Digitales Erbe: Was es damit auf sich hat und warum es wichtig ist sich schon jetzt darum zu kümmern.
Die Welt ist heutzutage weitestgehend digital geworden, was natürlich Auswirkungen auf nahezu alle Bereiche des Lebens hat. Unzählige Menschen in der Bundesrepublik Deutschland betätigen sich weitestgehend im Internet oder am Computer und schaffen auf diese Weise vollständig digitale Werke, die dann natürlich im Eigentum des Urhebers stehen. Rechte sowie auch Inhaberschaften können heutzutage schon vollständig digital verwaltet werden, was natürlich zu Lebzeiten einer Person absolut kein Problem darstellt. Problematisch wird es jedoch dann, wenn der Rechteinhaber bzw. Urheber eines digitalen Werkes verstirbt. Der Umgang mit dem digitalen Erbe gehört in Deutschland noch zu dem viel berühmten Neuland, doch sollten sich Urheber sowie auch Rechteinhaber bereits frühzeitig darüber Gedanken machen.
Wer sich frühzeitig um den digitalen Besitz auch unter dem Gesichtspunkt des Nachlasses kümmert, der erleichtert den potenziellen Erben damit das Leben. Es ist durchaus denkbar, dass die Erben im Hinblick auf die Art und den Umfang des digitalen Nachlasses sehr schnell sehr stark überfordert sind.
Bedauerlicherweise ist der richtige Umgang mit dem digitalen Nachlass alles Andere als simpel. Dies rührt daher, dass es derzeitig noch keine einheitliche Grundregelung diesbezüglich gibt. Bei digitalen Werken, die über eine Plattform verwaltet werden, müssen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters durchforstet werden. Einen Account zu löschen ist zwar nicht sonderlich schwierig, doch muss der digitale Nachlass auch erst einmal gesichert werden. Der Support des Anbieters kann hierbei wertvolle Hilfsdienste leisten, was allerdings ein Stück weit Bereitschaft des Anbieters voraussetzt. Diese Bereitschaft ist bedauerlicherweise nicht immer gegeben.
Der größte Anbieter namens „Google“ hat diesbezüglich eine gute Regelung. Der Inhaber der digitalen Rechte kann zu Lebzeiten anderen Personen mittels „Inactive Accoung Manager“ einen Zugriff auf das Konto gewähren, falls dieses für einen längeren Zeitraum nicht genutzt wird und dementsprechend inaktiv ist. Dies gilt nicht nur für den Todesfall des Rechteinhabers bzw. Kontoinhabers. Über die Einstellungen lässt sich auch regeln, dass das Konto im Fall einer längeren Inaktivität automatisch gelöscht wird. Bei den sozialen Netzwerken wie Twitter & Co. braucht der Kontoinhaber diesbezüglich einen Nachlassverwalter oder ein Familienmitglied, welches mit den entsprechenden Dokumenten wie beispielsweise das notariell beglaubigte Testament oder die Sterbeurkunde, um das Konto löschen zu können. Die betreffende Person muss sich zusätzlich dazu gegenüber dem Anbieter noch mit gültigen Ausweispapieren legitimieren und eine Löschung beantragen. Zunächst wird dann das Konto des Verstorbenen erst einmal für einen Zeitraum von drei Monaten unsichtbar, bevor es endgültig gelöscht wird.
Bei großen Maildiensten wie Gmx können Angehörige von Verstorbenen gegen die Vorlage des Erbscheins einen Zugriff auf das Mailkonto des Verstorbenen erhalten und dieses dann löschen. Ein Weiterbetrieb des Mailaccounts ist ebenfalls möglich.
Die Nachlassverwaltung aus Sicht des Erblassers
Wer zu Lebzeiten ein enorm hohes Maß an digitalen Werken geschaffen hat sollte dies in dem Testament auch berücksichtigen. Neben den herkömmlichen Erbdingen wie Wertgegenständen und Immobilien sowie Bargeld sollte auch ein entsprechender Passus im Zusammenhang mit den digitalen Werken in dem Testament enthalten sein. Dies sorgt letztlich dafür, dass die Erben im Zusammenhang mit dem digitalen Nachlass nicht böse Überraschungen erleben und eine entsprechende Handlungsfähigkeit haben. Mitunter gibt es auch Verträge, die auch nach dem Tod des Erblassers noch eingehalten werden müssen. Bezüglich der jeweiligen Konten bei den verschiedenen Anbietern sollte ein kleines Büchlein mit den Zugangsdaten dem Testament beigefügt werden, sodass der Zugriff auf diese Konten schnell und unkompliziert erfolgen kann. Überdies kann ein Erblasser auch testamentarisch bestimmen, wie mit dem digitalen Nachlass umgegangen werden soll. Wer als Erblasser unbedingt möchte, dass das eigene Facebook-Konto auch nach dem Tode weitergeführt wird, der kann dies in dem Testament zu Lebzeiten bereits frühzeitig festlegen.
Das kleine Büchlein mit den Zugangsdaten kann auch bequem in einem Schließfach bei der Bank hinterlegt werden. Es muss sich dabei mitnichten um ein Buch in Papierform handeln, da auch USB-Sticks sowie Passwort-Manager-Programme diesbezüglich sehr gute Dienste leisten können.
Selbstverständlich ist es jedoch auch möglich, den Notar mit der Aufbewahrung der eigenen Zugangsdaten zu beauftragen. Ein Notar hat, so wie ein Rechtsanwalt auch, die berufliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit. Die gängigsten Rechtsanwälte sowie auch Notare berechnen diese Tätigkeit jedoch separat.
