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Erbauseinandersetzung – unrichtige Wertangaben für eine Immobilie im Notarvertrag

OLG München –  Az.: 3 U 846/12 – Urteil vom 12.02.2014

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 03.02.2012, Az. 4 O 23676/10 wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte in selber Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 220.366,80 € festgesetzt.

Tatbestand

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO)

Erbauseinandersetzung - unrichtige Wertangaben für eine Immobilie im Notarvertrag
Symbolfoto: Von Africa Studio /Shutterstock.com

Die Parteien streiten über Erbauseinandersetzungsansprüche. Hinsichtlich des beiderseitigen erstinstanzlichen Vorbringens, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 03.02.2012 (Bl. 113/122) Bezug genommen.

Am 03.02.2012 wies das Landgericht die Klage ab. Hinsichtlich Tenor und Begründung wird ebenfalls auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt die zuletzt erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter. Er bringt vor, er habe durch die Ausübung des Vorkaufsrechts bezüglich des von der Beklagten mit dem Zeugen B. abgeschlossenen Erbschaftskaufvertrages vom 22.12.2009 über den hälftigen Anteil der Beklagten an der Erbschaft nach der im Jahr 1995 verstorbenen Angelina K. Herausgabeansprüche der im Besitz Dritter befindlichen und zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte erworben. Deshalb könne er den Geldbetrag, der von der Erblasserin auf einem Konto bei der Volksbank Kufstein angelegt worden war und den die Beklagte an sich genommen hat, beanspruchen. Eine Auseinandersetzung des Erbes der vorprozessual verstorbenen Mutter des Klägers, die ursprünglich mit der Beklagten gemeinsam ihre Schwester, Frau Angelina K. beerbt hatten, bestreitet er. Das Landgericht hätte die Annahme einer endgültigen Erbauseinandersetzung nicht auf die informatorische Anhörung der Beklagten als Partei stützen dürfen. Der Zeuge B. habe nichts bekundet, was als Nachweis für die Behauptung der Beklagten, es habe eine endgültige Erbauseinandersetzung stattgefunden, dienen könne. Die Voraussetzungen für eine förmliche Parteienvernahme der Beklagten hätten weder erstinstanzlich vorgelegen noch sei die zwischenzeitlich vom Senat durchgeführte förmliche Parteieinvernahme der Beklagten rechtmäßig. Der Kläger verweist darauf, dass in der am 26.07.1995 abgeschlossenen Teilerbauseinandersetzungsvereinbarung zwischen der Beklagten und der Mutter des Klägers ebenso wie in der notariellen Urkunde über die Erbanteilsübertragung vom 22.12.2009 angegeben war, dass die Erbschaft noch nicht geteilt sei. Die Würdigung der Angaben der Beklagten durch das Erstgericht lasse zudem außer acht, dass diese sich selbst krimineller Machenschaften bezichtigt, was bei der Beurteilung von der Glaubwürdigkeit von deren Angaben nicht unberücksichtigt bleiben dürfe. Träfen die Annahmen des Erstgerichts zu, so hätte sich die Beklagte durch Falschangaben in der Urkunde über die Erbanteilsübertragung vom 22.12.2009 des Betruges zum Nachteil des Klägers schuldig gemacht, der ohne die Erwartung, das Geld aus Kufstein beanspruchen zu können, das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hätte. Bezeichnend für das Verhalten der Beklagten sei, dass sie für das Kufsteiner Konto keinerlei Unterlagen vorgelegt habe. Der von der Beklagten mit der Erbanteilsübertragung erzielte Erlös sei auch dann noch angemessen, wenn man den hälftigen Wert des von der Mutter des Klägers übernommenen Hauses in der R. Straße berücksichtige. Die Mutter des Klägers sei zu ihren Lebzeiten davon ausgegangen, dass sie hälftiges Miteigentum an dem Kufsteiner Konto habe.

