KG Berlin – Az.: 6 W 1/21 – Beschluss vom 09.04.2021
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) bis 5) wird der Beschluss des Amtsgerichts Spandau – Nachlassgericht – vom 19.11.2020 geändert:
Die zur Erteilung des Erbscheins nach dem Hilfsantrag vom 20.2.2020 (in der Fassung vom 15.7.2020) erforderlichen Tatsachen werden für festgestellt erachtet.
Die gerichtlichen und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens haben zur Hälfte die Beteiligte zu 1) – in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin – und zur anderen Hälfte die Beteiligten zu 3) bis 5) als Gesamtschuldner zu tragen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 675.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die im Jahre 1929 geborene und am 12.6.2019 verwitwet und kinderlos verstorbene Erblasserin hat durch das eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament vom 16.9.2007 die Beteiligte zu 1) zu ihrer Testamentsvollstreckerin eingesetzt und verfügt, dass – abgesehen von zuvor abgehenden vier Prozent aus dem Nachlasswert für deren Vergütung und je ein Prozent für zwei Vermächtnisse – aus ihrem Barvermögen und dem Erlös aus dem Verkauf ihrer Immobilien in Berlin ihre noch lebenden drei Brüder je 22 % ihres Nachlasses erhalten sollen, der Bruder ihres vorverstorbenen Mannes ebenfalls 22 % und die Witwe ihres vierten vorverstorbenen Bruders 12 %. Für den Fall des Vorversterbens des Bruders ihres Mannes hat sie bestimmt, dass seine Witwe – die Beteiligte zu 2) – 10 % erhalten soll und die dann verbleibenden 12 % zu jeweils 1/3 an ihre drei Brüder verteilt werden sollen. Ihren Anteil an einem Waldgrundstück außerhalb Berlins sollten ebenfalls ihre drei Brüder zu gleichen Teilen erben.
Nach Errichtung des Testamentes sind der in den USA lebende Bruder F. am 2.11.2016 – dieser unter Hinterlassung von drei Söhnen, den Beteiligten zu 3) bis 5) – und der in Berlin lebende Bruder M. am 2.12.2016 kinderlos verstorben. Die Witwe des vorverstorbenen vierten Bruders der Erblasserin ist am 23.2.2019 kinderlos und der Bruder ihres Ehemannes am 6.6.2019 ebenfalls kinderlos verstorben.
Die Beteiligte zu 1) hat nach Erhalt des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 23.1.2020 aufgrund notarieller Urkunde vom 20.2.2020 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, wonach der überlebende Bruder N. Miterbe zu 90 % und die Witwe des Bruders ihres Mannes -– die Beteiligte zu 2) – Miterbin zu 10 % geworden seien. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht nicht von der Anwachsung der Erbteile der vorverstorbenen Brüder bei dem einzig überlebenden Bruder N. ausgehen sollte, hat sie beantragt, einen Erbschein des Inhalts zu erteilen, wonach die Beteiligte zu 2) Miterbin zu 10 %, der noch lebende Bruder N. Miterbe zu 45 % und die Beteiligten zu 3) bis 5) Miterben zu je 15 % geworden sind.
Das Nachlassgericht hat durch den angefochtenen Beschluss dem Hauptantrag stattgegeben, weil die den vorverstorbenen Brüdern zugewiesenen Anteile allein dem überlebenden Bruder ebenso wie die freigewordenen Anteile der weiteren beiden Erben angewachsen seien. Für eine Auslegung des Testamentes dahin, dass im Falle des Vorversterbens der Brüder ersatzweise deren Kinder treten sollen, lägen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.
Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigen der Beteiligten zu 3) bis 5) am 27.11.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die am Montag, den 28.12.2020 eingegangene Beschwerde, der das Nachlassgericht nicht abgeholfen hat. Sie rügen, dass die Auslegung des Testaments anhand des Testamentsinhaltes fehlerhaft und zudem nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Nachlassgericht seine Entscheidung einseitig auf die von ihnen bestrittenen Ausführungen der Beteiligten zu 1) zu dem Verhältnis zwischen der Erblasserin und ihrem Vater und seiner Familie gestützt hat, ohne ihr Vorbringen zu dem Zeit ihres Lebens gepflegten engen Kontakt zwischen der Erblasserin und ihrem Vater, zu dessen Besuchen und auch dem eigenen Kontakt zwischen ihnen und ihrer Tante zu berücksichtigen.
