Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Erbstreit um Hausgrundstück: OLG Brandenburg bestätigt Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft
- Kern des Urteils: Herausgabe des Familienheims an die Erbengemeinschaft rechtens
- Begründung des Gerichts: Kein Besitzrecht für Ex-Lebensgefährten trotz langjähriger Beziehung
- Zurückbehaltungsrecht des Beklagten: Teilerfolg wegen Investitionen in Wintergarten
- Keine weiteren Ausgleichsansprüche: Grundsatz der Nichtausgleichspflicht in nichtehelichen Lebensgemeinschaften
- Die Bedeutung des Urteils für Betroffene in ähnlichen Erbstreitigkeiten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann kann eine Erbengemeinschaft die Herausgabe eines Hausgrundstücks verlangen?
- Welche Bedeutung haben vertragliche Vereinbarungen wie ein Wohn- oder Mietrecht bei Herausgabeansprüchen?
- Welche Rechte haben Dritte, die nicht zur Erbengemeinschaft gehören, bei einem Erbstreit um eine Immobilie?
- Was kann ein Anspruch auf Teilausgleich oder Zurückbehaltungsrecht wegen Investitionen am Erbe bedeuten?
- Wie wirkt sich ein „letzter Wille“ oder testamentarischer Wunsch der Erblasserin auf die Herausgabe oder Nutzung der Immobilie aus?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 05.10.2023
- Aktenzeichen: 5 U 186/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren und Anschlussberufung gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder)
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Sachenrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Miterbin einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die die Herausgabe des im Tenor bezeichneten Hausgrundstücks verlangt und in der Anschlussberufung ihr Recht verteidigen wollte.
- Beklagter: Macht ein Zurückbehaltungsrecht geltend, weil er Aufwendungen – insbesondere im Zusammenhang mit der Bestattung der Erblasserin sowie Nebenkosten – getätigt hat, und legte hierzu Berufung ein.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin fordert als Miterbin die Herausgabe eines Hausgrundstücks, während der Beklagte sich auf sein Zurückbehaltungsrecht beruft und Aufrechnung beantragt, weil er Kosten, etwa für die Bestattung, übernommen hat.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob trotz des vom Beklagten geltend gemachten Aufrechnungsanspruchs die Herausgabe des umstrittenen Hausgrundstücks aufgrund der Erbteilansprüche der Klägerin durchsetzbar ist.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Beide – die Berufung des Beklagten sowie die Anschlussberufung der Klägerin – wurden zurückgewiesen; das am 12.08.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) bleibt bestehen; der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; zugleich ist das Urteil für die Klägerin vorläufig vollstreckbar, wobei der Beklagte die Vollstreckung durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden kann; Revision wurde nicht zugelassen.
- Folgen: Das erstinstanzliche Urteil behält seine Wirkung – insbesondere bleibt die Herausgabeverpflichtung des Beklagten bestehen –, der Kostentragungspflicht des Klägers sowie die vorläufige Vollstreckbarkeit wird sichergestellt; der Beklagte hat die Möglichkeit, Vollstreckungsmaßnahmen durch Hinterlegung der geforderten Sicherheitsleistung zu verhindern, und eine weitere gerichtliche Überprüfung im Rahmen einer Revision ist ausgeschlossen.
Der Fall vor Gericht
Erbstreit um Hausgrundstück: OLG Brandenburg bestätigt Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft

In einem bemerkenswerten Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (Az.: 5 U 186/22) vom 5. Oktober 2023 wurde der Anspruch einer Erbengemeinschaft auf Herausgabe eines Hausgrundstücks bestätigt. Der Fall drehte sich um eine Klage einer Miterbin gegen den ehemaligen Lebensgefährten der verstorbenen Erblasserin. Das Gericht wies sowohl die Berufung des Beklagten als auch die Anschlussberufung der Klägerin zurück und bestätigte damit im Wesentlichen das Urteil der Vorinstanz. Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob der Beklagte, der das Hausgrundstück bewohnte, zur Herausgabe an die Erbengemeinschaft verpflichtet ist und inwieweit ihm ein Zurückbehaltungsrecht wegen getätigter Investitionen zusteht.
Kern des Urteils: Herausgabe des Familienheims an die Erbengemeinschaft rechtens
Das Oberlandesgericht Brandenburg stellte in seinem Urteil unmissverständlich fest, dass die Erbengemeinschaft einen rechtmäßigen Anspruch auf Herausgabe des Hausgrundstücks gemäß den §§ 1922, 2032 ff., 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat. Diese Paragraphen regeln die gesetzliche Erbfolge und die Rechte und Pflichten einer Erbengemeinschaft. Konkret bedeutet dies, dass mit dem Tod der Erblasserin ihr Vermögen, einschließlich des Hausgrundstücks, automatisch auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist. Der Beklagte, der nicht Teil der Erbengemeinschaft ist, wurde somit grundsätzlich zur Herausgabe des Grundstücks verpflichtet. Das Gericht bestätigte damit die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt (Oder), welches bereits zuvor den Herausgabeanspruch bejaht hatte.
Begründung des Gerichts: Kein Besitzrecht für Ex-Lebensgefährten trotz langjähriger Beziehung
Ein entscheidender Punkt in der Urteilsbegründung des Oberlandesgerichts war die Ablehnung eines Besitzrechts des Beklagten. Der Beklagte hatte argumentiert, aufgrund seiner langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit der Erblasserin ein Recht zum Besitz des Hauses zu haben. Das Gericht wies diese Argumentation jedoch zurück. Es stellte fest, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft von 1995/96 bis zum Tod der Erblasserin kein automatisches Besitzrecht begründet.
