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Erbbaurechtsbelastung mit Zwangssicherungshypothek –  Pflichtteilsforderung

OLG München – Az.: 34 Wx 19/17 – Beschluss vom 06.04.2018

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 12. Dezember 2016 wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde der Beteiligten zu 5 vom 31. Januar 2017 wird zurückgewiesen.

3. Die Beteiligte zu 1 hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten für das Beschwerdeverfahren und das Anschlussbeschwerdeverfahren wird abgesehen.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 65.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 5 ist Eigentümerin von Grundbesitz an zwei Grundstücken, an denen jeweils ein Erbbaurecht bestellt ist. In den beiden Erbbaugrundbüchern sind die Beteiligten zu 2, 3 und 4 in Erbengemeinschaft als Erbbauberechtigte eingetragen. In Ziff. III. § 11 des Erbbaurechtsvertrages vom 9.4.1958 ist bestimmt und in den jeweiligen Erbbaugrundbüchern eingetragen, dass zur Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts die Zustimmung des Eigentümers erforderlich ist.

Die Beteiligte zu 1 hat gegen die Beteiligten zu 2, 3 und 4 sowie sieben weitere Erben nach dem am 12.10.2014 verstorbenen Erblasser einen titulierten Pflichtteilsanspruch in Höhe von 77.418,66 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit 31.1.2015 aufgrund rechtskräftigen Anerkenntnisurteils vom 10.3.2016. Zum Nachlass gehören die zwei Erbbaurechte. Mit Erbteilsübertragungsvertrag vom 8.6.2016 erwarben die Beteiligten zu 2 und 3 die Anteile der sieben weiteren Erben. In diesem Vertrag übernahmen sie die Verpflichtung, die Erbteilsveräußerer von dem Pflichtteilsanspruch der Beteiligten zu 1 freizustellen. Die Erbbauberechtigten leisten an die Beteiligte zu 1  auf deren Pflichtteilsanspruch monatliche Zahlungen von 500,00 €.

Der Gesamtwert der beiden Erbbaurechte beläuft sich gemäß eines Schätzgutachtens, das von der Beteiligten zu 5 nicht angegriffen wird, auf 255.000 €, die Heimfallentschädigung nach Ablauf der Erbbaurechtsverträge auf insgesamt 8.628 €. Der Rohertrag für jedes Haus beläuft sich auf 15.240 €.

Die Beteiligte zu 1 beantragte am 29.2.2016 beim Grundbuchamt aufgrund des Anerkenntnisurteils die Eintragung einer Sicherungshypothek für eine Teilforderung i.H.v. 65.000,00 €, aufgeteilt in Beträge zu je 32.500,00 € je Erbbaurecht. Das Grundbuchamt hat der Beteiligten zu 1 aufgegeben, die Zustimmung der Beteiligten zu 5 zur Eintragung der Sicherungshypothek vorzulegen. Die Beteiligte zu 5 hat mit Schreiben vom 2.5.2016 die Zustimmung verweigert.  Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 15.7.2016 hat die Beteiligte zu 1 deshalb das Recht der erbbauberechtigten Erbengemeinschaft auf gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zur Belastung der Erbbaurechte mit einer Sicherungshypothek i.H.v. 84.413,27 € gegen die Beteiligte zu 5 pfänden und sich überweisen lassen.

Unter Vorlage des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 15.7.2016 hat die Beteiligte zu 1 sodann mit Schreiben vom 18.8.2016 beim Amtsgericht die Ersetzung der Zustimmung der Beteiligten zu 5 zur Belastung der Erbbaurechte mit einer Sicherungshypothek in Höhe von (insgesamt) 77.418,66 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 31.1.2015 beantragt und zur Begründung ausgeführt, die Zustimmung der Beteiligten zu 5 werde ohne ausreichenden Grund verweigert. Die begehrte Belastung der Erbbaurechte sei mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft vereinbar. Ordnungsgemäßes Wirtschaften erfordere, dass den Erbbauberechtigten ein wirtschaftlicher Gegenwert für die Belastung zufließe. Dies sei dann der Fall, wenn diese die Sicherungshypothek der Antragsgegnerin bezahlen würden und sie mit einer Tilgungshypothek einer Bank beleihen ließen, denn im Nachlass sei nicht so viel Bargeld vorhanden gewesen, dass der Pflichtteil hätte bezahlt werden können. Eine Überbelastung werde nicht vorgenommen. Angesichts der Mieterträgnisse wirke sich die Tatsache der Übernahme einer Tilgungshypothek auf die wirtschaftliche Lage der Erbbauberechtigten nicht besonders aus. Nach Absicherung der Forderung auf dem Erbbaurecht sei die Beteiligte zu 1 bereit, mit den Erbbauberechtigten einen Ratenzahlungsvergleich zu schließen dergestalt, dass in den nächsten 20 Jahren die Schuld einschließlich Zinsen bezahlt werde.

