OLG Frankfurt – Az.: 21 W 38/18 – Beschluss vom 23.10.2018
Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 5) vom 26.01.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Höchst) vom 14.09.2017 wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 2) bis 5) als Gesamtschuldner zu tragen. Die zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten zu 1) haben die Beteiligten zu 2) bis 5) zu jeweils 1/4 zu tragen. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 349.750,75 Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die am XX.XX.2016 verstorbene Erblasserin war mit dem am XX.XX.2015 vorverstorbenen A1 verheiratet und hatte keine Kinder. Die Beteiligte zu 1) ist die Cousine der Erblasserin, die Beteiligten zu 2) bis 5) sind Nichte und Neffen des vorverstorbenen Ehemannes.
Am 01.12.2002 errichteten die Eheleute ein gemeinschaftliches handschriftliches Testament (Bl. 3 d. Testamentsakte), in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Mit Ergänzung vom 07.03.2012 bestimmten sie, dass für den Fall eines gleichzeitigen Ablebens das Erbteil gleichmäßig unter ihren Neffen bzw. Nichten aufgeteilt werden solle. Dabei wurden die Beteiligten zu 2) bis 5) namentlich genannt.
Auf Antrag des Beteiligten zu 2) erteilte das Nachlassgericht am 27.12.2016 einen Erbschein (Bl. 14 d.A.), nach dem die Erblasserin von den Beteiligten zu 2) bis 5) zu je 1/4 beerbt wurde.
Mit Schriftsatz vom 31.05.2017 (Bl. 68 d.A.) hat die Beteiligte zu 1) die Einziehung des Erbscheins angeregt und diesbezüglich die Auffassung vertreten, dass die Testamentsergänzung vom 07.03.2012 keine allgemeine Schlusserbenregelung sei, sondern lediglich den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute betreffe. Dies sei jedoch bei der Erblasserin und ihrem Ehemann nicht der Fall. Auch seien die Eheleute nicht zeitnah nacheinander verstorben.
Die Beteiligten zu 2) bis 5) haben dem entgegengehalten, dass der Ehemann der Erblasserin erst am 20.03.2015 beigesetzt wurde und die Erblasserin am 17.04.2015 selbst in ein Krankenhaus eingeliefert wurde. Die dort vorgenommene Operation sei mit Komplikationen verbunden gewesen, die Aufenthalte in weiteren Kliniken erforderlich machten, bevor die Erblasserin schließlich verstarb.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14.09.2017 (Bl. 97 d.A.), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Nachlassgericht den Erbschein vom 27.12.2016 als unrichtig eingezogen. Zur Begründung hat es im Kern ausgeführt, dass das Testament vom 01.12.2002 in der Fassung vom 07.03.2012 keine Schlusserbeneinsetzung, sondern nur eine Ersatzerbeneinsetzung für den Fall des gleichzeitigen Versterbens enthalte. Zwischen dem Tod der Erblasserin und ihres Ehemanns hätten 16 Monate gelegen. Es ergäben sich keinerlei Hinweise darauf, dass die Erblasserin in diesem Zeitraum aufgrund körperlichen oder geistigen Verfalls nicht mehr dazu in der Lage gewesen wäre, ein eigenes Testament zu verfassen. Die Zustellung dieses Beschlusses erfolgte am 21.09.2017 (Bl. 106 d.A.) an den im Rubrum als Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) bis 5) aufgeführten Notar B, nicht jedoch an die Beteiligten zu 2) bis 5) persönlich. Mit Verfügung vom 18.01.2018 wurde dem Beteiligten zu 5) der Beschluss übermittelt.
Mit einem am 29.01.2018 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 133 d.A.) hat der Beteiligte zu 5) gegen den Beschluss vom 14.09.2017 Beschwerde eingelegt. Die Beteiligten zu 2) bis 4) haben sich der Beschwerde angeschlossen. Zur Begründung führen sie aus (Bl. 136 d.A.), dass das Testament dahingehend auszulegen sei, dass die Eheleute mit der Formulierung „im Fall eines gleichzeitigen“ Ablebens tatsächlich eine Schlusserbeneinsetzung hätten vornehmen wollen. Hätten die Erblasserin und ihr Ehemann die Beteiligte zu 1) zu ihrer Schlusserbin berufen wollen, dann hätten sie dies tun können. Es sei unwahrscheinlich, dass die Eheleute nur den unwahrscheinlichen Fall eines gleichzeitigen Ablebens hätten regeln, nicht jedoch eine Schlusserbeneinsetzung vornehmen wollen. Im Übrigen seien die Eheleute kurz nacheinander verstorben. Die Erblasserin habe keine Möglichkeit gehabt, ein neues Testament zu verfassen.