Zudem verwies das Gericht auf eine schriftliche Vereinbarung aus dem Jahr 1997, in der der Beklagte sich verpflichtete, für sein Wohnen im Haus monatlich 1.000 DM an die Erblasserin zu zahlen. Dieses Entgelt sollte laut Vereinbarung auch sonstige Kosten wie Verpflegung abdecken. Das Gericht interpretierte diese Vereinbarung nicht als Mietvertrag, sondern als Regelung der wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Lebensgemeinschaft, die mit deren Beendigung hinfällig wurde.
Auch ein etwaiges Wohnrecht aufgrund des Testaments der Erblasserin wurde vom Gericht verneint. Im Testament hatte die Erblasserin die Erbinnen lediglich gebeten, den Beklagten „auch zum Wohnrecht in unserem Haus in der G…straße …“ diszipliniert zu behandeln. Das Gericht sah in dieser Formulierung jedoch keine rechtsverbindliche Einräumung eines Wohnrechts oder Besitzrechts, sondern lediglich eine Bitte um Berücksichtigung der Interessen des Beklagten. Somit konnte der Beklagte aus keiner der angeführten Gründe ein Recht zum Besitz des Hausgrundstücks ableiten.
Zurückbehaltungsrecht des Beklagten: Teilerfolg wegen Investitionen in Wintergarten
Obwohl das Gericht den Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft bestätigte und ein Besitzrecht des Beklagten verneinte, räumte es dem Beklagten ein Teilweises Zurückbehaltungsrecht zu. Dieses Recht bezieht sich auf Verwendungen, also Investitionen, die der Beklagte während der Lebensgemeinschaft in das Hausgrundstück getätigt hatte. Der Beklagte hatte unter anderem die Errichtung eines Wintergartens und eines Whirlpools auf seine Kosten geltend gemacht.
Das Gericht erkannte an, dass die Erblasserin in ihrem Testament von 1999 bestätigt hatte, dass Wintergarten und Whirlpool Alleineigentum des Beklagten seien und er darüber verfügen könne. Dies wertete das Gericht als Bestätigung einer ausgleichspflichtigen Verwendung des Beklagten auf das Grundstück. Der Beklagte konnte nachweisen, dass er im Jahr 1998 für den Wintergarten 35.633 DM (entspricht 17.816,50 €) aufgewandt hatte. Das Gericht schätzte jedoch den Zeitwert des Wintergartens nach 22 Jahren bis zum Tod der Erblasserin auf 6.816,50 €. Dabei berücksichtigte es eine jährliche Nutzungspauschale von 500 €. Hinsichtlich des Whirlpools erkannte das Gericht zwar die Investition von 10.950,00 € an, bemess es den Zeitwert nach 20 Jahren jedoch mit Null. Insgesamt wurde dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 7.650,05 € zugesprochen, welches sich aus dem Zeitwert des Wintergartens und einem bereits vom Landgericht zugesprochenen Betrag zusammensetzte. Die Herausgabe des Grundstücks wurde somit Zug um Zug gegen Zahlung dieses Betrages an den Beklagten angeordnet.
Keine weiteren Ausgleichsansprüche: Grundsatz der Nichtausgleichspflicht in nichtehelichen Lebensgemeinschaften
Weitergehende Erstattungsansprüche des Beklagten für andere Verwendungen auf das Haus wurden vom Gericht abgelehnt. Das Gericht betonte den Grundsatz, dass in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich keine Ausgleichsansprüche für Leistungen oder Investitionen bestehen, die ein Partner während der Beziehung erbracht hat. Jeder Partner bringt in die Gemeinschaft ein, wozu er wirtschaftlich in der Lage ist, so die gängige Rechtsprechung.
Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur dann möglich, wenn die Partner ausdrückliche Vereinbarungen getroffen haben oder wenn ein Gesellschaftsvertrag zwischen ihnen bestanden hätte, der auf die Schaffung gemeinsamer wirtschaftlicher Werte ausgerichtet gewesen wäre. Beides war im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Da der Beklagte keine entsprechenden Vereinbarungen oder einen Gesellschaftsvertrag nachweisen konnte, blieben seine weitergehenden Erstattungsansprüche erfolglos. Auch die von ihm hilfsweise geltend gemachte Aufrechnung mit den Bestattungskosten der Erblasserin wurde vom Gericht nicht thematisiert, da diese in der Berufungsinstanz offenbar keine Rolle mehr spielte.
Die Bedeutung des Urteils für Betroffene in ähnlichen Erbstreitigkeiten
Das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg hat erhebliche Bedeutung für Personen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, insbesondere für Erben und ehemalige Lebensgefährten von Verstorbenen. Es verdeutlicht die klaren rechtlichen Verhältnisse im Erbfall, auch wenn eine langjährige nichteheliche Lebensgemeinschaft bestanden hat.
Das Urteil macht deutlich, dass eine nichteheliche Lebensgemeinschaft allein kein automatisches Besitzrecht an einem Hausgrundstück begründet, welches im Nachlass des verstorbenen Partners enthalten ist. Ebenso wird betont, dass Investitionen in eine Immobilie während einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht automatisch zu Ausgleichsansprüchen nach dem Tod des Partners führen, es sei denn, es liegen klare Vereinbarungen oder besondere Umstände vor. Betroffene sollten aus diesem Urteil ableiten, dass schriftliche Vereinbarungen über Besitzrechte und Vermögenswerte innerhalb einer Lebensgemeinschaft unerlässlich sind, um im Falle einer Trennung oder des Todes eines Partners rechtliche Klarheit zu schaffen.
