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Erbausschlagung – Wirksamkeit – Geschäftsunfähigkeit

Ein Erbfall wurde zur bitteren Familienfehde. Ein Sohn schlug zunächst die Erbschaft aus, nur um den Verzicht später anzufechten. Sein zentrales Argument: Er sei zum Zeitpunkt der Ausschlagung nicht geschäftsfähig gewesen. Nun ist gerichtlich geklärt, ob sein späterer Einwand sein Erbe noch retten konnte.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 W 100/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Hamm
  • Datum: 01.07.2024
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Erbscheinsverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Sohn des Verstorbenen, der die Einziehung des bereits erteilten Erbscheins beantragt und die Unwirksamkeit seiner Erbausschlagung geltend gemacht hat.
  • Beklagte: Die Tochter des Verstorbenen und die beiden Kinder des Sohnes (Enkel des Verstorbenen), die den erteilten Erbschein beantragt hatten und deren Erbrecht durch die Ausschlagung des Sohnes begründet wurde.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nach dem Tod eines Mannes ohne Testament gab es Streit über die Erben. Der Sohn hatte die Erbschaft ausgeschlagen, wollte dies aber später rückgängig machen, weil er angeblich bei der Ausschlagung geschäftsunfähig war. Die Tochter und die Enkel hatten einen Erbschein erwirkt, der sie als Erben auswies, während der Sohn forderte, dieser Erbschein müsse eingezogen werden.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Sohn die Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat oder ob die Ausschlagung wegen angeblicher Geschäftsunfähigkeit unwirksam war. Davon hing ab, wer die gesetzlichen Erben des Verstorbenen sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht wies die Beschwerde des Sohnes zurück. Es bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts, den Antrag des Sohnes auf Erteilung eines eigenen Erbscheins abzuweisen. Der bereits erteilte Erbschein, der die Tochter und die Enkel als Erben ausweist, ist nach Ansicht des Gerichts korrekt und bleibt gültig.
  • Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Erbausschlagung des Sohnes wirksam war. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen lieferten keine ausreichenden Beweise für eine Geschäftsunfähigkeit des Sohnes genau zum Zeitpunkt der Ausschlagung im März 2021. Auch sein Verhalten im Verfahren und die Wahrnehmung durch den Rechtspfleger sprachen dagegen.
  • Folgen: Die rechtliche Folge ist, dass der Sohn nicht Erbe seines Vaters geworden ist. Die Tochter und die Enkel sind die rechtmäßigen Erben gemäß dem erteilten Erbschein. Der Sohn muss zudem die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.

Der Fall vor Gericht


OLG Hamm: Erbausschlagung eines Sohnes trotz späterer Behauptung von Geschäftsunfähigkeit wirksam – Erbschein für Tochter und Enkel bleibt bestehen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat in einem komplexen Erbfall entschieden, dass die Erbausschlagung eines Sohnes wirksam war, auch wenn dieser später behauptete, zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig gewesen zu sein.

Vater übergibt Tochter Familienstammbuch bei Erbangelegenheit, umgeben von Nachlassdokumenten
Symbolbild: KI generiertes Bild

Folglich wurde der bereits erteilte Erbschein, der die Tochter des Verstorbenen und dessen Enkelkinder als Erben ausweist, bestätigt und nicht eingezogen. Der Sohn muss die Kosten des erfolglosen Beschwerdeverfahrens tragen.

Die Ausgangssituation: Ein Erbfall ohne Testament und der Streit ums Erbe nach dem Tod des Vaters

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand das Erbe eines im Alter von 89 Jahren verstorbenen Mannes. Da der Verstorbene kein Testament hinterlassen hatte, griff die Gesetzliche Erbfolge. Er hinterließ zwei Kinder: eine Tochter und einen Sohn. Der Sohn wiederum hat zwei Kinder, die Enkel des Verstorbenen. Der Nachlass umfasste im Wesentlichen eine Immobilie im Wert von circa 100.000 Euro, Bankguthaben von rund 20.000 Euro sowie ein Wohnmobil. Dieses Wohnmobil befand sich bereits vor dem Tod des Vaters im Besitz des Sohnes und wurde von ihm genutzt. Noch am Todestag seines Vaters holte der Sohn verschiedene Unterlagen aus dessen Haus, darunter auch Papiere für das Wohnmobil.

Die umstrittene Erbausschlagung des Sohnes und die daraus resultierenden erbrechtlichen Folgen

Knapp zwei Monate nach dem Tod seines Vaters, am 22. März 2021, erklärte der Sohn formgerecht gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft aus jedem denkbaren Grund. Eine Erbausschlagung bedeutet, dass die betreffende Person auf ihr Erbe verzichtet. Nach der Ausschlagung führte der Sohn jedoch weitere Handlungen im Zusammenhang mit dem Nachlass durch: Er übergab das Familienstammbuch an seine Tochter (die Enkelin des Verstorbenen) und meldete das Wohnmobil, das er bereits nutzte, auf seinen Namen um. Etwa sieben Monate nach seiner Ausschlagungserklärung kontaktierte er das Nachlassgericht und teilte mit, die Ausschlagung zurücknehmen zu wollen.