Auf Nachfrage des Senats vom 25.06.2018 (Bl. 173 d.A.) hat Notar B mit Schreiben vom 06.07.2018 (Bl. 181 d.A.) mitgeteilt, dass er für das Erbscheinseinziehungsverfahren keine Verfahrensvollmacht erhalten habe und auch nicht vorgegeben habe, eine solche zu haben.
Ergänzend wird auf die zur Akte gereichten schriftlichen Ausführungen der Beteiligten verwiesen
II.
1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 2) bis 5) ist zulässig und insbesondere gemäß § 63 FamFG fristgerecht eingelegt worden. Die Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Notar B am 21.09.2017 (Bl. 106 d.A.) vermochte die einmonatige Frist für die Einreichung der Beschwerde nicht in Gang zu setzen, da der Notar für das Erbscheinseinziehungsverfahren nicht verfahrensbevollmächtigt war. Es wird insoweit auf die Erklärung des Notars vom 06.07.2018 (Bl. 181 d.A.) verwiesen. Eine Beschlussausfertigung wurde dem Beteiligten zu 5) erstmals am 19.01.2018 übersandt. Die Beteiligten zu 2) bis 4) hatten zu diesem Zeitpunkt noch keine Ausfertigung erhalten.
Das fehlerhafte Abhilfeverfahren steht der Durchführung des Beschwerdeverfahrens nicht entgegen. Zwar hat das Nachlassgericht zu Unrecht von einer Prüfung der Begründetheit der Beschwerde abgesehen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Zulässigkeit vorgelegt (vgl. nur Keidel/Sternal, FamFG 19. Auflage 2017, § 68 Rz. 9b). Trotz dieses Mangels war der Senat jedoch zu einer eigenen Entscheidung befugt. Eine Rückgabe an das Nachlassgericht war auch deshalb nicht veranlasst, weil mit der Beschwerde kein neuer Tatsachenvortrag erfolgte, mit dem sich das Amtsgericht hätte auseinandersetzen müssen (vgl. Keidel/Sternal, a.a.O., § 68 Rz. 34).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Nachlassgericht den Erbschein vom 27.12.2016 gemäß § 2361 BGB als unrichtig eingezogen. Denn die Beteiligten zu 2) bis 5) sind nicht Erben der Erblasserin geworden.
Die Testamente vom 01.12.2002 und 07.03.2012 enthalten keine ausdrückliche und allgemeine Schlusserbeneinsetzung. Vielmehr enthält die letztwillige Verfügung vom 01.12.2002 überhaupt keine über die gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute hinausgehende Bestimmung, während die Testamentsergänzung vom 07.03.2012 eine Erbeinsetzung lediglich für den Fall des gleichzeitigen Ablebens bestimmt. Im Hinblick auf die Frage, ob die Eheleute mit ihren letztwilligen Verfügungen auch eine Regelung für den Fall treffen wollten, dass die Eheleute im zeitlichen Abstand versterben, sind die Testamente daher auslegungsbedürftig.
Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Dieser ist jedoch nicht bindend. Vielmehr sind der Wortsinn und die vom Erblasser benutzten Ausdrücke zu hinterfragen, um festzustellen, was er mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH, NJW 1993, 256 m.w.N.). Maßgeblich ist insoweit allein sein subjektives Verständnis der von ihm verwendeten Begriffe (BGH, FamRZ 1987, 475, 476; Palandt/Weidlich, BGB, 77. Aufl. 2018, § 2084 Rn. 1). Zur Ermittlung des Inhalts der testamentarischen Verfügungen ist der gesamte Inhalt der Testamentsurkunde einschließlich aller Nebenumstände, auch solcher außerhalb des Testaments, heranzuziehen und zu würdigen (BGH NJW 1993, 256 m.w.N.). Solche Umstände können vor oder auch nach der Errichtung des Testamentes liegen. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen (Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2084 BGB Rn. 2 m.w.N.), jedoch müssen sich mit Blick auf die Formerfordernisse des § 2247 BGB für einen entsprechenden Willen des Erblassers in der letztwilligen Verfügung – wenn auch nur andeutungsweise – Anhaltspunkte finden lassen (vgl. BGH v. 09.04.1981, IVa ZB 6/80, NJW 981, 1736; BGHZ 86, 41; Palandt/Weidlich, a.a.O., § 2084 Rdn. 4).
