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Durchgerissenes Testament steht gesetzlicher Erbfolge nicht entgegen

Ein zerrissenes Dokument in einem Bankschließfach wirbelte die scheinbar geklärte Erbschaft eines Mannes völlig durcheinander. Es war sein handschriftliches Testament, sauber in der Mitte geteilt. Galt dieser letzte Wille überhaupt noch, oder hatte der Erblasser ihn damit absichtlich widerrufen? Diese ungewöhnliche Frage führte zu einem erbitterten Rechtsstreit und forderte ein Gericht heraus.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 21 W 26/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Frankfurt
  • Datum: 29.04.2025
  • Aktenzeichen: 21 W 26/25
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der beste Freund des Erblassers und testamentarisch Begünstigte, der die Einziehung des ursprünglich erteilten Erbscheins beantragte.
  • Beklagte: Die Ehefrau und die Mutter des Erblassers, die nach der gesetzlichen Erbfolge als Erbinnen eingesetzt waren und deren Erbschein verteidigt wurde.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nach dem Tod des Erblassers wurde zunächst kein Testament gefunden, weshalb die Gesetzliche Erbfolge angenommen wurde. Später wurde ein handschriftliches Testament in einem Bankschließfach entdeckt, das den besten Freund des Erblassers als Alleinerben einsetzte, aber längs in der Mitte zerrissen war.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale juristische Frage war, ob das vom Erblasser handschriftlich verfasste und später zerrissen aufgefundene Testament wirksam widerrufen wurde und somit die gesetzliche Erbfolge gilt, oder ob der im Testament benannte Erbe Anspruch auf das Erbe hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde des testamentarisch Begünstigten gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts wurde zurückgewiesen. Damit bleibt der ursprüngliche Erbschein, der die gesetzlichen Erbinnen ausweist, gültig.
  • Begründung: Das Gericht befand, dass das Testament durch das Zerreißen wirksam vom Erblasser widerrufen wurde. Da sich das Testament im ausschließlichen Gewahrsam des Erblassers befand, wird die Absicht zur Aufhebung gesetzlich vermutet. Die Argumente des Begünstigten konnten diese Vermutung nicht widerlegen.
  • Folgen: Die gesetzliche Erbfolge bleibt maßgeblich. Der Beschwerdeführer muss die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Gegenseite tragen.

Der Fall vor Gericht


Ein zerrissenes Testament im Bankschließfach: Gilt der letzte Wille trotzdem?

Jeder weiß, dass ein Testament eine sehr wichtige Angelegenheit ist. Es regelt, wer nach dem eigenen Tod das Vermögen erhalten soll. Doch was passiert, wenn ein solches Dokument Jahre später auftaucht, aber in der Mitte durchgerissen ist? Ist es dann noch gültig? Oder hat der Verstorbene seinen Willen damit geändert? Genau diese Fragen musste ein Gericht klären, als in einem Bankschließfach ein zerrissenes Testament gefunden wurde und ein Streit zwischen den möglichen Erben ausbrach.

Der überraschende Fund nach dem Tod

Zwei Personen betrachten ein zerrissenes Testament im Bankschließfach, Symbol für Erbschaft und Recht.
Zerrissenes Testament im Bankschließfach: Überraschung und rechtliche Unsicherheiten bei Betroffenen. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Nachdem ein Mann verstarb, schien die Lage zunächst klar. Er hinterließ keine Kinder, aber eine Ehefrau und seine Mutter. Ein Testament wurde nicht gefunden. In einem solchen Fall greift die gesetzliche Erbfolge. Das ist eine im Gesetz festgelegte Regelung, die genau vorschreibt, wer erbt, wenn kein letzter Wille existiert. Die Verwandtschaftsverhältnisse bestimmen dabei die Anteile. Basierend auf dieser Regel beantragte die Ehefrau einen Erbschein. Ein Erbschein ist ein offizielles Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und quasi als „Ausweis“ für die Erben dient. Er bestätigt, wer erbberechtigt ist und zu welchen Teilen. Das Gericht stellte diesen Erbschein auch aus: Die Ehefrau wurde als Erbin zu drei Vierteln und die Mutter des Verstorbenen als Erbin zu einem Viertel bestätigt.

Einige Wochen später kam es jedoch zu einer unerwarteten Wendung. Die Ehefrau und der rechtliche Betreuer der Mutter öffneten gemeinsam das Bankschließfach des Verstorbenen. Dort fanden sie ein handschriftliches Testament, das der Mann bereits viele Jahre zuvor, im Jahr 2011, verfasst hatte. Der Inhalt war eine große Überraschung: Darin hatte er seinen gesamten Besitz einem guten Freund vermacht. Seine damalige Ehefrau, von der er später geschieden wurde, hatte er ausdrücklich enterbt. Das entscheidende Detail war jedoch der Zustand des Dokuments: Es war sauber in der Mitte durchgerissen.