Angesichts der gegenteiligen Erklärung in zwei notariellen Urkunden trage die Beklagte die Beweislast dafür, dass sie sich mit der Mutter des Klägers im Jahr 1995 dahingehend geeinigt habe, dass sie das Konto für sich behalten dürfe. Einen solchen Nachweis habe sie nicht erbracht. Allein mit ihren Angaben in der informatorischen Anhörung könne sie diesen Beweis auch nicht führen.

Dass die Mutter des Klägers und die Beklagte im Jahr 1995 nicht davon ausgegangen sein können, dass die Immobilie in der R. Straße in München in etwa gleich viel wert gewesen sei wie das Konto in Kufstein, ergebe sich zwangsläufig aus den Wertangaben in der notariellen Urkunde, mit der das Grundstück auf die Mutter des Klägers übertragen wurde. Vom Kontostand des Kufsteiner Kontos habe die Mutter des Klägers erst zu einem späteren Zeitpunkt durch telefonische Erkundigungen in Österreich erfahren. Sie sei darüber sehr aufgebracht gewesen.

Die Beklagte habe mit dem Zeugen B. einen Kaufpreis vereinbart, der um 140.000 € über dem Wert liege, den das hälftige Anwesen Z.straße, nach dem Vortrag der Beklagten der einzige verbliebene Vermögenswert im Nachlass, zu diesem Zeitpunkt gehabt habe.

Der Kläger beantragt:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des LG München vom 03.02.2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 220.366,80 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % vom 26.07.1995 bis 30.04.2000 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2000 zu bezahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Hilfsweise: Die Revision wird zugelassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil. Mit der Annahme einer endgültigen Erbauseinandersetzung im Jahr 1995 habe das Landgericht nicht gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Angaben zur vermeintlich nicht auseinandergesetzten Erbschaft in der notariellen Urkunde vom 22.12.2009 habe sie dem Zeugen B. gegenüber richtig gestellt. Eine Täuschungsabsicht diesem gegenüber habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Dass der Kläger sein Vorkaufsrecht ausüben werde, sei für die Beklagte nicht absehbar gewesen. Wenn sich der Kläger über den Inhalt des Erbschaftskaufs, bezüglich dessen er sein Vorkaufsrecht ausgeübt hat, geirrt haben sollte, hätte er seine Erklärung, mit der er das Vorkaufsrecht ausübte, anfechten können. Das habe er unterlassen, weil ihm bewusst sei, dass er angesichts der Immobilienpreisentwicklung ein sehr gutes Geschäft gemacht habe. Das Erstgericht habe nicht gegen Verfahrensrecht verstoßen, als es die Beklagte informatorisch angehört habe. Es habe deren Bekundungen seiner Beurteilung auch zu Grunde legen dürfen. Dass die Beklagte die Beteiligung an strafbaren Handlungen einräume, spreche nicht gegen, sondern für deren Glaubwürdigkeit. Kontounterlagen habe die Beklagte nur deshalb nicht vorgelegt, weil sie solche nicht in Besitz habe. Aus der Aussage des Zeugen W. folge, dass nur eine Person für das Kufsteiner Konto verfügungsberechtigt sein konnte. Da die Mutter des Klägers in den 14 Jahren bis zu ihrem Ableben keine Erkundigungen nach dem Konto anstellte oder eine Beteiligung an diesem Vermögen beanspruchte, belege, dass sich die Schwestern bereits im Jahr 1995 dahingehend geeinigt hatten, dass die Mutter des Klägers das Haus in München und die Beklagte das Konto in Kufstein erhalten sollte. Der Wert der Immobilie in der R. Straße in München entsprach im Jahr 1995 in etwa dem Wert des Kontos in Kufstein.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 21.03.2012 (= Berufungsbegründung; Bl. 137/151), vom 06.09.2012 (Bl. 167/176), vom 28.01.2013 (Bl. 196/208), vom 31.01.2013 (Bl. 190/195), vom 18.09.2013 (Bl. 274/278), vom 11.10.2013 (Bl. 303/313) und vom 18.11.2013 (Bl. 331/338) sowie der Beklagten vom 30.07.2012 (= Berufungserwiderung; Bl. 160/166), vom 31.01.2013 (Bl. 183/189) vom 15.10.2013 (Bl. 314/316), vom 23.10.2013 (Bl. 320/322) Bezug genommen.

