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Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin- testamentarischen Erb- bzw. Ersatzerbeneinsetzung

Lebensgefährtin verliert Erbschaftsstreit: Testamentarische Feinheiten entscheiden über das Erbe eines verstorbenen Mannes – Kinder setzen sich gegen die Ansprüche der Partnerin durch.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es geht um die Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin im testamentarischen Kontext.
  • Der Verstorbene war verheiratet und hatte zwei Kinder aus dieser Ehe.
  • Die Lebensgefährtin in dieser Situation war nicht explizit als Erbin im Testament erwähnt.
  • Das Amtsgericht hatte ursprünglich dem Erbscheinsantrag der Lebensgefährtin stattgegeben.
  • Auf Beschwerde eines Beteiligten hin änderte das Oberlandesgericht (OLG) diese Entscheidung und wies den Antrag der Lebensgefährtin zurück.
  • Das Gericht entschied, dass die testamentarischen Bestimmungen vorrangig zu beachten sind.
  • Schwierigkeit bestand darin, die exakte Interpretation des Testaments und die rechtliche Stellung der Lebensgefährtin zu klären.
  • Die Entscheidung zeigt die Wichtigkeit klarer testamentarischer Verfügungen, um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Auswirkungen sind, dass die Lebensgefährtin keine Erbschaft anerkannt bekommt, was die Rechte der leiblichen Kinder festigt.
  • Diese Entscheidung betont die Notwendigkeit präziser Formulierungen im Testament, besonders bei Einsetzungen von Ersatzerben.

Kinder erben statt Lebensgefährtin: Klärung der testamentarischen Ersatzerbfolge

Werden Sie plötzlich zum Erben, obwohl der Verstorbene Sie nicht in seinem Testament erwähnt hat? Ein häufiger Fall ist die Einsetzung der Lebenspartnerin als Ersatzerbin. Diese Frage beschäftigt viele Menschen, die im Falle des Todes eines geliebten Menschen unklar ist, ob und in welcher Form sie erben können. Die gesetzliche Erbfolge und die testamentarische Verfügung, durch die ein Erblasser seinen Willen regelt, können zu komplexen Situationen führen, die oft mit emotionalen Belastungen verbunden sind.

Besonders in Beziehungen, die nicht durch die Ehe legitimiert sind, kann die Frage der Erbschaft im Fall eines Todesfalles zu großen Unsicherheiten führen. In solchen Fällen kann die Einsetzung der Lebenspartnerin als Ersatzerbin eine sinnvolle Möglichkeit sein, um den Willen des Verstorbenen zu sichern. Doch unter welchen Umständen ist eine solche testamentarische Verfügung rechtlich gültig? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um die Rechte der Lebenspartnerin zu gewährleisten? In der folgenden Analyse werden wir einen konkreten Fall beleuchten, der uns diese Fragen näher beleuchtet.

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Der Fall vor Gericht


Erbstreit um Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin

Testamentarische Ersatzerbeneinsetzung
Oberlandesgericht entscheidet: Ersatzerbeneinsetzung der Lebensgefährtin im Testament unwirksam, da Bedingungen nicht erfüllt. (Symbolfoto: – Shutterstock.com)

Der vorliegende Fall befasst sich mit einem Erbschaftsstreit zwischen den Kindern eines verstorbenen Mannes und seiner Lebensgefährtin. Der am 31. Januar 2022 verstorbene Erblasser hinterließ zwei Kinder aus seiner ersten Ehe, die bereits 1997 durch den Tod seiner Ehefrau beendet wurde. In seinem Testament hatte der Erblasser seine Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt, falls seine beiden Kinder vor ihm versterben sollten.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Lebensgefährtin die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung mit den Kindern des Verstorbenen. Der Kernpunkt des Konflikts lag in der Frage, ob die testamentarische Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin rechtlich wirksam war und ob sie dadurch tatsächlich zur Alleinerbin wurde.

Das Amtsgericht Kusel als Nachlassgericht hatte in erster Instanz dem Erbscheinsantrag der Lebensgefährtin stattgegeben. Gegen diese Entscheidung legte eines der Kinder des Erblassers Beschwerde ein.

Rechtliche Herausforderungen bei der Ersatzerbeneinsetzung

Die zentrale rechtliche Herausforderung in diesem Fall bestand darin, die Wirksamkeit und Reichweite der testamentarischen Ersatzerbeneinsetzung zu beurteilen. Es musste geklärt werden, unter welchen Bedingungen eine als Ersatzerbin eingesetzte Person tatsächlich zur Erbin wird.

Ein wesentlicher Aspekt dabei war die Auslegung des Testaments. Es galt zu ermitteln, was der wahre Wille des Erblassers war. Wollte er seine Lebensgefährtin nur für den Fall als Erbin einsetzen, dass beide seiner Kinder vor ihm versterben? Oder sollte sie auch dann erben, wenn nur eines der Kinder den Erblasser überlebt?

Zudem musste das Gericht die gesetzlichen Regelungen zur Ersatzerbschaft berücksichtigen. Gemäß § 2096 BGB tritt eine als Ersatzerbe eingesetzte Person nur dann an die Stelle des ursprünglich Bedachten, wenn dieser vor dem Erbfall wegfällt. In diesem Fall lebten jedoch beide Kinder des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes noch.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken

Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat in seinem Beschluss vom 27. Mai 2024 die Entscheidung des Amtsgerichts Kusel aufgehoben und den Erbscheinsantrag der Lebensgefährtin zurückgewiesen. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für das Eintreten der Ersatzerbschaft nicht erfüllt waren.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die im Testament festgelegte Bedingung für die Ersatzerbschaft nicht eingetreten war. Der Erblasser hatte seine Lebensgefährtin nur für den Fall als Ersatzerbin eingesetzt, dass beide seiner Kinder vor ihm versterben würden. Da jedoch beide Kinder den Erblasser überlebt hatten, konnte die Lebensgefährtin nicht als Ersatzerbin in die Position der ursprünglich bedachten Erben eintreten.