Ein alter Freund als Alleinerbe?

Mit diesem Fund änderte sich alles. Plötzlich gab es zwei völlig widersprüchliche Szenarien. Nach dem Erbschein waren die Ehefrau und die Mutter die Erbinnen. Nach dem aufgetauchten Testament sollte aber der gute Freund alles bekommen. Dieser Freund, nennen wir ihn Herr M., meldete sich umgehend beim Gericht. Er erklärte, der Verstorbene habe ihm schon vor Jahren erzählt, dass er ihn in seinem Testament bedacht habe. Nie habe sein Freund davon gesprochen, dieses Testament ändern oder aufheben zu wollen.

Herr M. argumentierte, dass der Verstorbene das Testament doch einfach komplett vernichtet hätte, wenn es nicht mehr gelten sollte. Warum sollte er ein zerrissenes Dokument jahrelang in einem teuren Bankschließfach aufbewahren? Für ihn war klar: Das Testament musste weiterhin gültig sein und der bereits ausgestellte Erbschein sei daher falsch und müsse eingezogen werden. Ein Einzug des Erbscheins bedeutet, dass das Gericht das Dokument für ungültig erklärt und zurückfordert, weil es sich als fehlerhaft herausgestellt hat.

Der Streit um die Bedeutung des Risses

Die Ehefrau und der Betreuer der Mutter sahen das naturgemäß anders. Sie wiesen das Gericht darauf hin, dass sich das Leben des Verstorbenen seit der Erstellung des Testaments im Jahr 2011 grundlegend verändert hatte. Damals war er noch mit seiner ersten Frau verheiratet gewesen. Seine jetzige Ehefrau kannte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal. Die beiden waren seit über neun Jahren verheiratet, während der Kontakt zu dem Freund Herrn M. nur noch selten stattfand.

Ihr wichtigstes Argument war jedoch ein anderes: Die Bank bestätigte, dass ausschließlich der Verstorbene selbst Zugang zu dem Schließfach hatte. Niemand sonst besaß einen Schlüssel oder eine Vollmacht. Daraus zogen sie den logischen Schluss: Wenn das Testament zerrissen ist und nur der Verstorbene darauf zugreifen konnte, dann muss er es auch selbst zerrissen haben.

Die Kernfrage für das Gericht: Ein gültiger Widerruf?

Das Nachlassgericht, die erste zuständige Instanz, lehnte den Antrag von Herrn M. ab. Es war der Meinung, das Testament sei zwar ursprünglich gültig gewesen, aber durch das Zerreißen wirksam widerrufen worden. Herr M. gab sich damit nicht zufrieden und legte Beschwerde ein. Eine Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem man die Entscheidung eines Gerichts von der nächsthöheren Instanz überprüfen lassen kann. So landete der Fall beim Oberlandesgericht Frankfurt.

Was musste das Gericht also klären? Die zentrale Frage lautete: Hat der Verstorbene durch das Zerreißen des Papiers sein Testament wirksam widerrufen? Im Gesetz, genauer im § 2255 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), ist geregelt, wie man ein Testament widerrufen kann. Man kann ein neues Testament schreiben, das das alte aufhebt. Man kann es aber auch widerrufen, indem man die Urkunde vernichtet oder so verändert, dass klar erkennbar ist, dass es nicht mehr gelten soll. Das Zerreißen eines Dokuments ist eine solche typische Veränderung. Entscheidend ist aber nicht nur die Handlung selbst, sondern auch die Absicht dahinter. Der Erblasser muss die Absicht gehabt haben, sein Testament aufzuheben (juristisch: Widerrufsabsicht).

Aber wie kann ein Gericht Jahre später wissen, was jemand, der bereits verstorben ist, wirklich beabsichtigt hat?

Die Entscheidung: Das Testament ist ungültig

Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde von Herrn M. zurück. Es bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz: Der Erbschein, der die Ehefrau und die Mutter als Erbinnen ausweist, ist korrekt. Das zerrissene Testament ist ungültig. Herr M. ist nicht Erbe geworden und muss zudem die Kosten des Verfahrens tragen.

Warum das Zerreißen als Widerruf zählt

Das Gericht begründete seine Entscheidung sehr sorgfältig in mehreren Schritten. Um das zu verstehen, muss man der juristischen Logik folgen.

Schritt 1: Ist das Zerreißen eine „Vernichtung“?

Zuerst stellte das Gericht fest, dass das mittige Zerreißen eines Testaments rechtlich als „Vernichtung“ gilt. Es muss nicht zu Asche verbrannt oder in winzige Schnipsel zerrissen werden. Ein klarer Riss, der das Dokument in zwei Teile trennt, genügt. Die vage Vermutung von Herrn M., das Papier könnte vielleicht durch eine scharfe Kante im Schließfach versehentlich zerschnitten worden sein, wies das Gericht als Spekulation „ins Blaue hinein“ zurück. Es gab dafür keinerlei Anhaltspunkte, und die Risskanten sahen nicht nach einem sauberen Schnitt aus. Das Gericht muss nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zwar den Sachverhalt von sich aus aufklären, aber es muss nicht jeder denkbaren, rein theoretischen Möglichkeit nachgehen, für die es keine Beweise gibt.

