OLG Koblenz – Az.: 5 U 821/12 – Beschluss vom 20.08.2012
Es ist beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich ohne Erfolgsaussicht ist, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ein Urteil des Senats erfordern und weil eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Im Einzelnen ist zur Sach- und Rechtslage zu bemerken:
Gründe
1. Die Klägerin, der Beklagte und deren Schwester sind zu gleichen Teilen Erben ihrer am 24.05.2010 verstorbenen Mutter …[A]. Die Erbfolge beruht auf einem notariellen Erbvertrag der Eltern vom 31.01.2000, die sich primär wechselseitig bedacht hatten. Dabei hatte der Vater dem Beklagten ein nicht ausgleichspflichtiges Vorausvermächtnis über einen Hofanteil ausgesetzt. Daneben waren allen Kindern bereits zu Lebzeiten der Eltern Zuwendungen gemacht worden, die nach den Bestimmungen des Erbvertrags bei der Erbteilung berücksichtigt werden sollten.
Die Erblasserin war Inhaberin von Konten bei einer Volksbank und einer Sparkasse. Darauf hatte der Beklagte kraft einer ihm erteilten Vollmacht Zugriff. Inwieweit er davon Gebrauch machte, ist streitig. Die bei der Volksbank vorhandenen Vermögenswerte sind unter den Erben verteilt. Bei der Sparkasse befinden sich noch Anlagen von 370.738,67 €. Außerdem liegen auf einem …[B]bankkonto 296.262,05 €, die aus Lebensversicherungen herrühren. Immobilienvermögen befindet sich nicht im Nachlass. Das elterliche Hausgrundstück war dem Beklagten bereits lebzeitig – unter Verzicht der Klägerin und der gemeinsamen Schwester auf Ausgleichsansprüche im Gegenzug zu Abfindungsleistungen – übertragen worden. Über die beweglichen Nachlasssachen haben sich die Erben weithin auseinandergesetzt. Im Übrigen befinden sich die Gegenstände in Besitz des Beklagten.
Die Klägerin geht davon aus, dass zusätzliche Gelder vorhanden sind und dass der Beklagte aufgrund der ihm erteilten Vollmacht ihr unbekannte Dispositionen über das Vermögen der Erblasserin getroffen hat. Außerdem habe der Beklagte nur lückenhaft über die ausgleichspflichtigen Vorausleistungen an seine Person informiert. Insoweit hat er zunächst Geldbeträge von 25.000 DM und 60.000 € genannt. Später räumte er weitere 189.440,74 € ein. Umgekehrt sieht sich auch der Beklagte unvollständig über die Vorausempfänge der Klägerin unterrichtet. Diese hat die Geldzuwendungen an ihre Person mit 130.864,60 € angegeben.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin in erster Instanz zuletzt beantragt, den Beklagten zur Auskunft an die Erbengemeinschaft darüber zu verurteilen, welches Geldvermögen in den Nachlass gefallen sei und welche ausgleichspflichtigen Zuwendungen er von seinen Eltern erlangt habe. Das weitere Verlangen auf Rechenschaftslegung über die von ihm in Vollmacht der Erblasserin getätigten Geschäfte hat die Klägerin für erledigt erklärt. Vorsorglich hat sie eine eidesstattliche Versicherung des Beklagten über die Richtigkeit seiner Angaben erstrebt und ferner ein noch unbeziffertes Zahlungsbegehren zu Gunsten der Erbengemeinschaft erhoben.
Die beiden noch im Raum stehenden Auskunftsanträge sind vom Landgericht durch ein Teil-Urteil abgewiesen worden: Ein Anspruch auf Information über das Nachlassvermögen stehe der Klägerin als Miterbin von vornherein nicht zu. Im Übrigen habe der Beklagte die ihm abverlangten Auskünfte erteilt. Ob sie zutreffend seien, sei ohne Bedeutung.