Für Erben zeigt das Urteil, dass sie grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe von Nachlassgegenständen, einschließlich Immobilien, gegenüber Dritten, wie beispielsweise ehemaligen Lebensgefährten, haben, auch wenn diese möglicherweise Investitionen in die Immobilie getätigt haben. Allerdings verdeutlicht der Fall auch die Möglichkeit eines Zurückbehaltungsrechts für den investierenden Partner in begrenztem Umfang, insbesondere wenn nachweisbare Wertsteigerungen der Immobilie durch diese Investitionen entstanden sind.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass ein Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohne konkrete vertragliche Abmachung oder im Testament eindeutig festgelegtes Vermächtnis grundsätzlich kein dauerhaftes Wohnrecht an einem gemeinsam genutzten Haus geltend machen kann. Eine allgemeine Bitte oder Empfehlung im Testament reicht rechtlich nicht aus, um ein Besitzrecht zu begründen. Allerdings können für konkret nachgewiesene Investitionen, z. B. bauliche Veränderungen, unter Umständen Ansprüche geltend gemacht werden, wenn diese deutlich und belegbar sind – hier wurde ein Zurückbehaltungsrecht für geringe Kostenansprüche anerkannt. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung klarer Regelungen, um Streitigkeiten bei Erbschaften und Lebensgemeinschaften zu vermeiden, und definiert die Grenzen möglicher Ansprüche nach Lebensgemeinschaften.
Benötigen Sie Hilfe?
Erbrechtliche Streitfragen im Fokus
Viele, die sich mit Herausgabeansprüchen innerhalb einer Erbengemeinschaft konfrontiert sehen, stehen vor komplexen Fragestellungen hinsichtlich Besitzrechten, Investitionen und Vermögensaufteilung. Solche Situationen erfordern eine sorgfältige Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen, um mögliche Ansprüche korrekt zu ermitteln.
Wir unterstützen Sie bei der fundierten Analyse Ihrer individuellen Lage. Unsere Beratung zielt darauf ab, Ihnen eine klare rechtliche Perspektive und präzise Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Lassen Sie uns gemeinsam die Gegebenheiten in Ihrem Fall erörtern und so den Weg zu einer Zielorientierung ebnen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann kann eine Erbengemeinschaft die Herausgabe eines Hausgrundstücks verlangen?
Eine Erbengemeinschaft kann die Herausgabe eines Hausgrundstücks verlangen, wenn sie Eigentümerin des Grundstücks ist und der aktuelle Besitzer kein Recht zum Besitz hat. Der Herausgabeanspruch ergibt sich aus verschiedenen gesetzlichen Grundlagen.
Rechtliche Grundlagen des Herausgabeanspruchs
Der Herausgabeanspruch einer Erbengemeinschaft kann auf mehreren rechtlichen Grundlagen basieren:
- Herausgabeanspruch nach § 985 BGB: Als Eigentümer kann die Erbengemeinschaft vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Hierfür muss die Erbengemeinschaft nachweisen, dass sie Eigentümerin des Grundstücks ist und der Besitzer kein Recht zum Besitz hat.
- Erbschaftsanspruch nach § 2018 BGB: Wenn jemand aufgrund eines vermeintlichen Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat, kann die Erbengemeinschaft die Herausgabe verlangen. Dies gilt auch für Grundstücke, die zum Nachlass gehören.
- Gesamthandsanspruch nach § 2039 BGB: Jeder Miterbe kann als gesetzlicher Prozessstandschafter Ansprüche der Erbengemeinschaft geltend machen, auch den Herausgabeanspruch für ein Grundstück.
Besitzrecht und dessen Grenzen
Entscheidend für den Erfolg eines Herausgabeanspruchs ist die Frage, ob der aktuelle Besitzer ein Recht zum Besitz hat:
- Besitz ohne Rechtsgrund: Wenn jemand ein Grundstück ohne rechtliche Grundlage besitzt, kann die Erbengemeinschaft die Herausgabe verlangen.
- Besitz aufgrund früherer Vereinbarungen: Selbst wenn der Besitzer zu Lebzeiten des Erblassers ein Recht zum Besitz hatte (z.B. als Lebensgefährte), erlischt dieses Recht in der Regel mit dem Tod des Erblassers, sofern es nicht durch Testament oder Vertrag fortgeführt wird.
- Wohnrecht oder Nießbrauch: Ist im Grundbuch ein Wohnrecht oder Nießbrauchsrecht eingetragen, muss die Erbengemeinschaft dieses respektieren. Der Herausgabeanspruch kann in diesem Fall eingeschränkt sein.
Durchsetzung des Herausgabeanspruchs
Wenn Sie als Erbengemeinschaft die Herausgabe eines Grundstücks durchsetzen möchten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Nachweis des Eigentums: Lassen Sie die Erbengemeinschaft im Grundbuch eintragen. Dies geht mit einem Erbschein oder notariellen Testament innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall gebührenfrei.
- Prüfung möglicher Besitzrechte: Klären Sie, ob der aktuelle Besitzer ein Recht zum Besitz hat, etwa durch Testament, Mietvertrag oder eingetragene Rechte im Grundbuch.