Die Richter betonten in ihrer Urteilsbegründung die Wichtigkeit einer genauen Auslegung des Testaments. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass der Erblasser mit seiner Formulierung im Testament eindeutig zum Ausdruck gebracht hatte, dass seine Lebensgefährtin nur dann erben sollte, wenn keines seiner Kinder mehr am Leben wäre.

Bedeutung für die Testamentsgestaltung und Erbfolge

Diese Gerichtsentscheidung verdeutlicht die Komplexität und Bedeutung einer präzisen Formulierung in Testamenten, insbesondere bei der Einsetzung von Ersatzerben. Der Fall zeigt, dass selbst scheinbar klare testamentarische Verfügungen zu Missverständnissen und rechtlichen Auseinandersetzungen führen können.

Für Erblasser ergibt sich daraus die Empfehlung, bei der Gestaltung ihres letzten Willens besonders sorgfältig vorzugehen. Es ist ratsam, verschiedene Szenarien zu bedenken und den eigenen Willen so eindeutig wie möglich zu formulieren. Dabei sollte klar festgelegt werden, unter welchen genauen Umständen ein Ersatzerbe zum Zuge kommen soll.

Für potenzielle Erben und Ersatzerben unterstreicht der Fall die Notwendigkeit, sich mit dem genauen Wortlaut eines Testaments auseinanderzusetzen. Die bloße Nennung als Ersatzerbe garantiert noch nicht, dass man tatsächlich erbberechtigt ist. Es kommt auf die konkreten Bedingungen an, die der Erblasser für den Eintritt der Ersatzerbschaft festgelegt hat.

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken macht deutlich, dass Gerichte bei der Auslegung von Testamenten streng am Wortlaut und dem erkennbaren Willen des Erblassers festhalten. Sie werden nicht ohne Weiteres eine Erbfolge annehmen, die über den klar formulierten Willen des Verstorbenen hinausgeht.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des OLG Zweibrücken unterstreicht die Bedeutung präziser Formulierungen in Testamenten, insbesondere bei der Einsetzung von Ersatzerben. Gerichte legen Testamente streng nach dem Wortlaut und erkennbaren Willen des Erblassers aus. Eine Ersatzerbschaft tritt nur ein, wenn die vom Erblasser festgelegten Bedingungen exakt erfüllt sind. Erblasser sollten daher bei der Testamentsgestaltung verschiedene Szenarien bedenken und ihren Willen eindeutig formulieren, um spätere Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie ein Testament verfassen: Das Urteil zeigt, wie wichtig eine klare und eindeutige Formulierung Ihres letzten Willens ist. Insbesondere bei der Benennung von Ersatzerben sollten Sie genau festlegen, unter welchen Umständen diese erben sollen. Vermeiden Sie unklare Formulierungen, um spätere Streitigkeiten zu verhindern.

Wenn Sie als Ersatzerbe eingesetzt sind: Dieses Urteil unterstreicht, dass die bloße Nennung als Ersatzerbe nicht automatisch bedeutet, dass Sie auch erben werden. Prüfen Sie genau, welche Bedingungen im Testament festgelegt sind und ob diese Bedingungen erfüllt sind.

Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden: Das Urteil verdeutlicht, dass Erbstreitigkeiten komplex sein können und eine genaue Prüfung der rechtlichen Lage erfordern. Wenn Sie unsicher sind, ob und wie Sie erben, sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen, um Ihre Rechte zu wahren.


FAQ – Häufige Fragen

Der Tod eines geliebten Menschen ist ein schmerzlicher Verlust, der oft mit einer Reihe von Fragen und Herausforderungen einhergeht. Besonders im Hinblick auf die Vererbung des Nachlasses können viele Unklarheiten bestehen. Testamentarische Ersatzerbeneinsetzung ist ein komplexes Thema, das oftmals zu Unsicherheit und Rechtsstreitigkeiten führt. Diese FAQ-Rubrik soll Ihnen Klarheit verschaffen und Ihnen helfen, wichtige Fragen rund um das Thema der Ersatzerbeneinsetzung in einem Testament zu beantworten.


Unter welchen Voraussetzungen wird eine Ersatzerbeneinsetzung wirksam?

Eine Ersatzerbeneinsetzung wird wirksam, wenn der ursprünglich eingesetzte Erbe aus bestimmten Gründen wegfällt. Dies kann vor oder nach dem Eintritt des Erbfalls geschehen. Der häufigste Fall ist das Vorversterben des eingesetzten Erben. Stirbt dieser vor dem Erblasser, tritt der Ersatzerbe an seine Stelle.

Auch wenn der ursprüngliche Erbe die Erbschaft ausschlägt, greift die Ersatzerbeneinsetzung. Die Ausschlagung muss innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen nach Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erfolgen. In diesem Fall wird der Ersatzerbe rückwirkend zum Zeitpunkt des Erbfalls Erbe.

Eine weitere Voraussetzung für das Wirksamwerden der Ersatzerbeneinsetzung ist die Erbunwürdigkeit des ursprünglichen Erben. Hat dieser beispielsweise versucht, den Erblasser zu töten, kann er durch gerichtliche Entscheidung für erbunwürdig erklärt werden. In der Folge tritt der Ersatzerbe an seine Stelle.

Die erfolgreiche Anfechtung des Testaments kann ebenfalls zur Wirksamkeit der Ersatzerbeneinsetzung führen. Wird die Erbeinsetzung des ursprünglichen Erben erfolgreich angefochten, etwa wegen eines Irrtums des Erblassers, rückt der Ersatzerbe nach.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Ersatzerbe nur dann zum Zuge kommt, wenn der ursprüngliche Erbe zu keinem Zeitpunkt Erbe geworden ist. Verstirbt der eingesetzte Erbe nach dem Erbfall, aber vor der Annahme der Erbschaft, wird die Ersatzerbeneinsetzung nicht wirksam. In diesem Fall sind die Erben des verstorbenen Erben erbberechtigt.

Bei der Formulierung einer Ersatzerbeneinsetzung sollte der Erblasser präzise sein. Eine klare Benennung des Ersatzerben, idealerweise mit vollständigem Namen und Geburtsdatum, verhindert spätere Unklarheiten. Besonders bei der Einsetzung von Lebensgefährten als Ersatzerben ist Sorgfalt geboten, da hier oft Interpretationsspielraum besteht.