II. Die gemäß § 58 FamFG statthafte, gemäß §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG form- und fristgerecht binnen eines Monats eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Denn die Auslegung des Testamentes ergibt, dass die von der Erblasserin ihren drei Brüdern gemachte Zuwendung nicht persönlich, sondern, wie bei gesetzlicher Erbfolge, als Ersten ihres Stammes gelten sollte.
Nach § 2069 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass in dem Fall, in dem der Erblasser einen seiner Abkömmlinge bedacht hat, der nach der Errichtung des Testamentes wegfällt, dessen Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden. Diese Auslegungsregel ist bei der Einsetzung anderer Personen zwar nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Denn der Gesetzgeber wollte, wie sich dem Protokoll der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs ergibt, dem Antrag der Kommission, die Vorschrift des § 2069 auch auf letztwillige Zuwendungen an die Abkömmlinge einer anderen Person als des Erblassers auszudehnen, deshalb nicht folgen, weil er zwar der Auffassung war, dass sich die Willensrichtung des Erblassers auf eine Ersatzberufung der Abkömmlinge des Bedachten vielleicht auch in solchen Fällen unterstellen lasse, in denen es sich um die Kinder einer dem Erblasser nahestehenden Person, wie etwa eines Bruders, handle; bei der Zweifelhaftigkeit der Sache und der Unmöglichkeit, eine Grenze zu ziehen, empfehle es sich aber, hier ohne einengende gesetzliche Vorschriften alles der freien richterlichen Auslegung zu überlassen (Wiedergabe in RGZ 99, 82, 84). Ohne Bestimmung eines Ersatzerben – wie hier hinsichtlich der eingesetzten Brüder – ist daher durch individuelle Auslegung des Testaments gemäß § 133 BGB zu ermitteln, ob in der Einsetzung des Erben zugleich die Kundgabe des Willens gesehen werden kann, die Abkömmlinge des Bedachten zu Ersatzerben einzusetzen (RGZ a.a.O.; BGH, Urteil vom 5.7.1972 – IV ZR 125/70, NJW 1973, 240-243, Rn. 43 ff. zitiert nach Juris). Lassen die sonstigen Testamentsbestimmungen oder Umstände außerhalb des Testamentes erkennen, dass der Erblasser die Zuwendung nicht gerade nur der von ihm bezeichneten Person hat machen, sondern für den ganzen Stamm hat gelten lassen wollen, also die Person nur als erste ihres Stamms benannt hat, so ist auch beim Fehlen der Voraussetzungen des § 2069 BGB eine stillschweigende Ersatzberufung anzunehmen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Erblasser entweder an das Vorversterben des eingesetzten Erben nicht gedacht hat, oder wenn er dies zwar bedacht, das Einrücken der Kinder aber für selbstverständlich hielt (vgl. RGZ a.a.O. S. 86; BGH a.a.O. Rn. 46). Ist der Bedachte eine dem Erblasser nahestehende Person, legt die Lebenserfahrung daher die Prüfung nahe, ob der Erblasser eine Ersatzerbenberufung der Abkömmlinge des Bedachten gewollt hat oder gewollt haben würde. Entscheidend ist, ob die Zuwendung dem Bedachten als Ersten seines Stammes oder seiner Familie oder nur ihm persönlich, z.B. wegen der persönlichen Beziehung und Nähe, gegolten hat (KG, Beschluss 17.1.2020 – 6 W 58/19 Rn. 10 ff., ErbR 2020, 410; Palandt-Weidlich, BGB, § 2069 Rn. 9 m.w.N.). Die erforderliche Andeutung im Testament kann dann schon in der Tatsache der Berufung dieser Person gesehen werden (KG a.a.O. Rn. 12; Palandt-Weidlich a.a.O.). Letzteres kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Erblasser alle noch lebenden Geschwister bedacht hat, ohne sich davon leiten zu lassen, zu welchem seiner Geschwister er ein gutes oder weniger gutes Verhältnis hat (BayObLG, Beschluss vom 12.11.1996 – 1Z BR 193/96, RPfleger 1997, 215-216, Rn. 15; BayObLG, Beschluss vom 25.1.2000 – 1Z BR 181/99, FamRZ 2000,70-71, Rn. 16; BayObLG, Beschluss vom 8.8.2003 – 1Z BR 16/03, FamRZ 2004, 569-570, Rn. 14; BayObLG, Beschluss vom 1.4.2004 – 1Z BR 001/04, FamRZ 2005, 68-69, Rn 18).