Schritt 2: Wer hat das Testament zerrissen?

Anschließend prüfte das Gericht, wer für den Riss verantwortlich war. Hier war die Beweislage eindeutig. Die Besucherkartei der Bank belegte lückenlos, dass seit der Anmietung des Schließfachs bis zu seinem Tod nur eine einzige Person Zugang hatte: der Erblasser selbst. Selbst Herr M. hatte dies anfangs zugegeben. Seine spätere Behauptung, die Ehefrau hätte sich vielleicht irgendwie Zutritt verschaffen können, hielt das Gericht für abwegig. Für die Überzeugung des Gerichts reicht ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit. Und diese Gewissheit war hier gegeben: Der Erblasser musste es selbst gewesen sein.

Schritt 3: Die entscheidende Vermutung des Gesetzes

Nun kommt der wichtigste Punkt: die Absicht. Weil es oft unmöglich ist, die genaue Absicht eines Verstorbenen zu beweisen, hilft das Gesetz mit einer Vermutungsregel. Der § 2255 Satz 2 BGB besagt: Wenn feststeht, dass der Erblasser selbst sein Testament zerstört hat, dann wird gesetzlich vermutet, dass er auch die Absicht hatte, es zu widerrufen.

Das ist vergleichbar mit einer Alltagssituation: Wenn Sie einen unterschriebenen Vertrag, den Sie allein verwahren, zerreißen, wird jeder davon ausgehen, dass Sie diesen Vertrag nicht mehr gelten lassen wollten. Die Beweislast kehrt sich nun um. Nicht die Ehefrau und die Mutter mussten beweisen, dass der Verstorbene das Testament widerrufen wollte. Stattdessen hätte Herr M. beweisen müssen, dass der Verstorbene es trotz des Zerreißens weiterhin gelten lassen wollte. Er hätte also die gesetzliche Vermutung widerlegen müssen.

Warum die Argumente des Freundes nicht überzeugten

Genau das gelang Herrn M. nach Ansicht des Gerichts nicht. Seine Argumente waren nicht stark genug, um diese gesetzliche Vermutung zu erschüttern.

Das Gericht ging auf jeden seiner Einwände ein. Der Umstand, dass der Verstorbene die beiden Hälften aufbewahrte, reichte nicht aus. Die Gründe dafür könnten vielfältig sein und sind nicht mehr aufklärbar, aber sie widerlegen nicht die Widerrufsabsicht. Auch das Argument, es sei unlogisch, für ein ungültiges Testament ein Schließfach zu bezahlen, verfing nicht. Die Bankunterlagen zeigten, dass das Schließfach erst ein Jahr nach dem Testament angemietet und danach noch 31 Mal geöffnet wurde. Es diente offensichtlich auch der Aufbewahrung anderer Wertsachen, wie einer Uhrensammlung.

Zuletzt half auch die angebliche Aussage des Verstorbenen nicht weiter, seine Ehefrau solle nicht „alleine“ erben. Zum einen war unklar, wann er das gesagt hatte. Zum anderen widersprach die gesetzliche Erbfolge dieser Aussage gar nicht: Die Ehefrau erbte ja nicht allein, sondern gemeinsam mit der Mutter des Verstorbenen. Die Aussage sagte also nichts darüber aus, ob das alte Testament zugunsten des Freundes noch gelten sollte.

Daher blieb es bei der gesetzlichen Vermutung: Wer sein Testament selbst zerreißt, will es in der Regel auch aufheben.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt klar: Wer sein Testament eigenhändig zerreißt, widerruft es damit normalerweise auch – selbst wenn die Teile aufbewahrt werden. Das Gericht stellte fest, dass nur der Verstorbene Zugang zu seinem Bankschließfach hatte und daher auch nur er das Testament zerrissen haben konnte. Die gesetzliche Vermutung besagt, dass derjenige, der sein Testament selbst zerstört, es auch ungültig machen wollte – diese Vermutung konnte im vorliegenden Fall nicht widerlegt werden. Für Erblasser bedeutet das: Wer sein Testament ändern möchte, sollte ein neues schreiben, anstatt das alte zu beschädigen, da bereits das Zerreißen als kompletter Widerruf gewertet wird.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert, wenn ein Testament physisch beschädigt wird (z.B. zerrissen)?

Wenn ein Testament physisch beschädigt wird, beispielsweise durch Reißen, Verbrennen oder das Durchstreichen von Text, führt dies nicht automatisch dazu, dass das Testament ungültig wird. Entscheidend ist die Absicht, die hinter der Beschädigung steckt.