Die Wirksamkeit einer Ersatzerbeneinsetzung hängt auch davon ab, dass sie formgültig erfolgt ist. Sie muss in einem rechtsgültigen Testament oder Erbvertrag festgehalten sein. Ein mündlich geäußerter Wunsch des Erblassers reicht nicht aus.

Für den Fall, dass mehrere Erben eingesetzt wurden und einer von ihnen wegfällt, ist es ratsam, die Ersatzerbeneinsetzung genau zu regeln. Ohne eine solche Regelung würde der Anteil des weggefallenen Erben den übrigen Erben zuwachsen, was möglicherweise nicht dem Willen des Erblassers entspricht.

Bei der Ersatzerbeneinsetzung ist zu beachten, dass sie sich von der Vor- und Nacherbschaft unterscheidet. Während der Ersatzerbe nur dann erbt, wenn der ursprüngliche Erbe wegfällt, erbt der Nacherbe in jedem Fall – allerdings erst nach dem Vorerben.

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Wie interpretiert ein Gericht den letzten Willen des Erblassers im Testament?

Bei der Interpretation des letzten Willens im Testament orientieren sich Gerichte primär am Wortlaut der Verfügung. Sie legen die verwendeten Formulierungen nach ihrem objektiven Sinn aus, wie sie ein unbefangener Dritter verstehen würde. Dabei berücksichtigen die Richter den gesamten Inhalt des Testaments und setzen einzelne Anordnungen in Bezug zueinander.

Entscheidend ist, was der Erblasser zum Ausdruck bringen wollte. Um den wahren Willen zu ermitteln, können Gerichte auch Umstände außerhalb der Testamentsurkunde heranziehen. Dazu gehören beispielsweise persönliche Verhältnisse des Erblassers, familiäre Beziehungen oder frühere Äußerungen zu seinen Nachlasswünschen.

Präzise und eindeutige Formulierungen im Testament sind von größter Bedeutung. Je klarer der Erblasser seinen Willen zum Ausdruck bringt, desto geringer ist der Interpretationsspielraum für das Gericht. Unklare oder mehrdeutige Anordnungen bergen die Gefahr von Missverständnissen und können zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Erben führen.

Bei der Auslegung des Testaments wenden Gerichte bestimmte Auslegungsregeln an. So gehen sie im Zweifel davon aus, dass der Erblasser eine wirksame und sinnvolle Regelung treffen wollte. Widersprüchliche Anordnungen werden möglichst so ausgelegt, dass sie nebeneinander Bestand haben können.

Besondere Sorgfalt ist bei der Benennung von Erben geboten. Die eindeutige Bezeichnung der bedachten Personen verhindert spätere Unklarheiten. Bei der Einsetzung einer Lebensgefährtin als Erbin oder Ersatzerbin sollte der Erblasser deren vollständigen Namen und Geburtsdatum angeben. Formulierungen wie „meine Lebensgefährtin“ können zu Problemen führen, wenn sich die Lebensumstände des Erblassers bis zu seinem Tod ändern.

Auch bei der Beschreibung des zu vererbenden Vermögens ist Präzision gefragt. Statt allgemeiner Begriffe wie „mein Haus“ empfiehlt sich die genaue Angabe von Adresse und Grundbuchdaten. Bei der Vererbung von Bankguthaben sollten Kontonummern genannt werden.

Gerichte müssen oft schwierige Abwägungen treffen, wenn der Wille des Erblassers nicht eindeutig aus dem Testament hervorgeht. Sie versuchen dann, eine Lösung zu finden, die dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen am nächsten kommt. Dabei berücksichtigen sie auch die Interessenlage der Erben und den Zweck der Verfügung.

Um Interpretationsschwierigkeiten vorzubeugen, ist die Hinzuziehung eines Rechtsexperten bei der Testamentserstellung ratsam. Ein Notar oder Fachanwalt für Erbrecht kann helfen, den letzten Willen rechtssicher zu formulieren. Er achtet auf die Verwendung juristisch eindeutiger Begriffe und die Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften.

Trotz sorgfältiger Formulierung können sich die Lebensumstände des Erblassers nach der Testamentserrichtung ändern. Daher ist es wichtig, das Testament regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass es den aktuellen Willen des Erblassers widerspiegelt und im Erbfall keine Auslegungsprobleme auftreten.

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Was passiert, wenn die Kinder eines Erblassers die Ersatzerbeneinsetzung anfechten?

Die Anfechtung einer Ersatzerbeneinsetzung durch die Kinder eines Erblassers ist ein komplexer rechtlicher Vorgang. Grundsätzlich können die Kinder als potenzielle gesetzliche Erben eine testamentarische Verfügung anfechten, wenn sie sich dadurch benachteiligt fühlen. Dies gilt auch für die Einsetzung eines Ersatzerben.

Für eine erfolgreiche Anfechtung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein wichtiger Anfechtungsgrund ist ein Irrtum des Erblassers bei der Errichtung des Testaments. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn der Erblasser fälschlicherweise davon ausging, dass seine Kinder bereits verstorben seien und deshalb einen Ersatzerben einsetzte. Auch Drohung oder arglistige Täuschung können Anfechtungsgründe darstellen.

Die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von einem Jahr erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Anfechtungsberechtigte Kenntnis vom Anfechtungsgrund erlangt hat. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht.

Bei einer erfolgreichen Anfechtung wird die Ersatzerbeneinsetzung als von Anfang an nichtig betrachtet. Dies kann dazu führen, dass die gesetzliche Erbfolge eintritt, sofern keine anderen wirksamen testamentarischen Verfügungen vorliegen. In diesem Fall würden die Kinder als gesetzliche Erben zum Zuge kommen.

Es ist wichtig zu beachten, dass eine Anfechtung nicht leichtfertig erfolgen sollte. Die Gerichte prüfen die Anfechtungsgründe sehr genau. Zudem kann eine unbegründete Anfechtung zu erheblichen Kosten führen. Es empfiehlt sich daher, vor einer Anfechtung rechtlichen Rat einzuholen.