- Geltendmachung des Anspruchs: Der Herausgabeanspruch kann auch von einem einzelnen Miterben im Namen der Erbengemeinschaft geltend gemacht werden.
- Beachtung von Zurückbehaltungsrechten: Der Besitzer kann unter Umständen ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen, wenn er Aufwendungen für das Grundstück getätigt hat. In diesem Fall muss die Erbengemeinschaft diese Aufwendungen erstatten, bevor sie die Herausgabe verlangen kann.
Besondere Konstellationen
Wenn ein Miterbe das Grundstück bewohnt, ist die Situation komplexer:
- Grundsätzlich hat jeder Miterbe das Recht, Nachlassgegenstände zu nutzen.
- Nutzt ein Miterbe das Grundstück allein, können die anderen Miterben eine Nutzungsentschädigung verlangen.
- Verweigert der Miterbe die Herausgabe oder Zahlung einer Entschädigung, kann als letztes Mittel eine Teilungsversteigerung beantragt werden.
Bei Dritten ohne Erbenstellung ist der Herausgabeanspruch in der Regel leichter durchsetzbar, sofern keine besonderen Rechte bestehen.
Der Herausgabeanspruch einer Erbengemeinschaft auf ein Hausgrundstück ist ein wichtiges Recht, um den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten und letztendlich zu verteilen. Die rechtliche Durchsetzung hängt stark von den individuellen Umständen und bestehenden Besitzrechten ab.
Welche Bedeutung haben vertragliche Vereinbarungen wie ein Wohn- oder Mietrecht bei Herausgabeansprüchen?
Vertragliche Vereinbarungen wie Wohn- oder Mietrechte haben erheblichen Einfluss auf Herausgabeansprüche im Erbfall. Ihre rechtliche Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit hängt jedoch entscheidend von ihrer Form und Ausgestaltung ab.
Dingliche vs. schuldrechtliche Wohnrechte
Bei Wohnrechten ist die Unterscheidung zwischen dinglichen und schuldrechtlichen Vereinbarungen zentral:
Ein dingliches Wohnrecht (im Grundbuch eingetragen) bindet auch neue Eigentümer und Erben. Wenn beispielsweise eine Großmutter ihr Haus an ihren Enkel verkauft und sich ein im Grundbuch eingetragenes Wohnrecht vorbehält, bleibt dieses Recht auch bestehen, wenn der Enkel das Haus später weiterverkauft. Die Großmutter darf lebenslang in dem Haus wohnen bleiben, unabhängig vom aktuellen Eigentümer.
Ein schuldrechtliches Wohnrecht (nicht im Grundbuch eingetragen) wirkt hingegen nur zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien. Neue Eigentümer, egal ob Käufer oder Erben, müssen dieses Wohnrecht nicht respektieren. Wenn Sie also nur eine mündliche oder schriftliche Vereinbarung ohne Grundbucheintrag haben, können Sie Ihr Wohnrecht gegenüber den Erben möglicherweise nicht durchsetzen.
Mietverträge im Erbfall
Mietverträge enden nicht automatisch mit dem Tod des Vermieters oder Mieters:
- Stirbt der Vermieter, treten seine Erben automatisch in alle Rechte und Pflichten des Mietvertrags ein. Der bestehende Vertrag bleibt unverändert gültig, und die Erben können keine einseitigen Änderungen vornehmen.
- Stirbt der Mieter, geht der Mietvertrag auf seine Erben über. Diese haben ein Sonderkündigungsrecht, das sie innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Mieters ausüben können. Wird dieses Recht nicht genutzt, setzen die Erben den Mietvertrag fort und übernehmen alle damit verbundenen Pflichten, einschließlich der Mietzahlung.
Formvorschriften und ihre Bedeutung
Die Form der Vereinbarung ist entscheidend für ihre rechtliche Wirksamkeit:
- Mündliche Absprachen haben im Erbrecht grundsätzlich kein rechtliches Gewicht. Wenn Sie beispielsweise mit Ihrem Vater mündlich vereinbart haben, dass Sie nach seinem Tod in seinem Haus wohnen dürfen, ist diese Vereinbarung ohne schriftliche Fixierung nicht durchsetzbar.
- Ein wirksames Wohnrecht muss notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Nur dann ist es gegenüber jedermann, auch gegenüber Erben, durchsetzbar.
- Erbverträge müssen notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. Eine vertragliche Erbeinsetzung im Rahmen eines Erbvertrags ist für den Erblasser bindend und kann nicht mehr einseitig widerrufen werden.
Herausgabeansprüche und ihre Grenzen
Dem Erben steht gemäß § 2018 BGB ein Herausgabeanspruch am erlangten Nachlass gegen dessen unrechtmäßigen Besitzer zu. Dieser Anspruch kann jedoch durch wirksame vertragliche Vereinbarungen eingeschränkt sein:
- Bei einem dinglichen Wohnrecht müssen die Erben dieses respektieren und können keinen Herausgabeanspruch durchsetzen, solange das Wohnrecht besteht.
- Bei einem Mietvertrag müssen die Erben als neue Vermieter die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten und können nicht sofort die Herausgabe der Wohnung verlangen.
- Bei schuldrechtlichen Vereinbarungen ohne Grundbucheintrag können die Erben in der Regel einen Herausgabeanspruch durchsetzen, da diese Vereinbarungen sie nicht binden.
