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Eidesstattliche Versicherung Nachlassverzeichnis: wann?

Wegen einer nicht deklarierten Schenkung und eines strittigen Darlehensverzichts forderte eine Pflichtteilsberechtigte die eidesstattliche Versicherung zum Nachlassverzeichnis der Alleinerbin. Doch reicht allein mangelnde Sorgfalt bei den Angaben dafür aus, diese Erklärung zu erzwingen?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 44 O 1148/22 Erb | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Bamberg
  • Datum: 02.06.2023
  • Aktenzeichen: 44 O 1148/22 Erb
  • Verfahren: Zivilverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Eine Tochter forderte von ihrer als Alleinerbin eingesetzten Schwester Auskunft über den Nachlass der verstorbenen Mutter. Sie zweifelte die Vollständigkeit und Richtigkeit dieses Nachlassverzeichnisses an.
  • Die Rechtsfrage: Muss eine Alleinerbin unter Eid versichern, dass ihr Nachlassverzeichnis vollständig und korrekt ist, wenn daran erhebliche Zweifel bestehen?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht entschied, dass die Erbin die Richtigkeit und Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses unter Eid versichern muss. Es gab erhebliche Zweifel an der sorgfältigen Erstellung des Verzeichnisses.
  • Die Bedeutung: Wenn ein Erbe ein Nachlassverzeichnis erstellt, muss er es bei begründeten Zweifeln an dessen Vollständigkeit unter Eid versichern. Dies sichert die Auskunftsrechte von Pflichtteilsberechtigten.

Der Fall vor Gericht


Warum musste die Erbin die Richtigkeit ihres Nachlassverzeichnisses beschwören?

Es gibt Geschichten, die auf zwei Blättern Papier erzählt werden. Im Fall zweier Schwestern aus Bamberg waren es zwei Listen über dasselbe Erbe ihrer Mutter.

Eine Pflichtteilsberechtigte bezweifelt die Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses und fordert dessen eidesstattliche Versicherung von der Erbin.
Gericht zwang Erbin zur eidesstattlichen Versicherung wegen Widersprüchen im Nachlassverzeichnis. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Die eine Tochter war zur Alleinerbin bestimmt, die andere hatte Anspruch auf ihren Pflichtteil. Um dessen Höhe zu berechnen, braucht es eine lückenlose Aufstellung des Nachlasses. Die erste Liste, verfasst vom Anwalt der Erbin, zeichnete ein bestimmtes Bild des Vermögens. Die zweite, drei Jahre später von einem Notar beurkundet, ein anderes. Plötzlich tauchte eine vergessene Schenkung von 30.000 Euro auf, die die Erbin selbst Jahre zuvor erhalten hatte. Und ein dubioser Darlehensverzicht, der den Nachlass schmälern sollte. Eine der Listen musste unvollständig sein. Das Landgericht Bamberg stand vor der Aufgabe zu entscheiden, ob diese Widersprüche ausreichten, um die Erbin zu einem Schwur zu zwingen: der eidesstattlichen Versicherung.

Welche Ungereimtheiten weckten die Zweifel der enterbten Schwester?

Der Kern des Misstrauens lag in zwei zentralen Punkten. Der erste war eine Schenkung von rund 30.000 Euro. Dieses Geld hatte die Mutter der späteren Erbin noch zu Lebzeiten im Jahr 2018 zugewendet. Im ersten, anwaltlichen Schreiben über den Nachlass fehlte von diesem Betrag jede Spur. Erst im drei Jahre später erstellten notariellen Verzeichnis wurde die Schenkung nachgetragen. Für die pflichtteilsberechtigte Schwester war das ein Alarmsignal. Eine so große Summe vergisst man nicht einfach, schon gar nicht, wenn man anwaltlich beraten eine Auskunft für die eigene Schwester erstellt.