Der Senat hat am 19.12.2012 (Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift; Bl. 179/182), am 25.09.2013 (Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift; Bl 286/292) und am 12.02.2014 (Bezugnahme auf die Sitzungsniederschrift; Bl. 355/358) mündlich verhandelt. Gemäß Beweisbeschluss vom 13.02.2013 (Bl. 210/212) wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten zum Wert der Immobilie in der R. Straße 16 in München erholt. Insoweit wird auf Bl. 227/251 Bezug genommen. Einwendungen gegen das Gutachten wurden von den Parteien nicht erhoben. Im Termin vom 25.09.2013 wurde die Beklagte förmlich als Partei einvernommen und der Kläger informatorisch angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 25.09.2013 (Bl. 286/292) Bezug genommen. Neben den in den Sitzungsniederschriften protokollierten Hinweisen wurde mit Beschluss vom 30.10.2013 ein beweiswürdigender Hinweis mit Gelegenheit zur Stellungnahme erteilt (Bezugnahme auf Bl. 324/327). Im Termin vom 12.02.2014 wurde der Kläger nochmals informatorisch ergänzend angehört (Bezugnahme auf Bl. 355/358).

Entscheidungsgründe

(abgekürzt gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis hat das Landgericht die Klage in der Hauptsache zurecht abgewiesen.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskehr des von ihr vereinnahmten Vermögens aus dem Nachlass der Angelina K..

1) Zwar hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Annahme des Erstgerichts, die Beklagte habe mit der Mutter des Klägers bereits im Jahr 1995 eine abschließende Erbauseinandersetzung bezüglich des Nachlasses ihrer Schwester, Frau Angelina K., vorgenommen, nicht zutreffend sein kann. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Parteieinvernahme durch den Senat bekundet, dass sie davon ausging, dass ihr, nachdem sie das Kufsteiner Konto übernommen und der Mutter des Klägers das Alleineigentum an dem Anwesen in der R. Straße übertragen habe, noch ein Ausgleichsanspruch gegen ihre Schwester zugestanden habe, da beide davon ausgegangen seien, dass der Immobiliarbesitz mehr wert gewesen sei als der Wert des K. Kontos. Auch unabhängig von den Bekundungen des Klägers folgt daraus zwingend, dass die Beklagte nicht davon ausgegangen sein kann, dass mit den Aktionen im Jahr 1995 eine endgültige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft stattgefunden hat. Darauf, dass ausweislich der Angaben im notariellen Vertrag vom 22.12.2009 (K 3) auch hinsichtlich des Miteigentums an dem Anwesen Z.straße 24 (vormals 31) in München keine Auseinandersetzung vorgenommen wurde, kommt es hier nicht an.

2) Für diese Feststellung bedarf es noch keiner Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen für die vom Senat angeordnete förmliche Parteieinvernahme gegeben waren und auch keiner Würdigung der Belastbarkeit der Angaben der Beklagten im Rahmen dieser förmlichen Parteieinvernahme. Denn diese Aussage ist grundsätzlich dem Prozessanliegen des Klägers günstig.

3) Der Senat geht aber nach der förmlichen Einvernahme der Beklagten und den informatorischen Anhörungen des Klägers davon aus, dass im Jahr 1995 die Beklagte nicht eigenmächtig sich das Kufsteiner Konto angeeignet hat. Vielmehr zwingen bereits die Bekundungen beider zu dem Schluss, dass die Mutter des Klägers und die Beklagte dahingehend übereingekommen sind, dass die Erbschaftsgegenstände in natura mit dinglicher Wirkung aufgeteilt wurden. Die Mutter des Klägers erhielt die Immobilie R. Straße 16 in München und die Beklagte erhielt das Konto. Dass über Ausgleichsansprüche wegen einer möglichen Wertdifferenz keine Einigung erzielt wurde, steht dem ersichtlich nicht entgegen. Beide Verfügungen erfolgten mit dinglicher Wirkung im Wege der Teilerbauseinandersetzung. Im ungeteilten Vermögen der Erbengemeinschaft verblieb danach nur das Drittel Miteigentumsanteil an dem Anwesen in der Z.straße 24 (vormals 31) in München, wobei jede der Parteien ein weiteres Drittel Miteigentumsanteil an dieser Immobilie bereits besaß.