Die Beteiligte zu 5 hat Antragszurückzuweisung beantragt. Sie rügt, eine Identität zwischen den Erbbauberechtigten und den Schuldnern der Beteiligten zu 1 bestehe nach der Erbteilsübertragung nicht mehr; die Beteiligte zu 1 verlange die Eintragung von Sicherungshypotheken für Verbindlichkeiten, die auch Personen beträfen, die nicht mehr Erbbauberechtigte seien. Die Absicherung von Fremdverbindlichkeiten entspreche nicht ordnungsgemäßer Wirtschaft. Zudem fließe den Erbbauberechtigten kein wirtschaftlicher Gegenwert für die Belastung zu, was aber Voraussetzung für ordnungsgemäßes Wirtschaften sei.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 12.12.2016 (Az. …), der Beteiligten zu 1 zugestellt am 15.12.2016, den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Belastung der Erbbaurechte zurückgewiesen und von einer Kostenentscheidung abgesehen. In den Gründen ist ausgeführt, die Zustimmung sei nur zu erteilen, wenn die Belastung den Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft entspreche. Dies setze voraus, dass dem Erbbauberechtigten ein wirtschaftlicher Gegenwert für die Belastung zufließe, der sich zu seinem Nutzen hinsichtlich des Bauwerks oder seiner wirtschaftlichen Lage auswirke. Da bei den Erbbauberechtigten durch die Eintragung der Sicherungshypothek weder ein direkter noch ein mittelbarer Vorteil eintrete, weil sie im Gegensatz zur Valutierung eines Darlehens keine Verfügungsmöglichkeit über eine Vermögensmasse hätten und auch keine privaten Verbindlichkeiten tilgen könnten, wirke sich die Belastung des Erbbaurechts nicht auf die wirtschaftliche Lage der Erbbauberechtigten aus. Alleinige Nutznießerin wäre vielmehr die Beteiligte zu 1. Die Kostenfolge ergebe sich aus dem Gesetz; Gründe für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten zu 5 lägen nicht vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 23.12.2016, beim Amtsgericht eingegangen am 27.12.2016, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 2.1.2017 nicht abgeholfen hat.

Die Beteiligte zu 1 begründet ihre Beschwerde dahin, das Amtsgericht habe der Beurteilung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Die Belastung würde den Regeln ordnungsgemäßer Wirtschaft entsprechen. Dies sei bereits dann der Fall, wenn die wirtschaftlichen Interessen des Erbbaurechtsgebers, wie vorliegend, durch die Belastung nicht gefährdet würden. Die Auffassung des Amtsgerichts, der Nutzen müsse direkt dem Bauwerk zufließen, sei nicht haltbar.

Die Beteiligte zu 5 hat mit Schriftsatz vom 31.1.2017 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, und Anschlussbeschwerde eingelegt mit dem Antrag, in Erweiterung des erstinstanzlichen Beschlusses die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5 der Beteiligten zu 1 aufzuerlegen. Zur Begründung des Zurückweisungsantrags stellt sie ergänzend darauf ab, dass den Erbbauberechtigten kein Gegenwert für die Belastung zufließe und deren wirtschaftliche Lage nicht verbessert werde. Zur Begründung der Anschlussbeschwerde trägt sie vor, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei eine angemessene Reaktion auf die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens gewesen. Die normale Kostenfolge in Gerichtsverfahren sei, dass die unterlegene Partei die Kosten der obsiegenden Partei zu erstatten habe.