Der zweite Punkt war noch vertrackter. Im notariellen Verzeichnis deklarierte die Erbin, sie habe auf ein Darlehen in Höhe von 150.000 Euro nebst Zinsen verzichtet, das sie einst ihrer Mutter gewährt haben wollte. Ein solcher Verzicht hätte den Nachlass um eine erhebliche Schuld verringert – und damit auch den Pflichtteil der Schwester empfindlich gekürzt. Die enterbte Schwester konterte mit einem schweren Vorwurf: Dieses Darlehen habe es nur auf dem Papier gegeben. Es sei nie wirklich Geld geflossen. Der angebliche Vertrag diene allein dazu, ihren Anspruch künstlich zu schmälern. Im Prozess schwieg die Erbin zu diesem Vorwurf. Sie bestritt ihn nicht. Das war ein prozessualer Fehler. Im Zivilrecht gilt: Wer zu einem konkreten und schwerwiegenden Vorwurf schweigt, dem wird unterstellt, dass der Vorwurf stimmt.

Wann verlangt ein Gericht einen Eid über die Richtigkeit einer Liste?

Ein Nachlassverzeichnis ist die Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils. Der Erbe muss es nach bestem Wissen und Gewissen erstellen. Normalerweise reicht diese Auskunft. Der Pflichtteilsberechtigte kann aber die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung fordern, wenn es handfeste Gründe für die Annahme gibt, dass das Verzeichnis nicht mit der nötigen Sorgfalt erstellt wurde.

Ein Eid wird also nicht erst bei einer nachgewiesenen Lüge fällig. Es reicht schon der begründete Verdacht, dass die Liste schlampig, unüberlegt oder eben unvollständig ist. Das Gericht in Bamberg sah diesen Verdacht hier als bestätigt an. Die Richter argumentierten: Das späte Auftauchen der 30.000-Euro-Schenkung ist ein starkes Indiz für mangelnde Sorgfalt. Zusammen mit dem unbeantworteten Vorwurf des Schein-Darlehens verdichtete sich das Bild. Die Zweifel bezogen sich nicht mehr nur auf einzelne Posten. Sie infizierten die Glaubwürdigkeit der gesamten Aufstellung und damit die Person der Erbin. Die Konsequenz war klar: Sie musste ihre Angaben unter Eid bekräftigen.

Konnten die Erklärungsversuche der Erbin das Gericht überzeugen?

Die Erbin versuchte, die Zweifel zu zerstreuen. Ihre Verteidigung stützte sich auf mehrere Argumente, doch keines verfing.

Ihr erster Einwand: Die erste Auskunft sei doch ausdrücklich als „vorläufig“ bezeichnet worden. Das Gericht pulverisierte dieses Argument. Auch eine vorläufige Auskunft, die von einem Anwalt stammt, muss sorgfältig sein. Eine Schenkung von 30.000 Euro ist kein triviales Detail, das man in einer ersten Übersicht übersehen darf. Die Bezeichnung „vorläufig“ ist kein Freibrief für Nachlässigkeit.

Ihr zweiter Einwand zielte auf Verjährung. Mögliche Ansprüche aus der Schenkung seien ohnehin verjährt. Das Gericht winkte ab. Diese Frage spiele für die Anordnung des Eides keine Rolle. Der begründete Verdacht mangelnder Sorgfalt betrifft die gesamte Liste, nicht nur einzelne, vielleicht verjährte Ansprüche. Die Pflicht zur wahrheitsgemäßen und vollständigen Auskunft bleibt bestehen, unabhängig davon, ob aus jeder einzelnen Position am Ende ein Zahlungsanspruch erwächst.

Schließlich stellte die Erbin für den Fall ihrer Niederlage einen Hilfsantrag. Das Gericht sollte ihr gestatten, ihre Haftung auf den Nachlass zu beschränken. Auch diesen Antrag wies das Gericht als unzulässig zurück. Er war schlicht zu früh gestellt. Über eine solche Haftungsbeschränkung wird erst entschieden, wenn es um konkrete Zahlungen geht, nicht schon auf der Stufe der Auskunft. Das Gesetz sieht zudem vor, dass die Kosten für die Abnahme des Eides ohnehin die Pflichtteilsberechtigte – also die Schwester – tragen muss. Für die Erbin entstanden in diesem Schritt keine Kosten, die eine Haftungsbegrenzung erfordert hätten.