4) Der Senat weist darauf hin, dass er die vom Kläger erhobenen Einwendungen gegen die Herangehensweise des Erstgerichts teilt. Zwar mag es grundsätzlich auch statthaft sein, die richterliche Überzeugungsbildung allein auf Angaben einer Partei im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung zu stützen (vgl. dazu die kritische Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung bei Stackmann, NJW 2012, 1249 ff. m.w.N.). Im vorliegenden Fall kommt dies wegen der gegebenen Besonderheiten nicht in Betracht. Zutreffend weist der Kläger in der Berufungsbegründung darauf hin, dass die Beklagte sich selbst der Beteiligung an Steuerhinterziehungsdelikten bezichtigt und der Sachverhalt, so wie sie ihn bekundet, zum Wortlaut der 1995 und 2009 ausgefertigten notariellen Urkunden in Widerspruch steht. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht begründbar, allein mit Angaben im Rahmen einer informatorischen Anhörung eine ausreichende Grundlage für eine richterliche Überzeugungsbildung zu schaffen.

5) Der Senat ist allerdings der Auffassung, dass der Sachvortrag der Beklagten, die Aussage des Zeugen B. und die vom Senat durchgeführte Erholung eines Sachverständigengutachten einen hinreichenden „Anbeweis“ dafür beinhalten, dass eine ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der Sachvortrag der Beklagten zutreffend ist. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere der Umstand, dass die Parteien unstreitig (vgl. insbesondere für den klägerischen Sachvortrag dessen Schriftsatz vom vom 06.09.2012; Bl. 167 ff. der Akte, hier Bl. 169 = Bl. 3 des Schriftsatzes) davon ausgingen, dass sich auf dem Kufsteiner Konto zum Zeitpunkt des Erbfalles 431 TDM befanden. Die Immobilie R. Straße hatte zum selben Zeitpunkt nach dem vom Senat erholten Sachverständigengutachten einen Wert von 235 T€.

6) Zweifel an der Richtigkeit dieses Wertgutachtens wurden von keiner der Parteien geäußert. Der Senat folgt dem aus sich heraus verständlichen sorgfältig abgefassten Gutachten, auch wenn ihm dabei bewusst ist, dass die retrospektive Wertermittlung immer nur eine Annäherung an den wahren Wert leisten kann.

7) Auch wenn die Beklagte und die Mutter des Klägers sich über den exakten Wert der Immobilie keine genaueren Gedanken gemacht haben mögen, spricht dies für die Darstellung der Beklagten. Der Hinweis des Klägers auf die Beurkundung eines Verkehrswerts von 225 TDM in der notariellen Urkunde vom 26.07.1995 (K 11 am Ende) steht dem nach Einschätzung des Senats nicht entgegen. Die Darstellung der Beklagten dazu, dass dem Notar gegenüber ein niedrigerer als der tatsächliche Wert genannt wurde, um die Notargebühren in Grenzen zu halten, erscheint plastisch und lebensnah und wird durch die sich selbst belastenden Angaben der Beklagten zu ihrer Steuerehrlichkeit bezüglich der Nichtdeklarierung des Kufsteiner Kontos auch bestätigt.

8) Soweit der Kläger argumentiert, der Beklagten dürften aus ihren illegalen Verhaltensweisen keine Rechtsvorteile erwachsen, ist festzustellen, dass dem deutschen Recht eine Beweisregel, wonach solche illegalen Verhaltensweisen generell bei der Sachverhaltsfeststellung zum Nachteil der jeweiligen Partei gereichen, anders als zeitweilig dem römischen Recht fremd ist. Es entspricht forensischer Alltagserfahrung, dass namentlich bei Rechtsgeschäften unter Verwandten Wertangaben gegenüber den beurkundenden Notaren (wie auch gegenüber den Rechtspflegern an den Nachlassgerichten) häufig im Gebühreninteresse geschönt werden.