Die obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Düsseldorf v. 01.07.2015, Az. I – 3 Wx 193/14, BeckRS 2015, 14452; OLG Jena v. 23.02.2015, Az. 6 W 516/14, BeckRS 2015, 09957; OLG München v. 24.10.2013, Az. 31 Wx 139/13, juris), der sich der Senat anschließt, legt die Formulierung „bei gleichzeitigem Ableben“ oder „bei gleichzeitigem Versterben“ dahingehend aus, dass hiervon auch diejenigen Fälle erfasst werden sollen, in welchen die Ehegatten innerhalb eines kurzen Zeitraums nacheinander versterben und der Überlebende in dieser Zeitspanne daran gehindert ist, ein neues Testament zu errichten.
Ehegatten, die sich gegenseitig zu Erben einsetzen, ohne diese Regelung mit einer Erbeinsetzung für den Tod des Längerlebenden von ihnen (Schlusserbeinsetzung) zu verbinden, bezwecken damit, dass dem Überlebenden der Nachlass des Erstversterbenden zufällt und dass er über das Gesamtvermögen – auch von Todes wegen – frei verfügen kann. Ein zusätzlicher Regelungsbedarf besteht dann für den Fall des „gleichzeitigen Todes“, in dem es nicht zu einer Beerbung des einen Ehegatten durch den anderen – und zu einer weiteren Verfügung von Todes wegen des überlebenden Ehegatten – kommt. Dieser Regelungsbedarf besteht nicht nur für den Fall des in engerem Sinn gleichzeitigen Todes, sondern auch in Fällen, in denen die Ehegatten innerhalb eines kürzeren Zeitraums nacheinander sterben, sei es aufgrund ein und derselben Ursache, z.B. eines Unfalls, sei es aufgrund verschiedener Ursachen, wenn der Überlebende nach dem Tod des Erstversterbenden praktisch keine Möglichkeit mehr hat, ein Testament zu errichten. In diesem Fall des Versterbens kurz nacheinander würde zwar die gegenseitige Erbeinsetzung greifen, doch hinge es vom Zufall der Reihenfolge des Versterbens ab, ob – wenn keine entsprechende letztwillige Verfügung getroffen wurde – den gesetzlichen Erben des Ehemannes oder den gesetzlichen Erben der Ehefrau das gesamte Vermögen beider Eheleute zufließt. Es ist daher sinnvoll und naheliegend, wenn die Ehegatten die gegenseitige Beerbung anordnen und im Übrigen dem Überlebenden freie Hand lassen wollen, aber eine zusätzliche Regelung für den Fall zu treffen, dass keiner den anderen überlebt oder der Überlebende wegen zeitnahen Nachversterbens zu einer letztwilligen Verfügung nicht mehr in der Lage ist. Auf diese Fallgestaltung wollen Ehegatten mit der Verwendung von Formulierungen wie „bei gleichzeitigem Ableben“ die Erbeinsetzung des Drittbedachten regelmäßig beschränken und so dem Überlebenden von ihnen die Bestimmung überlassen, wer ihn beerben soll (OLG München v. 24.10.2013, Az. 31 Wx 139/13, juris Rz. 12 m.w.N.).
Eine für den Fall des gleichzeitigen Ablebens oder Versterbens getroffene Erbeinsetzung gilt deshalb grundsätzlich nicht für den hier vorliegenden Fall, dass die Ehegatten nacheinander – in erheblichen zeitlichen Abstand – versterben (OLG München a.a.O., Rz. 13). Die Eheleute A starben in einem zeitlichen Abstand von beinahe 16 Monaten. Dafür, dass die Erblasserin körperlich oder geistig nicht mehr in der Lage war, in dieser Zeitspanne ein eigenes Testament zu verfassen, gibt es keine Hinweise. Ohne nähere Substantiierung rechtfertigen die Krankenhausaufenthalte der Erblasserin eine solche Annahme nicht, worauf der Senat bereits am 10.08.2018 (Bl. 182 d.A.) hingewiesen hatte. Im Übrigen geht auch der Schwager der Erblasserin in der von den Beschwerdeführern vorgelegten E-Mail vom 29.03.2018 (Bl. 169 d.A.) davon aus, dass die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes dazu in der Lage gewesen wäre, das Testament zu ändern.