Ein besonderer Fall liegt vor, wenn der Erblasser seine Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt hat. Hier könnten die Kinder argumentieren, dass der Erblasser die familiären Bindungen nicht ausreichend berücksichtigt hat. Allerdings ist zu beachten, dass die Testierfreiheit des Erblassers grundsätzlich zu respektieren ist.

Die Anfechtung einer Ersatzerbeneinsetzung kann weitreichende Folgen für die Nachlassverteilung haben. Sie kann zu langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen führen und das Verhältnis zwischen den Beteiligten belasten. Daher sollten alle Möglichkeiten einer gütlichen Einigung ausgeschöpft werden, bevor der Weg der Anfechtung beschritten wird.

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Kann eine Lebensgefährtin ohne spezifische testamentarische Anordnung Erbin werden?

Eine Lebensgefährtin kann ohne spezifische testamentarische Anordnung grundsätzlich nicht Erbin werden. Das deutsche Erbrecht sieht für nichteheliche Lebensgemeinschaften kein gesetzliches Erbrecht vor. Lebensgefährten gelten rechtlich als fremde Dritte und haben somit keinen Anspruch auf den Nachlass des verstorbenen Partners.

Um die Lebensgefährtin als Erbin einzusetzen, ist zwingend eine testamentarische Verfügung oder ein Erbvertrag erforderlich. Nur durch eine solche explizite Anordnung kann der Erblasser seinen Willen zum Ausdruck bringen, dass die Lebensgefährtin erben soll. Ohne eine derartige Regelung greift die gesetzliche Erbfolge, bei der ausschließlich Verwandte und Ehepartner berücksichtigt werden.

Die bloße Tatsache einer langjährigen Beziehung oder eines gemeinsamen Haushalts reicht nicht aus, um erbrechtliche Ansprüche zu begründen. Auch wenn die Lebensgefährtin möglicherweise jahrelang für den Verstorbenen gesorgt hat, entsteht daraus kein automatisches Erbrecht.

Bei der Erstellung eines Testaments zugunsten der Lebensgefährtin ist besondere Sorgfalt geboten. Eine ungenaue oder mehrdeutige Formulierung kann dazu führen, dass der Wille des Erblassers nicht eindeutig erkennbar ist. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass das Testament angefochten wird oder die beabsichtigte Erbeinsetzung unwirksam ist.

Besonders problematisch kann es sein, wenn die Lebensgefährtin lediglich als Ersatzerbin eingesetzt wurde. Hier kommt es auf die genauen Umstände und Formulierungen im Testament an. Eine pauschale Einsetzung als Ersatzerbin ohne weitere Erläuterungen oder Anhaltspunkte im Testament reicht in der Regel nicht aus, um den Willen des Erblassers zweifelsfrei festzustellen.

Für Paare in nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist es daher von großer Bedeutung, sich frühzeitig mit der erbrechtlichen Situation auseinanderzusetzen. Eine klare und eindeutige testamentarische Regelung ist unerlässlich, um den gewünschten Vermögensübergang auf die Lebensgefährtin sicherzustellen. Dabei sollte professionelle rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden, um alle relevanten Aspekte zu berücksichtigen und eine rechtssichere Gestaltung zu gewährleisten.

Es ist zu beachten, dass selbst bei einer wirksamen testamentarischen Einsetzung der Lebensgefährtin als Erbin mögliche Pflichtteilsansprüche von Kindern oder Eltern des Verstorbenen bestehen bleiben. Diese können die Erbschaft der Lebensgefährtin schmälern.

Für Lebensgefährten, die sich gegenseitig absichern möchten, bietet sich neben dem Testament auch der Abschluss eines Erbvertrags an. Dieser hat den Vorteil, dass er nur im gegenseitigen Einvernehmen geändert werden kann und somit mehr Sicherheit bietet als ein einseitig widerrufbares Testament.

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Welche Rolle spielt die Reihenfolge der Bedachten im Testament?

Die Reihenfolge der Bedachten im Testament spielt eine entscheidende Rolle für die Erbfolge. Sie bestimmt, in welcher Abfolge die Erben zum Zuge kommen. Der Erblasser kann durch die Anordnung der Reihenfolge gezielt steuern, wer vorrangig erben soll und wer nur nachrangig als Ersatzerbe eingesetzt wird.

Bei der testamentarischen Erbeinsetzung hat der zuerst Genannte grundsätzlich Vorrang vor den nachfolgend Aufgeführten. Dies gilt, sofern der Erblasser keine abweichenden Bestimmungen getroffen hat. Fällt der an erster Stelle eingesetzte Erbe weg, etwa weil er vor dem Erbfall verstirbt oder die Erbschaft ausschlägt, rückt der nächste in der Reihenfolge nach.

Die Bedeutung der Reihenfolge zeigt sich besonders deutlich bei der Einsetzung von Ersatzerben. Der Erblasser kann festlegen, dass eine bestimmte Person nur dann erben soll, wenn der Haupterbe wegfällt. Durch diese Regelung wird eine klare Rangfolge geschaffen. Der Ersatzerbe kommt erst dann zum Zuge, wenn der vorrangig Bedachte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht Erbe werden kann.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht die Relevanz: Ein Erblasser setzt in seinem Testament zunächst seine Ehefrau als Alleinerbin ein. Für den Fall, dass diese vor ihm verstirbt, bestimmt er seinen langjährigen Lebensgefährten als Ersatzerben. Verstirbt nun die Ehefrau tatsächlich vor dem Erblasser, erbt der Lebensgefährte aufgrund der festgelegten Reihenfolge. Ohne diese klare Regelung würde möglicherweise die gesetzliche Erbfolge greifen, was zu unerwünschten Ergebnissen führen könnte.

Die Reihenfolge im Testament ermöglicht es dem Erblasser auch, komplexere Erbfolgeszenarien zu gestalten. Er kann beispielsweise mehrere Ersatzerben in einer bestimmten Rangfolge benennen. So lässt sich präzise festlegen, wer in welcher Konstellation erbberechtigt sein soll.

Besonders bei Patchwork-Familien oder nichtehelichen Lebensgemeinschaften gewinnt die Reihenfolge der Bedachten an Bedeutung. Hier kann der Erblasser durch eine durchdachte Anordnung sicherstellen, dass auch Personen berücksichtigt werden, die nach der gesetzlichen Erbfolge leer ausgehen würden.