Diese widersprüchlichen Handlungen führten zu konkurrierenden Anträgen auf Erteilung eines Erbscheins. Die Enkelin beantragte einen Erbschein, der ihre Tante (die Tochter des Verstorbenen) als Erbin zur Hälfte und sie selbst sowie ihren Bruder (die Enkel) zu je einem Viertel ausweist. Dies basierte auf der Annahme, dass ihr Vater, der Sohn des Verstorbenen, die Erbschaft wirksam ausgeschlagen habe und sein Erbteil somit auf seine Kinder übergegangen sei. Der Sohn hingegen beantragte einen Erbschein, der ihn und seine Schwester zu gleichen Teilen als Erben ausweist, mit der Begründung, seine Erbausschlagung sei unwirksam gewesen.

Der lange Weg durch die Instanzen: Frühere Gerichtsentscheidungen im Überblick und der Streit um die Wirksamkeit der Ausschlagung

Das Amtsgericht Herford als zuständiges Nachlassgericht befasste sich zunächst mit den Anträgen. Mit Beschluss vom 1. Juli 2022 stellte es fest, dass die für den Erbscheinsantrag der Enkelin erforderlichen Tatsachen gegeben seien. Das Gericht ging davon aus, dass die Erbausschlagung des Sohnes wirksam erfolgt war und keine vorherige Annahme der Erbschaft durch ihn stattgefunden hatte. Die Mitnahme der Wohnmobil-Unterlagen wertete das Gericht lediglich als Bestätigung seines ohnehin bestehenden Besitzes.

Gegen diesen Beschluss legte der Sohn Beschwerde ein. Er argumentierte mit seinem schlechten Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Ausschlagung und behauptete, von seinen eigenen Kindern getäuscht worden zu sein. Das Oberlandesgericht Hamm wies diese erste Beschwerde des Sohnes mit Beschluss vom 10. März 2023 jedoch zurück. Das OLG bestätigte die Wirksamkeit der Ausschlagung und verneinte eine vorherige Annahme der Erbschaft. Die Berufung auf seinen Gesundheitszustand oder eine angebliche Arglist seiner Kinder stellte die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung vom 22. März 2021 aus Sicht des OLG nicht infrage.

Nach dieser Entscheidung des OLG erteilte das Amtsgericht Herford am 26. Juli 2023 den von der Enkelin beantragten Erbschein, der die Tochter des Verstorbenen zur Hälfte und die beiden Enkelkinder zu je einem Viertel als Erben auswies. Einen Tag später wies das Amtsgericht den Erbscheinsantrag des Sohnes formell zurück und verwies auf die Gründe der vorangegangenen Entscheidungen.

Die erneute Beschwerde des Sohnes: Fokus auf angebliche Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Erbausschlagung

Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Amtsgerichts vom 27. Juli 2023 legte der Sohn erneut Beschwerde beim OLG Hamm ein. Diesmal beantragte er nicht nur die Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses, sondern auch die Einziehung des bereits erteilten Erbscheins gemäß § 2361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der die Unrichtigkeit eines Erbscheins voraussetzt. Als neue Argumentation führte der Sohn nun an, er sei zum Zeitpunkt seiner Erbausschlagungserklärung am 22. März 2021 nicht geschäftsfähig gewesen. Zur Untermauerung dieser Behauptung reichte er verschiedene ärztliche Bescheinigungen ein, darunter Atteste von Dr. med. K. D. und Dr. med. A. B. sowie ein Schreiben des sozialpsychiatrischen Dienstes und einen Entlassbrief eines Klinikums. Das Amtsgericht half dieser Beschwerde nicht ab und legte die Angelegenheit erneut dem OLG Hamm zur Entscheidung vor.

Die Entscheidung des OLG Hamm: Ausschlagung bleibt wirksam, Erbschein für Enkel und Tochter wird nicht eingezogen

Das Oberlandesgericht Hamm wies mit seinem Beschluss vom 1. Juli 2024 die Beschwerde des Sohnes erneut zurück. Damit wurde der Erbscheinsantrag des Sohnes rechtskräftig abgewiesen. Das OLG stellte fest, dass kein Grund für die Einziehung des bereits erteilten Erbscheins bestehe, der die Tochter und die Enkel als Erben ausweist. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der anderen Beteiligten, wurden dem Sohn auferlegt. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde auf 140.000 Euro festgesetzt, was dem geschätzten Wert des Nachlasses entspricht. Eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen.

Die detaillierte Begründung des OLG Hamm: Warum der Sohn nicht Erbe wurde und der Erbschein korrekt ist

Das OLG Hamm begründete seine Entscheidung ausführlich. Zunächst wurde die Zulässigkeit der Beschwerde geprüft und bejaht, da der Sohn die Einziehung des bereits erteilten Erbscheins verlangte. In der Sache selbst war die Beschwerde jedoch unbegründet.

Gesetzliche Erbfolge nach wirksamer Ausschlagung durch den Sohn gemäß §§ 1924, 1944 ff. BGB

Das Gericht führte aus, dass der Verstorbene nach gesetzlicher Erbfolge (§ 1924 Abs. 1, 3 BGB) von seiner Tochter zur Hälfte und von den Kindern des ausschlagenden Sohnes (den Enkeln) zu je einem Viertel beerbt worden sei. Dies ergebe sich daraus, dass der Sohn die Erbschaft nach seinem Vater durch eine formgerechte Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht am 22. März 2021 wirksam ausgeschlagen habe (§§ 1944 ff. BGB). Gemäß § 1953 Abs. 2 BGB treten an die Stelle des Ausschlagenden dessen Abkömmlinge, also hier seine Kinder.