Die Beteiligte zu 1 hat beantragt, die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Beschluss des Amtsgerichts vom 12.12.2016 verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Da § 7 Abs. 3 Satz 2 ErbbauRG für das Zustimmungsverfahren auf die Vorschriften des FamFG verweist, ist gegen die Entscheidung des Amtsgerichts die Beschwerde nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Beteiligte zu 1 ist als Antragstellerin, deren Antrag zurückgewiesen wurde, gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht durch den verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt erhoben (§ 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 63 Abs. 1 und 3, § 64 Abs. 1 und 2 FamFG).

2. Ein Anspruch der Beteiligten zu 1 auf Zustimmung der Beteiligten zu 5 als Grundstückseigentümerin zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Zwangssicherungshypothek gemäß § 7 Abs. 2 ErbbauRG besteht nicht.

a) Als Inhalt eines Erbbaurechts kann vereinbart werden, dass der Erbbauberechtigte zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Hypothek, Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast der Zustimmung des Grundstückseigentümers bedarf (§ 5 Abs. 2 Satz 1 ErbbauRG). Eine solche Vereinbarung ist vorliegend in Ziff. III § 11 des Erbbaurechtsvertrages getroffen und durch die Eintragung in die jeweiligen Erbbaugrundbücher nach § 5 Abs. 2 Satz 1 ErbbauRG mit dinglicher Wirkung ausgestattet worden. Nach § 8 ErbbauVO sind Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen, insoweit unwirksam, als sie die Rechte des Eigentümers aus einer Vereinbarung gem. § 5 ErbbauRG vereiteln oder beeinträchtigen würden. Das Zustimmungserfordernis gilt daher auch bei Eintragung einer Sicherungshypothek im Weg der Zwangsvollstreckung (OLG München FGPrax 2008, 236; OLG Frankfurt BeckRS 2004, 11170; BayObLG NJW-RR 1996, 975; OLG Hamm, OLGZ 1985, 269; Ingenstau/Hustedt ErbbauRG 10. Aufl. § 8 Rn. 11; von Oefele/Winkler/Schlögel Handbuch des Erbbaurechts 6. Aufl. § 4 Rn. 271; Knees Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 8. Aufl. H II 1.; Palandt/Wicke BGB 77. Aufl. § 8 ErbbauRG Rn. 3), da anderenfalls die Verfügungsbeschränkung dadurch umgangen werden könnte, dass der Erbbauberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen Dritter gegen sich ergehen lässt.

b) Gem. § 7 Abs. 3 ErbbauRG kann bei grundloser Verweigerung die Zustimmung auf Antrag durch das Amtsgericht ersetzt werden.

Antragsberechtigt ist nach dem Wortlaut der Bestimmung allerdings grundsätzlich nur der Erbbauberechtigte. Die Beteiligte zu 1 als betreibende Gläubigerin ist jedoch in Folge des zu ihren Gunsten ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses antragsberechtigt. Dass der Anspruch auf Erteilung der Zustimmung (§ 7 Abs. 2 ErbbauRG) untrennbar mit dem Erbbaurecht verbunden ist und daher grundsätzlich nur vom jeweiligen Erbbauberechtigten geltend gemacht und nicht abgetreten werden kann, steht dem nicht entgegen. Der Anspruch ist kein höchstpersönliches Recht, bei dem nicht nur das Recht selbst, sondern auch seine Ausübung an die Person des Berechtigten geknüpft wäre. Deshalb kann er nach § 851 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 857 Abs. 3 ZPO gepfändet und einem Dritten zur Ausübung überwiesen werden (BGH NJW 1960, 2093; BGH NJW 1987, 1942; OLG München FGPrax 2008, 236; BayObLG NJW-RR 1997, 51; MüKo/Heinemann BGB 7. Aufl. § 8 ErbbauRG Rn. 15; Ingenstau/Hustedt § 7 Rn. 41; von Oefele/Winkler/Schlögel Handbuch Erbbaurecht § 4 Rn. 234; Knees Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung 8. Aufl. H II 1.; Palandt/Wicke BGB § 8 ErbbauRG Rn 5).

c) Die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Zustimmung liegen jedoch nicht vor. Die Zustimmung zur Belastung gem. § 5 Abs. 2 ErbbauRG muss erteilt werden, wenn einerseits die Belastung mit den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar ist und andererseits der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck nicht wesentlich beeinträchtigt wird, § 7 Abs. 2 ErbbauRG.