Es ist wichtig zu beachten, dass die im Testament festgelegte Reihenfolge nur dann ihre volle Wirkung entfaltet, wenn das Testament formgültig errichtet wurde. Ein handschriftliches Testament muss vollständig eigenhändig geschrieben und unterschrieben sein. Bei einem notariellen Testament übernimmt der Notar die korrekte Formulierung und Beurkundung.

Die Reihenfolge der Bedachten kann auch mit Bedingungen verknüpft werden. Der Erblasser hat die Möglichkeit, das Erbe an bestimmte Voraussetzungen zu knüpfen. Allerdings sind sittenwidrige oder rechtlich unzulässige Bedingungen nichtig. Zulässig wäre etwa die Bedingung, dass der Erbe eine bestimmte Ausbildung abschließen muss, bevor er das Erbe antreten kann.

Für die Erben ist es von großer Bedeutung, die im Testament festgelegte Reihenfolge genau zu kennen. Nur so können sie einschätzen, ob und wann sie erbberechtigt sind. Im Zweifelsfall sollten sie sich rechtlichen Rat einholen, um ihre Position im Erbfall korrekt einzuordnen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Ersatzerbe: Eine Person, die im Testament als Erbe eingesetzt wird, falls der ursprünglich vorgesehene Erbe vor dem Erblasser verstirbt oder aus anderen Gründen die Erbschaft nicht antreten kann. Die Ersatzerbschaft tritt nur unter den im Testament genau festgelegten Bedingungen ein. Im Fall des OLG Zweibrücken war die Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt, jedoch nur für den Fall, dass beide Kinder vor dem Erblasser versterben würden. Da diese Bedingung nicht erfüllt war, konnte die Ersatzerbschaft nicht wirksam werden.
  • Testamentsauslegung: Der juristische Prozess, bei dem der wahre Wille des Erblassers aus dem Wortlaut und dem Gesamtzusammenhang des Testaments ermittelt wird. Gerichte müssen oft den Inhalt eines Testaments interpretieren, um festzustellen, was der Erblasser tatsächlich beabsichtigte. Im vorliegenden Fall musste das Gericht durch Auslegung ermitteln, unter welchen genauen Bedingungen die Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt werden sollte. Die präzise Formulierung im Testament war hierbei entscheidend für das Urteil.
  • Erbschein: Ein amtliches Dokument, das die Erbenstellung einer Person nachweist. Der Erbschein wird vom Nachlassgericht auf Antrag erteilt und dient als Legitimation gegenüber Dritten, z.B. Banken oder Grundbuchamt. Im beschriebenen Fall beantragte die Lebensgefährtin einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Das Amtsgericht gab diesem Antrag zunächst statt, das Oberlandesgericht wies ihn jedoch später zurück, da die Voraussetzungen für die Ersatzerbschaft nicht erfüllt waren.
  • Nachlassgericht: Das für Erbschaftsangelegenheiten zuständige Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Erblassers. Es ist unter anderem für die Eröffnung von Testamenten, die Erteilung von Erbscheinen und die Regelung von Erbstreitigkeiten zuständig. Im konkreten Fall war das Amtsgericht Kusel als Nachlassgericht in erster Instanz mit dem Erbstreit befasst und hatte zunächst dem Erbscheinsantrag der Lebensgefährtin stattgegeben.
  • Erblasser: Die Person, die ein Testament verfasst und nach deren Tod das Erbe verteilt wird. Der Erblasser bestimmt in seinem letzten Willen, wer sein Vermögen erben soll. Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser seine Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt, jedoch nur unter der Bedingung, dass beide seiner Kinder vor ihm versterben würden. Die genaue Formulierung seines letzten Willens war entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits.
  • Gesetzliche Erbfolge: Die vom Gesetz vorgesehene Rangfolge der Erben, wenn kein gültiges Testament vorliegt oder das Testament die Erbfolge nicht vollständig regelt. Sie bestimmt, wer in welcher Reihenfolge erbberechtigt ist, wobei Verwandte nach Ordnungen und Graden berücksichtigt werden. Im beschriebenen Fall wurde die gesetzliche Erbfolge relevant, da die testamentarische Ersatzerbeneinsetzung der Lebensgefährtin nicht wirksam wurde. Somit erbten die Kinder des Erblassers gemäß der gesetzlichen Erbfolge.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2096 BGB (Ersatzerbschaft): Dieser Paragraph regelt, wann ein Ersatzerbe zum Zug kommt. Im konkreten Fall konnte die Lebensgefährtin nicht erben, da die Bedingung, dass beide Kinder vor dem Erblasser sterben müssen, nicht erfüllt war.
  • § 1937 BGB (Testamentserrichtung): Dieser Paragraph regelt, wie ein Testament errichtet werden muss, damit es gültig ist. Im vorliegenden Fall war das Testament formell gültig, aber die Auslegung der darin enthaltenen Ersatzerbeneinsetzung strittig.
  • § 133 BGB (Auslegung von Willenserklärungen): Dieser Paragraph besagt, dass bei der Auslegung von Willenserklärungen, wie einem Testament, der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen ist. Im konkreten Fall wurde das Testament so ausgelegt, dass der Erblasser seine Lebensgefährtin nur erben lassen wollte, wenn beide Kinder vorverstorben wären.
  • § 2064 BGB (Erbschein): Dieser Paragraph regelt, wer einen Erbschein beantragen kann und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Im konkreten Fall hatte das Amtsgericht der Lebensgefährtin zunächst einen Erbschein erteilt, das Oberlandesgericht diesen aber wieder aufgehoben.
  • § 1922 BGB (Erbfall): Dieser Paragraph definiert, was ein Erbfall ist und wann er eintritt. Im konkreten Fall trat der Erbfall mit dem Tod des Erblassers ein, was den Erbschaftsstreit auslöste.

Das vorliegende Urteil

OLG Zweibrücken – Az.: 8 W 41/23 – Beschluss vom 27.05.2024

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Kusel vom 13.04.2023 abgeändert wie folgt:

Der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) vom 17.11.2022 wird zurückgewiesen.

II. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das vorliegende Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Eine Kostenerstattung wird nicht angeordnet.

Gründe

I.

Der am 31.01.2022 in B. verstorbene Erblasser war verheiratet gewesen mit der bereits am 19.05.1997 vorverstorbenen O.H. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, nämlich der am 17.09.1965 geborenen Beteiligte zu 1) sowie die am 19.08.1964 geborene C.H..

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Die Eheleute H. hatten unter dem 15.09.1989 bei dem Notar B. in K. einen Erbvertrag geschlossen (URNr. …), in dem die Ehegatten die folgende Regelung getroffen haben:

„§ 2

Wir setzen uns gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerben ein.

Verlangt ein Kind bei Tod des Erstverstrebenden von uns dem Pflichtteil, so erhält es auch beim Tod des Längstlebenden nur den Pflichtteil.

Der Längstlebende bleibt berechtigt, über unser Vermögen frei unter Lebenden oder von Todes wegen zu verfügen.

…“

Der Erblasser lebte später mit einer Lebensgefährtin zusammen, nämlich Frau S.W., die aber ebenfalls vor dem Erblasser (am 27.10.2021) verstorben ist. Die Beteiligte zu 2) ist eine Enkelin der Lebensgefährtin.

Nachdem der Erblasser bereits unter dem 28.03.2016 seiner Lebensgefährtin eine privatschriftliche Kontovollmacht erteilt hatte, errichtete er unter dem 01.07.2018 ein privatschriftliches Testament mit folgendem Inhalt:

„Mein Testament

Ich setze meine Tochter C.H. als alleinige Erbin ein. Da mein Sohn S. das Pflichtteil seiner Mutter ausgezahlt bekommen hat, geht mein Erbe an C.. Meine Lebensgefährtin S.W. erhält, wenn meine Tochter das Erbe ausschlagen sollte, meinen ganzen Besitz

K., den 1.7.2018

(Unterschrift: K.H.)“

Ebenfalls unter dem 01.07.2018 erteilte der Erblasser seiner Lebensgefährtin eine weitere Vollmacht.

Nach dem Tod des Erblassers lieferte die Beteiligte zu 2) das o.g. Testament beim Nachlassgericht ab.

Das Nachlassgericht eröffnete im Anschluss daran das vorgenannte Testament vom 04.04.2022 (Bl. 10 d.A.) und übersandte Kopien des Testaments an die beiden Kinder des Erblassers.

Nach Erhalt der Mitteilung und des Testaments erklärte die Tochter C.H. unter dem 28.04. 2022 zu Protokoll des Nachlassgerichts, dass sie die Erbschaft aus allen möglichen Berufungsgründen ausschlage.

Daraufhin ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 03.05.2022 eine Nachlasspflegschaft an und bestellte den Beteiligten zu 3) zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des Erblassers mit den Wirkungskreisen

– Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie

– Ermittlung der Erben,

da zum Nachlass auch Grundbesitz in K. gehört.

Der Beteiligte zu 3) wurde sodann unter dem 23.06.2022 als Nachlasspfleger verpflichtet und erstattete unter dem 02.09.2022 einen „Übernahmebericht“, in dem er die Ansicht vertrat, das Testament des Erblassers vom 01.07.2018 könne im Wege der ergänzenden Auslegung dahingehend ausgelegt werden, dass der Erblasser für den Fall, dass er daran gedacht hätte, dass die Lebensgefährtin vor ihm versterben könnte, deren Enkelin, die Beteiligte zu 2), zu seiner weiteren Ersatzerbin eingesetzt hätte.

Die Beteiligte zu 2) stellte daraufhin unter dem 17.11.2022 zu Protokoll des Nachlassgerichts einen Erbscheinsantrag, der sie als Alleinerbin des Erblassers ausweisen sollte. Sie vertrat aufgrund der Umstände, dass die in dem Testament vom 01.07.2018 als Alleinerbin eingesetzte Tochter C.H. die Erbschaft ausgeschlagen und auch keine Abkömmlinge hat und die ausdrücklich als Ersatzerbin benannte Lebensgefährtin S.W. vorverstorben ist, die Ansicht, dass diese beiden nicht Erben geworden seien. Das Testament könne und müsse aber dahingehend ausgelegt werden, dass der Erblasser auf jeden Fall seinen Sohn habe enterben wollen, da dieser „das Pflichtteil seiner Mutter ausgezahlt bekommen“ habe. Als Erben kämen daher die Abkömmlinge der Lebensgefährtin des Erblassers in Betracht. Da ihre Mutter ebenfalls bereits verstorben sei, sei die einzige Nachkommin insoweit sie selbst. Zudem sei sie auch 2019 zur Betreuerin für den Erblasser bestellt worden.

Nach der Übersendung dieses Erbscheinsantrags zur Stellungnahme ist der Beteiligte zu 1) diesem entgegengetreten und hat dessen Zurückweisung beantragt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass der Erblasser nicht die Abkömmlinge seiner Lebensgefährtin zu Ersatzerben bestimmt habe und eine Anwendung der Vermutungsregelung des § 2069 BGB auf andere Personen als eigene Abkömmlinge nicht in Betracht komme. Auch sei nicht zwingend von seiner Enterbung auszugehen. Vielmehr habe der Erblasser nur die Erbeinsetzung der Tochter, nicht aber die Enterbung des Sohnes gewollt, weil dieser schon den Pflichtteil erhalten hatte. Gehe aber die testamentarische Erbeinsetzung aufgrund der Erbausschlagung der Tochter und des Vorversterbens der Lebensgefährtin in Leere, so trete die gesetzliche Erbfolge ein.

Der Beteiligte zu 3) hat hierzu Stellung genommen und die von ihm zuvor bereits vertretenen Auffassung verteidigt, dass der Erblasser den Fall des Wegfalls seiner Tochter als Erbin und seiner Lebensgefährtin als Ersatzerbin nicht bedacht habe. Er habe weder den Fall des Vorversterbens der Tochter noch den Fall des Vorverstrebens der Lebensgefährtin bedacht, sondern lediglich den Fall des Ausschlagens des Erbes durch die Tochter und für diesen Fall gerade nicht den Beteiligten zu 1), sondern seine Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt. Daraus ergeben sich zwingend, dass der Erblasser den Sohn habe enterben und sein Vermögen seiner Lebensgefährtin und deren Familie für den Fall habe zuwenden wollen, dass die Tochter das Erbe ausschlagen sollte.