9) Der Senat ist davon überzeugt, dass die Mutter des Klägers im Jahr 1995 damit einverstanden war, dass die Beklagte der Kufsteiner Bank gegenüber als Kontoberechtigte (legimitiert durch Karte und Kennwort) auftrat. Die Beklagte hat die diesbezüglichen Vorgänge plastisch und in sich stimmig geschildert. Der Senat verkennt nicht, dass deren Sachvortrag in erster Instanz vor der Einvernahme des Mitarbeiters der österreichischen Bank von dieser Schilderung abwich. Im Hinblick auf den langen Zeitraum, der bis zur gerichtlichen Aufarbeitung der Vorgänge aus dem Jahr 1995 beginnend ab Dezember 2010 vergangen war, erscheinen die zu Tage getretenen Widersprüchlichkeiten normalpsychologisch erklärlich und eher zu erwarten als ein kohärenter in sich stimmiger Gesamtvortrag. Von Anbeginn des Verfahrens an berief sich die Beklagte dem Kläger gegenüber auf die Übereinkunft mit dessen Mutter, die durch den Umstand, dass letzterer nicht unerheblicher Immobiliarbesitz im Wege der Teilerbauseinandersetzung übertragen wurde, plausibel erscheint.

10) Auch die Schilderungen des Klägers über den Unmut seiner Mutter fügen sich in dieses Bild. Dieser Unmut wäre nicht nachzuvollziehen, wenn die Mutter des Klägers davon ausgegangen wäre, sie selbst sei nach wie vor dinglich an dem Konto mitberechtigt. Der Senat schenkt den Schilderungen des Klägers zu diesem Unmut seiner Mutter Glauben, zumal er auch vorträgt, dass diese Kennwort und Kontonummer des Kontos kannte und über dessen Stand telefonische Erkundigungen einziehen konnte. Letztlich drängt sich der Eindruck auf, dass sowohl die Mutter des Klägers als auch die Beklagte im Nachgang zur Teilung der Nachlassgegenstände davon ausgegangen ist, die jeweils andere habe den werthaltigeren Gegenstand erlangt. Dass die Mutter des Klägers zu ihren Lebzeiten, mithin über 14 Jahre lang keine Schritte unternommen hat, eine Klärung der Rechtslage herbeizuführen, ist ebenfalls ein Indiz dafür, dass sie von einer dinglichen Übertragung des Kontos auf die Beklagte ausgegangen ist.

Soweit der Kläger namentlich in seiner letzten informatorischen Anhörung darauf verwies, dass der Unmut seiner Mutter auch darauf zurückzuführen sein könne, dass diese im Hinblick darauf, dass das Konto in Kufstein anonym geführt wurde, sich außer Stande gesehen haben soll, ihre Ansprüche gegen ihre Schwester durchzuführen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Sie war nach dem Vorbringen des Klägers im Stande, telefonisch Erkundigungen über den Stand des Kontos in Kufstein einzuziehen. Warum sie dann nicht in der Lage gewesen sein soll, wie jetzt auch der Kläger selbst, Rechtsansprüche auf Beteiligung an diesem Konto geltend zu machen, erschließt sich dem Senat nicht. Der Umstand, dass sie im Wege der Teilerbauseinandersetzung eine Immobilie in München erlangte, ohne dafür eine Ausgleichsleistung erbringen zu müssen, spricht gegen die Annahme, sie habe sich in einer Ohnmachtsituation befunden und sich darüber geärgert.