Eine Ausnahme von den oben ausgeführten Grundsätzen kann nur angenommen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls festgestellt werden kann, dass die Testierenden den Begriff des „gleichzeitigen Ablebens“ entgegen dem Wortsinn dahin verstanden haben, dass er auch das Versterben in erheblichem zeitlichem Abstand umfassen sollte, und wenn sich darüber hinaus eine Grundlage in der vorliegenden Verfügung von Todes wegen findet (OLG München a.a.O.; v. 16.07.2007, Az. 31 Wx 35/07, juris; v. 14.10.2010, Az. 31 Wx 84/10, juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Soweit die Beschwerdeführer der Auffassung sind, für eine Schlusserbeneinsetzung spreche, dass es außergewöhnlich sei, Erben für den Ausnahmefall des gleichzeitigen Versterbens zu berufen, aber nicht auch gleichzeitig Schlusserben zu benennen, folgt der Senat der Argumentation nicht. Zum Regelungsbedarf bei gleichzeitigem bzw. zeitnahen Versterben sowie dem Zweck einer entsprechenden Formulierung wurden bereits Ausführungen gemacht. Da das Testament vom 01.12.2002 mit der gegenseitigen Alleinerbeneinsetzung knapp gefasst ist, dem überlebenden Ehegatten keinerlei Beschränkungen auferlegte und ihn mit keinen weiteren Bestimmungen beschwerte, ermöglichte es dem Letztversterbenden, nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten ein eigenes Testament zu verfassen. Insoweit war es aus Sicht der Eheleute A durchaus sinnvoll, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der überlebende Ehegatte nicht mehr die Möglichkeit der Errichtung eines eigenen Testaments haben würde, nämlich im Fall des gleichzeitigen Versterbens oder wenigstens eines Versterbens in nahem zeitlichen Abstand.
Auch der Umstand, dass die Erblasserin das Testament nach dem Versterben des Ehemannes nicht neu fasste und die Beteiligte zu 1) nicht namentlich als Erbin benannt wurde, vermag die Beschwerde nicht zu stützen. So wird der Auffassung der Beschwerdeführer, hieraus sei zu schließen, dass die Beteiligte zu 1) nicht benannt werden sollte und die Erblasserin davon ausgegangen sei, dass alles geregelt sei, nicht gefolgt. Die Nichtnennung der Beteiligten zu 1) bedeutet nicht deren Ablehnung. Im Gegenteil – die Ablehnung eines gesetzlichen Erben wird in der Regel dadurch zum Ausdruck gebracht, dass dieser ausdrücklich enterbt wird. Es ist stattdessen ebenso denkbar, dass die Erblasserin nicht an die Beteiligte zu 1) dachte, dass die Errichtung eines Testaments keine Bedeutung mehr für sie hatte, nachdem ihr Ehemann verstorben war und nicht mehr abgesichert werden musste oder dass sie sogar die Geltung der gesetzlichen Erbfolge wollte und deshalb von einer Neufassung des Testaments absah. Im Übrigen kommt es auch hierauf nicht entscheidend an. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Eheleute zum Zeitpunkt ihrer Testamentserrichtung auch gleichzeitig eine Erbenbestimmung für ein zeitlich auseinanderfallendes Versterben vornehmen wollten. Hierfür lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte finden.
