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Billigkeitsentscheidung gegenüber Erben eines Versorgungsberechtigten

Wenn eine Bundesbehörde versucht, Versorgungsbezüge rückwirkend einzubehalten, trifft sie dabei auf die Schranken der Billigkeit: Ein Gericht hat entschieden, dass der sorglose Umgang mit finanziellen Verhältnissen eines verstorbenen Beamten nicht ohne Folgen bleiben darf. Jahrzehntelange Zahlungsforderungen, die ohne rechtliche Grundlage aufgestellt wurden, müssen nun mit Augenmaß neu geregelt werden, um Gerechtigkeit und Fairness zu wahren. Die Entscheidung unterstreicht, dass sich auch Behörden an rechtliche Verfahren halten müssen, wenn es um existenzielle finanzielle Aspekte geht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
  • Datum: 18.12.2023
  • Aktenzeichen: 1 A 2097/21
  • Verfahrensart: Zulassungsverfahren zur Berufungszulassung
  • Rechtsbereiche: Verwaltungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • [Bundesanstalt für Post und Telekommunikation]: Als zuständige Behörde, die den ursprünglichen Bescheid erlassen und den Rückforderungsbetrag einbehalten hat; argumentierte, dass bei einer Aufrechnung trotzdem eine Billigkeitsentscheidung zur Gewährung von Ratenzahlung zu treffen sei.
    • [verstorbenen Kläger]: Betroffen durch den einbehaltenen Rückforderungsbetrag, der das monatliche Einkommen in erheblichem Maße überschritt und bei dem eine Billigkeitsentscheidung zugunsten einer Ratenzahlung erwartet wurde.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation auf, weil die darin getroffene Billigkeitsentscheidung nicht tragfähig war. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob bei Rückforderungsbeträgen – die das Einkommen des verstorbenen Klägers weit übersteigen – eine Ratenzahlung einzuräumen und eine Billigkeitsentscheidung zu treffen sei, selbst wenn der Betrag auf Grundlage eines später aufgehobenen, rechtswidrigen Bescheides einbehalten wurde.
    • Kern des Rechtsstreits: Ob im Rahmen der Aufrechnung und trotz eines zuvor aufrechten, jedoch rechtswidrigen Bescheides, eine Billigkeitsentscheidung zur Gewährung von Ratenzahlungen grundsätzlich erforderlich ist.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Der Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt; die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; der Streitwert wurde auf 7.086,72 Euro festgesetzt.
    • Begründung: Die Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 4 VwGO reichten nicht aus. Das Gericht stellte fest, dass eine Billigkeitsentscheidung – auch im Rahmen der Aufrechnung – erforderlich gewesen wäre, um unter den gegebenen Umständen eine Ratenzahlung zu gewähren, ungeachtet des bereits einbehaltenen Rückforderungsbetrags auf der Basis eines rechtswidrigen Bescheides.
    • Folgen: Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags bleibt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblich bestehen. Die Bundesanstalt trägt infolgedessen die Kosten des Verfahrens, wodurch der rechtliche Status quo gesichert ist.

Billigkeitsentscheidungen: Einblicke in die Herausforderung der Versorgungsurteile

Gerichte stehen vor der Herausforderung, Billigkeitsentscheidungen im Kontext der Versorgung von Angehörigen zu fällen. Dabei gilt es, gesetzliche Rahmenbedingungen mit individuellen Lebensumständen und familiären Bindungen in Einklang zu bringen.

Diese Balance zwischen Recht und menschlichem Ermessen ist essentiell, um gerechte Ergebnisse zu erzielen. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der interessante Einblicke in diesen komplexen Entscheidungsprozess bietet.

Der Fall vor Gericht


Bundesanstalt muss Rückforderung von Versorgungsbezügen neu regeln

Person in einem skandinavisch eingerichteten Wohnzimmer erhält unerwartet einen Brief zu rückwirkenden Rentenansprüchen.
Billigkeitsentscheidung bei Versorgungsbezügen | Symbolbild: Ideogram gen.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat die Beschwerde der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Die Behörde hatte einen verstorbenen Beamten zur Rückzahlung von Versorgungsbezügen verpflichtet, ohne eine angemessene Billigkeitsentscheidung zu treffen.