Die Bedeutung der Absicht (Widerrufswille)

Ein Testament verliert seine Gültigkeit durch eine Beschädigung nur dann, wenn die Person, die das Testament errichtet hat (der Erblasser), das Dokument selbst beschädigt hat und dabei die klare Absicht hatte, das Testament damit aufzuheben oder zu widerrufen. Man spricht hier vom sogenannten „Widerrufswillen“.

  • Beispiel 1 (Gültig trotz Beschädigung): Stellen Sie sich vor, ein Testament wird versehentlich von einem Haustier angeknabbert oder beim Aufräumen unabsichtlich eingerissen. Solange der Erblasser nicht die Absicht hatte, das Testament dadurch ungültig zu machen, bleibt es grundsätzlich wirksam. Die Beschädigung ist dann lediglich ein Unfall.
  • Beispiel 2 (Ungültig durch Beschädigung): Wenn der Erblasser sein Testament bewusst zerreißt, verbrennt oder entscheidende Teile wie die Unterschrift unkenntlich macht, weil er die darin enthaltenen Regelungen nicht mehr gelten lassen möchte, dann ist das Testament in der Regel widerrufen und damit ungültig.

Es kommt also darauf an, ob der Erblasser durch die Beschädigung seinen letzten Willen aufheben wollte. Eine Beschädigung durch Dritte – also Personen, die nicht der Erblasser selbst sind – ohne dessen Anweisung oder Billigung, führt in der Regel ebenfalls nicht zur Ungültigkeit des Testaments.

Welche Art von Beschädigung ist relevant?

Die Art der Beschädigung kann ein Indiz für den Widerrufswillen sein, ist aber nicht allein entscheidend. Jede Form der physischen Beeinträchtigung, die darauf abzielt, die Lesbarkeit oder Integrität des Testaments zu zerstören, kann als Widerrufshandlung gewertet werden, wenn der Erblasser diese Absicht hatte. Dazu gehören:

  • Zerreißungen
  • Verbrennungen
  • Durchstreichungen von Unterschriften oder Textpassagen
  • Unkenntlichmachen
  • Hinzufügen von Vermerken wie „ungültig“ oder „widerrufen“

Auch eine scheinbar geringfügige Beschädigung kann das Testament aufheben, wenn der Widerrufswille des Erblassers eindeutig feststeht. Umgekehrt kann ein stark beschädigtes Testament gültig bleiben, wenn der Erblasser die Beschädigung nicht beabsichtigt oder nicht selbst vorgenommen hat.

Erste Schritte beim Fund eines beschädigten Testaments

Wenn Sie ein beschädigtes Testament finden, ist es wichtig, dass Sie:

  • Das Dokument unverändert aufbewahren: Auch wenn es beschädigt ist, kann es als Beweis für den letzten Willen dienen. Versuchen Sie nicht, fehlende Teile zu ergänzen oder die Beschädigung zu reparieren.
  • Alle Teile sichern: Sammeln Sie möglichst alle vorhandenen Fragmente des Testaments.
  • Den Kontext prüfen: Achten Sie auf weitere Hinweise im Umfeld des Testaments (z.B. begleitende Notizen, Zeugenaussagen, die auf die Absicht des Erblassers schließen lassen).

Die Klärung der tatsächlichen Absicht des Erblassers bei der Beschädigung ist entscheidend für die Frage, ob das Testament noch gültig ist. Dies kann im Erbfall eine komplexe Angelegenheit sein, die sorgfältige Prüfung erfordert.


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Welche Bedeutung hat die Absicht des Erblassers für die Gültigkeit eines beschädigten Testaments?

Wenn ein Testament beschädigt ist – zum Beispiel, weil es zerrissen, durchgestrichen oder verbrannt wurde –, ist für seine Gültigkeit nicht allein der physische Zustand entscheidend. Vielmehr steht die Absicht der verstorbenen Person (des Erblassers) im Mittelpunkt. Das bedeutet: War es der Wille des Erblassers, das Testament durch die Beschädigung ungültig zu machen oder aufzuheben? Oder entstand der Schaden unbeabsichtigt, durch Dritte oder aus einem anderen Grund?

Die gesetzliche Vermutung: Eine wichtige Ausgangsbasis

Das deutsche Erbrecht (insbesondere § 2255 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kurz BGB) enthält eine wichtige Regelung für solche Fälle: Wenn ein vom Erblasser selbst errichtetes Testament durch diesen beschädigt, vernichtet oder verändert wird, geht das Gesetz erst einmal davon aus, dass der Erblasser damit das Testament aufheben wollte. Dies nennt man eine gesetzliche Vermutung. Stellen Sie sich vor, der Erblasser hat sein Testament zerrissen und in den Müll geworfen – in diesem Fall würde das Gesetz vermuten, dass er es bewusst widerrufen hat.