Die Urteilslogik

Wer ein Nachlassverzeichnis erstellt, muss höchste Sorgfalt walten lassen und für dessen Vollständigkeit einstehen, um Zweifel an der Richtigkeit zu vermeiden.

  • Verdacht begründet Eid: Ein Gericht ordnet die eidesstattliche Versicherung eines Nachlassverzeichnisses bereits bei einem begründeten Verdacht auf mangelnde Sorgfalt oder Unvollständigkeit an, nicht erst bei nachgewiesenen Falschaussagen.
  • Glaubwürdigkeit durch Sorgfalt sichern: Die Glaubwürdigkeit eines Erben und der gesamten Nachlassübersicht leiden unter unvollständigen Angaben, selbst wenn diese als „vorläufig“ deklariert sind, und durch Schweigen auf schwerwiegende Vorwürfe vor Gericht.
  • Kostenpflicht bei Eid: Der Pflichtteilsberechtigte trägt die Kosten für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung des Nachlassverzeichnisses, da diese Kosten nicht der Erbe zu verantworten hat.

Das Vertrauen in die Genauigkeit von Nachlassangaben ist essenziell und fordert vom Erben umfassende Transparenz und absolute Redlichkeit.


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Experten Kommentar

Manche Dinge vergisst man nicht, besonders wenn es um viel Geld geht. Dieses Urteil macht klar: Ein Nachlassverzeichnis muss von Anfang an stimmen – „vorläufig“ ist kein Freifahrtschein für Nachlässigkeit, gerade bei großen Summen. Wer dann noch zu ernsten Vorwürfen schweigt, riskiert, dass diese als wahr gelten und ein Gericht die Abgabe unter Eid verlangt. Das ist ein klares Signal an Erben, die Pflicht zur vollständigen Auskunft ernst zu nehmen, und stärkt die Rechte von Pflichtteilsberechtigten, die auf lückenhafte Angaben stoßen.


Das Bild zeigt auf der linken Seite einen großen Text mit "ERBRECHT FAQ Häufig gestellte Fragen" vor einem roten Hintergrund. Auf der rechten Seite sind eine Waage, eine Schriftrolle mit dem Wort "Testament", ein Buch mit der Aufschrift "BGB", eine Taschenuhr und eine Perlenkette zu sehen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet eine Stufenklage für meinen Pflichtteil im Erbrecht?

Eine Stufenklage ist das stärkste Instrument für Pflichtteilsberechtigte, um Transparenz im Erbfall zu erzwingen. Sie ermöglicht es Ihnen, von einem widerwilligen Erben nicht nur eine detaillierte Nachlassaufstellung zu erhalten, sondern deren Richtigkeit, wie im Bamberger Fall, notfalls durch eine gerichtlich angeordnete eidesstattliche Versicherung überprüfen zu lassen. So schaffen Sie die unverzichtbare Grundlage für die korrekte Berechnung Ihres rechtmäßigen Erbteils.

Juristen nennen das Verfahren Stufenklage, weil es sich schrittweise entfaltet. Zuerst verlangen Sie als Pflichtteilsberechtigter vom Erben eine umfassende Auskunft über den gesamten Nachlass. Hierzu gehört ein detailliertes Verzeichnis aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Dieses Verzeichnis ist entscheidend, um Ihren Pflichtteil überhaupt beziffern zu können.