Mangelnde Rücksicht auf finanzielle Verhältnisse

Die Bundesanstalt hatte die überzahlten Versorgungsbezüge zunächst ohne Rechtsgrundlage einbehalten. Nach Aufhebung des ersten Bescheids erließ sie einen neuen Rückforderungsbescheid. Darin erkannte sie zwar an, dass die finanziellen Verhältnisse des Beamten nur eine Ratenzahlung zuließen. Dennoch rechnete sie die gesamte Forderung in Höhe von 7.086,72 Euro mit dessen Erstattungsanspruch auf.

Fehlerhafte Ermessensausübung bei der Aufrechnung

Das Verwaltungsgericht hob den Rückforderungsbescheid auf. Die Behörde hätte bei ihrer Billigkeitsentscheidung berücksichtigen müssen, dass der Rückforderungsbetrag das monatliche Einkommen des Beamten um ein Vielfaches überstieg. Eine Aufrechnung in voller Höhe war nicht mit den Anforderungen an eine Billigkeitsentscheidung vereinbar. Maximal hätte die Behörde mit der ersten Monatsrate aufrechnen dürfen.

Gericht weist Rechtfertigungsversuche zurück

Das Oberverwaltungsgericht folgte dieser Einschätzung. Die Behörde könne sich nicht darauf berufen, dass die Rückforderung durch vorherige Einbehaltung bereits erfolgt sei. Auch im Rahmen der Aufrechnung war eine Billigkeitsentscheidung erforderlich. Der Einwand der Behörde, die Entscheidung habe keine Auswirkungen mehr auf die Lebensumstände des inzwischen verstorbenen Beamten gehabt, ging ins Leere. Maßgeblich war die Situation zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids, als der Beamte noch lebte.

Behörde muss rechtswidrige Einbehaltung korrigieren

Das Gericht stellte klar: Die Behörde hatte jahrelang ohne Rechtsgrund Zahlungen einbehalten. Mit der Verweigerung der Erstattung und der vollständigen Aufrechnung habe sie diesen rechtswidrigen Zustand lediglich fortgeschrieben. Sie muss nun eine neue Billigkeitsentscheidung treffen, die den finanziellen Verhältnissen des verstorbenen Beamten angemessen Rechnung trägt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stärkt die Rechte von Bürgern bei Rückforderungen durch Behörden. Es macht deutlich, dass Behörden bei Geldrückforderungen eine angemessene Billigkeitsentscheidung treffen müssen, die die finanzielle Situation des Betroffenen berücksichtigt. Besonders wichtig ist die Feststellung, dass eine Behörde nicht einfach den gesamten Betrag einbehalten darf, wenn eine Ratenzahlung angemessen wäre – auch dann nicht, wenn sie das Geld bereits eingezogen hat.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn eine Behörde Geld von Ihnen zurückfordert, muss sie Ihre persönliche finanzielle Situation berücksichtigen und kann nicht einfach den gesamten Betrag auf einmal verlangen. Sie haben das Recht auf eine faire Ratenzahlungsvereinbarung, wenn die Rückzahlung des Gesamtbetrags Ihre monatlichen Einkommensverhältnisse übersteigt. Selbst wenn die Behörde bereits Geld einbehalten hat, können Sie sich dagegen wehren und eine nachträgliche Ratenzahlung einfordern. Die Behörde muss dabei transparent und nachvollziehbar begründen, warum sie eine bestimmte Zahlungsweise festlegt.

Benötigen Sie Hilfe?

Klare Perspektiven bei Rückforderungsfragen

In Fällen, in denen Rückforderungen von Versorgungsbezügen ohne angemessene Berücksichtigung der finanziellen Gegebenheiten erfolgen, können sich Unsicherheiten ergeben. Die Notwendigkeit einer sachlichen und fundierten Billigkeitsentscheidung rückt dabei schnell in den Fokus – ein Thema, das auch in Ihrem Fall von entscheidender Bedeutung sein könnte. Die Berücksichtigung Ihrer individuellen wirtschaftlichen Situation spielt hierbei eine zentrale Rolle.

Wir stehen Ihnen zur Seite, um Ihren Sachverhalt präzise zu prüfen und Ihnen einen fundierten Überblick über Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu verschaffen. Mit einer sorgfältigen Analyse unterstützen wir Sie dabei, die Komplexität solcher Rückforderungsfälle zu durchschauen und nachweislich zu einer sachgerechten Lösung beizutragen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist eine Billigkeitsentscheidung bei der Rückforderung von Versorgungsbezügen?

Eine Billigkeitsentscheidung ist eine zwingende Prüfung vor der Rückforderung von überzahlten Versorgungsbezügen, die den materiellen Bestand des Rückforderungsanspruchs festlegt. Sie bezweckt eine für beide Seiten tragbare Lösung, die alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt.