Auch im vorliegenden Testament hat die Erblasserin ihre noch lebenden Geschwister bedacht. Indem sie jedem von ihnen einen gleichen prozentualen Anteil von 22 % zugewiesen hat, hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie sich bei deren Einsetzung nicht davon leiten ließ, wie gut oder weniger gut das Verhältnis zu dem einzelnen Bruder war, wie oft dieser sie besucht hat, und ob und in welcher Intensität Kontakt zu deren Kindern bestand, sondern dass sie alle gleich behandeln wollte wie bei der gesetzlichen Erbfolge. Dem steht nicht entgegen, dass sie den Bruder ihres vorverstorbenen Mannes ihren eigenen Brüdern gleichgestellt hat. Denn wie sich insoweit aus den Ausführungen der Beteiligten zu 1) im Schreiben vom 25.5.2020 ergibt, sah sie dies deshalb als geboten an, weil den größten Anteil ihres Vermögens ihr Mann erwirtschaftet hatte. Dessen Gleichstellung mit ihren eigenen Brüdern spricht daher im Gegenteil dafür, dass maßgebliches Kriterium für die Erbeinsetzung ihrer Brüder zu der jeweils gleichen Quote das Geschwisterverhältnis als solches und nicht die Ausgestaltung und Intensität der jeweiligen Beziehung zu den einzelnen Brüdern war. Dies lässt darauf schließen, dass die Zuwendung ihren Brüdern als den ersten ihres Stammes gelten sollte. Dafür spricht hier des Weiteren, dass sie die Brüder auch in ihrem Geschwisterverhältnis als Bruder und nicht nur namentlich bezeichnet hat, dass sie den nach eingetretener Teilersatzerbfolge der Witwe des Bruders ihres Ehemannes frei gewordenen Anteil von 12 % wiederum ihren drei Brüdern zu gleichen Anteilen zugewiesen hat, und dass sie auch den Grundstücksanteil an dem Grundstück außerhalb Berlins den Brüdern zu gleichen Teilen zugewiesen hat.
Für diese Auslegung spricht auch das Alter der eingesetzten Brüder, die der gleichen Generation wie sie angehörten und zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung bereits erwachsene Kinder hatten, wie das Geburtsjahr 1960 des Beteiligten zu 3) zeigt. Danach war es nicht unwahrscheinlich, dass einer oder mehrere ihrer Brüder nicht lange vor oder nach ihr versterben. Dabei deutet nichts darauf hin, dass sie die Begünstigung des einen oder anderen Bruders von dem Zufall abhängig machen wollte, ob er vor oder nach ihr verstirbt.
Aus dem Umstand, dass sie gleichwohl hinsichtlich ihrer Brüder keine Ersatzerbfolge angeordnet hat, wohl aber hinsichtlich ihres Schwagers, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass sie hinsichtlich ihrer Brüder keine Ersatzerbfolge gewollt habe. Denn hier war eine vollkommen andere Konstellation gegeben. Der eingesetzte Bruder ihres Mannes war nicht mit ihr verwandt. Er hatte auch keine Kinder, die als Ersatzerben in Betracht kamen. Eine Ersatzerbfolge durch dessen Ehefrau, mit der sie ebenfalls nicht verwandt war, hätte erst recht fern gelegen. Die von ihr gewünschte Ersatzerbfolge der Schwägerin bedurfte deshalb einer ausdrücklichen Regelung. Diese war zudem auch schon deshalb erforderlich, weil lediglich eine Teilersatzerbfolge stattfinden sollte. Aus dieser Anordnung kann daher kein Rückschluss dergestalt gezogen werden, dass die Erblasserin nicht von einer stillschweigenden Ersatzerbfolge der Abkömmlinge ihrer etwaig vorversterbenden Brüder ausgegangen wäre und dies nicht für selbstverständlich gehalten hätte.
