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Erbausschlagungserklärung durch bevollmächtigten Rechtsanwalt – öffentliche Beglaubigung

Eine überraschende Pflegegeldnachzahlung in Höhe von fast 19.000 Euro stellte einen Erben vor die Frage, ob er seine bereits erklärte Erbausschlagung anfechten kann. Der Versuch scheiterte jedoch an einer entscheidenden Formalie. Das Gericht betonte die Bedeutung der Einhaltung zwingender Formvorschriften bei der Anfechtung einer Erbausschlagung, auch wenn moderne Kommunikationsmittel wie das elektronische Anwaltspostfach (beA) genutzt werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Frankfurt
  • Datum: 16.01.2025
  • Aktenzeichen: 21 W 123/24
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren im Nachlassrecht
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Nachlassrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Antragsteller: Der einzige Sohn des Erblassers, der gegenüber dem Nachlassgericht gemeinsam mit seiner Ehefrau die Ausschlagung der Erbschaft für ihren gemeinsamen Sohn erklärte unter der Annahme, der Nachlass sei überschuldet.
    • Ehefrau des Antragstellers: Beteiligte, die gemeinsam mit ihrem Ehemann die Ausschlagung der Erbschaft für ihren gemeinsamen Sohn erklärte.
    • Mutter eines weiteren Sohnes: Person, die die Ausschlagung der Erbschaft für ihren Sohn gegenüber dem Nachlassgericht vornahm.
    • Nachlassgericht Hünfeld: Behörde, die den Beschluss erließ, gegen den der Antragsteller mit seiner befristeten Beschwerde vorging.
  • Um was ging es?
    • Sachverhalt: Der Antragsteller und seine Ehefrau erklärten gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft für ihren gemeinsamen Sohn, weil der Nachlass überschuldet sei. In der Folge ordnete das Nachlassgericht eine Nachlasspflegschaft an, und das erstellte Nachlassverzeichnis wies einen Aktivnachlass von ca. 2.000 € im Vergleich zu erheblich höheren Beerdigungskosten auf. Zudem erfolgte eine separate Ausschlagung der Erbschaft durch die Mutter eines weiteren Sohnes.
    • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Bewertung der Erbausschlagungserklärungen und deren Folgen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation des Nachlasses sowie um die Frage, ob und inwieweit die gerichtliche Entscheidung des Nachlassgerichts überprüft werden sollte.
  • Was wurde entschieden?
    • Entscheidung: Die befristete Beschwerde des Antragstellers wurde zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, während außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden. Zudem wurde der Geschäftswert des Verfahrens auf bis zu 19.000 € festgesetzt.
    • Begründung: Die Entscheidung stützte sich auf die Feststellungen im Nachlassverzeichnis, das einen sehr geringen Aktivnachlass gegenüber den angefallenen Beerdigungskosten auswies. Dadurch ergab sich kein ausreichender Anlass, die Beschwerde als begründet anzusehen.
    • Folgen: Der Antragsteller muss die im Beschwerdeverfahren entstandenen gerichtlichen Kosten tragen. Das Urteil unterstreicht die gängige Praxis, dass in Fällen der Erbausschlagung und bei der Einsetzung einer Nachlasspflegschaft die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich in die Entscheidung einbezogen werden. Weitere Rechtsmittel wurden nicht eingelegt, sodass die Entscheidung endgültig ist.

Erbausschlagung im Fokus: Wichtige gesetzliche Vorgaben und ein konkreter Fall

Die Auseinandersetzung mit der Erbausschlagung bietet einen spannenden Einblick in komplexe gesetzliche Formvorschriften und das Verfahren vor dem Nachlassgericht. So spielen die Ausschlagungserklärung und Öffentliche Beglaubigung eine wesentliche Rolle, während Aspekte wie Erbfolge, Erbschein und rechtliche Vertretung durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt zusätzliche Sicherheit schaffen.

Im Weiteren wird ein konkreter Fall dargestellt, der anhand praktischer Anforderungen rund um Erbschaft ausschlagen und das Erbscheinverfahren nachvollziehbar erläutert wird.

Der Fall vor Gericht


Sohn scheitert mit Anfechtung der Erbausschlagung

Rechtsanwalt übergibt eine Erbausschlagungserklärung an einen Gerichtsschreiber in einem deutschen Büro.
Anfechtung der Erbausschlagung – Formvorschriften beachten | Symbolbild: Ideogram gen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat die Beschwerde eines Sohnes gegen die Ablehnung seines Erbscheinsantrags zurückgewiesen. Der Sohn hatte zunächst die Erbschaft nach seinem verstorbenen Vater ausgeschlagen, wollte diese Entscheidung später jedoch anfechten. Die per Anwaltspostfach eingereichte Anfechtungserklärung war jedoch formungültig, da sie nicht öffentlich beglaubigt wurde.