Rechtliche Grundlage und Bedeutung

Der Dienstherr muss gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG vor jeder Rückforderung eine Billigkeitsentscheidung treffen. Diese Entscheidung ist konstitutiv für das Entstehen der Rückforderung und muss zwingend vor oder spätestens mit dem Rückforderungsbescheid erfolgen.

Prüfungskriterien

Bei der Billigkeitsentscheidung werden insbesondere folgende Aspekte geprüft:

  • Die Verantwortung für die Überzahlung und mögliches Verschulden der Beteiligten
  • Die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Versorgungsempfängers
  • Die Auswirkungen der Rückforderung auf die Lebensumstände des Betroffenen und seiner Familie
  • Das Alter und die finanzielle Leistungsfähigkeit des Versorgungsberechtigten

Mögliche Ergebnisse

Die Billigkeitsentscheidung kann zu verschiedenen Ergebnissen führen:

  • Vollständiger oder teilweiser Verzicht auf die Rückforderung
  • Einräumung von Zahlungserleichterungen wie Ratenzahlungen oder Stundung
  • Bei längerfristigen Überzahlungen wird häufig eine Ratenzahlung über einen Zeitraum gewährt, der dem Überzahlungszeitraum entspricht

Wenn kein überwiegendes behördliches Mitverschulden vorliegt, genügt in der Regel die Einräumung angemessener Ratenzahlungsmöglichkeiten. Die Billigkeitsentscheidung muss sich dabei an den aktuellen Verhältnissen zum Zeitpunkt der Rückforderung orientieren.


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Welche Grenzen gelten für Behörden bei der Aufrechnung von Rückforderungen?

Bei der Aufrechnung von Rückforderungen müssen Behörden strenge gesetzliche Grenzen einhalten, die dem Schutz des Existenzminimums dienen. Die maximale Aufrechnungshöhe beträgt grundsätzlich 10% des maßgebenden Regelbedarfs.

Höhe der Aufrechnung

Bei regulären Erstattungsansprüchen, etwa nach vorläufiger Leistungsgewährung, ist die Aufrechnung auf 10% des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Eine erhöhte Aufrechnungsmöglichkeit von 30% des Regelbedarfs besteht nur bei vorwerfbarem Verhalten der leistungsberechtigten Person.

Aufrechnungshöchstgrenze

Die absolute Obergrenze für alle Aufrechnungen zusammen liegt bei 30% des maßgebenden Regelbedarfs. Wenn mehrere Aufrechnungen zusammentreffen, müssen diese entsprechend angepasst werden. Besteht beispielsweise bereits eine Aufrechnung von 10%, kann eine weitere Forderung nur noch mit maximal 20% aufgerechnet werden.

Ermessensentscheidung und Billigkeitserwägungen

Die Behörde muss vor jeder Aufrechnung eine Ermessensentscheidung treffen. Diese Entscheidung ist in den Leistungsakten zu dokumentieren. Bei der Billigkeitsprüfung ist zu berücksichtigen, in wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung fällt.

Verfahrensanforderungen

Für eine rechtmäßige Aufrechnung muss die Behörde einen gesonderten Aufrechnungsbescheid erlassen. Bei wiederkehrenden Überzahlungen über einen längeren Zeitraum ist es in der Regel geboten, Ratenzahlungen über einen Zeitraum einzuräumen, der dem Überzahlungszeitraum entspricht.

Die Höhe der Aufrechnung selbst ist gesetzlich festgelegt und beinhaltet keine Ermessensentscheidung. Die Behörde muss jedoch die finanziellen Verhältnisse des Schuldners berücksichtigen.


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Welche Rolle spielt das monatliche Einkommen bei der Rückforderung von Versorgungsbezügen?

Das monatliche Einkommen ist ein zentrales Kriterium bei der Billigkeitsprüfung für die Rückforderung von Versorgungsbezügen. Bei der Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge werden Ihre wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse umfassend berücksichtigt.

Einfluss auf die Ratenzahlung

Die häufigste Form der Billigkeitsmaßnahme ist die Einräumung von Ratenzahlungen, deren Höhe sich nach Ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit richtet. Wenn Sie über einen längeren Zeitraum Überzahlungen erhalten haben, wird in der Regel ein Ratenzahlungszeitraum eingeräumt, der dem Überzahlungszeitraum entspricht.