Die Bedeutung der Beweislast

Diese gesetzliche Vermutung ist jedoch keine unumstößliche Wahrheit. Sie kann widerlegt werden. Wenn also jemand trotz der Beschädigung geltend macht, das Testament sei weiterhin gültig, dann trägt diese Person die sogenannte Beweislast. Das bedeutet, sie muss dem Gericht nachweisen, dass die Absicht des Erblassers eben nicht auf eine Aufhebung gerichtet war.

Für die Gerichte ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, diese tatsächliche Absicht des Erblassers zu ermitteln. Sie prüfen alle verfügbaren Umstände sehr genau:

  • Wie und wo wurde das Testament aufgefunden? War es in einem Tresor oder offen im Papierkorb?
  • Wer hatte Zugang zum Testament? Gab es Personen, die es ohne Wissen des Erblassers hätten beschädigen können?
  • Gibt es Zeugen? Hat der Erblasser vor seinem Tod Aussagen über seine Testamentsabsicht gemacht oder über die Beschädigung?
  • Gibt es andere Schriftstücke oder Aufzeichnungen, die Aufschluss über den Willen des Erblassers geben könnten?
  • Wie schwerwiegend ist die Beschädigung? Ist nur ein kleiner Teil betroffen oder das gesamte Testament?

Auch wenn die Ausgangslage bei einem beschädigten Testament zunächst schwierig erscheint, weil das Gesetz eine Aufhebungsabsicht vermutet, zeigt sich hier die große Bedeutung der Umstände des Einzelfalls. Das Gericht versucht immer, den wahren Willen der verstorbenen Person zu ergründen, um diesem zum Erfolg zu verhelfen.


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Auf welche Weise kann ein Testament wirksam widerrufen oder geändert werden?

Ein Testament kann auf verschiedene Weisen geändert oder komplett aufgehoben werden. Der Gesetzgeber hat hierfür klare Regeln geschaffen, um spätere Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. Für Sie ist wichtig zu wissen, dass die Absicht, das Testament zu ändern oder zu widerrufen, stets klar erkennbar sein muss und bestimmte Formerfordernisse einzuhalten sind.

Erstellung eines neuen Testaments

Die gängigste Methode, ein Testament zu ändern oder zu widerrufen, ist die Errichtung eines neuen Testaments. Wenn Sie ein neues Testament aufsetzen, das frühere Verfügungen ausdrücklich aufhebt, ist die Sache klar. Eine Formulierung wie „Hiermit widerrufe ich alle meine früheren letztwilligen Verfügungen“ reicht aus.

  • Formale Anforderungen: Ein solches neues Testament muss selbst wieder die gesetzlichen Formerfordernisse erfüllen, also entweder
    • handschriftlich verfasst und eigenhändig unterschrieben sein (inkl. Ort und Datum) oder
    • notariell beurkundet werden.
  • Widersprüchliche Verfügungen: Wenn das neue Testament die früheren Verfügungen nicht ausdrücklich widerruft, aber diesen widerspricht, gilt: Die spätere Verfügung hat Vorrang vor der früheren. Stellen Sie sich vor, Ihr altes Testament vermacht Ihr Auto Person A, und Ihr neues Testament vermacht es Person B. Dann erhält Person B das Auto.

Physische Zerstörung oder Veränderung

Ein handschriftliches Testament können Sie auch dadurch widerrufen, dass Sie es zerreißen, verbrennen, durchstreichen oder auf andere Weise vernichten oder verändern, mit der klaren Absicht, es ungültig zu machen.

  • Widerrufswille: Es muss erkennbar sein, dass Sie das Dokument vernichten oder ändern, weil Sie möchten, dass es nicht mehr gelten soll. Ein versehentlich zerrissenes Testament bliebe gültig, wenn kein Widerrufswille vorlag.
  • Teilweiser Widerruf: Sie können auch nur einzelne Passagen oder Verfügungen durchstreichen und so ändern oder aufheben. Auch hier ist entscheidend, dass Ihr Wille zur Änderung oder Aufhebung klar aus dem Dokument selbst hervorgeht.

Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung

Haben Sie Ihr Testament notariell beurkunden lassen und/oder es beim Amtsgericht in amtliche Verwahrung gegeben, so gilt es als widerrufen, wenn Sie es aus dieser Verwahrung persönlich zurücknehmen.

  • Diese Rücknahme muss in der Regel persönlich erfolgen und wird amtlich vermerkt. Dies gilt als ein formeller Widerrufsakt.
  • Bei einem handschriftlichen Testament, das nicht amtlich verwahrt wurde, genügt bereits die physische Zerstörung mit Widerrufswillen.