11) Im Rahmen seiner informatorischen Anhörung durch das Erstgericht am 17.11.2011 hatte der Kläger mitgeteilt, dass seine Mutter ihm 1995 mitgeteilt hat, dass in Kufstein ein Konto der Angelina K. sei und sie deshalb nach Kufstein fahren werde (Bl. 90). Unstreitig fand eine Fahrt der Beklagten gemeinsam mit der Mutter des Klägers nach Kufstein auch statt. Die Erläuterung des Klägers, er sei davon ausgegangen, seine Mutter fahre mit seinem Vater nach Kufstein, ändert an diesem objektiven Umstand nichts. Seine Erwägung, die Beklagte sei dann in Kufstein allein auf der Bank gewesen und habe zu diesem Zeitpunkt – von wem auch immer – bereits Kennwort und Karte erhalten, ändert nichts daran, dass auch er davon berichtet, dass seine Mutter von diesem Konto in Kufstein wusste. Selbst wenn man an der Darstellung der Beklagten zweifeln wollte, wonach sie erst bei der Bank von der Mutter des Klägers Kennwort und Karte erhalten habe, bliebe der Umstand, dass die Mutter des Klägers danach 14 Jahre lang keine Ansprüche auf das Konto geltend machte, bestehen.

Der Senat übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass die Beklagte Auszüge aus dem von der Mutter des Klägers geführten Tagebuch vorlegt, dieses aber im übrigen nicht mehr in Besitz haben will. Doch rechtfertigt dieser Umstand nicht, die Verhaltensweisen der beiden Schwestern nach dem Tod ihrer Schwester in einem anderen Licht zu sehen.

12) Ein weiteres, wenn auch schwächeres Indiz für die Richtigkeit der Angaben der Beklagten findet sich in den Aussagen des erstinstanzlich einvernommenen Zeugen B. Dieser hat zum einen bekundet, dass die Beklagte ihn über das Schwarzgeldkonto in Österreich in Kenntnis gesetzt hat, dieses aber von ihm nicht als wertbildender Faktor bei der von ihm angebotenen Kaufpreissumme angesehen worden sei. Zum andern hat er bekundet, dass er bereit gewesen wäre, das Anwesen Z.straße 24 in München vom Beklagten und der Klägerin für 895 T€ zu erwerben. Ihm sei auch das vom Kläger im vorliegenden Prozess vorgelegte Wertgutachten, das zu einem deutlich niedrigeren Wert gelangt war (K 14: 545 T€ ; freilich auf der Basis, dass das Gebäude als abbruchreif eingestuft wurde) bekannt gewesen. Da der Kläger zu einem Verkauf zu diesem Preis nicht bereit gewesen sei (eine Angabe, die der Kläger bestätigt hat), habe er von der Beklagten lediglich deren Miteigentumsanteil für 412,5 T€ (vgl. K 3) erworben.

Der Senat hält es in diesem Zusammenhang nicht für erforderlich, den objektiven Wert des Anwesens Z.straße, das seit dem Tod der Angelina K. den Parteien zu je 1/2 gehörte, zu bestimmen. Ausgehend von den vorgelegten Unterlagen und dem Parteivortrag hierzu besteht kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die vom Zeugen B. getätigte Aussage, dass er bereit gewesen wäre, für das Gesamtanwesen 895 T€ zu bezahlen, ohne dass er damit den Erwerb weiterer Ansprüche als dem Alleineigentum an der Immobilie verbunden hätte, zu zweifeln. Der Zeuge hat kurz darauf sich verpflichtet, an die Beklagte 412 T€ zu bezahlen, um das hälftige Miteigentum an dem Anwesen zu erhalten. Es erscheint sinnwidrig, dass er sich dazu verpflichtet hätte, wenn er geglaubt hätte, gleichzeitig damit gegen die Veräußerin einen Zahlungsanspruch in Ansehung des österreichischen Schwarzgeldkontos zu erwerben. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeuge in kollusivem Zusammenwirken mit der Beklagten den Kläger zur Ausübung des Vorkaufsrechts provozieren wollte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Konstruktion eines so eigentümlichen Geschäftsgebarens vermag rechtlich relevante Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der Beklagten nicht zu begründen.

13) Die Argumentation des Klägers, im Kaufpreis, den der Zeuge B. zu zahlen bereit gewesen sei, sei der Anspruch auf Auskehr des ursprünglich auf dem österreichischen Konto mit einkalkuliert gewesen, ist daher nicht tragfähig.