Bestimmung der Ratenhöhe

Die Behörde berücksichtigt bei der Festsetzung der Ratenhöhe:

  • Ihre aktuellen Bruttobezüge
  • Ihren Familienstand
  • Ihre Wohnsituation

Die Rückzahlungsraten müssen dabei nicht auf den pfändbaren Teil der Versorgungsbezüge beschränkt werden. Wenn sich Ihre wirtschaftliche Situation später ändert, hat dies keinen automatischen Einfluss auf die festgesetzte Ratenhöhe.

Antragstellung

Wenn Ihre wirtschaftliche Situation den Ausgleich der Forderung in einem Betrag nicht zulässt, können Sie eine Ratenzahlung beantragen. Die Behörde muss die konkreten Festlegungen zur Ratenzahlung direkt im Bescheid treffen – eine bloße Zusage, später Ratenzahlungen zu vereinbaren, ist nicht ausreichend.


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Welche Rechtsmittel haben Betroffene gegen fehlerhafte Rückforderungsbescheide?

Gegen fehlerhafte Rückforderungsbescheide stehen zwei zentrale Rechtsmittel zur Verfügung, deren Wahl vom jeweiligen Bundesland abhängt.

Widerspruchsverfahren

In Bundesländern wie Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Rückforderungsbescheids schriftlich eingelegt werden. Ein Bescheid gilt bei Postzustellung im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe bei der Post als zugegangen.

Der Widerspruch muss handschriftlich unterschrieben sein und kann schriftlich, zur Niederschrift oder auf elektronischem Weg eingelegt werden. Ein wichtiger Vorteil des Widerspruchs ist die aufschiebende Wirkung – während des laufenden Verfahrens muss keine Rückzahlung geleistet werden.

Verwaltungsklage

In Bundesländern wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, die das Widerspruchsverfahren abgeschafft haben, ist die Verwaltungsklage das einzig mögliche Rechtsmittel. Hier muss innerhalb eines Monats nach Bescheidzugang direkt Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden.

Erfolgsaussichten

Die Gerichte prüfen Rückforderungsbescheide kritisch. So hat beispielsweise das Verwaltungsgericht Freiburg in mehreren Verfahren die Rückforderungsbescheide aufgehoben. Die Erfolgsaussichten sind besonders gut bei:

  • Unklarer Rechtslage: Gerichte haben bereits in vielen Fällen Rückforderungen für unwirksam erklärt
  • Verfahrensfehlern: Wenn Bescheide fehlerhaft oder unzureichend begründet sind
  • Einzelfallprüfung: Wenn die Rückzahlung im konkreten Fall nicht berechtigt ist

Welches Rechtsmittel im konkreten Fall einzulegen ist, ergibt sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung des Rückforderungsbescheids.


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Wie wirkt sich der Tod des Versorgungsempfängers auf laufende Rückforderungsverfahren aus?

Der Tod eines Versorgungsempfängers führt nicht zur Beendigung eines laufenden Rückforderungsverfahrens. Die Erben treten automatisch in die rechtliche Position des Verstorbenen ein und müssen das Verfahren fortführen.

Rechtliche Folgen für Geldinstitute

Geldleistungen, die nach dem Tod auf das Konto des Verstorbenen überwiesen wurden, gelten als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut muss diese Beträge an die überweisende Stelle zurücküberweisen, wenn sie als zu Unrecht erbracht zurückgefordert werden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn über den Betrag bereits anderweitig verfügt wurde und keine Rücküberweisung aus einem vorhandenen Guthaben möglich ist.

Pflichten der Erben

Die Erben sind verpflichtet:

  • Überzahlte Beträge zu erstatten, sofern diese nicht vom Geldinstitut zurücküberwiesen werden können
  • Laufende Rückforderungsverfahren fortzuführen und eventuell erforderliche Schlussabrechnungen einzureichen

Billigkeitsentscheidungen im Erbfall

Bei der Rückforderung von überzahlten Versorgungsbezügen ist auch im Erbfall eine Billigkeitsentscheidung zu treffen. Die Behörde muss dabei die Leistungsfähigkeit und die Lebensverhältnisse der zur Erstattung verpflichteten Erben berücksichtigen. In der Regel ist die Einräumung angemessener Ratenzahlungsmöglichkeiten ausreichend, wenn kein überwiegendes behördliches Mitverschulden für die Überzahlung vorliegt.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Billigkeitsentscheidung

Eine rechtliche Entscheidung, die neben den gesetzlichen Vorschriften auch die persönlichen und wirtschaftlichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, um zu einer gerechten und angemessenen Lösung zu kommen. Sie basiert auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und wird insbesondere im Verwaltungsrecht angewendet. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 242 BGB (Treu und Glauben).