Überraschende Pflegegeldnachzahlung nach Erbausschlagung

Der Sohn hatte die Erbschaft im Dezember 2023 ausgeschlagen, da er von einer Überschuldung des Nachlasses ausging. Das Nachlassgericht bestellte daraufhin einen Nachlasspfleger. Im März 2024 stellte sich heraus, dass eine Pflegegeldnachzahlung in Höhe von 18.802 Euro erfolgt war – das Pflegegeld war seit 2019 nicht angefordert worden. Nach dieser Information versuchte der Sohn, seine Ausschlagungserklärung anzufechten.

Streit um die Formwirksamkeit der Anfechtungserklärung

Der Verfahrensbevollmächtigte des Sohnes reichte die Anfechtungserklärung im April 2024 über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) ein. Zwar legte er eine öffentlich beglaubigte Vollmacht vor, die Anfechtungserklärung selbst war jedoch nicht öffentlich beglaubigt. Der Sohn vertrat die Auffassung, dass die Übermittlung per beA die öffentliche Beglaubigung ersetze, da so die Zuordnung des Schreibens zum Absender sichergestellt sei.

Gericht verweist auf zwingende Formvorschriften

Das OLG Frankfurt wies diese Argumentation zurück. Nach § 1955 BGB gelten für die Anfechtung einer Erbausschlagung die gleichen Formvorschriften wie für die Ausschlagung selbst. Die Anfechtungserklärung muss demnach entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Die Einreichung über das beA ersetzt die öffentliche Beglaubigung nicht, da es sich dabei lediglich um einen sicheren Übermittlungsweg handelt. Während das beA nur die Unterschrift nach der Zivilprozessordnung ersetzt, fehlt ihm die Überprüfungs- und Nachweisfunktion bezüglich der Identität der unterzeichnenden Person, die eine öffentliche Beglaubigung kennzeichnet.

Rechtliche Folgen des Formverstoßes

Die formungültige Anfechtungserklärung führte dazu, dass die ursprüngliche Erbausschlagung wirksam blieb. Der Sohn konnte daher nicht Erbe werden, sein Erbscheinsantrag wurde zu Recht zurückgewiesen. Das Gericht setzte den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf bis zu 19.000 Euro fest, orientiert am Wert des Nachlasses nach Abzug der vom Erblasser herrührenden Verbindlichkeiten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stellt klar, dass eine Anfechtung der Erbausschlagung zwingend öffentlich beglaubigt werden muss – auch wenn sie durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt erfolgt. Eine einfache Übermittlung per beA (besonderes elektronisches Anwaltspostfach) genügt nicht, selbst wenn eine öffentlich beglaubigte Vollmacht vorliegt. Dies zeigt die hohen formalen Anforderungen im Erbrecht, die dem Schutz aller Beteiligten dienen und strikte Beachtung erfordern.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine bereits erklärte Erbausschlagung anfechten möchten, müssen Sie unbedingt die strengen Formvorschriften einhalten. Auch wenn Sie einen Anwalt beauftragen, muss die Anfechtungserklärung selbst öffentlich beglaubigt werden – zum Beispiel durch einen Notar. Eine normale schriftliche Erklärung Ihres Anwalts reicht nicht aus, auch wenn dieser eine beglaubigte Vollmacht von Ihnen hat. Versäumen Sie diese Form, ist Ihre Anfechtung unwirksam und die ursprüngliche Ausschlagung bleibt bestehen. Lassen Sie sich daher frühzeitig beraten, um keine Fristen oder Formvorschriften zu versäumen.

Benötigen Sie Hilfe?

Verfahrensvorschriften bei der Anfechtung der Erbausschlagung

Eine Anfechtung kann in Fällen, in denen formelle Vorgaben strenge Beachtung finden müssen, schnell zu rechtlichen Herausforderungen führen. Wer sich in einer Situation wiederfindet, in der es um die korrekte Umsetzung notwendiger Formvorschriften geht, sieht sich möglicherweise mit komplexen Detailfragen konfrontiert. präzise Einhaltung dieser Vorgaben ist entscheidend, um Ansprüche und Rechte wirksam zu wahren.

Wir unterstützen Sie dabei, Ihre rechtliche Situation eingehend zu analysieren und zu prüfen, ob formale Anforderungen vollständig erfüllt wurden. Unsere sachliche und transparente Beratung hilft Ihnen dabei, mögliche Verfahrensrisiken frühzeitig zu erkennen und weitere Schritte fundiert zu planen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Nach welchen gesetzlichen Fristen kann ich eine Erbausschlagung anfechten?