Kernpunkt der Prüfung: War der Sohn bei der Ausschlagung am 22.03.2021 geschäftsunfähig nach § 104 Nr. 2 BGB?

Der entscheidende Punkt war die Behauptung des Sohnes, er sei zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig gewesen. Wäre dies der Fall, wäre seine Ausschlagungserklärung unwirksam. Das Gericht fand jedoch keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, die weitere Ermittlungen gerechtfertigt hätten.

Das Gericht verwies auf die objektive Feststellungslast im Erbscheinsverfahren. Das bedeutet, wer ein Erbrecht für sich beansprucht – hier der Sohn, der geltend macht, doch Erbe geworden zu sein, weil seine Ausschlagung unwirksam war – trägt das Risiko, die dafür notwendigen Tatsachen nicht beweisen zu können.

Zur Geschäftsunfähigkeit erläuterte das Gericht die Definition nach § 104 Nr. 2 BGB: Es muss ein nicht nur vorübergehender, die freie Willensbildung ausschließender Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit vorliegen. Bloße Willensschwäche oder eine fortschreitende Demenz allein genügen nicht. Es muss die Unfähigkeit bestehen, freie Entscheidungen aufgrund sachlicher Prüfung zu treffen, weil Überlegungen und Willensentschlüsse durch krankhafte Zustände übermäßig beherrscht werden.

Die Amtsermittlungspflicht des Gerichts nach § 26 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) sei begrenzt. Das Gericht muss nur ermitteln, wenn nach der Sachlage und dem Vorbringen der Beteiligten Anlass dazu besteht; es ermittelt nicht „ins Blaue hinein“. Die Beteiligten haben eine Mitwirkungspflicht (§ 27 Abs. 1, 2 FamFG), indem sie Anhaltspunkte für erforderliche Ermittlungen liefern.

Die Würdigung der ärztlichen Atteste durch das Gericht: Keine ausreichenden Beweise für Geschäftsunfähigkeit am Stichtag

Unter Anwendung dieser Kriterien sah das OLG Hamm auch nach Auswertung der vom Sohn vorgelegten ärztlichen Unterlagen keinen Anlass für weitere Ermittlungen, da die Behauptung der Geschäftsunfähigkeit am 22. März 2021 als substanzlos erschien.

  • Der Entlassbrief eines Klinikums vom 5. März 2021 beschrieb zwar eine schwere körperliche Erkrankung des Sohnes nach dem Tod des Vaters, die Behandlung endete jedoch vor dem Datum der Erbausschlagung. Diagnosen wie „reaktive Depression“ waren unter „Vorerkrankungen“ gelistet, ein aktueller Zusammenhang mit einer die Geschäftsfähigkeit ausschließenden Erkrankung zum Ausschlagungszeitpunkt war daraus nicht ersichtlich. Der körperliche Untersuchungsbefund vom 5. März 2021 beschrieb den Sohn als ruhig, flüssig berichtend, aufheiterbar und fähig zu lachen – was eher gegen eine schwere aktuelle psychische Beeinträchtigung sprach.
  • Ein Attest von Dr. D. vom 16. März 2023 beschrieb lediglich eine „lange Phase der psychischen und physischen Instabilität“ nach der Beerdigung, bot aber keine konkreten Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit am 22. März 2021.
  • Ein weiteres Attest von Dr. D. vom 3. August 2023 enthielt nur die pauschale Aussage, der Sohn sei „aufgrund seiner psychischen Erkrankung“ am 22. März 2021 nicht geschäftsfähig gewesen. Es fehlte jedoch ein konkreter Bezug zu eigenen Beobachtungen oder Untersuchungen des Arztes, die diese pauschale Bewertung für den spezifischen Stichtag hätten stützen können.
  • Der von Dr. D. erwähnte „Entlassungsbericht der Psychiatrie“ existierte nicht, da der Sohn den Klinikaufenthalt dort am ersten Tag abgebrochen hatte, wie Dr. D. selbst klarstellte.
  • Die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. B. vom März und Juni 2023 sowie das Schreiben des sozialpsychiatrischen Dienstes vom Juni 2023 waren für den maßgeblichen Stichtag (22. März 2021) nicht aussagekräftig. Sie beschrieben Zustände wie eine schwere depressive Episode und Suizidgefahr wegen drohender Insolvenz, die erst im Jahr 2023 diagnostiziert wurden und laut Gericht in keinem tragfähigen Zusammenhang mit dem Zustand des Sohnes zum Zeitpunkt der Ausschlagung im März 2021 standen.