Wenn Sie also sicherstellen möchten, dass Ihre Wohnrechtsvereinbarung auch im Erbfall Bestand hat, ist eine notarielle Beurkundung und Eintragung im Grundbuch unerlässlich. Nur so können Sie verhindern, dass die Erben einen Herausgabeanspruch erfolgreich durchsetzen können.
Welche Rechte haben Dritte, die nicht zur Erbengemeinschaft gehören, bei einem Erbstreit um eine Immobilie?
Dritte, die nicht zur Erbengemeinschaft gehören, können dennoch bestimmte Rechte an einer Nachlassimmobilie haben. Diese Rechte hängen von der jeweiligen Rechtsstellung des Dritten ab.
Rechte von Lebensgefährten ohne Erbenstellung
Wenn Sie als nichtehelicher Lebensgefährte mit dem Erblasser zusammengelebt haben, aber nicht im Testament bedacht wurden, haben Sie kein gesetzliches Erbrecht. Ihre Rechtsposition ist jedoch in bestimmten Fällen geschützt:
Bei einer Mietwohnung können Sie als überlebender Lebensgefährte in das Mietverhältnis eintreten, wenn Sie mit dem verstorbenen Partner in einem auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Dies müssen Sie dem Vermieter gegenüber nachweisen und anzeigen. Die Rechtsprechung erkennt diesen Übergang des Mietverhältnisses an, wenn zwischen den Partnern eine eheähnliche Lebensgemeinschaft seit längerem bestand.
Wenn Sie hingegen in einer Immobilie lebten, die im Alleineigentum des verstorbenen Partners stand, haben Sie grundsätzlich kein Recht, dort zu bleiben, sofern keine testamentarische Regelung getroffen wurde. Die Erbengemeinschaft kann in diesem Fall die Räumung verlangen.
Testamentarisch eingeräumte Rechte für Dritte
Der Erblasser kann Dritten durch Testament besondere Rechte einräumen:
Ein lebenslanges Wohnrecht kann dem Lebenspartner oder anderen Personen testamentarisch zugesprochen werden. Dieses Recht besteht unabhängig von der Erbenstellung und kann auch bei einem Verkauf der Immobilie nicht umgangen werden. Personen mit einem lebenslangen Wohnrecht können nicht einfach „vor die Tür gesetzt werden“.
Beachten Sie: Ein Wohnrecht ermöglicht es dem Erblasser, seinen Lebenspartner über den Tod hinaus abzusichern, ohne die Erbfolge von seinen gesetzlichen Erben, etwa Kindern, abzuändern.
Rechte von Mietern
Als Mieter einer Nachlassimmobilie treten die Erben in den bestehenden Mietvertrag ein. Ihr Mietverhältnis besteht grundsätzlich unverändert fort. Die Erbengemeinschaft kann jedoch unter bestimmten Umständen Eigenbedarf geltend machen:
- Ein Miterbe kann im Einvernehmen mit den anderen Miterben den bestehenden Mietvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen und nachweislich Eigenbedarf geltend machen.
- Wichtig: Hierfür ist ein Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft erforderlich.
Nutzungsrechte und Herausgabeansprüche
Wenn Sie als Dritter eine Nachlassimmobilie nutzen möchten, benötigen Sie grundsätzlich die Zustimmung aller Miterben. Keiner der Miterben hat ein eigenständiges Recht, die Immobilie nach eigenem Gutdünken zu nutzen oder Dritten die Nutzung zu gestatten.
Verweigert auch nur ein einziger Miterbe seine Zustimmung zur Nutzung durch einen Dritten, muss die angedachte Nutzung unterbleiben. Dies gilt selbst dann, wenn die Immobilie dadurch leer steht und mit der Zeit verfällt.
Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist zu beachten: Endet die Partnerschaft, kann der ursprüngliche Wohnungsinhaber und Mieter von seinem ehemaligen Partner sofortige Räumung verlangen, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
Vorkaufsrechte und Abfindungsansprüche
Die Miterben haben gemäß § 2034 BGB gegenüber Dritten, an die ein Miterbe seinen Erbteil verkauft hat, ein Vorkaufsrecht. Dieses muss innerhalb von zwei Monaten ausgeübt werden, damit kein „Fremder“ Teil der Erbengemeinschaft wird.
Wenn Sie als Dritter einen Erbteil erwerben möchten, müssen Sie dieses Vorkaufsrecht der anderen Miterben beachten. Jeder Miterbe hat das Recht, über seinen Anteil am gesamten Nachlass zu verfügen und kann seinen Erbteil an eine dritte Person verkaufen.
Bedenken Sie: Die Erbengemeinschaft ist nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet. Jeder Miterbe kann nach § 2042 Abs. 1 BGB jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, was zur Auflösung der Gemeinschaft und möglicherweise zum Verkauf der Immobilie führen kann.
Was kann ein Anspruch auf Teilausgleich oder Zurückbehaltungsrecht wegen Investitionen am Erbe bedeuten?
Ein Anspruch auf Teilausgleich oder ein Zurückbehaltungsrecht entsteht, wenn Sie als Erbe oder Dritter Investitionen in Nachlassgegenstände getätigt haben. Diese Rechte sichern Ihnen die Möglichkeit, für Ihre Aufwendungen eine angemessene Kompensation zu erhalten.
Grundlagen des Ausgleichsanspruchs bei Investitionen
Wenn Sie in eine geerbte Immobilie oder andere Nachlassgegenstände investiert haben, steht Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser Anspruch basiert auf dem Grundsatz, dass derjenige, der zur Werterhaltung oder Wertsteigerung des Nachlasses beigetragen hat, dafür nicht leer ausgehen sollte.