Die Anfechtung einer Erbausschlagung unterliegt einer strengen Frist von sechs Wochen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem Sie von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt haben.

Besondere Fristverlängerungen

Wenn Sie sich bei Fristbeginn im Ausland aufhalten oder der Erblasser seinen letzten Wohnsitz ausschließlich im Ausland hatte, verlängert sich die Anfechtungsfrist auf sechs Monate.

Formvorschriften für die Anfechtung

Die Anfechtungserklärung muss innerhalb der Frist dem Nachlassgericht zugehen. Dabei können Sie zwischen zwei Möglichkeiten wählen:

  • Erklärung zur Niederschrift des Nachlassgerichts
  • Einreichung in öffentlich beglaubigter Form

Wichtige Anfechtungsgründe und Fristbeginn

Der Fristbeginn richtet sich nach dem jeweiligen Anfechtungsgrund. Wenn Sie sich beispielsweise über wesentliche Eigenschaften des Nachlasses geirrt haben, beginnt die Frist erst in dem Moment, in dem Sie den Irrtum erkennen. Ein solcher Irrtum kann vorliegen, wenn Sie:

  • über das Bestehen der Ausschlagungsfrist in Unkenntnis waren
  • fälschlicherweise davon ausgingen, die Erbschaft bereits wirksam ausgeschlagen zu haben
  • über den Lauf der Frist oder die Rechtsfolgen ihres Ablaufs einem Irrtum unterlegen waren

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Erbschaft ausgeschlagen, weil Sie von Schulden ausgingen. Wenn Sie später erfahren, dass der Nachlass doch wertvoll war, müssen Sie die Anfechtung innerhalb von sechs Wochen ab diesem Erkenntnismoment erklären.

Die Anfechtung muss zwingend in der vorgeschriebenen Form erfolgen. Eine elektronische Übermittlung der Anfechtungserklärung – selbst als PDF über das besondere elektronische Anwaltspostfach – ist nicht ausreichend. Das Original der Anfechtungserklärung muss dem Nachlassgericht innerhalb der Frist vorliegen.


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Welche Formvorschriften muss ich bei der Anfechtung einer Erbausschlagung einhalten?

Die Anfechtung einer Erbausschlagung muss in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden.

Formelle Anforderungen

Sie haben zwei Möglichkeiten für die formgerechte Anfechtung:

  • Zur Niederschrift direkt beim Nachlassgericht
  • Durch eine notariell beglaubigte Erklärung

Bei der Einreichung einer notariell beglaubigten Anfechtungserklärung muss zwingend die Originalurkunde beim Nachlassgericht eingehen. Eine elektronische Übermittlung, etwa als PDF-Datei über das besondere elektronische Anwaltspostfach, reicht nicht aus.

Fristen und Zuständigkeit

Die Anfechtungserklärung muss innerhalb einer Frist von sechs Wochen erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem Sie vom Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt haben.

Zuständig ist das Nachlassgericht am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers. Alternativ können Sie die Anfechtung auch beim Amtsgericht Ihres eigenen Wohnsitzes einreichen.

Heilung von Formfehlern

Wenn Sie einen Formfehler bei der Anfechtung gemacht haben, ist eine Heilung nur bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist möglich. Nach Fristablauf kann der Formmangel nicht mehr geheilt werden, auch nicht durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.


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Auf welchen Gründen kann eine Anfechtung der Erbausschlagung basieren?

Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften

Der wichtigste Anfechtungsgrund ist der Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften des Nachlasses nach § 119 Abs. 2 BGB. Ein solcher Irrtum liegt vor, wenn Sie sich über die tatsächliche Zusammensetzung des Nachlasses geirrt haben. Stellen Sie sich vor, Sie schlagen eine Erbschaft aus, weil Sie von einer Überschuldung ausgehen, später stellt sich jedoch heraus, dass wertvolle Vermögensgegenstände existieren, von denen Sie nichts wussten.