Widersprüchliches Verhalten des Sohnes und fehlende Anhaltspunkte für den Rechtspfleger bei der Ausschlagung

Das Gericht bemängelte zudem das widersprüchliche Verhalten des Sohnes. Während des gesamten vorangegangenen Verfahrens – von seinem notariellen Erbscheinsantrag im März 2022 über einen handschriftlichen Brief im Juni 2022 bis zu seiner ersten Beschwerde im Juli 2022 – hatte er sich selbst nie auf eine vermeintliche Geschäftsunfähigkeit berufen, obwohl dies ein naheliegender Grund für die Unwirksamkeit der Ausschlagung gewesen wäre. Stattdessen hatte er sich auf eine angebliche vorherige Annahme der Erbschaft oder eine Täuschung durch seine Kinder gestützt. Seine detaillierten Schilderungen des Ablaufs der Ausschlagung ließen ebenfalls keinen Hinweis auf eine geistige Beeinträchtigung erkennen.

Auch dem zuständigen Rechtspfleger beim Nachlassgericht war bei der Entgegennahme der Ausschlagungserklärung am 22. März 2021 kein konkretes Anzeichen für eine mögliche geistige Beeinträchtigung des Sohnes aufgefallen.

Fazit des Gerichts: Erbausschlagung wirksam, kein Grund zur Einziehung des Erbscheins für Tochter und Enkel

Zusammenfassend kam das OLG Hamm zu dem Schluss, dass die vorgelegten ärztlichen Unterlagen sich überwiegend auf deutlich spätere Zeitpunkte bezogen oder keine konkreten Beobachtungen für den entscheidenden Tag der Erbausschlagung am 22. März 2021 enthielten. Das Verhalten des Sohnes im gesamten Verfahren und die Wahrnehmung des Rechtspflegers sprachen ebenfalls gegen eine Geschäftsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt. Daher wurde die Behauptung als unsubstantiiert bewertet und weitere Ermittlungen als nicht geboten angesehen.

Da die Erbausschlagung des Sohnes somit als wirksam angesehen wurde, ist er nicht gesetzlicher Erbe geworden. Der erteilte Erbschein, der seine Schwester (die Tochter des Verstorbenen) und seine Kinder (die Enkel des Verstorbenen) als Erben ausweist, entspricht der gesetzlichen Erbfolge nach der wirksamen Ausschlagung und ist daher korrekt und nicht einzuziehen. Der Antrag des Sohnes auf Erteilung eines ihn als Erben ausweisenden Erbscheins wurde folgerichtig zu Recht zurückgewiesen.

Kosten des Verfahrens und keine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG, wonach die unterliegende Partei die Kosten trägt. Die Festsetzung des Verfahrenswerts auf 140.000 Euro entspricht dem Gesamtwert des Nachlasses, was bei einem Antrag auf Einziehung eines Erbscheins maßgeblich ist (§§ 40 Abs. 1, 61 Abs. 1 Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach § 70 Abs. 2 FamFG lagen nach Ansicht des OLG Hamm nicht vor, da es sich um eine Einzelfallentscheidung handele, die keine grundsätzliche Bedeutung habe und keine Klärung durch eine höhere Instanz zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere.


Die Schlüsselerkenntnisse

Eine Erbausschlagung bleibt wirksam, auch wenn der Ausschlagende später behauptet, zum Zeitpunkt der Erklärung geschäftsunfähig gewesen zu sein, sofern keine überzeugenden medizinischen Nachweise für die Geschäftsunfähigkeit genau zum Zeitpunkt der Ausschlagung vorgelegt werden können. Wer die Unwirksamkeit seiner eigenen Erbausschlagung behauptet, trägt die Beweislast und muss konkrete, zeitnahe medizinische Belege vorlegen, die einen die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung belegen. Die Gerichte prüfen dabei besonders, ob das Verhalten des Betroffenen zum fraglichen Zeitpunkt mit der behaupteten Geschäftsunfähigkeit vereinbar ist, und berücksichtigen auch widersprüchliches Verhalten im späteren Verfahrensverlauf.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet eine Erbausschlagung und welche Folgen hat sie?

Wenn jemand verstirbt, geht sein Vermögen – aber auch seine Schulden – automatisch auf die Erben über. Das ist der Grundsatz in Deutschland. Man wird also „automatisch“ Erbe, ohne etwas tun zu müssen.

Was Erbausschlagung bedeutet

Eine Erbausschlagung ist das Gegenteil: Sie ist die Erklärung des Erben, dass er die Erbschaft nicht annehmen möchte. Stellen Sie sich vor, Sie erben von einer Person, wissen aber, dass diese Person hohe Schulden hatte. Durch eine Ausschlagung können Sie verhindern, dass diese Schulden auf Sie übergehen.

Die Folgen der Erbausschlagung

Die wichtigste Folge der Ausschlagung ist, dass Sie so behandelt werden, als ob Sie nie Erbe geworden wären. Ihr Erbteil fällt dann nicht einfach weg, sondern geht an die nächste Person in der gesetzlichen Erbfolge.

Ein Beispiel: Wenn Sie das Kind des Verstorbenen sind und ausschlagen, geht Ihr Erbteil in der Regel an Ihre eigenen Kinder (also die Enkel des Verstorbenen). Haben Sie keine Kinder, geht der Erbteil an die Person, die in der Erbfolge nach Ihnen kommt (z.B. Ihre Geschwister oder Eltern des Verstorbenen, je nach Konstellation). Diese Personen werden dann an Ihrer Stelle Erben.