Beispiel: Eine Behörde muss bei der Rückforderung von Zahlungen die finanzielle Situation des Betroffenen berücksichtigen und ggf. Ratenzahlungen ermöglichen, statt die gesamte Summe sofort zu verlangen.


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Versorgungsbezüge

Regelmäßige finanzielle Leistungen, die Beamte nach ihrer Pensionierung oder ihre Hinterbliebenen erhalten. Sie sind im Beamtenversorgungsgesetz geregelt und dienen der Absicherung im Ruhestand. Anders als die gesetzliche Rente werden sie direkt aus dem Staatshaushalt gezahlt.

Beispiel: Ein pensionierter Beamter erhält monatliche Versorgungsbezüge in Höhe von 70% seiner letzten Besoldung.


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Aufrechnung

Ein rechtliches Instrument nach §§ 387 ff. BGB, bei dem gegenseitige Forderungen gegeneinander verrechnet werden können. Im öffentlichen Recht gelten dabei besondere Einschränkungen zum Schutz des Bürgers. Die Aufrechnung muss verhältnismäßig sein und darf den Betroffenen nicht unangemessen belasten.

Beispiel: Eine Behörde verrechnet eine Rückforderung mit laufenden Zahlungsansprüchen des Bürgers.


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Ermessensausübung

Die Befugnis einer Behörde, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten zu wählen. Diese Entscheidung muss nach § 40 VwVfG pflichtgemäß, das heißt sachgerecht und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände erfolgen. Ermessensfehler können zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen.

Beispiel: Bei der Festlegung von Ratenzahlungen muss die Behörde die individuelle finanzielle Situation des Betroffenen berücksichtigen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) §124a Abs. 4 und 5: Diese Vorschrift regelt die Zulassung der Berufung im Verwaltungsrecht. Sie legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Berufung gegen einen Verwaltungsentscheid zugelassen wird, insbesondere wenn bestimmte Zulassungsgründe innerhalb der Begründungsfrist dargelegt werden. Im vorliegenden Fall wurde die Zulassung der Berufung der Beklagten abgelehnt, da die geforderten Zulassungsgründe gemäß §124a VwGO nicht hinreichend dargelegt wurden.
  • Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) §52 Abs. 2 Satz 3: Diese Bestimmung befasst sich mit Billigkeitsentscheidungen bei der Besoldung und Versorgung von Beamten. Sie erlaubt es Behörden, unter bestimmten Umständen von der Einhaltung strikter Vorschriften abzuweichen, um eine gerechte Lösung zu finden. In dem vorliegenden Fall wurde die ursprüngliche Entscheidung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation aufgrund mangelnder Tragfähigkeit der Billigkeitsentscheidung nach §52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG aufgehoben.
  • Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) §124 Abs. 2 Nr. 1 und 4: Diese Paragraphen spezifizieren die Zulassungsgründe für die Berufung, wie beispielsweise erhebliche rechtliche Belange oder die grundsätzliche Bedeutung des Falles. Die Beklagte stützte ihren Antrag auf Zulassung der Berufung auf diese Gründe, jedoch wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen hierfür nicht ausreichend erfüllt waren, was zur Ablehnung des Antrags führte.
  • Rechtswidrigkeit der Rückforderung: Das Gericht urteilte, dass die Rückforderung der Beklagten rechtswidrig war, da der ursprüngliche Bescheid, auf dem die Rückforderung basierte, aufgehoben wurde. Ohne eine gültige rechtliche Grundlage darf die Behörde keine Gelder einbehalten, was in diesem Fall zu einer Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung führte.
  • Billigkeitsentscheidung und Ratenzahlung: Das Gericht betonte, dass die Behörde bei der Rückforderung von Geldern, die das Einkommen des Betroffenen übersteigen, eine Billigkeitsentscheidung treffen muss. Dies hätte durch die Gewährung einer Ratenzahlung erfolgen können, was jedoch von der Beklagten unterlassen wurde. Die fehlende Anpassung an die finanziellen Verhältnisse des Klägers führte zur Feststellung, dass die Rückforderung nicht den Anforderungen an eine Billigkeitsentscheidung entsprach.

Das vorliegende Urteil


Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen – Az.: 1 A 2097/21 – Beschluss vom 18.12.2023


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