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Einziehung eines Eröffnungsprotokolls nebst notariellem Testament

AG Halle (Saale) – Az.: 40 VI 128/12 – W – Beschluss vom 19.01.2012

Die Anträge im Antragsschreiben vom 17.1.2012 werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens.

Der Verfahrenswert wird festgesetzt auf 3.000,00 €.

Gründe

I.

Nach dem Tod der Erblasserin besteht zwischen den Beteiligten Streit über die Wirksamkeit des notariellen Testamentes der Erblasserin vom 20.3.2008 (Bl. 10/11).

In einem Verfahren auf Bestellung eines Betreuers für die Erblasserin zu deren Lebzeiten hat zuletzt das OLG Naumburg Vollmachten der Erblasserin vom 12.2.2007 und 6.7.2009 für unwirksam erklärt.

Die Antragsteller beantragen über ihren Verfahrensbevollmächtigten:

1) die vom Amtsgericht Halle – Nachlassgericht – am 13.1.2012 (Aktenzeichen 40 IV 404/08-T) ausgefertigte und den Antragsgegnern ausgehändigte beglaubigte Abschrift des Protokolls über die Eröffnung der letztwilligen Verfügung der N.N., zuletzt wohnhaft … Halle, und der darin bezeichneten letztwilligen Verfügung vom 20.3.2008, einzuziehen.

2) den Antragsgegnern wird es einzelnen und/oder zusammen verboten, weitergehend im Rechtsverkehr zum Zwecke der Legitimation die beglaubigte Abschrift des Protokolls über die Eröffnung der letztwilligen Verfügung vom 13.1.2012 der N.N., zuletzt wohnhaft …, Halle, und der darin bezeichneten letztwilligen Verfügung vom 20.3.2008, zu verwenden und/oder unter Vorlage dieser über Nachlassgegenstände zu verfügen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Antragsschrift vom 17.1.2012 nebst Anlagen sowie des Schriftsatzes vom 19.1.2012.

II.

1)

Die beiden erhobenen Anträge sind unbegründet, bzw. bereits unzulässig.

Ein einstweiliges Anordnungsverfahren auch in Nachlasssachen ist nach § 49 FamFG grundsätzlich möglich. Ein solches Verfahren muss nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt sein. Ferner muss ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden bestehen.

Diese Voraussetzungen sind für das hier eingeleitete Verfahren nicht gegeben.

2)

Der erhobene Antrag Nr. 1 auf Einziehung des Protokolls über die Eröffnung des Testaments und der darin eröffneten letztwilligen Verfügung vom 20.3.2008 ist unbegründet.

2.1)

Zwar ist den Antragstellern zuzugeben, dass das FamFG ein Einziehungsverfahren kennt. Ein solches Einziehungsverfahren gibt es nach §§ 2361 BGB, 352 Abs. 3, 353 FamFG aber nur in Hinsicht auf die Einziehung eines Erbscheines. Dieses Verfahren ist indes daran geknüpft, dass überhaupt erst ein Erbschein erlassen worden ist, der seinerseits Grundlage ist für den durch den Erbschein ermöglichten gutgläubigen Erwerb (§ 2366 BGB).

2.2)

Hinsichtlich des Eröffnungsprotokolls und der Mitteilung über den Inhalt des Testamentes ist ein solches Einziehungsverfahren dem Wortlaut nach nicht vorgesehen. Es ist auch nach Sinn und Zweck des Einziehungsverfahrens nicht erforderlich, diese Urkunden einzuziehen, da durch sie ein öffentlicher Glaube nach dem BGB nicht geschützt wird.

2.3)

Vielmehr bestimmt das Gesetz gemäß § 348 Abs. 3 FamFG im Gegenteil, dass das Gericht den Beteiligten „den sie betreffenden Inhalt der letztwilligen Verfügung von Todes wegen schriftlich bekannt zu geben“ hat. Dem hat der Rechtspfleger entsprechend der „bewährten und verbreiteten Praxis“ (s. Bumiller/Harders, FamFG, neunte Auflage, § 348 RN 19) durch Aushändigung einer beglaubigten Abschrift des Protokolls und der darin bezeichneten letztwilligen Verfügung Folge geleistet.

2.4)

Soweit vor dem Inkrafttreten des FamFG eine Möglichkeit bestanden hat, Rechtsbehelfe einzulegen gegen die an sich sehr empfehlenswerte – nach Art eines Vorbescheides entwickelte – Ankündigung, ein Schriftstück zu eröffnen, ist diese entfallen, da nunmehr nur noch Endentscheidungen anfechtbar sind (s. OLG Köln, Entscheidung vom 29.10.2010 – I-2 Wx 161/10, 2 Wx 161/10 unter Nr. 13, zitiert nach juris vom 19.1.2012; Bumiller/Harders, FamFG, neunte Auflage, § 348 Rn. 23 unter Hinweis auf § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 FamFG).