14) Der Senat verkennt nicht, dass in den notariellen Verträgen vom 22.12.2009 (K 3) und vom 26.11.1995 (K 11) jeweils angegeben ist, dass die Erbschaft noch nicht endgültig auseinandergesetzt ist. Dies steht formal gesehen zu der Feststellung, dass die Beklagte bereits vor dem 26.11.1995 sich mit der Mutter des Klägers dahingehend geeinigt hat, dass die Beklagte allein dinglich berechtigte Kontoinhaberin mit dem Recht zur freien Verfügung über dieses Konto werden sollte, nicht in Widerspruch. Denn nach den Erwägungen des Senats blieben Wertausgleichsansprüche der Miterbinnen davon gerade unberührt. Doch selbst wenn man mit den Parteien davon ausgehen wollte, dass die Schwestern damals eine endgültige Erbauseinandersetzung hätten herbeiführen müssen, um der Beklagten das abschließende Recht, über das Konto frei als Bestandteil ihres Vermögens verfügen zu dürfen, einzuräumen, würde sich der Wortlaut der notariellen Urkunden mit der von der Beklagten eingeräumten Absicht, den deutschen Fiskus nicht auf die Spur dieses Vermögens zu bringen, zwanglos erklären lassen.

15) Vor diesem Hintergrund ist die Zahlungsklage abweisungsreif. Zwar mögen Ausgleichsansprüche trotz der Einigung der Schwestern, dass eine von ihnen das Haus in der R. Straße in München und die andere das Konto in Kufstein erhält, bestanden haben, die trotz der langjährigen Untätigkeit beider Schwestern in dieser Hinsicht nicht untergegangen sind. Doch ergibt sich nach den Feststellungen des Sachverständigen, dass der Wert des Hauses deutlich höher war als der Wert des Kontos. Selbst wenn man, wofür beiderseits belastbarer Sachvortrag fehlt, die beiderseits aus den Vermögensgegenständen gezogenen Nutzungen saldieren wollte, erscheint ausgeschlossen, dass dem Kläger vor dem Erwerb des der Beklagten zustehenden Nachlassanteils gegen diese ein Ausgleichsanspruch zugestanden hätte. Dies gilt selbst dann, wenn man die allgemeinkundige Tatsachen, dass der Wert von Immobilien in München enorm gestiegen ist, während Nummernkonten in Österreich nur eine spärliche Verzinsung generieren, außer Betracht läßt. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang auch der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Kläger die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht in Abzug bringen durfte.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Anlass, die Kostenentscheidung des Landgerichts im angefochtenen Urteil von Amts wegen zu revidieren, besteht nicht. Zwar geht der Senat davon aus, dass dem Kläger im Hinblick auf die Erwähnung von Ausgleichsansprüchen in der notariellen Urkunde vom 22.12.2009 (K3; dort unter III. auf Bl. 5) der ursprünglich im Weg der Stufenklage geltend gemachte Auskunftsanspruch zustand, da er mit der Ausübung des Vorkaufsrechts auch über die vermeintlich mit veräußerten Ansprüche Kenntnis erlangen durfte. Doch ist der Auskunftsanspruch nach gängiger Rechtsprechung lediglich mit ca. 10 % des Hauptsachestreitwerts zu bemessen. Da der Hauptsacheanspruch insoweit nicht deckungsgleich mit dem Wert des Kontos, sondern lediglich mit dem vermeintlichen Ausgleichsanspruch ist, liegt hier das Teilobsiegen des Klägers in einem Bereich von weit unter 5 %, so dass die Kostenentscheidung des Landgerichts im Ergebnis gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sachgerecht war.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 542 ZPO die Revision zuzulassen ist, liegen nicht vor. Entscheidungserheblich ist allein die tatsächliche Feststellung dahingehend, dass die Beklagten im Jahr 1995 im Rahmen einer vorweggenommenen Teilerbauseinandersetzung das Konto in Kufstein mit dinglicher Wirkung erhielt.

V.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.

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