aa) Die Belastung des Erbbaurechts mit einer Zwangshypothek zur Sicherung der Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 1 gegen die erbbauberechtigten Beteiligten zu 2 – 4 liegt nicht im Rahmen ordnungsgemäßen Wirtschaftens. Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass nicht (mehr) alle Titelschuldner auch Erbbauberechtigte sind, denn die Beteiligte zu 1 kann gemäß § 421 BGB die gesamte Leistung von jedem beliebigen Gesamtschuldner allein fordern. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die rechtsgeschäftliche Bestellung einer entsprechenden Hypothek für den gleichen Zweck mit den Regeln ordnungsmäßiger Wirtschaft vereinbar wäre oder nicht (OLG Hamm OLGZ 1985, 269; von Oefele/Winkler/Schlögel § 4 Rn. 270).

(1) Der Begriff „ordnungsmäßige Wirtschaft“ wird in § 7 Abs. 2 ErbbauRG – ebenso wie in §§ 586 Abs. 1, 588 Abs. 3, 1036 Abs. 2, 1039 Abs. 1, 1122 Abs. 1 und 2 BGB – verwendet, aber nicht gesetzlich definiert. Die gesetzliche Beschränkung der Zustimmungspflicht zielt einerseits auf die Erhaltung der wirtschaftlichen Stabilität des Erbbaurechts und des Erbbauzinses ab, andererseits auf den Schutz davor, dass beim Heimfall die gesetzliche Schuldübernahme gemäß § 33 Abs. 2 ErbbauRG die Heimfallentschädigung übersteigt.

(a) Die Belastung muss im Rahmen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Erbbaurechts und im Rahmen eines vernünftigen wirtschaftlichen Verhaltens bleiben (MüKo/Heinemann § 7 ErbbauRG Rn. 12 m.w.N.; Ingenstau/Hustedt § 7 Rn. 27; von Oefele/Winkler/Schlögel § 4 Rn. 234). Sie muss nicht notwendig unmittelbar dem Erbbaurecht selbst zugute kommen. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass der Erbbauberechtigte, der Eigentümer des Bauwerks ist, berechtigt sein soll, das Erbbaurecht weitgehend wirtschaftlich zu nutzen, da sonst der Wert des Erbbaurechts über Gebühr eingeschränkt würde. So können auch Belastungen, die der Erbbauberechtigte zum Aufbau oder zur Erhaltung seiner wirtschaftlichen Existenz eingeht, mit den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft vereinbar sein (OLG München FGPrax 2008, 236; BayObLG Rpfleger 1989, 97; OLG Hamm Beschluss vom 15.6.2012, Az. 15 W 261/11 – juris Rn. 35; OLG Hamm OLGZ 1985, 269; Landgericht München I Rpfleger 2003, 242; von Oefele/Winkler/Schlögel § 4 Rn. 234).