Eine einmal wirksam erklärte Ausschlagung ist grundsätzlich unwiderruflich. Das bedeutet, Sie können Ihre Meinung im Nachhinein nicht einfach ändern. Es gibt nur in sehr seltenen Ausnahmefällen (z.B. bei einem Irrtum über den Grund der Ausschlagung) eine Möglichkeit, die Ausschlagung anzufechten.

Wie man eine Erbausschlagung erklärt

Die Erbausschlagung muss förmlich erklärt werden. Das geschieht entweder beim zuständigen Nachlassgericht (meist dem Amtsgericht am Wohnort des Verstorbenen) oder in notariell beglaubigter Form. Eine einfache schriftliche Erklärung reicht nicht aus.

Wichtig ist auch, dass es eine Frist für die Ausschlagung gibt. Diese Frist beträgt in der Regel sechs Wochen. Sie beginnt zu laufen, sobald der Erbe vom Erbfall und dem Grund seiner Erbenstellung erfährt (zum Beispiel durch Erhalt eines Testaments oder Benachrichtigung durch das Gericht). Lebte der Verstorbene im Ausland oder hält sich der Erbe im Ausland auf, beträgt die Frist sechs Monate. Innerhalb dieser Frist muss die Erklärung beim Gericht oder Notar vorliegen. Lässt man diese Frist verstreichen, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen.


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Unter welchen Umständen kann eine Erbausschlagung angefochten werden?

Eine einmal abgegebene Erklärung, ein Erbe auszuschlagen, ist grundsätzlich bindend. Es gibt jedoch bestimmte, gesetzlich vorgesehene Ausnahmen, unter denen diese Ausschlagung nachträglich „rückgängig gemacht“ werden kann, indem man sie anficht. Dies ist aber nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich.

Warum kann eine Erbausschlagung angefochten werden?

Die Anfechtung einer Erbausschlagung ist möglich, wenn die Erklärung nicht frei und bewusst aufgrund der tatsächlichen Umstände abgegeben wurde. Die häufigsten Gründe, die das Gesetz für eine solche Anfechtung vorsieht, sind:

  • Irrtum: Dies liegt vor, wenn sich der Erklärende über den Inhalt seiner Erklärung oder über bestimmte Umstände geirrt hat, die ihn zur Ausschlagung bewogen haben. Ein häufiges Beispiel ist der sogenannte Eigenschaftsirrtum. Hierbei irrt man sich über eine wichtige Eigenschaft des Nachlasses. Stellen Sie sich vor, Sie schlagen ein Erbe aus, weil Sie von erheblichen Schulden ausgehen, die tatsächlich gar nicht existieren oder viel geringer sind als angenommen. Wichtig ist, dass dieser Irrtum kausal für die Ausschlagung war. Ein Irrtum über den Wert des Nachlasses (Wertirrtum) reicht in der Regel allein nicht aus, um die Anfechtung zu begründen, es sei denn, dieser Wertirrtum basiert auf einem Irrtum über wertbildende Faktoren.
  • Täuschung: Wurde der Erbe durch arglistige Täuschung zur Ausschlagung veranlasst, kann er die Ausschlagung anfechten. Jemand hat Ihnen beispielsweise bewusst falsche Informationen über den Zustand des Nachlasses gegeben, um Sie zur Ausschlagung zu bewegen.
  • Drohung: Wenn die Ausschlagung durch widerrechtliche Drohung erzwungen wurde, ist sie ebenfalls anfechtbar. Jemand hat Sie unter erheblichen Druck gesetzt oder Ihnen mit Nachteilen gedroht, falls Sie das Erbe nicht ausschlagen.

Fristen und Form der Anfechtung

Die Anfechtung einer Erbausschlagung ist an sehr kurze und strenge Fristen gebunden. Die Anfechtung muss erfolgen:

  • Im Falle des Irrtums oder der Täuschung: Innerhalb von sechs Wochen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund (also dem Irrtum oder der Täuschung) Kenntnis erlangt hat.
  • Im Falle der Drohung: Innerhalb von sechs Wochen, nachdem die Zwangslage (die Drohung) beendet ist.

Handelte es sich beim Erben um einen Minderjährigen, beginnt die Frist nicht vor dem Zeitpunkt, in dem der Minderjährige volljährig wird. Bei Ausschlagungen, die im Ausland erklärt wurden oder wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz ausschließlich im Ausland hatte, kann sich diese Frist auf sechs Monate verlängern.

Die Anfechtung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden, das für den Nachlass zuständig ist. Dies kann entweder zur Niederschrift beim Gericht erfolgen oder durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung (z.B. durch einen Notar).

Hürden für eine erfolgreiche Anfechtung

Eine Anfechtung ist kein einfacher Weg, eine übereilte Ausschlagung rückgängig zu machen. Die Hürden sind hoch:

  • Beweislast: Wer anficht, muss den Anfechtungsgrund (Irrtum, Täuschung oder Drohung) und die Einhaltung der Frist beweisen. Das kann schwierig sein.
  • Strenge Fristen: Die kurzen Fristen müssen unbedingt eingehalten werden. Verstreicht die Frist, ist eine Anfechtung in der Regel ausgeschlossen.
  • Qualifizierter Irrtum: Wie erwähnt, reicht ein einfacher Wertirrtum meist nicht aus. Der Irrtum muss sich auf für die Erbschaft wesentliche Umstände beziehen.
  • Kenntnis vom Anfechtungsgrund: Die Frist beginnt, sobald man vom Grund der Anfechtung weiß. Dies wird oft streng ausgelegt.

