wille des Erblassers klar dokumentiert ist, insbesondere, wenn er frühere Verfügungen nicht mehr gelten lassen will. Ein späteres Testament, das frühere Anordnungen widerruft, ersetzt diese und wird zur Grundlage für die Vermögensverteilung nach dem Tod.


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Was ist der Unterschied zwischen einer Erbschaft und einem Vermächtnis und welche Auswirkungen hat das auf die Rechte der Beteiligten?

Wenn jemand stirbt und Vermögen hinterlässt, gibt es im deutschen Erbrecht zwei grundlegend unterschiedliche Wege, wie Personen bedacht werden können: als Erbe oder als Vermächtnisnehmer.

Was bedeutet Erbe sein?

Der Erbe (oder die Erben, wenn es mehrere sind) tritt als sogenannter Gesamtrechtsnachfolger in die Fußstapfen des Verstorbenen (des Erblassers). Das bedeutet, der Erbe übernimmt das gesamte Vermögen des Erblassers, aber auch alle seine Schulden und Pflichten. Der Übergang des Vermögens und der Schulden geschieht automatisch im Moment des Todes (§ 1922 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Wenn es mehrere Erben gibt, bilden diese eine Erbengemeinschaft und müssen den Nachlass gemeinsam verwalten und unter sich aufteilen. Der Erbe ist also direkt am gesamten Nachlass beteiligt und für ihn verantwortlich.

Was bedeutet Vermächtnisnehmer sein?

Der Vermächtnisnehmer erhält im Gegensatz zum Erben keinen Anteil am gesamten Nachlass. Er erhält stattdessen nur einen bestimmten Gegenstand (z.B. ein Schmuckstück, ein Auto, ein Grundstück) oder einen Geldbetrag, der ihm im Testament oder Erbvertrag zugewendet wurde (§ 2147 BGB). Der Vermächtnisnehmer wird nicht automatisch Eigentümer dieses Gegenstandes oder des Geldes im Moment des Todes. Er hat vielmehr nur einen Anspruch gegen den Erben (oder die Erbengemeinschaft) darauf, dass ihm dieser Gegenstand oder das Geld herausgegeben oder ausgezahlt wird (§ 2174 BGB).

Der entscheidende Unterschied und seine Auswirkungen

Der Hauptunterschied liegt also in der rechtlichen Stellung:

  • Der Erbe ist Gesamtrechtsnachfolger. Er tritt in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein, übernimmt Vermögen und Schulden und ist für die Abwicklung des Nachlasses zuständig. Bei mehreren Erben entsteht eine Erbengemeinschaft, die nur gemeinsam handeln kann.
  • Der Vermächtnisnehmer ist kein Gesamtrechtsnachfolger. Er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den oder die Erben auf Herausgabe des Vermächtnisses.

Für die Beteiligten hat das konkrete Auswirkungen:

  • Für den Erben: Er muss sich um den gesamten Nachlass kümmern, offene Rechnungen und Schulden bezahlen und die Vermächtnisse erfüllen. Er haftet auch für die Nachlassschulden (unter Umständen sogar mit seinem eigenen Vermögen, wobei es Möglichkeiten zur Haftungsbeschränkung gibt).
  • Für den Vermächtnisnehmer: Er hat das Recht, sein Vermächtnis vom Erben zu fordern. Er ist nicht an den Schulden des Erblassers beteiligt und muss sich auch nicht um die Verwaltung des Nachlasses kümmern. Er ist auch kein Mitglied einer eventuell bestehenden Erbengemeinschaft und hat somit kein Mitspracherecht bei Entscheidungen über den Nachlass als Ganzes. Sein Interesse beschränkt sich auf die Erfüllung seines Anspruchs auf den vermachten Gegenstand oder Geldbetrag.