(b) In jedem Fall ist es aber notwendig, dass dem Erbbauberechtigten ein wirtschaftlicher Gegenwert für die Belastung zufließt, sich diese also zum Nutzen des Erbbauberechtigten auswirkt (BayObLG DNotZ 1982, 368; OLG Hamm OLGZ 1985, 269; von Oefele/Winkler/Schlögel § 4 Rn. 235, 271; Ingenstau/Hustedt § 7 Rn. 27; Palandt/Wicke § 7 ErbbauRG Rn 5). Vereinzelt wird zwar die Meinung vertreten, das Erfordernis des Zuflusses eines wirtschaftlichen Gegenwertes könne bei einer Belastung im Wege der Zwangsvollstreckung nicht verlangt werden. Eine solche Einschränkung stelle sich im Interesse der Gläubiger als zu weitgehend dar, weil bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in der Regel ein vernünftiges wirtschaftliches Verhalten nicht vorauszusetzen sei (MüKo/Heinemann § 8 ErbbauRG Rn. 16; Soergel/Stürner BGB 13. Aufl. § 8 ErbbauRVO Rn. 6; offen gelassen in LG München I Rpfleger 2003, 242) bzw. weil § 7 ErbbauRG die Interessen des Eigentümers wahren und nicht den Erbbauberechtigten vor seinen Gläubigern schützen solle (Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 1792). Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der auch der Senat folgt, gilt allerdings das Erfordernis ordnungsgemäßer Wirtschaft als Voraussetzung für einen Zustimmungsanspruch auch für Belastungen im Wege der Zwangsvollstreckung (OLG München FGPrax 2008, 236; BayObLG Rpfleger 1989, 97; OLG Hamm, Beschluss vom 15.6.2012, Az. 15 W 261/11 – juris Rn. 35; OLG Hamm OLGZ 1985, 269; von Oefele/Winkler/Schlögel § 4 Rn. 271). Ein Anspruch auf Zustimmung besteht deshalb nicht schon stets dann, wenn die Eintragung der Zwangssicherungshypothek keine wertmäßige Überbelastung des Erbbaurechts nach sich zieht. Hätte der Gesetzgeber allein auf den letzteren Gesichtspunkt abstellen wollen, so hätte er dies in § 8 ErbbauRG entsprechend regeln können, was aber nicht geschehen ist (vgl. OLG Hamm OLGZ 1985, 269). § 7 Abs. 2 ErbbauRG i.V.m § 5 Abs. 2 ErbbauRG mutet dem Eigentümer zu, unter bestimmten Voraussetzungen die Belastung seines Rechts und die damit verbundenen Beeinträchtigungen und Risiken hinzunehmen. Die Norm ermöglicht es aber dem Erbbauberechtigten nicht, das Erbbaurecht für unbegrenzte Schuldzwecke seinen Gläubigern als Haftungsobjekt zur Verfügung zu stellen (OLG München FGPrax 2008, 236). Vielmehr ist regelmäßig ein die Belastung kompensierender wirtschaftlicher Zufluss beim Erbbauberechtigten notwendig, um die Leistungsfähigkeit des Erbbauberechtigten hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dem Erbbauvertrag zu gewährleisten und damit die Belange des Grundstückeigentümers aus dem Vertrag zu wahren. Dem Eigentümer müssen als Gegenleistung entweder werterhaltende oder werterhöhende Maßnahmen am Gebäude zu Gute kommen oder die Maßnahmen müssen die wirtschaftliche Existenz des Erbbauberechtigten sichern oder stabilisieren. Eine Zustimmungspflicht zur Belastung des Erbbaurechts mit einer Zwangssicherungshypothek ist auch unter Zugrundelegung dieser Prämisse nicht in jedem Fall ausgeschlossen, denn die Zustimmung zu einer Belastung kann zu erteilen sein, wenn nachträglich eine Forderung für eine Maßnahme, die den oben genannten Kriterien entspricht, durch eine Zwangssicherungshypothek abgesichert werden soll.

(2) Dies zugrunde legend kann die Zustimmung nicht ersetzt werden, weil die Belastung des Erbbaurechts mit der begehrten Zwangssicherungshypothek zur Sicherung der titulierten Pflichtteilsforderung der Beteiligten zu 1 den Kriterien ordnungsmäßigen Wirtschaftens nicht genügt und auch nicht wirtschaftlich sinnvoll wäre.

(a) Die Bestellung der Zwangssicherungshypothek würde der Beteiligten zu 1 zwar eine dingliche Sicherung ihres titulierten Pflichtteilsanspruchs verschaffen, aber keinerlei Vermögenszuwachs bei den Beteiligten zu 2 – 4 bewirken. Die bloße Verwertbarkeit des Erbbaurechts für die Beteiligte zu 1 als Gläubigerin würde auf Seiten der Erbbauberechtigten keinen wirtschaftlichen Gegenwert begründen; es käme auch zu keiner Minderung der Verbindlichkeiten der Beteiligten zu 2 – 4. Die von der Beteiligten zu 1 begehrte Belastung brächte somit den Erbbauberechtigten – ebenso wie eine rechtsgeschäftlich bestellte Hypothek für denselben Zweck – keinen Nutzen, weder für das Bauwerk noch zur Erhaltung oder Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz. Im Gegenteil könnte die Beteiligte zu 1 bei Belastung des Erbbaurechts mit der begehrten Sicherungshypothek sofort ohne weiteres aus dieser die Zwangsvollstreckung betreiben, da keine Tilgungsvereinbarung mit entsprechender Sicherungszweckabrede zwischen den Beteiligten besteht. Allein die Zusage der Beteiligten zu 1, bei Absicherung der Pflichtteilsforderung gegebenenfalls einen Ratenzahlungsvergleich mit den Erbbauberechtigten abzuschließen, reicht hierfür nicht aus.