Weitere Anfechtungsgründe

Die Anfechtung kann auch auf folgenden Gründen basieren:

  • Erklärungsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB): Wenn Sie sich über die Bedeutung Ihrer Erklärung geirrt haben
  • Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB): Bei einem Irrtum über den Inhalt der Erklärung
  • Arglistige Täuschung (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB): Wenn Sie durch bewusste Täuschung zur Ausschlagung bewegt wurden
  • Widerrechtliche Drohung (§ 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB): Falls Sie durch Drohung zur Ausschlagung gezwungen wurden
  • Falschübermittlung (§ 120 BGB): Wenn Ihre Erklärung falsch übermittelt wurde

Kausalität als entscheidendes Kriterium

Der Irrtum muss für die Ausschlagung ursächlich gewesen sein. Das bedeutet, Sie hätten die Erbschaft nicht ausgeschlagen, wenn Sie den wahren Sachverhalt gekannt hätten. Ein bloßer Motivirrtum, etwa wenn Sie den Wert eines bekannten Nachlassgegenstands falsch eingeschätzt haben, reicht für eine Anfechtung nicht aus.

Formelle Voraussetzungen

Die Anfechtung muss in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Dabei gilt eine Frist von sechs Wochen, die mit der Kenntnis vom Anfechtungsgrund beginnt. Bei Auslandsbezug verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Nach 30 Jahren ist eine Anfechtung generell ausgeschlossen.


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Welche Rolle spielt das Nachlassgericht bei der Anfechtung einer Erbausschlagung?

Das Nachlassgericht nimmt bei der Anfechtung einer Erbausschlagung eine zentrale Rolle ein. Die Anfechtungserklärung muss ausschließlich gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden.

Örtliche Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Nachlassgerichts richtet sich nach dem letzten Aufenthaltsort bzw. Wohnsitz des Erblassers. Alternativ können Sie die Anfechtung auch beim Amtsgericht Ihres eigenen Wohnsitzes einreichen.

Formvorschriften

Wenn Sie eine Erbausschlagung anfechten möchten, müssen Sie zwei wichtige Formvorschriften beachten:

Die Anfechtung muss in öffentlich beglaubigter Form beim Nachlassgericht eingereicht werden. Ein einfaches Schreiben ist nicht ausreichend. Sie haben dabei zwei Möglichkeiten:

  • Persönliche Erklärung zur Niederschrift beim Nachlassgericht
  • Einreichung einer notariell beglaubigten Erklärung

Fristen und Nachweise

Das Nachlassgericht überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Fristen. Die Anfechtung muss innerhalb von sechs Wochen erfolgen, nachdem Sie den Anfechtungsgrund erkannt haben.

Bei der Anfechtung prüft das Nachlassgericht, ob ein berechtigter Anfechtungsgrund vorliegt. Ein solcher Grund kann beispielsweise ein Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften des Nachlasses sein, etwa wenn Sie sich über vorhandene Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten geirrt haben.

Wirksamkeit der Anfechtung

Nach erfolgreicher Anfechtung beim Nachlassgericht wird Ihre ursprüngliche Ausschlagungserklärung als von Anfang an nichtig betrachtet. Das Nachlassgericht behandelt Sie dann so, als hätten Sie die Erbschaft nie ausgeschlagen.


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Was sind die rechtlichen Folgen einer erfolgreichen Anfechtung der Erbausschlagung?

Eine erfolgreiche Anfechtung der Erbausschlagung führt dazu, dass die ursprüngliche Ausschlagungserklärung von Anfang an als nichtig gilt. Dies bedeutet, Sie werden rechtlich so behandelt, als hätten Sie die Erbschaft nie ausgeschlagen.

Wiederherstellung der Erbenstellung

Mit der erfolgreichen Anfechtung wird Ihre ursprüngliche Position als Erbe vollständig wiederhergestellt. Sie treten damit rückwirkend in alle Rechte und Pflichten ein, die mit der Erbschaft verbunden sind. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Erbe wegen vermeintlicher Überschuldung ausgeschlagen – nach erfolgreicher Anfechtung können Sie nun doch noch von einem wertvollen Nachlass profitieren.

Praktische Auswirkungen

Die Anfechtung hat weitreichende praktische Konsequenzen für Ihre rechtliche Position:

  • Sie können Ansprüche auf Nachlassgegenstände geltend machen, die zwischenzeitlich an andere Erben gefallen sind.
  • Sie müssen in bereits laufende Gerichtsverfahren oder Verwaltungsakte eintreten, die den Nachlass betreffen.
  • Sie übernehmen die volle Verantwortung für Nachlassverbindlichkeiten, als wären Sie von Anfang an Erbe gewesen.

Formelle Anforderungen

Die Anfechtung muss in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden. Die Anfechtungserklärung muss innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Wochen erfolgen, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt haben. Bei einem Auslandsaufenthalt verlängert sich diese Frist auf sechs Monate.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbausschlagung

Eine rechtlich bindende Erklärung, mit der ein Erbe sein Erbe ablehnt und damit auf seinen Anteil am Nachlass verzichtet. Nach § 1944 BGB muss diese Erklärung innerhalb von sechs Wochen erfolgen, nachdem der Erbe vom Erbfall und seiner Berufung als Erbe Kenntnis erlangt hat. Die Erbausschlagung muss entweder persönlich zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erfolgen.