Wenn also jemand im Testament eine bestimmte Sache, wie zum Beispiel eine Wohnung, erhalten soll, ohne gleichzeitig Erbe des gesamten Nachlasses zu werden, handelt es sich meist um ein Vermächtnis. Der Bedachte hat dann einen Anspruch auf Übertragung der Wohnung gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Berichtigung des Grundbuchs

Die Berichtigung des Grundbuchs ist eine gerichtliche Anordnung, mit der ein falscher Eintrag im Grundbuch korrigiert wird. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem Eigentumsverhältnisse an Grundstücken eingetragen sind und auf dessen Richtigkeit sich Dritte verlassen dürfen. Wenn sich aber im Nachhinein herausstellt, dass die eingetragene Person rechtlich nicht Eigentümer ist – beispielsweise weil frühere Übertragungen unwirksam waren –, ordnet das Gericht eine Berichtigung an, um den Eintrag richtigzustellen. So wird sichergestellt, dass das Grundbuch den tatsächlichen Eigentümer korrekt ausweist.

Beispiel: Wenn im Grundbuch steht, dass Frau Aigentümerin einer Wohnung ist, sie die Wohnung aber rechtlich gar nicht besitzt, kann das Gericht anordnen, den falschen Eintrag zu entfernen und stattdessen den wahren Eigentümer einzutragen.


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Gutgläubiger Erwerb (§ 892 BGB)

Der gutgläubige Erwerb ist ein rechtlicher Schutzmechanismus beim Eigentumserwerb an Immobilien, der es ermöglicht, Eigentum auch dann zu erwerben, wenn der Verkäufer gar nicht Berechtigter ist. Voraussetzung ist, dass der Käufer im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung im Grundbuch auf die Richtigkeit des Eintrags vertraute und weder wusste noch wissen musste, dass die Eintragung falsch ist. Dieses Vertrauen schützt den Rechtsverkehr und sorgt für Sicherheit bei Immobiliengeschäften. Ist der Erwerber jedoch im Bilde über die Unrichtigkeit des Grundbuchs, also nicht „gutgläubig“, schützt das Gesetz ihn nicht vor den Folgen.

Beispiel: Herr K kauft ein Haus von Frau V, die im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist. Wenn Herr K nichts von anderslautenden Umständen weiß, kann er auch dann rechtlich Eigentümer werden, wenn Frau V die Immobilie gar nicht verkaufen durfte.


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Testamentsvollstreckung

Die Testamentsvollstreckung ist ein vom Erblasser bestimmtes Verfahren, bei dem eine Person – der Testamentsvollstrecker – nach dem Tod des Erblassers den Nachlass verwaltet und den letzten Willen im Testament umsetzt. Der Testamentsvollstrecker hat die Pflicht, sorgfältig, neutral und treuhänderisch zu handeln, indem er etwa Vermögenswerte sichert, Schulden begleicht und testamentarische Anordnungen erfüllt. Er verwaltet also das Erbe für die Erben und sorgt für die gerechte Verteilung entsprechend dem Willen des Verstorbenen.

Beispiel: Hat ein Erblasser im Testament festgelegt, dass bestimmte Gegenstände an verschiedene Personen gehen sollen, sorgt der Testamentsvollstrecker dafür, dass diese Anordnungen umgesetzt werden, und verwaltet dabei das Nachlassvermögen.


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Unentgeltliche Verfügung (§ 2205 Satz 3 i.V.m. § 134 BGB)

Eine unentgeltliche Verfügung liegt vor, wenn Vermögen oder Rechte ohne angemessene Gegenleistung übertragen werden, also beispielsweise als Schenkung oder unentgeltliche Übertragung. Nach § 2205 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 134 BGB darf ein Testamentsvollstrecker solche unentgeltlichen Verfügungen nur vornehmen, wenn sie sittlich gerechtfertigt oder aus Rücksicht geboten sind. Ist das nicht der Fall, ist die Verfügung nichtig. Der Sinn dahinter ist, den Nachlass im Interesse aller Erben zu schützen und Missbrauch durch den Testamentsvollstrecker zu verhindern.

Beispiel: Der Testamentsvollstrecker überträgt ohne Gegenleistung einen Anteil des Nachlasses an seine eigenen Kinder, obwohl kein entsprechendes Vermächtnis oder eine Pflicht dazu besteht; dies ist unentgeltlich und ohne sittliche Rechtfertigung nicht erlaubt und somit unwirksam.