(b) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beteiligten zu 2 – 4 das Erbbaurecht als Erbschaftsgegenstand erhalten haben und der Pflichtteilsanspruch gerade aus dem Erbfall resultiert. Der Erwerb des Erbbaurechts stellt keinen Zufluss eines wirtschaftlichen Gegenwertes für die Pflichtteilsforderung dar. Der Erbteil ist schon mit dem Todesfall, belastet mit der Pflichtteilsforderung, zugeflossen. Daher stellt sich nicht die Frage, ob der Belastung deshalb zuzustimmen wäre, weil die wirtschaftliche Existenz der Erbbauberechtigten durch den Anfall der Erbschaft verbessert wurde.

(c) Der Beteiligten zu 1 ist zuzustimmen, dass den Erbbauberechtigten bei Aufnahme eines durch ein Grundpfandrecht gesicherten Darlehens einer finanzierenden Bank mit entsprechender konkreter Sicherungszweckabrede zur Begleichung der Pflichtteilsforderung ein wirtschaftlicher Gegenwert zufließen würde und dies, schon im Hinblick auf die zu erwartende Minderung der Zinsbelastung, ordnungsgemäßem Wirtschaften entsprechen könnte. Eine derartige Konstellation ist vorliegend aber gerade nicht gegeben. Ausschlaggebend ist daher nicht, ob die Grundstückseigentümerin der rechtsgeschäftlichen Bestellung einer Hypothek zur Absicherung eines Finanzierungsdarlehens zuzustimmen hätte, sondern ob die rechtsgeschäftliche Bestellung einer Hypothek zur Absicherung der titulierten Pflichtteilsforderung zustimmungspflichtig wäre. Dies ist aus den dargelegten Gründen zu verneinen.

(d) Die Beteiligte zu 1 ist dadurch nicht rechtsschutzlos gestellt. Zur Durchsetzung ihres Pflichtteilsanspruchs ist sie nicht allein auf die Belastung des Erbbaurechts mit einer Sicherungshypothek angewiesen. Wie sie selbst vorträgt, bestünde die Möglichkeit der Gehaltspfändung bei den Erbbauberechtigten, was sicher keine Gefährdung des Erbbauzinses in Höhe von 211,00 € und 130,27 € jährlich mit sich bringen würde. Außerdem beziffert die Beteiligte zu 1 die Roherträge für die beiden Anwesen mit je 15.240,00 € und trägt vor, dass Mieterträgnisse zu erzielen wären. Insoweit wären gegebenenfalls eine Zwangsverwaltung, die nicht von §§ 5, 8 ErbbauRG erfasst wird (Ingenstau/Hustedt § 8 Rn. 30), oder eine Pfändung nebst Einziehung von Mietzinsforderungen in Betracht zu ziehen.

bb) Da die Belastung nicht im Rahmen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft liegt, kann dahingestellt bleiben, ob der mit der Bestellung des Erbbaurechts verfolgte Zweck wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet würde.

III.

Die gemäß § 66 FamFG zulässige Anschlussbeschwerde ist unbegründet. Das Amtsgericht hat von einer Kostenentscheidung insgesamt abgesehen, was zur Folge hat, dass für die gerichtlichen Kosten § 22 GNotKG zur Anwendung kommt und die außergerichtlichen Kosten von den Beteiligten selbst getragen werden.

Nachdem die Kostenentscheidung nach § 81 FamFG im Ermessen des Gerichts steht, beschränkt sich die Überprüfung nach ständiger Rechtsprechung der Obergerichte in der Beschwerdeinstanz darauf, ob das Gericht erster Instanz von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat, also etwa darauf, ob maßgebliche Tatsachen nicht ermittelt oder unberücksichtigt gelassen worden sind (BGH NJW-RR 2007, 1586/1588 zu § 93 a Abs. 1 ZPO; OLG Düsseldorf FG Prax 2014, 44; OLG Hamm, Beschuss vom 3.1.2013, Rz. 8, zitiert nach Juris; Schindler in MüKo/FamFG 2. Auflage 2013 § 81 Rn. 98 ff; Keidel/Zimmermann FamFG 19. Auflage 2017 § 81 Rn. 81a Satz 2 ZPO a.F.). Der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen.