Beispiel: Ein Sohn schlägt das Erbe seines verstorbenen Vaters aus, weil er vermutet, dass mehr Schulden als Vermögen vorhanden sind.


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Öffentliche Beglaubigung

Eine amtliche Bestätigung durch einen Notar, die die Echtheit einer Unterschrift oder eines Handzeichens bescheinigt. Der Notar prüft dabei die Identität der unterzeichnenden Person und bestätigt, dass die Unterschrift tatsächlich von dieser Person stammt. Diese Form ist nach § 129 BGB bei vielen wichtigen Rechtsgeschäften vorgeschrieben.

Beispiel: Eine Erbausschlagungserklärung muss vom Notar öffentlich beglaubigt werden, bevor sie beim Nachlassgericht eingereicht wird.


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Nachlassgericht

Die für Erbschaftsangelegenheiten zuständige Abteilung des Amtsgerichts. Es ist nach § 343 FamFG unter anderem zuständig für die Entgegennahme von Erbausschlagungen, die Erteilung von Erbscheinen und die Sicherung des Nachlasses. Alle wichtigen erbrechtlichen Entscheidungen und Dokumente werden hier bearbeitet und verwahrt.

Beispiel: Das Nachlassgericht bestellt einen Nachlasspfleger, wenn durch eine Erbausschlagung zunächst kein Erbe feststeht.


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Nachlasspfleger

Eine vom Nachlassgericht bestellte Person, die den Nachlass verwaltet und die Rechte und Pflichten des Erblassers wahrnimmt, wenn kein Erbe vorhanden oder bekannt ist. Die Rechtsgrundlage findet sich in § 1960 BGB. Der Nachlasspfleger vertritt die Interessen des Nachlasses und sorgt für dessen ordnungsgemäße Verwaltung.

Beispiel: Nach der Erbausschlagung durch alle bekannten Erben bestellt das Gericht einen Nachlasspfleger, der offene Forderungen eintreibt und Schulden begleicht.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1948 BGB: Dieser Paragraph regelt die Voraussetzungen und die Form der Erbausschlagung. Eine Erbausschlagung muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden und innerhalb einer sechsmonatigen Frist erfolgen, die mit dem Kenntniszeitpunkt von dem Anfall des Erbes beginnt. Im vorliegenden Fall hat der Beteiligte zu 1) die Erbausschlagung erklärt und später versucht, diese anzufechten.
  • § 174 BGB: Dieser Paragraph bestimmt die Form von Willenserklärungen, die in der Regel schriftlich erfolgen müssen. Eine insbesondere notarielle Beurkundung ist nicht zwingend erforderlich, es sei denn, das Gesetz schreibt es vor. In dem Fall hat das Nachlassgericht festgestellt, dass die ursprüngliche Anfechtungserklärung nicht den gesetzlichen Formvorschriften entsprach, was zur Unwirksamkeit führte.
  • § 164 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Wirksamkeit von Willenserklärungen, die durch einen Bevollmächtigten abgegeben werden. Ein Bevollmächtigter kann im Namen des Erblassers handeln, sofern die Vollmacht ordnungsgemäß erteilt wurde. Der Beteiligte zu 1) übermittelte eine öffentlich beglaubigte Vollmacht, die seinem Rechtsanwalt die Befugnis gab, die Anfechtungserklärung in seinem Namen abzugeben.
  • § 1949 BGB: Dieser Paragraph beschreibt die rechtlichen Folgen einer Erbausschlagung, insbesondere dass der Erbe von den Nachlassverbindlichkeiten nicht haftet. Im vorliegenden Fall behauptete der Beteiligte zu 1), die Ausschlagung sei aufgrund eines Irrtums über die Nachlassverhältnisse erfolgt, was die Grundlage für die Anfechtung bildete.
  • Zivilprozessordnung (ZPO) § 341: Dieser Paragraph regelt die Fristen und Formvorschriften für Klagen im Zivilprozess. Für die Anfechtung der Erbausschlagung müssen spezifische Fristen und formale Anforderungen eingehalten werden. Das Nachlassgericht wies darauf hin, dass die Anfechtungserklärung vom Beteiligten zu 1) die sechswöchige Frist nicht einhielt und die Formvorschriften nicht erfüllte, was zur Zurückweisung führte.

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 21 W 123/24 – Beschluss vom 16.01.2025


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