Besondere Regeln bei gemeinschaftlichen Testamenten

Ehepaare oder eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten, oft als „Berliner Testament“ bekannt. Hier gelten besondere Regeln für den Widerruf oder die Änderung:

  • Zu Lebzeiten beider Partner: Eine Änderung oder ein Widerruf ist nur gemeinschaftlich möglich, es sei denn, das Testament sieht ausdrücklich etwas anderes vor. Ein Partner allein kann es nicht einfach widerrufen.
  • Nach dem Tod eines Partners: Nach dem Tod des ersten Partners wird das gemeinschaftliche Testament oft bindend für den überlebenden Partner. Dieser kann dann in der Regel die Schlusserbeneinsetzung nicht mehr ändern, auch wenn er dies vielleicht wünschen würde. Nur unter sehr engen Voraussetzungen ist ein Widerruf oder eine Änderung noch möglich.

Für Sie bedeutet das: Um sicherzustellen, dass Ihr Testament Ihren aktuellen Wünschen entspricht und rechtlich Bestand hat, sollten Änderungen oder Widerrufe stets bewusst und formgerecht vorgenommen werden. Unklarheiten oder Fehler bei der Form können dazu führen, dass Ihr letzter Wille nicht so umgesetzt wird, wie Sie es beabsichtigt haben.


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Was versteht man unter der gesetzlichen Erbfolge und wann findet sie Anwendung?

Die gesetzliche Erbfolge ist eine im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegte Regelung, die bestimmt, wer das Vermögen eines verstorbenen Menschen (des Erblassers) erbt, wenn dieser keinen letzten Willen (also kein Testament oder keinen Erbvertrag) hinterlassen hat. Sie greift auch dann, wenn ein vorhandenes Testament oder ein Erbvertrag aus rechtlichen Gründen unwirksam ist. Ziel der gesetzlichen Erbfolge ist es, eine klare und faire Verteilung des Nachlasses zu gewährleisten, falls der Verstorbene selbst keine Anordnungen getroffen hat.

Wer erbt nach der gesetzlichen Erbfolge?

Das deutsche Erbrecht ordnet die Verwandten des Verstorbenen in sogenannte Ordnungen ein. Ein zentrales Prinzip ist dabei das Näheprinzip: Die Angehörigen einer näheren Ordnung schließen die Angehörigen fernerer Ordnungen von der Erbfolge aus. Für Sie bedeutet das: Solange es Erben der ersten Ordnung gibt, erben die der zweiten Ordnung nichts, und so weiter.

1. Erben der ersten Ordnung:
Hierzu gehören die direkten Abkömmlinge des Erblassers, also dessen Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder.

  • Beispiel: Hat der Verstorbene zwei Kinder, erben diese zu gleichen Teilen.
  • Ist ein Kind des Erblassers bereits vor ihm verstorben, treten dessen eigene Kinder (also die Enkel des Erblassers) an die Stelle des vorverstorbenen Kindes und teilen sich dessen Erbteil.

2. Erben der zweiten Ordnung:
Sind keine Erben der ersten Ordnung vorhanden, erben die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Das sind also die Geschwister des Verstorbenen sowie Nichten und Neffen.

  • Beispiel: Sind die Eltern des Verstorbenen noch am Leben, erben sie zu gleichen Teilen.
  • Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten dessen Abkömmlinge (also die Geschwister des Erblassers) an seine Stelle und teilen sich seinen Anteil.

3. Erben der dritten Ordnung:
Gibt es weder Erben der ersten noch der zweiten Ordnung, kommen die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge zum Zug. Das sind Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen des Verstorbenen. Die Regelung folgt dem gleichen Muster wie bei den vorhergehenden Ordnungen.

Es gibt auch noch vierte und weitere Ordnungen, die aber in der Praxis seltener relevant sind.

Die besondere Stellung des Ehegatten oder Lebenspartners

Neben den genannten Verwandten hat auch der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner ein gesetzliches Erbrecht. Sein Erbteil hängt davon ab, welche Ordnung von Verwandten erbt und in welchem Güterstand die Eheleute gelebt haben.

Der häufigste Güterstand ist die Zugewinngemeinschaft, die automatisch gilt, wenn die Eheleute keinen Ehevertrag geschlossen haben. In diesem Fall erhöht sich der gesetzliche Erbteil des Ehegatten um ein Viertel als pauschaler Ausgleich für den während der Ehe erzielten Zugewinn.

  • Ehegatte und Erben der ersten Ordnung: Der überlebende Ehegatte erbt die Hälfte des Nachlasses (ein Viertel als gesetzlicher Erbteil und ein zusätzliches Viertel als pauschaler Zugewinnausgleich). Die andere Hälfte teilen sich die Kinder.
  • Ehegatte und Erben der zweiten Ordnung oder Großeltern: Der überlebende Ehegatte erbt drei Viertel des Nachlasses (die Hälfte als gesetzlicher Erbteil und ein zusätzliches Viertel als pauschaler Zugewinnausgleich). Das restliche Viertel teilen sich die Erben der zweiten Ordnung oder die Großeltern.
  • Ehegatte erbt allein: Sind keine Erben der ersten oder zweiten Ordnung und auch keine Großeltern vorhanden, erbt der überlebende Ehegatte den gesamten Nachlass.