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Widerruf eines Vermächtnisses (§ 2254 BGB)

Der Widerruf eines Vermächtnisses bedeutet, dass der Erblasser mit einem späteren Testament oder durch klare ausdrückliche Erklärung eine frühere Vermächtnisanordnung aufhebt und für unwirksam erklärt. Dadurch verliert das zuvor eingeräumte Recht auf den Gegenstand oder Betrag seine Gültigkeit. Der Widerruf kann ausdrücklich im neuen Testament stehen oder sich aus dem Inhalt ergeben. Dies sichert dem Erblasser die Möglichkeit, seine letztwilligen Verfügungen jederzeit zu ändern.

Beispiel: Ein Erblasser setzt seinen Freund als Vermächtnisnehmer eines Autos ein, widerruft dieses Vermächtnis aber in einem späteren Testament, indem er festlegt, dass frühere Verfügungen aufgehoben werden. Das Auto gehört dann nicht mehr dem Freund.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1922 BGB (Erbfall): Mit dem Tod eines Menschen geht dessen Vermögen als Ganzes auf die Erben über. Diese Erbengemeinschaft tritt in die Rechtsstellung des Verstorbenen ein, bis das Erbe verteilt ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der hälftige Miteigentumsanteil des Stiefvaters ging im Zeitpunkt seines Todes auf die Erbengemeinschaft der drei Stiefkinder über, womit die Anwältin kein Alleineigentum erwerben konnte.
  • § 2205 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 134 BGB (Unentgelt Verfügungen des Testamentsvollstreckers): Unentgeltliche Verfügungen des Testamentsvollstreckers über Nachlassgegenstände sind nur dann wirksam, wenn sie einer sittlichen Pflicht oder Rücksichtnahme entsprechen; andernfalls sind sie wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die unentgeltliche Übertragung des Miteigentumsanteils an die eigenen Kinder der Anwältin war nicht durch ein Vermächtnis gedeckt und daher ohne Zustimmung der Erben unwirksam und nichtig.
  • § 2254 BGB (Widerruf von Vermächtnissen): Ein Vermächtnis kann durch eine ausdrückliche Widerrufsklausel in einem späteren Testament aufgehoben werden, sofern der Erblasser dies klar zum Ausdruck bringt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Testament von 2015 widerrief wirksam das Vermächtnis zugunsten der Stiefenkelkinder aus dem Testament von 2013, womit die Grundlage der Übertragung an die Kinder entfiel.
  • § 892 BGB (Gutgläubiger Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten): Eigentum an einem Grundstück kann durch Eintragung im Grundbuch bei fehlender positiver Kenntnis der Unrichtigkeit des Grundbuchs gutgläubig erworben werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die beklagte Anwältin konnte den Miteigentumsanteil von ihren Kindern nicht gutgläubig erwerben, da sie positive Kenntnis über die Unwirksamkeit der Übertragung und die Unrichtigkeit des Grundbuchs hatte.
  • § 2084 BGB (Testamentsauslegung): Bei der Auslegung eines Testaments sind Wille und Sinn des Erblassers anhand des gesamten Inhalts und der Umstände zu ermitteln. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte durch Testamentsauslegung fest, dass die Widerrufsklausel des Testaments von 2015 den bisherigen Verfügungen, insbesondere dem Vermächtnis, den Rang nahm, was die Übertragung an die Kinder entkräften sollte.
  • Grundbuchrecht (Grundbuchberichtigung): Das Grundbuch bildet die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse ab, bei Unrichtigkeiten kann eine Berichtigung durch gerichtliche Entscheidung erzwungen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Hamm ordnete die Berichtigung des Grundbuchs an, da die Eintragung der beklagten Anwältin als Alleineigentümerin auf einer unwirksamen Übertragung beruhte und somit unrichtig war.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Hamm – Az.: 10 U 91/23 – Urteil vom 02.07.2024


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