Auch die Einsetzung der mit ihr nicht verwandten Witwe ihres vorverstorbenen Bruders steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Einsetzung zeigt vielmehr, dass sie ihren Nachlass mangels eigener Nachkommen im Grundsatz auf die Familien ihrer eigenen Geschwister und die ihres vorverstorbenen Mannes verteilen wollte. Die Einbeziehung der Schwägerinnen mit reduzierten prozentualen Anteilen lässt erkennen, dass sie der Tatsache der Verwandtschaft mit den Geschwistern als solcher unter Erweiterung auf deren Ehegatten mit reduzierten Erbquoten die maßgebliche Bedeutung für die Erbeinsetzung beigemessen hat. Die Erweiterung auf die Ehegatten des vorverstorbenen Bruders und die Ersatzberufung der Ehefrau des Bruders ihres verstorbenen Mannes ist offensichtlich von dem Gedanken geprägt, dass auch diese zu dem Geschwisterverhältnis dazu gehören und deshalb etwas erhalten sollen, wenn auch einen geringeren Anteil als die noch lebenden Geschwister. Deshalb spricht die Ausweitung der Zuwendungen auf die Ehegatten der Geschwister gerade auch dafür, dass sich die Erblasserin bei der Erbeinsetzung maßgeblich von einer gerechten Verteilung ihres Vermögens auf die Familien der Geschwister leiten ließ, und alles dagegen, dass sie den Bestand dieser von ihr im Einzelnen ausgearbeiteten Verteilung nach genauen Prozentsätzen dem Zufall hätte preisgeben wollen, ob ihre eingesetzten Brüder vor oder nach ihr versterben. Damit ergibt sich unmittelbar aus dem Gefüge der testamentarischen Anordnungen selbst, dass nach dem Willen der Erblasserin im Falle des Vorversterbens einer ihrer Brüder, der Nachkommen hat, wie die Brüder N. und F., deren Kinder an ihre Stelle treten sollen.
Schließlich spricht dafür auch die von den Beteiligten zu 3) bis 5) vorgetragene und von den übrigen Beteiligten nicht bestrittene Äußerung der Erblasserin gegenüber ihrem Vater, dass sie ihn und seine Familie bedacht habe. Denn für die Erwähnung der Familie hätte kein Anlass bestanden, wenn sie nur ihn alleine – wissend, dass zwischen ihm und ihr nur ein Altersunterschied von einem Jahr bestand – gemeint hätte und lediglich zum Ausdruck hätte bringen wollen, dass seine Söhne mittelbar durch einen Erbschaftsanfall im Falle ihres Vorversterbens profitieren könnten. Zwar müssen Äußerungen des Erblassers nach Testamentserrichtung darüber, wen er bedacht hat, nicht ohne weiteres mit dem wahren Inhalt des Testamentes übereinstimmen. Hier steht jedoch fest, dass die Äußerung jedenfalls insoweit, als sie den Bruder F. betrifft, mit dem wahren Testamentsinhalt übereinstimmt. Sie ist daher hier ein weiteres Indiz, das bei der Gesamtwürdigung der vorliegenden Tatsachen im Rahmen der Testamentsauslegung mit herangezogen werden kann.