Die rechtliche Bewertung Ihrer Aufwendungen richtet sich nach deren Art:
- Notwendige Aufwendungen (z.B. dringende Reparaturen) werden in der Regel vollständig ausgeglichen
- Wertsteigernde Maßnahmen (z.B. Modernisierungen) führen zu einem anteiligen Ausgleich entsprechend der erzielten Wertsteigerung
- Luxusaufwendungen begründen meist keinen Ausgleichsanspruch
Stellen Sie sich vor, Sie haben als Miterbe das Dach des geerbten Hauses für 20.000 Euro reparieren lassen. Diese notwendige Aufwendung würde bei der Erbauseinandersetzung berücksichtigt und Ihnen zugutegehalten werden.
Das Zurückbehaltungsrecht als Sicherungsinstrument
Das Zurückbehaltungsrecht ermöglicht es Ihnen, die Herausgabe eines Nachlassgegenstands zu verweigern, bis Ihre Ausgleichsansprüche erfüllt sind. Es dient als Druckmittel, um Ihre berechtigten Forderungen durchzusetzen.
Wichtig: Das Zurückbehaltungsrecht schützt nicht generell vor der Herausgabepflicht. Es verschafft Ihnen lediglich einen Anspruch auf vorherige Befriedigung Ihrer Forderungen. Der grundsätzliche Herausgabeanspruch des rechtmäßigen Erben nach § 2018 BGB bleibt bestehen.
Berechnung des Ausgleichsanspruchs in der Erbengemeinschaft
Die Durchführung des Ausgleichs erfolgt nach einem festgelegten Verfahren:
- Der auszugleichende Betrag wird vom Nachlasswert abgezogen
- Vom verbleibenden Betrag werden die jeweiligen Erbteile berechnet
- Dem ausgleichsberechtigten Erben wird anschließend sein Ausgleichsbetrag hinzugerechnet
- Auf Basis dieser Werte erfolgt die Erbauseinandersetzung
Bei gemischten Schenkungen (teilweise unentgeltlich, teilweise entgeltlich) wird nach der Quotenmethode nur der unentgeltliche Teil ausgeglichen. Wenn Sie beispielsweise ein Grundstück mit einem Wert von 1.000.000 Euro erhalten, aber Schulden in Höhe von 400.000 Euro übernommen haben, beträgt der unentgeltliche Anteil 3/5 und nur dieser Teil (600.000 Euro) wird bei der Ausgleichung berücksichtigt.
Besondere Konstellationen bei Investitionen
Wenn Sie in eine geerbte Immobilie investieren, hängt Ihr Ausgleichsanspruch von der konkreten Situation ab:
- Als Miterbe haben Sie einen direkten Ausgleichsanspruch gegen die anderen Miterben entsprechend deren Erbquoten
- Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften entstehen keine automatischen Ausgleichsansprüche – hier sind vorherige vertragliche Vereinbarungen wichtig
Wenn Sie ein Grundstück geerbt haben und Ihr Ehepartner mit in den Bau einer Immobilie auf diesem Grundstück investiert, hat Ihr Partner bei Auflösung der Zugewinngemeinschaft Anspruch auf Auszahlung seines investierten Betrags.
Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs
Um Ihren Ausgleichsanspruch erfolgreich durchzusetzen, sollten Sie:
- Alle Investitionen sorgfältig dokumentieren (Rechnungen, Belege, Fotos vor/nach den Arbeiten)
- Den Wert der Aufwendungen zum Zeitpunkt der Investition nachweisen können
- Bei Uneinigkeit in der Erbengemeinschaft frühzeitig rechtliche Schritte einleiten
Beachten Sie, dass die Teilungsversteigerung als letzter Ausweg gilt, wenn keine Einigung erzielt werden kann. Dabei wird die Immobilie öffentlich versteigert und der Erlös unter den Erben aufgeteilt – allerdings liegt das höchste Gebot oft unter dem eigentlichen Verkehrswert.
Wie wirkt sich ein „letzter Wille“ oder testamentarischer Wunsch der Erblasserin auf die Herausgabe oder Nutzung der Immobilie aus?
Ein testamentarischer Wunsch ohne konkrete rechtliche Anordnung hat grundsätzlich keine rechtlich bindende Wirkung auf die Herausgabe oder Nutzung einer Immobilie. Entscheidend ist, ob im Testament ein konkretes Recht (wie ein Wohnrecht oder Nießbrauch) rechtswirksam angeordnet wurde oder lediglich ein unverbindlicher Wunsch geäußert wurde.
Rechtlich bindende Anordnungen im Testament
Wenn der Erblasser in seinem Testament ein konkretes Wohnrecht für eine bestimmte Person festlegt, ist diese Anordnung rechtlich bindend. Ein solches Wohnrecht kann als:
- Dingliches Wohnrecht (im Grundbuch eingetragen)
- Persönliches Wohnrecht (schuldrechtliche Verpflichtung)
- Nießbrauchrecht (umfassenderes Nutzungsrecht)
ausgestaltet sein. Diese Rechte müssen im Testament präzise formuliert sein und eindeutig angeben, wer das Recht hat, die Immobilie zu bewohnen, ohne Eigentümer zu sein.