Wenn die Anfechtung erfolgreich ist, gilt die Ausschlagung als von Anfang an nicht erfolgt. Der Anfechtende wird dann doch Erbe, was wiederum Konsequenzen haben kann (z.B. Haftung für Nachlassschulden).


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Welche Rolle spielt die Geschäftsunfähigkeit bei einer Erbausschlagung?

Wenn jemand ein Erbe ausschlagen möchte, gibt er damit eine sogenannte Willenserklärung ab. Eine Willenserklärung ist im Grunde eine Äußerung, mit der man eine bestimmte rechtliche Folge herbeiführen will – zum Beispiel, dass man ein Angebot annimmt, einen Vertrag abschließt oder eben ein Erbe nicht annehmen will. Damit eine solche Willenserklärung gültig ist, muss die Person, die sie abgibt, bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Was bedeutet Geschäftsunfähigkeit?

Geschäftsunfähigkeit ist ein juristischer Begriff. Er beschreibt einen Zustand, in dem eine Person aufgrund einer dauerhaften geistigen Beeinträchtigung die Bedeutung und die Folgen ihrer eigenen rechtlichen Handlungen nicht verstehen kann. Stellen Sie sich vor, jemand ist so schwer erkrankt (geistig oder psychisch), dass er nicht mehr erfassen kann, was es bedeutet, einen Vertrag zu unterschreiben oder eben ein Erbe anzunehmen oder abzulehnen. Solche Personen gelten als geschäftsunfähig. Das Gesetz sieht vor, dass auch Minderjährige unter sieben Jahren geschäftsunfähig sind.

Auswirkung der Geschäftsunfähigkeit auf die Erbausschlagung

Eine Erbausschlagung ist, wie erwähnt, eine Willenserklärung. Wenn jemand geschäftsunfähig ist, kann er selbst keine wirksamen Willenserklärungen abgeben. Das bedeutet, dass eine von einer geschäftsunfähigen Person abgegebene Erbausschlagung rechtlich unwirksam ist. Sie ist so, als wäre sie nie abgegeben worden. Die Person kann das Erbe in diesem Zustand also nicht selbst wirksam ausschlagen.

In solchen Fällen muss die Ausschlagung, falls gewünscht, durch eine gesetzliche Vertretung erfolgen. Das kann zum Beispiel ein bestellter Betreuer sein, der die Person in diesem Bereich rechtlich vertritt, oder bei Minderjährigen deren Eltern. Auch der Vertreter muss bestimmte Formalitäten beachten und unter Umständen die Genehmigung des Gerichts einholen.

Nachweis und Beweislast der Geschäftsunfähigkeit

Um festzustellen, ob jemand im Zeitpunkt der Erbausschlagung geschäftsunfähig war, ist in der Regel eine genaue Prüfung des Einzelfalls nötig. Der Nachweis der Geschäftsunfähigkeit erfordert oft ein medizinisches Gutachten, das den geistigen oder psychischen Zustand der Person zum relevanten Zeitpunkt beurteilt.

Grundsätzlich gilt im Recht der Grundsatz, dass derjenige, der eine bestimmte Tatsache behauptet, diese auch beweisen muss. Wenn also jemand behauptet, eine Person sei bei der Abgabe ihrer Erbausschlagung geschäftsunfähig gewesen, um die Unwirksamkeit der Ausschlagung geltend zu machen, trägt diese Person in der Regel die Beweislast dafür, dass die Geschäftsunfähigkeit vorlag.


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Wie wirkt sich die Annahme des Erbes auf die Möglichkeit der Erbausschlagung aus?

Wenn Sie Erbe werden, haben Sie grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Sie können das Erbe annehmen oder es ausschlagen. Diese Entscheidung ist wichtig und bindend.

Die Möglichkeit, ein Erbe auszuschlagen, besteht nur so lange, wie Sie das Erbe noch nicht angenommen haben. Sobald Sie das Erbe angenommen haben, verlieren Sie das Recht, es nachträglich noch auszuschlagen. Die Annahme macht Sie endgültig zum Erben mit allen Rechten und Pflichten, wozu auch die Haftung für Schulden des Verstorbenen gehören kann.

Die Annahme des Erbes muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Sie kann auch stillschweigend durch Ihr Verhalten erfolgen. Das bedeutet, dass bestimmte Handlungen, die Sie im Hinblick auf den Nachlass vornehmen, als Annahme gewertet werden können.

Wann gilt ein Erbe als angenommen?