Soweit die Beschwerdeführer zuletzt mit Schriftsatz vom 06.08.2018 (Bl. 193 d.A.) auf die in der E-Mail des Beteiligten zu 5) vom 13.09.2017 an den Notar B (Bl. 103 d.A.) geschilderten Äußerungen der Eheleute ihm gegenüber Bezug nehmen und hieraus herleiten, das Testament vom 07.03.2012 sei dahingehend auszulegen, dass die Erbeinsetzung auch das Versterben in erheblich zeitlichem Abstand umfassen soll, folgt der Senat dem nicht. Auch wenn man die vorgetragenen Äußerungen zugunsten der Beschwerdeführer als wahr unterstellt, diese als Nebenumstände im Rahmen der Testamentsauslegung würdigt und infolgedessen von einem entsprechenden Erblasserwillen ausgeht, so ist dieser Wille dennoch nicht formgerecht i.S.d. §§ 2247, 2267 BGB erklärt. Denn es fehlt an der für die Erfüllung der Form erforderlichen Grundlage oder auch nur Andeutung im Testament. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von der von den Beschwerdeführern zitierten Entscheidung des OLG München vom 24.10.2013 (Az. 31 Wx 139/13) sowie den Entscheidungen des OLG München vom 16.07.2007 (Az. 31 Wx 35/07, juris) und 14.10.2010 (Az. Wx 84/10), in denen die Erblasser jeweils zusätzlich zu der Formulierung des „gleichzeitigen Versterbens“ weitere Bestimmungen trafen, Motive darlegten oder weitere Erläuterungen machten, die darauf schließen ließen, dass die Erblasser eine Schlusserbeneinsetzung vornehmen und damit auch den Fall des Versterbens in erheblich zeitlichem Abstand erfassen wollten. Vergleichbare Motive, Erläuterungen oder zusätzliche Bestimmungen enthält das vorliegende Testament jedoch nicht. Die Worte in der Testamentsergänzung vom 07.03.2002 „Für den Fall unseres gleichzeitigen Ablebens …“ selbst bieten keinen Anhaltspunkt für einen entsprechenden Erblasserwillen. Ebenso wenig bieten die Formulierung „unseren Neffen bzw. Nichte“ sowie die namentliche Nennung einen Hinweis auf eine Schlusserbeneinsetzung. Sie geben Auskunft über das Näheverhältnis der Eheleute zu den Beschwerdeführern und darüber, dass auch die Erblasserin die Beschwerdeführer als „ihre“ Neffen und Nichten ansah. Sie enthalten aber kein zeitliches Moment, das Rückschlüsse auf eine Erbeinsetzung für ein Versterben auch bei zeitlich erheblichem Abstand zulässt.
Ein solches kann auch nicht in der fast zehnjährigen Zeitspanne zwischen Testamentsergänzung und ursprünglicher Testamentserrichtung gesehen werden. Zwar spricht diese Zeitspanne dafür, dass den Eheleuten die Ergänzung wichtig war. Abgesehen davon, dass diese angenommene Wichtigkeit aber immer noch keinen Hinweis auf die eine (Schlusserbeneinsetzung) oder andere (gleichzeitiges bzw. zeitnahes Versterben) Auslegungsseite gibt, ist sie auch ein außerhalb der Urkunde liegender Umstand, der nicht die im Testament erforderliche Andeutung ersetzt. Daher verbleibt es im Ergebnis dabei, dass das Testament keine Anhaltspunkte für die Annahme einer von den Eheleuten gewollten Schlusserbeneinsetzung enthält.
Der Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm in seiner Entscheidung vom 06.01.2011 (Az. 15 Wx 484/10, ZEV 2011, 427), wonach es im Rahmen der sogenannten Andeutungstheorie ausreichen soll, wenn sich die Auslegungsnotwendigkeit und die generelle Willensrichtung aus dem Wortlaut herleiten lassen, folgt der Senat nicht (abl. auch Herrler ZEV 2011, 429, Böttcher ZEV 2011, 537 ). Die Andeutungstheorie wurde entwickelt, um dem Erblasserwillen einerseits und den strengen Formerfordernissen für die Errichtung letztwilliger Verfügungen andererseits Rechnung zu tragen und diese in Einklang zu bringen. Zweck der Formvorschriften ist, dem wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung zu verhelfen, nach Möglichkeit die Selbstständigkeit dieses Willens zu verbürgen und die Echtheit seiner Erklärungen sicherzustellen (BGH v. 09.04.1981, IVa ZB 6/80, NJW 1981, 1736). Dabei sollen die einzuhaltenden Förmlichkeiten den Erblasser dazu veranlassen, sich selbst klar darüber zu werden, welchen Inhalt seine Verfügung von Todes wegen haben soll, und seinen Willen möglichst deutlich zum Ausdruck zu bringen. Sie sollen außerdem dazu dienen, Vorüberlegungen und Entwürfe von der maßgebenden Verfügung exakt abzugrenzen. Die Eigenhändigkeit eines Testaments