Bei einem rechtswirksam angeordneten Wohnrecht müssen die Erben dieses respektieren. Das Wohnrecht verpflichtet den Eigentümer, die Nutzung der Wohnung durch den Berechtigten zu dulden.
Bloße Wünsche ohne rechtliche Bindung
Ein Gerichtsurteil verdeutlicht die Rechtslage: Wenn eine Erblasserin in ihrem Testament lediglich um eine „disziplinierte Behandlung“ eines Dritten „bezüglich des Wohnrechts“ bittet, liegt darin keine rechtlich bindende Zusicherung eines Wohnrechts. Solche Formulierungen stellen keine Zuwendung an den Dritten dar und begründen kein Recht.
In diesem Fall behält die Erbengemeinschaft ihren Herausgabeanspruch gemäß § 1922 und § 2032 BGB, da sie das Eigentum am Nachlass insgesamt erwirbt.
Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft
Ohne eine konkrete testamentarische Anordnung eines Wohnrechts gilt:
- Die Verwaltung des Nachlasses steht den Miterben gemeinschaftlich zu (§ 2038 BGB)
- Der Nachlass wird als Gesamthandsgemeinschaft betrachtet
- Keiner der Miterben hat ein eigenständiges Recht, die Immobilie nach eigenem Gutdünken zu nutzen
- Für die Nutzung durch einen Miterben oder einen Dritten ist grundsätzlich das Einverständnis aller Miterben erforderlich
Möglichkeiten der konkreten Regelung im Testament
Wenn Sie als Erblasser möchten, dass eine bestimmte Person in Ihrer Immobilie wohnen bleiben kann, sollten Sie dies rechtlich bindend regeln:
- Präzise Formulierung: Legen Sie eindeutig fest, wer das Wohnrecht erhalten soll und unter welchen Bedingungen.
- Zeitliche Begrenzung: Definieren Sie, ob das Wohnrecht lebenslang gelten soll oder zeitlich begrenzt ist.
- Regelung für Sonderfälle: Sie können im Testament auch festlegen, was passieren soll, wenn der Wohnberechtigte das Wohnrecht nicht mehr ausüben kann (z.B. bei Umzug in ein Pflegeheim). Sie können bestimmen, dass das Wohnrecht in diesem Fall aufgehoben wird oder dass der Eigentümer die durch eine Vermietung erzielten Einnahmen als Rente an den ehemaligen Wohnberechtigten zahlen muss.
Beachten Sie, dass eine solche Regelung sich eindeutig aus dem Testament ergeben muss. Fehlt eine klare Regelung, hat der Wohnberechtigte keinen Anspruch auf Herausgabe etwaiger Mieteinnahmen gegen den Eigentümer.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erbengemeinschaft
Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn mehrere Personen gemeinsam eine Erbschaft antreten. Dabei gehört der Nachlass – also die hinterlassenen Vermögenswerte und Schulden – allen Miterben gemeinschaftlich. Jeder Miterbe hat einen bestimmten Anteil am Nachlass (sogenannter Erbteil), kann aber über einzelne Nachlassgegenstände, wie z. B. ein Haus, nicht allein verfügen. Entscheidungen über den Nachlass müssen in der Regel gemeinsam getroffen werden. Rechtsgrundlage ist § 2032 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Beispiel: Haben drei Geschwister das Haus ihrer verstorbenen Eltern geerbt, dürfen sie es nur gemeinsam nutzen oder verkaufen, solange nicht einer von ihnen ausgezahlt oder die Erbengemeinschaft aufgelöst wurde.
Zurückbehaltungsrecht
Das Zurückbehaltungsrecht ist das Recht, eine geschuldete Leistung – wie die Herausgabe eines Gegenstandes – vorübergehend zu verweigern, bis eine vom Gläubiger geschuldete Gegenleistung erbracht wurde. Im Kontext des Falls beruft sich der Beklagte auf ein Zurückbehaltungsrecht, weil er für Bestattungskosten und Nebenkosten aufgekommen ist und diese erstattet haben möchte. Rechtsgrundlage ist § 273 BGB. Das Zurückbehaltungsrecht kann sich nur auf Ansprüche beziehen, die einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang haben.
Beispiel: Wenn jemand A ein Fahrrad zur Reparatur gibt und die Kosten nicht zahlt, darf der Reparateur B das Fahrrad zurückhalten, bis die Rechnung beglichen ist.
Aufrechnung
Eine Aufrechnung liegt vor, wenn zwei Personen einander Forderungen schulden und eine der Parteien erklärt, dass sie ihre Forderung mit der Gegenforderung „verrechnen“ möchte. Durch die Aufrechnung erlöschen die Forderungen, soweit sie sich gegenseitig decken (§ 387 BGB). Im beschriebenen Fall versuchte der Beklagte, die Kosten, die er getragen hat (z. B. für die Bestattung), mit dem Herausgabeanspruch der Klägerin „aufzurechnen“.
Beispiel: Person A schuldet Person B 100 Euro, aber Person B schuldet A 50 Euro. B kann diese 50 Euro aufrechnen und müsste anschließend nur noch 50 Euro zahlen.
Vollstreckbarkeit
Die Vollstreckbarkeit beschreibt die rechtliche Möglichkeit, ein Urteil zwangsweise durchzusetzen, falls der Schuldner seiner Verpflichtung nicht freiwillig nachkommt. Im Urteil wurde die vorläufige Vollstreckbarkeit zugunsten der Klägerin erklärt. Der Beklagte konnte die Vollstreckung jedoch durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung (in Höhe von 110 % der Forderung) abwenden. Dies ist in § 708 ff. ZPO (Zivilprozessordnung) geregelt.