Nach allem kommt es vorliegend nicht darauf an, ob – wie in dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) unter Benennung der Beteiligten zu 2) als Zeugin angegeben – die Erblasserin ihren Bruder F. in den USA nur einmal besucht habe und schwer enttäuscht gewesen sei, und dass eine persönliche Beziehung nie bestanden habe, zumal diese Angaben mit den eigenen nachfolgenden schriftlichen Äußerungen der Beteiligten zu 1) im Schreiben vom 25.5.2020 nicht vereinbar sind, wonach die Erblasserin den intensivsten Kontakt mit ihrem Bruder F. unterhielt und sie ab und an telefonierten. Ebenso wenig kommt es auf die Beschreibung der nur losen Kontaktpflege der Erblasserin mit den übrigen Geschwistern und deren Kindern an. Denn auch wenn das Verhältnis zu den Geschwistern und deren Familien bereits zur Zeit der Testamentserrichtung und nicht erst nachfolgend wegen alters- und krankheitsbedingter Einschränkungen sehr locker gewesen sein sollte – was nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 3) bis 5) auf ihre Familie gerade nicht zutrifft -, so hätte dies die Erblasserin gerade nicht daran gehindert, ihr Vermögen gleichwohl ihren Geschwistern zu hinterlassen, so dass auch ein etwaig nicht bestehender Kontakt zu ihren Neffen – wie von den Beteiligten zu 3) bis 5) bestritten – kein Gesichtspunkt sein kann, der deren Eintritt als Ersatzerben entgegenstehen könnte. Soweit die Beteiligte zu 1) auf den aus ihrer Sicht nur locker gepflegten Kontakt ihre Einschätzung stützt, die Erblasserin habe etwas ausgleichen wollen, und das Fazit zieht, die Erblasserin habe nur ihre Brüder persönlich begünstigen wollen, kann dem für die Auslegung des Testaments ebenfalls keine Bedeutung zukommen. Denn abgesehen davon, dass es sich dabei nicht um Äußerungen der Erblasserin handelt, sondern lediglich eigene subjektive Einschätzungen der Beteiligten zu 1), ist es Sache des Gerichts und nicht der Beteiligten, die tatsächlichen Umstände zu würdigen. Aber selbst unter Zugrundelegung der Einschätzung der Beteiligten zu 1), die Erblasserin habe etwas wiedergutmachen wollen, würde dies gerade für die vom Senat vorgenommene Auslegung sprechen. Denn auch unter Zugrundelegung eines solchen Motivs ist zu berücksichtigen, dass angesichts des fortgeschrittenen Alters auch ihrer Geschwister die Zuwendung bei deren Vorversterben auch deren Kindern zugutekommen sollte, weil anderenfalls auch hier der reine Zufall darüber entschieden hätte, welcher der Brüder die Wiedergutmachung erhält und bei welchem Bruder sie sich aufgrund des Vorversterbens eines oder mehrerer seiner Brüder vervielfachen würde. Dass in einer Wiedergutmachung der Wunsch stecken mag, einen anderen persönlich für eine individuell erlittene Ungerechtigkeit zu entschädigen, wie im angefochtenen Beschluss ausgeführt, ist für sich genommen zwar zutreffend. Nach den Ausführungen der Beteiligten zu 1) ist aber nichts dafür ersichtlich, dass die Erblasserin einem ihrer Brüder eine individuell erlittene und zu entschädigende Ungerechtigkeit zugefügt hätte. Unter Zugrundelegung der Ausführungen der Beteiligten zu 1) wäre es der Erblasserin lediglich darum gegangen, den vernachlässigten Kontakt zu den Brüdern durch die Zuwendungen von Todes wegen auszugleichen. Dieses Ziel konnte sie am besten erreichen, wenn sie die Brüder angesichts des fortgeschrittenen Alters als Erste ihres Stammes bedachte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten nach billigem Ermessen ganz oder zum Teil auferlegen. Da vorliegend die Frage, ob dem in der notariellen Urkunde vom 20.2.2020 formulierten Haupt- oder Hilfsantrag stattzugeben sein wird, von einer Testamentsauslegung durch das Gericht abhing, deren Ergebnis die Beteiligten nicht sicher vorhersehen konnten, entspricht es der Billigkeit, dass die Kosten je zur Hälfte von denjenigen Beteiligten getragen werden, die aktiv widerstreitende Argumente vorgebracht haben, also von der Beteiligten zu 1) in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin einerseits und den Beteiligten zu 3) bis 5) als Gesamtschuldner andererseits.
Der Bemessung des Beschwerdewerts liegen 45 % des mit 1,5 Mio. Euro geschätzten Nachlasswertes zugrunde (§§ 40, 61 GNotKG).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da Zulassungsgründe gemäß § 70 Abs. 2 FamFG nicht vorliegen.