soll nach der Wertung des Gesetzes außerdem eine erhöhte Sicherheit vor Verfälschungen des Erblasserwillens bieten (BGH v. 09.04.1981, IVa ZB 4/80, NJW 1981, 1737). Diesen Zielen trägt das OLG Hamm mit seinem Verständnis von der Andeutungstheorie nicht hinreichend Rechnung. Soweit es genügen soll, die Auslegungsnotwendigkeit aus dem Wortlaut herzuleiten, ist dies ein Zirkelschluss. Denn die Notwendigkeit einer Testamentsauslegung ist zunächst der Ausgangspunkt für das Gericht, die letztwillige Verfügung auszulegen und Voraussetzung dafür, dass das Kriterium der Andeutung im Wortlaut überhaupt überprüft werden muss. Daher kann die Auslegungsnotwendigkeit nicht gleichzeitig als Kriterium dafür dienen, ob der Erblasserwille in der dafür vorgeschriebenen Form zum Ausdruck gebracht wurde. Soweit das OLG Hamm auf die Herleitbarkeit der generellen Willensrichtung abstellt, versteht der Senat dies dahingehend, dass dem ermittelten Erblasserwillen unbedingt zur Geltung verholfen werden und keine Einschränkung erfahren soll. Dies ist jedoch abzulehnen, da auf diese Weise die strengen Formerfordernisse für letztwillige Verfügungen umgangen werden und auf eine Rückkopplung zwischen Erblasserwillen und Formvoraussetzungen verzichtet wird. Nach diesseitiger Auffassung ist daher im Rahmen der Andeutungstheorie zu prüfen, ob das Auslegungsergebnis Andeutungen im Inhalt des Testaments findet. Der Auffassung des OLG Hamm, dass hiermit der Auslegung Grenzen gesetzt würden, die nicht mit der Rechtsprechung des BGH vereinbar seien (OLG Hamm a.a.O. ZEV 2011, 427, 428 ), wird nicht zugestimmt. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist zunächst der Erblasserwille zu ermitteln und sodann zu überprüfen, ob dieser Wille des Erblassers – also das Auslegungsergebnis – formgültig erklärt ist (BGH v. 09.04.1981, IVa ZB 6/80, NJW 1981, 1736, 1737). Insoweit folgt der Senat der vom BGH vorgegebenen zweistufigen Prüfung, in dem zunächst der Erblasserwille ermittelt und dann geprüft wird, ob das Gewollte im Wortlaut der letztwilligen Verfügung zumindest angedeutet ist.
Da nach der Auffassung des Senats das Testament keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Schlusserbeneinsetzung bietet, konnte von der Beweiserhebung und damit Ermittlungen zu der Frage, ob die Eheleute tatsächlich Äußerungen gegenüber den Beschwerdeführern getätigt haben, aus denen sich ein entsprechender Erblasserwille ergibt, abgesehen werden (vgl. BayObLG v. 18.12.20013, 1Z BR 130/02, ZEV 2004, 200, 201; Horn/Kroiß, Testamentsauslegung, 2012, § 2 Rz. 69).
Nichts anderes ergibt sich aus der von den Beschwerdeführern mit Schriftsatz vom 16.10.2018 (Bl. 196 d.A.) angeführten Entscheidung des OLG Düsseldorf v. 12.07.2017 (I-3 Wx 91/16, BeckRS 2017, 124143). Denn anders als im vorliegenden Fall sah das Gericht dort für den im Wege der Auslegung ermittelten Erblasserwillen eine Grundlage im Text der letztwilligen Verfügung (OLG Düsseldorf a.a.O., Rz. 14).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, wonach das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen soll, der es eingelegt hat.
Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61, 40 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Wert der Interessen, denen das Rechtsmittel ausweislich des Antrags des Beschwerdeführers dient. Ziel des Antrags der Beteiligten zu 2) bis 5) ist, die Einziehung des Erbscheins vom 27.12.2016 zu verhindern. Damit ist für den Geschäftswert auch des Beschwerdeverfahrens die spezielle Regelung betreffend das Verfahren zur Einziehung von Erbscheinen in § 40 Abs. 1 Nr. 3 GNotKG heranzuziehen, wonach maßgeblich der Wert des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls ist, von dem nur die vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten, nicht jedoch die Erbfallschulden abgezogen werden. Den Wert des Nachlasses schätzt der Senat auf der Grundlage der Angaben im Wertbogen vom 28.12.2016 (Bl. 19 d.A.) und der Berechnungen des Amtsgerichts auf 349.750,75 Euro.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG vor. Es wird insoweit auf die Ausführungen zum unterschiedlichen Verständnis des Senats und des OLG Hamm bezüglich der Andeutungstheorie verwiesen.