Ein Erbe gilt in der Regel dann als angenommen, wenn Sie durch Ihr Verhalten zeigen, dass Sie sich als Erbe betrachten und über den Nachlass verfügen wollen. Beispiele für Handlungen, die als Annahme gewertet werden können, sind:

  • Die Beantragung eines Erbscheins. Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das Sie als Erben ausweist. Wenn Sie diesen beantragen, erklären Sie damit im Grunde, dass Sie das Erbe annehmen.
  • Die Verfügung über Nachlassgegenstände. Wenn Sie Gegenstände aus dem Nachlass verkaufen, verschenken oder anderweitig nutzen, als wären sie Ihr Eigentum, kann dies als Annahme gesehen werden. Das gilt auch für die Begleichung von Schulden des Verstorbenen aus Mitteln des Nachlasses.
  • Die Verwaltung des Nachlasses über das zur Sicherung Notwendige hinaus. Wenn Sie sich um Mietangelegenheiten kümmern, Verträge kündigen oder andere Verwaltungsaufgaben übernehmen, die über die reine Sicherung des Nachlasses hinausgehen, kann dies als Annahme interpretiert werden.

Wichtig ist: Nach einer wirksamen Annahme des Erbes – egal ob ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten – ist eine Ausschlagung nicht mehr möglich. Die Entscheidung ist endgültig. Umgekehrt ist nach einer wirksamen Ausschlagung die Annahme nicht mehr möglich.


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Was ist ein Erbschein und wozu dient er?

Ein Erbschein ist eine amtliche Bescheinigung, die anzeigt, wer nach dem Tod eines Menschen dessen Erbe geworden ist. Er wird vom Nachlassgericht ausgestellt. Dieses Dokument bestätigt also offiziell Ihr Erbrecht und – falls es mehrere Erben gibt – auch, wie groß Ihr Anteil am Nachlass ist.

Wozu braucht man einen Erbschein?

Der Erbschein dient in erster Linie dazu, dass Sie sich im sogenannten Rechtsverkehr als rechtmäßiger Erbe ausweisen können. Viele Stellen verlangen diesen Nachweis, bevor sie mit Ihnen über den Nachlass verhandeln oder Ihnen Zugriff auf Vermögenswerte geben.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten nach dem Tod eines Angehörigen auf dessen Bankkonto zugreifen oder eine Immobilie auf Ihren Namen im Grundbuch eintragen lassen. Banken, Versicherungen oder das Grundbuchamt möchten sichergehen, dass Sie wirklich derjenige sind, dem dieses Recht zusteht. Ein Erbschein ist hier oft der entscheidende Beweis, den Sie vorlegen müssen. Ein notarielles Testament, das vom Nachlassgericht eröffnet wurde, kann in manchen Fällen ebenfalls als ausreichender Nachweis dienen, ist aber nicht immer ausreichend oder wird nicht von allen Stellen akzeptiert.

Wie bekommt man einen Erbschein?

Um einen Erbschein zu erhalten, müssen Sie ihn beim zuständigen Nachlassgericht beantragen. Dies ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen.

Bei der Beantragung müssen Sie nachweisen, dass Sie der Erbe sind. Das kann beispielsweise durch Vorlage eines Testaments oder eines Erbvertrages geschehen. Gibt es kein Testament oder keinen Erbvertrag, richtet sich das Erbrecht nach der gesetzlichen Erbfolge. In diesem Fall müssen Sie die Tatsachen darlegen, die Ihr gesetzliches Erbrecht begründen (z.B. Verwandtschaftsverhältnis).

Zusätzlich müssen Sie versichern, dass Ihre Angaben richtig sind und es keine Umstände gibt, die gegen Ihr Erbrecht sprechen. Diese Versicherung kann wie ein Eid wirken. Das Gericht prüft dann Ihre Angaben und stellt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, den Erbschein aus. Für die Erteilung des Erbscheins fallen in der Regel Kosten an, die sich nach dem Wert des Nachlasses richten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbausschlagung

Eine Erbausschlagung ist die ausdrückliche und formgerechte Erklärung eines Erben, das Erbe nicht anzunehmen. Dabei verzichtet die Person auf sämtliche Rechte und Pflichten aus der Erbschaft, als ob sie nie Erbe geworden wäre. Die Ausschlagung muss innerhalb einer sechs Wochen-Frist gegenüber dem Nachlassgericht oder notariell erklärt werden (§§ 1944 ff. BGB). Dadurch fällt der Erbteil an die nachfolgende Person der gesetzlichen Erbfolge, beispielsweise die eigenen Kinder des Ausschlagenden (§ 1953 Abs. 2 BGB).

Beispiel: Wenn Sie erben, aber wissen, dass der Nachlass überschuldet ist, können Sie die Erbschaft ausschlagen, um nicht für die Schulden aufkommen zu müssen.


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Geschäftsunfähigkeit

Geschäftsunfähigkeit bedeutet, dass eine Person aufgrund einer dauerhaften geistigen oder psychischen Störung nicht in der Lage ist, die Bedeutung und Folgen ihrer rechtlichen Handlungen zu verstehen und entsprechend zu handeln (§ 104 Nr. 2 BGB). Eine geschäftsunfähige Person kann keine rechtswirksamen Willenserklärungen abgeben, etwa eine Erbausschlagung. Nur wenn die Willenserklärung von einer geschäftsfähigen Person abgegeben wird, entfaltet sie rechtliche Wirkung. Liegt Geschäftsunfähigkeit vor, ist die Erklärung unwirksam.