Bestehen jedoch begründete und handfeste Zweifel an der Sorgfalt oder Vollständigkeit dieser Auskunft, kann das Gericht die zweite Stufe anordnen. In diesem Fall muss der Erbe die Richtigkeit seiner Angaben durch eine eidesstattliche Versicherung bekräftigen. Das Gericht prüft zuvor akribisch, ob Ihre Zweifel stichhaltig sind. Es geht darum, die Glaubwürdigkeit der gesamten Aufstellung sicherzustellen, insbesondere bei Widersprüchen oder Ungereimtheiten, wie im Fall einer vergessenen Schenkung oder eines dubiosen Darlehensverzichts.

Ein passender Vergleich ist ein undurchsichtiges Kochrezept, bei dem die Zutatenliste lückenhaft ist. Sie können das Gericht bitten, den Koch zu zwingen, die genaue Menge jeder Zutat unter Eid zu bestätigen. Erst dann wissen Sie, wie viel vom Kuchen Ihnen wirklich zusteht.

Sammeln Sie akribisch alle Ihnen bekannten Ungereimtheiten oder fehlenden Posten im vorliegenden Nachlassverzeichnis. Dokumentieren Sie verdächtige Schenkungen oder Darlehensverzichte, die Ihnen bekannt sind. So formulieren Sie konkrete, fundierte Zweifel für eine gerichtliche Forderung und untermauern Ihren Anspruch auf Wahrheit und vollständige Auskunft.


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Kann ich als Pflichtteilsberechtigter ein notarielles Nachlassverzeichnis fordern?

Ja, als Pflichtteilsberechtigter können Sie in der Regel ein notarielles Nachlassverzeichnis fordern. Dieses wichtige Instrument bietet eine deutlich höhere Verbindlichkeit und Prüfungstiefe als eine private Aufstellung des Erben. Es sichert die korrekte Bezifferung Ihres Pflichtteilsanspruchs und minimiert das Risiko von unvollständigen oder manipulierten Angaben. Der Notar ist hierbei zur aktiven Ermittlung verpflichtet.

Juristen nennen das Auskunftsrecht nach § 2314 Abs. 1 BGB. Es ist Ihr gutes Recht, eine detaillierte Aufstellung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Erblassers zu erhalten. Ein notarielles Verzeichnis geht dabei weit über eine simple Liste des Erben hinaus. Der Notar agiert als neutrale Instanz. Seine Aufgabe ist es nicht nur, die Angaben des Erben zu protokollieren. Er muss vielmehr aktiv recherchieren, Bankauskünfte einholen und den Nachlass sorgfältig bewerten. Diese tiefgehende Prüfung gewährleistet, dass keine Vermögenswerte übersehen oder bewusst verschwiegen werden. So wird eine verlässliche Basis für Ihre Pflichtteilsberechnung geschaffen.

Denken Sie an einen unabhängigen Finanzprüfer. Eine eigenständige Erklärung des Erben ist wie eine selbst erstellte Steuererklärung ohne Belege. Ein notarielles Verzeichnis hingegen ist vergleichbar mit einer Wirtschaftsprüfung, bei der alle Posten genau unter die Lupe genommen werden.

Fordern Sie daher umgehend ein notarielles Nachlassverzeichnis vom Erben an. Dieses Vorgehen initiiert eine unabhängige und qualifizierte Bestandsaufnahme des Erbes. Sie sichern damit die Grundlage für die korrekte Berechnung Ihres Pflichtteilsanspruchs und vermeiden spätere Ungereimtheiten.


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Welche Schritte folgten, wenn der Erbe eine eidesstattliche Versicherung verweigert?

Verweigert ein Erbe die gerichtlich angeordnete eidesstattliche Versicherung, obwohl der Artikel keine direkte Weigerung schildert, zieht dies ernste Konsequenzen nach sich. Eine solche Anordnung ist bindend. Gerichte können Zwangsmittel wie Zwangsgeld oder sogar Erzwingungshaft einsetzen, um die vollständige und wahrheitsgemäße Auskunft über den Nachlass letztlich zu erzwingen.