Wenn niemand erbt: Der Staat als Erbe

Findet sich nach der gesetzlichen Erbfolge kein Erbe (weil alle möglichen Erben bereits verstorben sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben), so erbt letztlich der Staat. In der Regel ist dies das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte.


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Was ist ein Erbschein und warum ist er bei der Abwicklung eines Erbes wichtig?

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und amtlich bestätigt, wer Erbe geworden ist und in welchem Umfang (z.B. Alleinerbe oder Miterbe zu einem bestimmten Anteil). Er dient als Nachweis der Erbenstellung gegenüber Dritten.

Warum der Erbschein wichtig ist

Die Bedeutung des Erbscheins liegt darin, dass er Ihnen als Erben ermöglicht, rechtlich auf den Nachlass zuzugreifen und diesen zu verwalten. Viele Institutionen und Behörden verlangen einen Erbschein, um sicherzustellen, dass sie es tatsächlich mit dem rechtmäßigen Erben zu tun haben.

Stellen Sie sich vor, der Verstorbene hatte ein Bankkonto, eine Immobilie oder laufende Verträge. Ohne einen Erbschein kann es für Sie schwierig oder unmöglich sein, diese Angelegenheiten zu regeln:

  • Bankkonten: Banken verlangen den Erbschein oft, um Erben Zugriff auf das Konto des Verstorbenen zu gewähren, Überweisungen zu tätigen oder das Konto aufzulösen.
  • Immobilien: Um eine Immobilie des Verstorbenen im Grundbuch auf Ihren Namen umschreiben zu lassen (sogenannte Grundbuchberichtigung), ist der Erbschein in der Regel zwingend erforderlich. Ohne ihn können Sie die Immobilie nicht verkaufen oder belasten.
  • Verträge: Auch bei der Kündigung von Mietverträgen, Versicherungen oder anderen Dauerschuldverhältnissen kann der Vertragspartner einen Erbschein verlangen, um Ihre Berechtigung als Erbe zu prüfen.
  • Weitere Vermögenswerte: Gleiches gilt für den Zugriff auf Wertpapierdepots, Fahrzeuge oder andere größere Vermögenswerte.

Wer den Erbschein beantragt und wo

Der Erbschein wird auf Antrag hin vom zuständigen Nachlassgericht ausgestellt. Zuständig ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen. Beantragen kann den Erbschein jeder, der ein berechtigtes Interesse daran hat, sein Erbrecht nachzuweisen, also in der Regel die Erben selbst oder die Miterben einer Erbengemeinschaft.

Erbschein ist nicht endgültig

Es ist wichtig zu wissen, dass ein Erbschein keine absolute und unumstößliche Wahrheit darstellt. Er gibt die Erbenstellung nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Nachlassgerichts wieder. Sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die tatsächlichen Erbverhältnisse anders sind – beispielsweise weil ein späteres Testament auftaucht, das eine andere Erbfolge bestimmt, oder eine Person gefunden wird, die ein besseres Erbrecht hat – dann kann der Erbschein vom Nachlassgericht eingezogen und berichtigt werden. Dies bedeutet, dass die zuvor erteilte Bestätigung ihre Gültigkeit verliert und gegebenenfalls ein neuer, korrekter Erbschein ausgestellt wird.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge bestimmt, wer das Vermögen eines Verstorbenen erhält, wenn kein wirksames Testament oder kein Erbvertrag vorliegt. Sie ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt und ordnet die möglichen Erben nach Verwandtschaftsgrad in bestimmte Ordnungen (z. B. Kinder, Eltern, Großeltern). Dabei erben die Angehörigen der näheren Ordnung zuerst, und nur wenn keine solchen vorhanden sind, kommen weiter entfernte Verwandte zum Zuge. Der überlebende Ehegatte hat ebenfalls ein gesetzliches Erbrecht, das sich je nach Güterstand und Verwandtenlage unterscheidet.

Beispiel: Ein Mann stirbt ohne Testament. Seine Ehefrau und Mutter leben noch. Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt die Ehefrau einen größeren Anteil als die Mutter, weil sie als Ehegatte mit einem erhöhten Anteil bedacht ist.

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Erbschein

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und bestätigt, wer Erbe des Verstorbenen ist und in welchem Umfang (z. B. Alleinerbe oder Miterbe zu einem bestimmten Anteil). Er dient als Nachweis der Erbenstellung gegenüber Banken, Behörden und anderen Dritten, um nach dem Tod des Erblassers über dessen Vermögen verfügen zu können. Ein Erbschein ist nicht endgültig und kann später vom Gericht eingezogen werden, falls sich neue Erkenntnisse zur Erbfolge ergeben.