Beispiel: Ein schwer dementer Mensch kann nicht wirksam ein Erbe ausschlagen, da er nicht versteht, was die Ausschlagung rechtlich bedeutet.


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Erbschein

Ein Erbschein ist ein amtliches Dokument, das vom Nachlassgericht ausgestellt wird und bestätigt, wer die Erben des Verstorbenen sind und in welchem Umfang (§§ 2353 ff. BGB). Der Erbschein dient als Nachweis gegenüber Dritten, etwa Banken oder dem Grundbuchamt, um Rechte am Nachlass zu geltend zu machen. Er wird beantragt, wenn kein notarielles Testament vorliegt oder Unsicherheiten über die Erbenstellung bestehen. Die Erteilung setzt eine Prüfung der Tatsachen voraus, die das Erbrecht begründen.

Beispiel: Nach dem Tod eines Verwandten beantragen Sie einen Erbschein, um die Immobilie auf Ihren Namen ins Grundbuch eintragen zu lassen.


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Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer erbt, wenn der Verstorbene kein Testament oder keinen Erbvertrag hinterlassen hat (§§ 1924 ff. BGB). Sie bestimmt die Reihenfolge und das Erbteil der Verwandten des Erblassers, zum Beispiel Kinder, Ehegatten oder Eltern. Im Fall der wirksamen Erbausschlagung eines gesetzlichen Erben tritt dessen Erbteil an dessen eigene Nachkommen, also an die Enkel, gemäß § 1953 Abs. 2 BGB. Die gesetzliche Erbfolge greift also automatisch und wird wichtig, wenn keine letztwillige Verfügung vorliegt.

Beispiel: Ohne Testament erben die Kinder des Verstorbenen zu gleichen Teilen, wenn ein Kind ausschlägt, erben dessen Kinder (Enkel) seinen Anteil.


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Einziehung des Erbscheins

Die Einziehung eines Erbscheins bedeutet, dass ein bereits erteilter Erbschein vom Nachlassgericht widerrufen und für ungültig erklärt wird, wenn sich herausstellt, dass er unrichtig ist (§ 2361 BGB). Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die Erbenstellung falsch festgestellt wurde oder eine Erbausschlagung unwirksam ist. Die Einziehung setzt jeweils einen Antrag voraus und erfolgt nur bei substanziellem Grund, um Rechtssicherheit gegenüber Dritten zu gewährleisten.

Beispiel: Wenn sich später herausstellt, dass der ursprünglich als Erbe ausgewiesene Sohn das Erbe wirksam ausgeschlagen hat und gar kein Erbe mehr ist, muss der Erbschein korrigiert oder eingezogen werden, damit ein anderer Erbe die Rechte geltend machen kann.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1944 ff. BGB (Ausschlagung der Erbschaft): Regelt die Möglichkeit und Bedingungen der Erbausschlagung, durch die eine Erbschaft wirksam abgelehnt wird, wodurch der Ausschlagende so behandelt wird, als wäre er nicht Erbe geworden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Wirksamkeit der Ausschlagung des Sohnes ist entscheidend dafür, ob er Erbe wird oder die Erbteile auf seine Kinder übergehen.
  • § 1924 Abs. 1, 3 BGB (gesetzliche Erbfolge): Bestimmt die gesetzliche Erbfolge bei Fehlen eines Testaments, wonach Kinder des Erblassers Erben sind und bei Ausschlagung eines Erben dessen Nachkommen an seine Stelle treten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die gesetzliche Erbfolge ordnet die Erbschaft auf die Tochter und die Enkel des Sohnes, nachdem dieser wirksam ausgeschlagen hat.
  • § 104 Nr. 2 BGB (Geschäftsunfähigkeit): Definiert die Geschäftsunfähigkeit als Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit, der die freie Willensbildung ausschließt und nicht nur vorübergehend sein darf. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Entscheidung hinge maßgeblich davon ab, ob der Sohn zum Zeitpunkt der Ausschlagung geschäftsunfähig war und somit die Ausschlagung unwirksam ist.
  • § 2361 BGB (Einziehung des Erbscheins): Regelt die Voraussetzungen und Verfahren, unter denen ein bereits erteilter Erbschein wegen dessen Unrichtigkeit eingezogen werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Sohn beantragte die Einziehung des Erbscheins, weil er die Wirksamkeit der Ausschlagung bestreitet und dadurch sein Erbrecht geltend machen will.
  • § 26, § 27 FamFG (Amtsermittlungspflicht und Mitwirkungspflicht): Das Gericht ist gehalten, von Amts wegen zu ermitteln, soweit erforderlich und anlassbezogen (begrenzte Amtsermittlungspflicht) und die Beteiligten haben zur Sachverhaltsaufklärung beizutragen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gerichte prüften die vorgelegten Anhaltspunkte zur Geschäftsunfähigkeit nur soweit, wie plausibel, und stellten fest, dass keine weiteren Ermittlungen nötig sind.
  • § 84 FamFG (Kostenverteilung): Regelt die Kostenentscheidung im Verfahren, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens trägt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Sohn mit seiner Beschwerde unterlegen ist, wurden ihm die Kosten des Gerichts- und außergerichtlichen Verfahrens auferlegt.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Hamm – Az.: 10 W 100/23 – Beschluss vom 01.07.2024


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