2.5)

Soweit die Antragsteller befürchten sollten, dass die Antragsgegner nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO beim Grundbuchamt mit den im Antrag Nummer 1 genannten Unterlagen einen Erbnachweis führen, steht es ihnen frei, eine einstweilige Anordnung nach der Spezialvorschrift des § 76 GBO zu beantragen.

2.6)

Soweit Banken, bzw. Sparkassen nach ihren AGB zum Nachweis von Erbrechten die Vorlage von Eröffnungsprotokollen mit notariellen Testamenten ausreichen lassen, ist die Einziehung des Eröffnungsprotokolles nebst notariellem Testament auch nicht in eventueller entsprechender Anwendung der §§ 2361 BGB, 352 Abs. 3, 353 FamFG geboten. Den Geldhäusern wird nur ein Ermessen eingeräumt, ob sie sich mit weniger, bzw. anderem als mit einem Erbschein begnügen wollen oder nicht (Palandt/Edenhofer, BGB, 69. Auflage, § 2353 RN 22). Hinsichtlich der Ausübung dieses vertraglichen Ermessens durch das Geldhaus stünden ggfs. den Antragstellern aus dem Vertrag der Erblasserin mit dem jeweiligen Geldhaus die normalen Rechtsschutzmöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes zur Seite.

Da den Geldhäusern ferner mangels anderen Vortrages das Betreuungsverfahren mit den nichtigen Vollmachten bekannt sein dürfte, spricht zumindest der Anschein dafür, dass sie in diesem Erbfall bereits bösgläubig sind und den Antragsgegnern die Vorlage eines Erbscheines nicht erlassen werden.

3)

Der Verbotsantrag nach Nummer 2 der Antragsschrift ist beim Nachlassgericht unzulässig.

3.1)

Der Verbotsantrag wie Nummer 2 der Antragsschrift bezieht sich nicht auf ein Verfahren nach der so genannten freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach §§ 23 a Abs. 1 Nummer 2, Abs. 2 Nummer 2 GVG, 348-362 FamFG sind Verfahren über die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen, Erbscheinsverfahren, Verfahren betreffend Testamentsvollstreckungen einschließlich sonstiger verfahrensrechtlicher Regelungen.

Mit dem Verbotsantrag verfolgen die Antragsteller weder das Ziel der Eröffnung, bzw. der Nicht-Eröffnung eines Testamentes, noch des Erlasses eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, bzw. deren Verhinderung oder der Anordnung einer Nachlassverwaltung.

Mit dem Verbotsantrag begehren die Antragsteller vielmehr von den Antragsgegnern die Unterlassung eines bestimmten Verhaltens.

Anspruchsgrundlagen für ein mögliches Tätigwerden der Antragsteller könnten die Erbschaftsansprüche nach §§ 2018 ff BGB sowie die Vorschriften über das Rechtsverhältnis der Erben untereinander im Rahmen der erbrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft nach den §§ 2032 BGB ff sein. Für darauf gestützte Verfügungs- und Veräußerungsverbote des Erben gegen Scheinerben sowie von Erben untereinander gelten die allgemeinen Grundsätze des einstweiligen Rechtsschutzes (s. Schuschke/Walkers, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl. 2005, Vorbem. zu § 935 RN 56).

Für diese Streitigkeiten müssten die Antragsteller aber die Zivil-Abteilung des Amtsgerichtes, bzw. das Landgericht anrufen.

3.2)

Letztlich und rein hilfsweise betrachtet versäumen es die anwaltlich vertretenen Antragsteller, einen Anordnungsgrund, der den sofortigen Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich machen könnte, glaubhaft zu machen. Es ist mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn glaubhaft gemacht durch Vorlage von Urkunden oder einer eidesstattlichen Versicherung, dass, bzw. warum und wie die Antragsgegner mit den erlangten Unterlagen berechtigte Ansprüche der Antragsteller umgehen oder anderweitig gefährden sollten.

Vielmehr dürften alle Beteiligten im Zusammenhang mit der Verwaltung und Betreuung der Vermögensinteressen der Erblasserin aus dem lange dauernden Streit im Betreuungsverfahren, der sich bis zum Oberlandesgericht hingezogen hat, über die Unwirksamkeit der erteilten Vollmachten im Bilde und deshalb auch gewarnt sein, um beim Umgang mit dem notariellen Testament der Erblasserin äußerste Vorsicht walten zu lassen.

3.3)

Sollten die Antragsgegner schließlich die Vollmacht bestreiten, könnte die bisher vorgelegte Vollmacht, die die Anwälte L. G… und U. H. vorlegen, ein allerletzter Grund für die Unzulässigkeit der Anträge sein, da die Vollmacht sich allein auf Herrn Rechtsanwalt R. G… erstreckt. Es ist nur ein Einzelanwalt bevollmächtigt, keine Sozietät, geschweige denn eine Bürogemeinschaft. Eine mögliche Untervollmacht wurde bisher nicht vorgelegt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 und Abs. 2 Nummer 2 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 42 Abs. 3 FamGKG.

 

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