Die digitale Nachlassverwaltung aus Sicht des Erben
Auch aus der Sicht des Erben ist die Nachlassverwaltung eine enorm wichtige Aufgabe. Dies betrifft sowohl den materiellen Besitz des Erblassers als auch den digitalen Nachlass. Sollte ein Mensch versterben, so erfolgt ein Übergang der Pflichten und Rechte des Verstorbenen auf den Erbnehmer. Dies betrifft natürlich auch sämtliche Verträge, die der Erblasser zu Lebzeiten abgeschlossen hat. Diese Verträge müssen, bis sie gekündigt wurden, weiter bezahlt werden. Auch Einkäufe im Internet, die von dem Erblasser noch nicht bezahlt wurden, müssen gezahlt werden. Unabhängig davon, welche Verträge abgeschlossen wurden, besteht die rechtliche Verpflichtung auch weiterhin. Dies gilt sowohl für
- Abos bei Internetseiten
- Mitgliedschaften bei Internetanbietern
als auch für gebuchte Reisen oder sonstige Dienstleistungen. Sollte der Erblasser bei diversen Anbietern über ein Guthaben verfügen, so fällt dieses Guthaben selbstverständlich in die Erbmasse und der Erbnehmer hat einen Anspruch auf die Auszahlung. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist es enorm wichtig, dass der Erblasser zu Lebzeiten eine übersichtliche Aufstellung des gesamten Umfangs seiner digitalen Tätigkeiten aufführt und den Erben auf diese Weise eine mühselige Suche nach den entsprechenden Daten erspart.
Der Umfang des digitalen Erbes
Wenn es zu einem Erbfall kommt stellen sich grade im Zusammenhang mit dem digitalen Erbe viele Erbnehmer die Frage, über welchen Umfang sich das digitale Erbe überhaupt erstreckt. Im Grunde genommen kann diese Frage relativ simpel geklärt werden, da
- Daten in digitaler Form auf Speicherträgern oder Computern sowie Speicherkarten
- Internetdomains und Webseiten
- iTunes sowie E-Books
automatisch in die Erbmasse einfließen und somit auch in den Besitz des Erbnehmers übergehen. Dementsprechend haben die Erbnehmer auch das Recht, die Daten einzusehen und auszuwerten sowie im Hinblick auf die zukünftige Verwendung der Daten Entscheidungen zu treffen. Internetdomains und Webseiten sind für gewöhnlich an Verträge geknüpft, die von dem Erbnehmer übernommen werden.
Bei ITunes sowie E-Books gibt es diesbezüglich jedoch Sonderregelungen. Es kommt hier auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. die Nutzungsbedingungen des Anbieters an, da für gewöhnlich nur die reine Leselizenz erworben wird. Es ist dementsprechend wichtig, dass der Erbnehmer einen Zugriff auf das jeweilige Konto erhält. ITunes sowie E-Books können nicht vererbt werden.
Im Hinblick auf digitale Fotos gibt es ebenfalls Sonderregelungen. Das Recht an dem eigenen Bild, welches der Erblasser zu Lebzeiten innehatte, hat eine Geltungsdauer von zehn Jahren. Für diese zehn Jahre geht der Besitz auf den Erbnehmer über. Sollte der Erblasser ein Urheberrecht an geschossenen Fotos haben, so geht dieses Urheberrecht ebenfalls auf den Erbnehmer über. Dieses Urheberrecht hat eine Gültigkeit von siebzig Jahren über den Tod des Urhebers hinaus.
Für Erbnehmer ist das digitale Erbe zumeist nicht mit einem kommerziellen oder wirtschaftlichen Wert verbunden. Es ist vielmehr eine Erinnerung an den geliebten Verstorbenen und soll dementsprechend auch in Ehren gehalten werden. Es kann jedoch durchaus vorkommen, dass dieses digitale Erbe sehr wohl einen wirtschaftlichen Wert darstellt, sodass es aus diesen Gründen von dem Erbnehmer weitergeführt werden soll. Vielleicht plant der Erbnehmer auch eine Veräußerung des digitalen Nachlasses und muss aus diesen Gründen Zugriff darauf erhalten. Wenn dies dem Willen des Erblassers entspricht ist eine frühzeitige Vorsorge in Form eines angepassten Testaments immens wichtig.
Es ist bedauerlicherweise in der gängigen Praxis nicht immer einfach, den digitalen Nachlass eines Verstorbenen zu regeln. Insbesondere dann, wenn kein Testament vorhanden ist, stellen sich viele Anbieter im Internet im Zusammenhang mit dem Zugriff auf Konten etc. quer. Die Begründung ist zumeist bei allen Anbietern die gleiche und Verständnis für die Situation des Erbnehmers besteht in den seltensten Fällen. Wenn Sie kürzlich einen geliebten Menschen verloren haben und Sie den Verdacht haben, dass es ein digitales Erbe gibt, sollten Sie sich auf jeden Fall einen Fachanwalt für Erbrecht nehmen und dort eine Beratung in Anspruch nehmen. Wir als erfahrene Rechtsanwaltskanzlei haben diesbezüglich ein sehr engagiertes und kompetentes Team, welches sehr gern für Sie zur Verfügung steht. Kontaktieren Sie uns einfach und wir übernehmen die Wahrnehmung Ihrer Interessen.