Nach § 81 FamFG ordnet das Gericht an, dass die Kosten eines Beteiligten, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Gegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht. Vorliegend hat das Amtsgericht hierzu ausgeführt, Gründe für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beteiligten zu 5 lägen nicht vor. Da die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Nrn. 1 – 5 FamFG nicht gegeben sind, genügt diese Begründung, mit der zum Ausdruck gebracht ist, dass das eingeräumte Ermessen gesehen und fallbezogen ausgeübt worden ist.

IV.

1. Weil die Rechtsmittel erfolglos geblieben sind, ist über die Kosten für das Beschwerdeverfahren einheitlich nach § 84 FamFG zu entscheiden (Zöller/Feskorn ZPO 32. Aufl. § 66 FamFG Rn. 7; Keidel/Sternal § 66 Rn. 20). Da sich die nur die Kostenentscheidung betreffende Anschlussbeschwerde auf den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens nicht auswirkt (vgl. § 61 Abs. 2 GNotKG), erscheint es angemessen, von einer Kostenquotelung abzusehen und die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der in der Hauptsache unterlegenen Beteiligten zu 1 aufzuerlegen (vgl. Keidel/Zimmermann § 84 Rn. 18). Umstände, welche ein Abweichen von der Regelkostenfolge des § 84 FamFG rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. In dem vorliegenden, besonders gelagerten Ausnahmefall erscheint es zudem sachgerecht, von einer Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 5, die sich mit einem Zurückweisungsantrag an dem Beschwerdeverfahren beteiligt hat, abzusehen.

2. Die Bestimmung des Geschäftswerts beruht auf § 79 Abs. 1 Satz 1 mit § 60 Abs. 1 und Abs. 2, § 46 Abs. 3 Nr. 1 GNotKG. Nach § 60 Abs. 1 GNotKG bemisst sich der Geschäftswert hinsichtlich des Verfahrens, dessen Gegenstand die Genehmigung oder Ersetzung einer Erklärung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist, nach dem Wert des zugrunde liegenden Geschäfts. Soweit in früheren Entscheidungen das Interesse der Beteiligten an der Entscheidung bewertet und daher auf einen Anteil von 1/10 oder 1/5 des Werts des zustimmungsbedürftigen Rechtsgeschäfts festgesetzt wurde (vgl. BayObLG FGPrax 1999, 89; OLG Köln FGPrax 2014, 139), basiert dies auf einer überholten Rechtslage. Durch § 60 Abs. 1 GNotKG ist nun klargestellt, dass der volle Wert des zugrunde liegenden Geschäfts maßgeblich ist (vgl. MüKo/Heinemann § 7 ErbbauRG Rn. 17; Korintenberg/Fackelmann GNotKG 19. Aufl. § 60 Rn. 30; Sommerfeldt in Bormann/Diehn/Sommerfeldt GNotKG 2. Aufl. § 60 Rn. 1 und Nr. 1212 KV Rn. 60). Die abweichende Auffassung (Schulz in Leipziger Gerichts- und Notarkostenkommentar 2. Aufl. § 60 Rn. 8), die sich zu ihrer Begründung auf die Abweichung des Höchstwertes für das Genehmigungsverfahren von dem regelmäßigen Höchstwert bezieht, findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze. Die Beteiligte zu 1 begehrt die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek für eine Teilforderung i.H.v. 65.000,00 €, weshalb dieser Betrag festzusetzen war.

V.

Angesichts der in Rechtsprechung und Literatur nicht geklärten Rechtsfrage, ob ordnungsmäßiges Wirtschaften im Zusammenhang mit der Belastung eines Erbbaurechts mit einer Zwangssicherungshypothek den Zufluss eines wirtschaftlichen Gegenwertes beim Erbbauberechtigten voraussetzt, wird die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (§ 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG).

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