Ein Gericht ordnet die eidesstattliche Versicherung nicht leichtfertig an. Es müssen handfeste Gründe für mangelnde Sorgfalt im Nachlassverzeichnis vorliegen. Denken Sie an die im Bamberger Fall beschriebenen Widersprüche oder unbeantworteten Vorwürfe, die die Glaubwürdigkeit der Erbin ernsthaft infrage stellten. Sobald das Gericht diese Abgabe anordnet, ist sie für den Erben verpflichtend.

Die Konsequenz war klar, wie das Landgericht Bamberg urteilte: Die Erbin musste ihre Angaben unter Eid bekräftigen. Zwar behandelt der Artikel keine explizite Verweigerung, doch die rechtliche Implikation ist unmissverständlich: Eine Missachtung führt unweigerlich zu Zwangsmitteln. Dazu gehören Zwangsgelder oder sogar Erzwingungshaft, um die geforderte Transparenz zu erzwingen.

Ein passender Vergleich ist die behördliche Anordnung, ein baufälliges Gebäude zu sichern. Ignoriert der Eigentümer dies, drohen ihm nicht nur Bußgelder, sondern auch behördliche Maßnahmen, die Sanierung auf seine Kosten durchzusetzen. Genauso erzwingt das Gericht die wahrheitsgemäße Auskunft im Erbfall.

Sollten Sie als Pflichtteilsberechtigter begründete Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit eines Nachlassverzeichnisses hegen, zögern Sie nicht. Bestehen Sie auf einer gerichtlichen Anordnung zur eidesstattlichen Versicherung. Dieses Instrument ist ein mächtiges und erzwingbares Werkzeug zur Wahrheitsfindung.


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Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei einer vorsätzlich falschen eidesstattlichen Versicherung?

Obwohl der Artikel die konkreten Strafen nicht nennt, impliziert die Betonung der ‚Glaubwürdigkeit‘ und der Notwendigkeit einer ‚wahrheitsgemäßen und vollständigen Auskunft‘ unter Eid, dass eine vorsätzlich falsche eidesstattliche Versicherung extrem schwerwiegende rechtliche Konsequenzen hat. Diese gehen weit über zivilrechtliche Ansprüche hinaus und können strafrechtlich als Meineid geahndet werden.

Juristen nennen das eine ernste Angelegenheit. Eine eidesstattliche Versicherung dient dazu, die Wahrhaftigkeit und Vollständigkeit eines Nachlassverzeichnisses zu bekräftigen. Sie stellt die Glaubwürdigkeit der Auskunft und der Person des Erben sicher. Bereits der begründete Verdacht mangelnder Sorgfalt kann die Abnahme eines solchen Eides erzwingen – wie der Bamberger Fall zeigt. Das ist weit entfernt von einer bewiesenen Lüge. Doch sobald Sie einen Eid leisten, ist jede vorsätzliche Falschaussage ein schwerwiegendes Vergehen. Es ist kein Kavaliersdelikt.

Die juristischen Folgen sind drastisch. Sie reichen weit über zivilrechtliche Auseinandersetzungen hinaus. Wer wissentlich und willentlich unwahre Angaben unter Eid macht, begeht eine falsche Versicherung an Eides statt oder im schlimmsten Fall sogar einen Meineid. Hier drohen nicht nur hohe Geldstrafen. Auch Freiheitsstrafen sind eine realistische Konsequenz. Der Gesetzgeber bewertet die Verletzung der Eidespflicht als Angriff auf die Rechtspflege.

Denken Sie an die Situation eines Piloten vor dem Start: Er muss Checklisten gewissenhaft abarbeiten und sich für die Sicherheit der Passagiere verbürgen. Ein ‚Versehen‘ kann fatale Folgen haben. Eine bewusste Falschaussage jedoch wäre ein Bruch höchsten Vertrauens – und hätte ungleich schlimmere Konsequenzen.