Daraufhin hat das Nachlassgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.03.2023 entschieden, dass es die zur Erteilung des von der Beteiligten zu 2) beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachte.

Zwar habe die von dem Erblasser in seinem Testament vom 01.07.2018 eingesetzte Erbin C.H. das Erbe ausgeschlagen und die vom Erblasser eingesetzte Ersatzerbin S.W: sei vorverstorben gewesen und der Erblasser habe für einen solchen Fall keine weiteren Anordnungen in seinem Testament aufgenommen, jedoch könne in der Einsetzung einer dem Erblasser nahestehenden Person ein Anhalt für seinen Willen gesehen werden, dass beim Wegfall des Bedachten insbesondere dessen Abkömmlinge an seine Stelle treten sollten. So liege der Fall hier. Da die Tochter der Lebensgefährtin des Erblassers bereits vorverstorben gewesen sei, trete die Beteiligte zu 1) als deren Tochter und damit Enkelin der Lebensgefährtin als Erbin ein. Aus dem Testament gehe hervor, dass der Sohn des Erblassers, der Beteiligte zu 1), nicht Erbe werden sollte. Da der Erblasser seine damalige Lebensgefährtin als Ersatzerbin eingesetzt habe, sei der Erblasserwille dahingehend auszulegen, dass der Erblasser die Enkelin der Lebensgefährtin zur Ersatzerbin berufen hätte, wenn er bedacht hätte, dass die Lebensgefährtin vor ihm verstirbt. Dies ergebe sich insbesondere aus den beiden Vollmachten vom 28.03.2016 und 01.07.2018, aus denen eine tiefer und auf Dauer angelegte Beziehung zu seiner Lebensgefährtin hervorgehe. Daher hätte der Erblasser für den Fall, dass die Ersatzerbin vor ihm stirbt, deren Abkömmlinge als Ersatzerben eingesetzt, wenn er die spätere Entwicklung vorausschauend bedacht hätte, zumal die Beteiligte zu 2) dem Erblasser nahegestanden habe und als dessen Betreuerin eingesetzt worden sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner Beschwerde, mit der er weiterhin die Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten zu 2) erstrebt.

Er vertritt die Auffassung, dass sich dem Testament nicht entnehmen lasse, dass der Sohn des Erblassers ausdrücklich nicht habe Erbe werden sollen. Eine solche enterbende Erklärung finde sich im Testament des Erblassers vom 01.07.2018 nicht. Der Erblasser habe lediglich erklärt, seine Tochter als alleinige Erbin einzusetzen, da sein Sohn das Pflichtteil nach seiner Mutter ausgezahlt bekommen habe. Der Erblasser habe im Testament lediglich seine Lebensgefährtin als Ersatzerbin für den Fall eingesetzt, dass die Tochter ausschlagen sollte. Weitergehende Ersatzerbenanordnungen habe er gerade nicht getroffen. Insoweit könne dem Testament keinesfalls ein Wille des Erblassers entnommen werden, im Wege der Auslegung für den Fall des Wegfalls seiner Tochter durch Ausschlagung und der Ersatzerbin, seiner Lebensgefährtin, ersatzweise deren Tochter und nochmals ersatzweise für deren Wegfall die Enkelin seiner Lebensgefährtin als Erbin einzusetzen. Diese Auslegung sei lebensfremd und werde auch nicht durch die herangezogenen Vollmachten gedeckt, die die Tochter der Lebensgefährtin oder die Enkelin der Lebensgefährtin gar nicht erwähnten. Auch aus der Einsetzung der Enkelin zur Betreuerin ergebe sich nichts im Hinblick auf eine Ersatzerbeneinsetzung.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde durch den Beschluss vom 19.04.2023 aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

Der Beteiligte zu 3) vertritt weiterhin die Ansicht, dass dem Testament eindeutig und unweigerlich der Sinn zu entnehmen sei, dass der Beteiligte zu 1) nichts mehr erhalten sollte, nachdem er den Pflichtteil nach der Mutter geltend gemacht habe.

II.

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist zulässig gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 FamFG. Insbesondere ist der Beteiligte zu 1) auch beschwerdeberechtigt, da er sich berühmt, nach der Ausschlagung der Erbschaft durch seine Schwester C.H. selbst aufgrund gesetzlicher Erbfolge (Allein-)Erbe des Erblassers geworden zu sein, so dass er durch den beantragten Erbschein, der die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin des Erblassers ausweisen soll, in eigenen Rechten beeinträchtigt wäre. Ob dies tatsächlich so ist, ist für die Zulässigkeit zunächst nicht zu prüfen. Ein Fall, in dem dem Beschwerdeführer das Recht, dessen er sich berühmt unter keinen Umständen zustehen kann, ist nicht gegeben.

2. In der Sache führt die Beschwerde letztlich zum Erfolg, da entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) und des Nachlassgerichts dem Testament des Erblassers vom 01.07.2018 im Wege der (ergänzenden) Auslegung nicht entnommen werden kann, dass er die Beteiligte zu 2) als Ersatzerbin für die dort benannte Lebensgefährtin S.W. eingesetzt hat.