Beispiel: Der Kläger kann durch einen Gerichtsvollzieher die Herausgabe des Grundstücks erzwingen, wenn der Beklagte nicht freiwillig auszieht. Hinterlegt der Beklagte jedoch die geforderte Sicherheitsleistung, wird die Vollstreckung vorerst gestoppt.
Vermächtnis
Ein Vermächtnis ist eine testamentarische Verfügung, durch die jemand einen bestimmten Gegenstand oder eine Leistung aus dem Nachlass erhalten soll, ohne selbst Erbe zu sein (§§ 1939, 2147 BGB). Im differenzierten Fall hätte der Ex-Partner der Verstorbenen ein dauerhaftes Wohnrecht oder andere Ansprüche nur geltend machen können, wenn dies durch ein Vermächtnis im Testament ausdrücklich geregelt worden wäre.
Beispiel: Ein Testament bestimmt, dass der Lebensgefährte ein Wohnrecht für das Haus erhält, während das Haus insgesamt an die Kinder vererbt wird. Der Lebensgefährte ist dabei nicht Erbe, hat aber ein gesichertes Recht, das Haus zu bewohnen.
Sicherheitsleistung
Eine Sicherheitsleistung ist die Hinterlegung eines bestimmten Geldbetrages, um einen Anspruch des Gläubigers vorübergehend zu sichern und zugleich die Zwangsvollstreckung abzuwenden (§ 108 ZPO). Im vorliegenden Fall durfte der Beklagte die Vollstreckung vermeiden, indem er 110 % des durchsetzbaren Betrags als Sicherheitsleistung hinterlegte.
Beispiel: Der Beklagte hinterlegt bei Gericht eine Sicherheitsleistung, um die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils zu verhindern, bis er eine Einigung mit der anderen Partei erzielt oder weitere Rechtsmittel ausgeschlossen sind.
Bestattungskosten
Bestattungskosten sind die Kosten, die mit der würdigen Beisetzung eines Verstorbenen verbunden sind. Gemäß § 1968 BGB ist die Erbengemeinschaft für diese Kosten verantwortlich. Der Beklagte machte geltend, dass er diese Kosten getragen habe, und berief sich daraufhin auf einen Ausgleichsanspruch bzw. ein Zurückbehaltungsrecht.
Beispiel: Hat der Lebensgefährte einer Verstorbenen die Kosten für die Beerdigung vorgestreckt, kann er von der Erbengemeinschaft Ersatz verlangen, sofern diese ihn nicht ausdrücklich zur Übernahme der Kosten verpflichtet hat.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 1922 BGB (Gesamtrechtsnachfolge): Beim Tod einer Person geht das Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. Dies umfasst sowohl Rechte als auch Verbindlichkeiten des Erblassers. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Vermögen einschließlich des Hausgrundstücks ist im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erbengemeinschaft übergegangen, zu der die Klägerin gehört.
- §§ 2032 ff. BGB (Erbengemeinschaft): Die Erben bilden eine Gemeinschaft, die das gesamte Nachlassvermögen zunächst ungeteilt besitzt und verwaltet. Ein Miterbe alleine kann grundsätzlich weder über Nachlassgegenstände verfügen noch sie einseitig herausverlangen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch auf Herausgabe des Hausgrundstücks gilt für die gesamte Erbengemeinschaft, und die Klägerin handelt dabei als Teil dieser Gemeinschaft.
- § 985 BGB (Herausgabeanspruch): Der Eigentümer einer Sache kann von ihrem unberechtigten Besitzer die Herausgabe verlangen. Voraussetzung ist, dass der Eigentümer keine Besitzrechte eingeräumt hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Erbengemeinschaft als Eigentümerin verlangt die Herausgabe des Grundstücks von dem Beklagten, der nach Auffassung des Gerichts kein Recht zum Besitz nachweisen konnte.
- § 2039 BGB (Prozessführungsbefugnis eines Miterben): Ein Miterbe kann alleine klagen, wenn es um die Forderung eines gemeinschaftlichen Nachlassgegenstandes geht, um die Rechte der Erbengemeinschaft zu sichern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin ist berechtigt, den Herausgabeanspruch alleine durchzusetzen, obwohl sie nur Teil einer mehrköpfigen Erbengemeinschaft ist.
- § 273 Abs. 2 BGB (Zurückbehaltungsrecht): Ein Schuldner kann die Herausgabe einer Sache verweigern, bis ihm eine Gegenleistung, auf die er einen rechtlichen Anspruch hat, erbracht wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte macht ein Zurückbehaltungsrecht aufgrund von Aufwendungen für das Haus geltend, wobei ihm eine Zahlung in Höhe von 7.650,05 € als Ausgleich zugesprochen wurde.
- Testament und Vermächtnis (§§ 1939, 2147 BGB): Ein Testament kann Bestimmungen enthalten, die einem Dritten Rechte einräumen (Vermächtnis), etwa ein Wohnrecht oder bestimmte Vermögensvorteile. Diese Rechte müssen ausdrücklich formuliert sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht sieht in der testamentarisch geäußerten Bitte der Erblasserin keine rechtlich bindende Regelung zugunsten des Beklagten, sodass ihm weder ein Wohnrecht noch ein Besitzrecht zusteht.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 5 U 186/22 – Urteil vom 05.10.2023
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