Prüfen Sie deshalb vor der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung jedes Detail des Nachlassverzeichnisses akribisch auf absolute Korrektheit und Vollständigkeit. Schließen Sie jedes Risiko einer Falschaussage aus. Bei Unsicherheiten oder Zweifeln ziehen Sie umgehend juristischen Beistand hinzu. Das kann viel Ärger ersparen.


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Welche Fristen muss ich bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses beachten?

Der vorliegende Artikel nennt keine expliziten gesetzlichen Fristen für die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Er zeigt aber eindringlich, wie erhebliche Verzögerungen und nachträglich auftauchende Posten – selbst nach drei Jahren – zu gravierenden Zweifeln an der Sorgfalt führen können. Dies kann die gerichtliche Anordnung einer eidesstattlichen Versicherung nach sich ziehen.

Gerade im Erbrecht ist eine transparente Kommunikation entscheidend. Der Bamberger Fall belegt eindrücklich, dass die Zeit eine Rolle spielt, auch wenn keine feste Frist genannt wird. Die Erbin legte zuerst eine anwaltliche Liste vor, drei Jahre später folgte eine notarielle. Plötzlich tauchte eine vergessene Schenkung von 30.000 Euro auf. Solche Diskrepanzen zwischen verschiedenen Auskünften untergraben die Glaubwürdigkeit massiv. Sie nähren den Verdacht mangelnder Sorgfalt.

Das Gericht ließ auch den Einwand nicht gelten, die erste Auskunft sei doch nur „vorläufig“ gewesen. Auch eine vorläufige Aufstellung erfordert höchste Präzision. Eine 30.000-Euro-Schenkung kann nicht einfach übersehen werden. Solche Versäumnisse werden schnell als Indiz für weitaus größere Probleme gewertet.

Denken Sie an die Situation eines Steuerprüfers. Er akzeptiert auch keine „vorläufige“ Buchhaltung, in der nach Jahren wichtige Einnahmen fehlen. Er erwartet jederzeit eine vollständige und korrekte Darstellung. Ähnlich rigoros sind die Erwartungen an ein Nachlassverzeichnis.

Mein Rat ist klar: Beginnen Sie umgehend mit der akribischen Erfassung aller Nachlasswerte und -verbindlichkeiten. Überlassen Sie nichts dem Zufall. Nur so vermeiden Sie Misstrauen oder gar gerichtliche Anordnungen zur eidesstattlichen Versicherung. Transparenz schafft Vertrauen, Verzögerungen schaffen Zweifel.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Eidesstattliche Versicherung

Eine Eidesstattliche Versicherung ist die feierliche Bekräftigung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Auskunft vor Gericht oder einem Notar. Juristen erzwingen diese Erklärung, wenn begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Sachverhaltsdarstellung bestehen. Das Gesetz will damit Wahrheit und Rechtssicherheit in komplexen Fällen gewährleisten, wo Vertrauen allein nicht ausreicht.

Beispiel: Die Erbin musste die Richtigkeit ihres Nachlassverzeichnisses mittels einer Eidesstattlichen Versicherung bekräftigen, weil das Landgericht Bamberg wegen der widersprüchlichen Angaben erhebliche Zweifel hatte.

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Falsche Versicherung an Eides statt

Eine Falsche Versicherung an Eides statt begeht, wer wissentlich und willentlich unwahre Angaben unter eidlicher Bestätigung macht. Diese Regelung schützt die Rechtspflege vor Betrug und Manipulation, indem sie das bewusste Lügen unter Eid als Straftat ahndet. Juristen sehen darin einen schweren Angriff auf die Glaubwürdigkeit des Rechtssystems.

Beispiel: Hätte die Erbin die vergessene Schenkung absichtlich verschwiegen und dies später unter Eidesstattlicher Versicherung bekräftigt, hätte sie eine Falsche Versicherung an Eides statt abgegeben und sich strafbar gemacht.