a) Zwar ist mit dem Nachlassgericht davon auszugehen, dass der Erblasser mit seinem Testament vom 01.07.2018 den Beteiligten zu 1) ausdrücklich enterbt hat, so dass dieser in jedem Falle auch als gesetzlicher Erbe des Erblassers ausgeschlossen ist. Denn entgegen der von dem Beteiligten zu 1) vertretenen Ansicht hat der Erblasser in dem Testament nicht nur eine andere Erbin eingesetzt, sondern mit der Passage „da mein Sohn Stefan das Pflichtteil seiner Mutter ausgezahlt bekommen hat“ ausdrücklich auf die in dem Erbvertrag mit seiner früheren, bereits vorverstorbenen Ehefrau enthaltenen „Pflichtteilstrafklausel“ Bezug genommen, nach der dann, wenn ein Kind nach dem Tod des Erstversterbenden der Eheleute den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch bei dem Tod des Längstlebenden nur den Pflichtteil erhalten soll. Daher kann die Passage in seinem Testament nur so ausgelegt werden, dass der Erblasser jene „Strafklausel“ nochmals ausdrücklich bestätigen und den Beteiligten zu 1) entsprechend der darin enthaltenen Regelung für den Erbfall nach ihm ausdrücklich enterben wollte, so dass dieser auch nach seinem Tod in jedem Falle nur den Pflichtteil erhalten sollte. Diese sich schon aus der Bezugnahme auf die „Pflichtteilstrafklausel“ ergebende Auslegung wird im Übrigen durch den Umstand untermauert, dass er für den Fall des Ausschlagens der Erbschaft durch die von ihm in erster Linie als Erbin eingesetzte Tochter ausdrücklich eine andere Person, nämlich seine Lebensgefährtin, als Ersatzerben eingesetzt hat.

Soweit der Beteiligte zu 1) darauf verweist, dass die Eheleute H. im Erbvertrag vom 15.09.1989 ausdrücklich geregelt haben, dass der Längstlebende berechtigt sein sollte, frei unter Lebenden und von Todes wegen über das sich dann in seinen Händen vereinigende Vermögen der Eheleute zu verfügen, ist dies zwar zutreffend. Jedoch hat der Erblasser gerade nicht verfügt, dass der Beteiligte zu 1) etwas aus dem gemeinsamen Vermögen als Erbe erhalten solle, sondern – wie vorstehend ausgeführt – die Enterbung des Beteiligten zu 1) mit seinem Testament vom 01.07.2018 vielmehr bestätigt.

b) Allerdings kann entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 2) und des Nachlassgerichts dem Testament des Erblassers vom 01.07.2018 weder im Wege der Auslegung noch im Wege der ergänzenden Auslegung der Wille entnommen werden, dass der Erblasser für den Fall, dass seine Lebensgefährtin vor ihm versterben sollte, er deren Abkömmlinge als Ersatzerben einsetzen wollte.

Denn der Erblasser hatte schon seine Lebensgefährtin nur als Ersatzerbin eingesetzt. Dies zeigt, dass ihm das Institut eines Ersatzerben grundsätzlich bekannt war. Für den Fall des vorherigen Versterbens seiner Lebensgefährtin hat er aber in dem Testament keine weiteren Ersatzerben bestimmt. Mit dem Vorversterben seiner Lebensgefährtin musste er aber rechnen, da diese – wie sich ohne weiteres aus der unter demselben Datum errichteten Vollmacht vom 01.07.2018 ergibt ja noch 4 Jahre älter war als der damals 78 Jahre alte Erblasser, mithin bereits 82 Jahre alt war. In dem Testament wird aber dennoch nur die Lebensgefährtin S.W. selbst als Ersatzerbin benannt und nicht etwa (auch) deren Familie oder konkret deren Tochter oder deren Enkelin, die Beteiligte zu 2).

Auch in dem von dem Nachlassgericht zur Auslegung herangezogenen Vollmachten vom 01.07.2018 und vom 23.06.2016 wird jeweils nur die Lebensgefährtin des Erblassers, Frau S.W., genannt und auch dort nicht etwa noch zusätzlich deren Familie oder deren Tochter oder deren Enkelin, die Beteiligte zu 2). Gerade der Umstand, dass die Lebensgefährtin zu diesem Zeitpunkt selbst im Rollstuhl saß und daher auch schon auf die Unterstützung ihrer Tochter und Enkelin angewiesen war, hätte es nahegelegt, die vom Erblasser verfügte Einsetzung der Lebensgefährtin als Ersatzerbin und als Bevollmächtigte auch auf deren Familie, also die Beteiligten zu 2) und/oder deren Mutter zu erstrecken. Dies hat der Erblasser indes nicht getan, sondern die Familie der Lebensgefährtin – wie eben dargelegt – weder im Testament noch in den Vollmachten erwähnt. Insoweit fehlt es an konkreten Anhaltspunkten, die eine Auslegung des Testaments in dem Sinne, dass nicht nur die Lebensgefährtin, sondern darüber hinaus auch deren Familie oder Abkömmlinge als Ersatzerben für den Fall der Ausschlagung des Erbes durch die Tochter des Erblassers eingesetzt sein sollten.

Die Einsetzung der Lebensgefährtin genügt dafür alleine nicht, da die Auslegungsvorschrift des § 2069 BGB nach einhelliger Meinung auf andere Personen als „Abkömmlinge“ nicht entsprechend anzuwenden ist, auch wenn sie dem Erblasser ansonsten nahestehen (vgl. Senatsbeschluss vom 17.02.2023 – 8 W 42/22, ebenso etwa Grünewald/Weidlich, BGB, 83. Auflage, § 2069 Rdnr. 8 m.w.N.). Zwar kann in einem solchen Fall unter Umständen eine Auslegung des Testaments ergeben, dass entsprechendes gewollt war, jedoch liegen dafür erforderliche Anhaltspunkte hier gemäß den vorstehenden Ausführungen gerade nicht vor.

Da somit eine Einsetzung der Beteiligten zu 2) als (Ersatz-) Ersatzerbin dem Testament des Erblassers vom 01.07.2018 auch nicht im Wege der (ergänzenden) Auslegung entnommen werden kann, ist der Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) zurückzuweisen. Aufgrund der Ausschlagung der vom dem Erblasser als Erbin eingesetzten Tochter des Erblassers und des Vorversterbens der als Ersatzerbin eingesetzten Lebensgefährtin greift daher die gesetzliche Erbfolge unter Berücksichtigung der Ausschlagung der Tochter und der Enterbung des Beteiligten zu 1).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 82 Abs. 1 FamFG. Da die angefochtene Entscheidung des Nachlassgerichts sich als fehlerhaft erweist, entspricht es billigem Ermessen, von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren abzusehen.

Ebenso entspricht es billigem Ermessen, von der Anordnung einer Kostenerstattung abzusehen.


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