Beispiel: Nach dem Tod eines Angehörigen beantragt die Ehefrau beim Nachlassgericht einen Erbschein, damit sie Zugriff auf das Bankkonto des Verstorbenen erhält.

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Einzug des Erbscheins

Der Einzug des Erbscheins bedeutet, dass das Nachlassgericht eine bereits ausgestellte Erbenbescheinigung für ungültig erklärt und zurückfordert. Das erfolgt, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Erbschein auf falschen oder unvollständigen Informationen basiert – zum Beispiel, wenn ein später gefundenes Testament eine andere Erbfolge regelt. Mit dem Einzug wird die bisherige Erbenerklärung aufgehoben und in der Regel ein neuer, korrekter Erbschein ausgestellt.

Beispiel: Jemand erhält einen Erbschein als Alleinerbe, später taucht ein gültiges Testament auf, das eine andere Person als Erben benennt. Das Gericht nimmt den Erbschein zurück und stellt einen neuen aus.

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Widerruf eines Testaments

Ein Testament kann vom Erblasser durch einen sogenannten Widerruf ungültig gemacht werden. Dies geschieht entweder durch das Errichten eines neuen Testaments, das das alte aufhebt, oder durch eindeutige Handlungen wie Vernichtung oder Veränderung der Testamentsurkunde mit der Absicht, es nicht mehr gelten zu lassen. Das Zerreißen eines Testaments kann als Widerruf gelten, wenn der Erblasser die Absicht hatte, den letzten Willen damit aufzuheben, auch wenn das Testament noch auffindbar ist.

Beispiel: Ein Erblasser zerreißt sein Testament bewusst in zwei Hälften, um es nicht mehr gültig zu machen und später ein neues Testament zu verfassen.

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Gesetzliche Vermutung des Widerrufs (nach § 2255 Satz 2 BGB)

Nach § 2255 Satz 2 BGB gilt die gesetzliche Vermutung, dass der Erblasser, wenn er sein Testament selbst zerstört hat, auch die Absicht hatte, es zu widerrufen. Das bedeutet, der Widerrufswille wird angenommen, solange nicht das Gegenteil bewiesen wird. Es liegt dann an demjenigen, der behauptet, das Testament sei weiterhin gültig, diese Vermutung zu widerlegen – also konkret zu beweisen, dass der Erblasser das Testament trotz der Zerstörung beibehalten wollte.

Beispiel: Wenn jemand sein Testament zerrissen hat, wird vermutet, dass er es aufheben wollte. Wer dennoch gültige Erbansprüche aus diesem Testament geltend machen will, muss nachweisen, dass der Erblasser das Zerreißen nicht als Widerruf gemeint hat.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2255 BGB (Widerruf eines Testaments): Regelt, wie ein Testament widerrufen werden kann, etwa durch Vernichtung oder Veränderung der Urkunde, wobei die Widerrufsabsicht des Erblassers entscheidend ist. Das Gesetz stellt eine Vermutungsregel auf, dass bei eigener Vernichtung des Testaments der Widerruf gewollt ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste feststellen, ob das Zerreißen des Testaments den Widerruf wirksam herbeiführte; die eigene Handlung des Erblassers führt hier zur gesetzlichen Vermutung des Widerrufs.
  • Gesetzliche Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB): Bestimmt, wer erbt, wenn kein gültiges Testament vorliegt, und regelt dabei insbesondere den Erbanteil von Ehegatten und Eltern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das zerrissene Testament als widerrufen galt, greift die gesetzliche Erbfolge, wodurch Ehefrau und Mutter als gesetzliche Erbinnen gelten.
  • Erbschein (§§ 2353 ff. BGB): Ein vom Nachlassgericht ausgestelltes Dokument, das die Erben und deren Anteile bestätigt und zur Nachlassabwicklung dient. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der bereits ausgestellte Erbschein, der Ehefrau und Mutter als Erbinnen bezeichnet, wurde durch den Fund des zerrissenen Testaments bestritten, ist aber durch die Untauglichkeit des Testaments bestätigt und nicht einzuziehen.
  • Amtsermittlungsgrundsatz (§ 244 Abs. 2 ZPO): Verpflichtet das Gericht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, jedoch ohne jede theoretische Möglichkeit gleichwertig zu gewichten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat anhand vorhandener Fakten festgestellt, dass nur der Erblasser Zugang zum Schließfach hatte und das Testament zerrissen sein musste, womit Spekulationen über versehentliche Beschädigung ausgeschlossen wurden.
  • Rechtsmittel der Beschwerde (§ 68 FamFG i.V.m. Zivilprozessordnung): Ermöglicht die Überprüfung der Entscheidung einer Nachlassgerichtesinstanz durch die nächsthöhere Instanz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Herr M. nutzte die Beschwerde, um das Urteil des Nachlassgerichts anzufechten, was jedoch vom Oberlandesgericht abgewiesen wurde.

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 21 W 26/25 – Beschluss vom 29.04.2025


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