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Notarielles Nachlassverzeichnis

Ein Notarielles Nachlassverzeichnis ist eine amtlich beurkundete Aufstellung aller Vermögenswerte und Schulden eines Erblassers, die ein Notar aktiv recherchiert und erstellt. Der Gesetzgeber hat dieses Instrument geschaffen, um Pflichtteilsberechtigten eine besonders verlässliche und neutrale Auskunft über den Nachlass zu sichern. Der Notar ist dabei zur eigenständigen Ermittlung verpflichtet und prüft nicht nur die Angaben des Erben.

Beispiel: Die pflichtteilsberechtigte Schwester forderte ein Notarielles Nachlassverzeichnis, um sicherzustellen, dass keine Vermögenswerte, wie die 30.000-Euro-Schenkung, im Erbe der Mutter unerwähnt blieben.

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Stufenklage

Eine Stufenklage ist ein gerichtliches Verfahren, mit dem Pflichtteilsberechtigte in mehreren Schritten die vollständige Auskunft über den Nachlass und gegebenenfalls deren eidliche Bestätigung erzwingen können. Juristen wenden die Stufenklage an, um Schritt für Schritt Transparenz in Erbfällen zu schaffen, insbesondere wenn der Erbe nicht kooperiert oder Ungereimtheiten bestehen. Das Ziel ist es, die exakte Höhe des Pflichtteils zu ermitteln und so Gerechtigkeit für die Erben zu gewährleisten.

Beispiel: Um die Lücken im Nachlassverzeichnis aufzudecken und die Erbin zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung zu zwingen, hatte die enterbte Schwester die Möglichkeit, eine Stufenklage einzureichen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Pflicht zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch)

    Wer einen Pflichtteil beansprucht, kann vom Erben eine vollständige und wahrheitsgemäße Aufstellung aller zum Erbe gehörenden Gegenstände und Schulden verlangen.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die pflichtteilsberechtigte Schwester hatte das Recht, von der Erbin ein genaues Verzeichnis des Nachlasses zu erhalten, um ihren Pflichtteil korrekt berechnen zu können.

  • Eidesstattliche Versicherung über das Nachlassverzeichnis (§ 2314 Abs. 1 Satz 3 Bürgerliches Gesetzbuch)

    Besteht ein begründeter Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit eines vom Erben erstellten Nachlassverzeichnisses, kann das Gericht den Erben zwingen, dessen Richtigkeit unter Eid zu versichern.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Wegen der fehlenden Schenkung und des dubiosen Darlehensverzichtes bestanden erhebliche Zweifel an der Sorgfalt der Erbin, weshalb das Gericht die Abgabe dieser eidesstattlichen Versicherung anordnete.

  • Pflichtteilsergänzungsanspruch bei Schenkungen (§ 2325 Bürgerliches Gesetzbuch)

    Hat der Verstorbene zu Lebzeiten Schenkungen gemacht, können diese unter bestimmten Umständen bei der Berechnung des Pflichtteils berücksichtigt werden, um zu verhindern, dass das Erbe zum Nachteil der Pflichtteilsberechtigten geschmälert wird.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die 30.000-Euro-Schenkung der Mutter an die Erbin musste im Nachlassverzeichnis auftauchen, da sie den Pflichtteil der Schwester potenziell erhöht hätte, indem sie den Nachlasswert für die Pflichtteilsberechnung anpasst.

  • Prozessuales Schweigen auf Vorwürfe (Grundsatz im Zivilprozessrecht)

    Im Zivilrecht kann es als Zugeständnis gewertet werden, wenn eine Partei zu einem konkreten und schwerwiegenden Vorwurf der Gegenseite im Prozess schweigt und ihn nicht bestreitet.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Erbin den Vorwurf des „Schein-Darlehens“ nicht bestritt, wertete das Gericht ihr Schweigen als Bestätigung, was die Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihres Verzeichnisses weiter verstärkte.


Das vorliegende Urteil


LG Bamberg – Az.: 44 O 1148/22 Erb – Teilurteil vom 02.06.2023


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