Das greift die Klägerin insofern mit der Berufung an, als sie die Verurteilung des Beklagten dazu beantragt, über das Geldvermögen des Nachlasses Mitteilung zu machen. Der Beklagte befinde sich aufgrund der ihm gegebenen Vollmacht in einer Sonderstellung, die ihm – ihr selbst vorenthaltene – Einblicke gewährt habe. Seine bisherigen Auskünfte seien nicht verlässlich gewesen und von ihm korrigiert worden. Es stehe zu vermuten, dass nicht offenbarte Nachlasswerte existierten.
2. Damit vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Das Rechtsmittel ist unbegründet.
a) Die Klägerin macht gemäß § 2039 BGB einen allgemeinen, in § 242 BGB angesiedelten Auskunftsanspruch geltend. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Auskunftsgläubiger in entschuldbarer Weise über ein ihm zustehendes Recht um Ungewissen ist und dass der Auskunftsschuldner dem unschwer abhelfen kann. Dabei ist aber grundsätzlich eine Sonderbeziehung zwischen beiden Personen erforderlich. Fehlt sie, muss gesichert sein, dass das Recht, dessen Durchsetzung die Auskunft dienen soll, dem Grunde nach besteht (Grüneberg in Palandt, BGB, 71. Aufl., § 260 Rn. 6).
Durch die erstrebte Auskunft erhofft sich die Klägerin die Realisierung zusätzlicher Nachlasswerte. Es geht ihr darum, die Teilungsmasse unter Inanspruchnahme des Beklagten zu vergrößern und in der Folge ihre Erbauseinandersetzungsberechtigung zu verbessern. Insofern ist das erbrechtliche Verhältnisse der Parteien berührt, das indessen keine Sonderbeziehung begründet (BGH NJW-RR 1989, 450). Von daher reicht es nicht hin, dass, wie die Klägerin meint, eine Wahrscheinlichkeit für die von ihr angestrebten, bisher nicht zu Tage getretenen Zahlungsforderungen gegen den Beklagten vorhanden ist, sondern diese Forderungen müssen dem Grunde nach gesichert sein (BGH a. a. O.). Das ist nicht der Fall, weil die Dinge, soweit sie im Streit sind, letztlich im Dunkeln liegen.
b) Eine Sonderbeziehung ist freilich insofern vorhanden, als der Beklagte die Interessen der Erblasserin auf der Grundlage der ihm erteilten Vollmacht wahrgenommen hat. Diesbezüglich reicht für einen allgemeinen Auskunftsanspruch die Wahrscheinlichkeit von Pflichtverletzungen hin. Unabhängig davon trifft hier den Beklagten aber auch schon auf der Grundlage von § 666 BGB eine Auskunftspflicht. Insoweit wird er jedoch im Berufungsverfahren nicht herangezogen. Entsprechendes ist nur in erster Instanz im Rahmen des Klageantrags 1. b geschehen, den die Klägerin für erledigt erklärt hat, ohne dass das Landgericht darüber in seinem Teilurteil entschieden hätte.
c) Selbst wenn man den mit der Berufung verfolgten Auskunftsanspruch vom Ansatz her bejahte, könnte das nicht zu einer Verurteilung des Beklagten führen. Denn der Beklagte hat Auskunft gegeben. Das ist zwar im Verlauf widersprüchlich geschehen und mehrfach nachgebessert worden. Aber bei alledem hat der Beklagte stets mitgeteilt, nach seinem Wissensstand zu informieren und all das bekannt zu geben, was er habe in Erfahrung bringen können. Damit ist der an ihn herangetragene Anspruch erfüllt. Dass die Auskünfte möglicherweise unrichtig waren und sind, ändert daran nichts und berechtigt die Klägerin lediglich, dem Beklagten eine eidesstattliche Versicherung abzuverlangen (BGHR BGB § 260 Auskunftsanspruch 1).
3. Mithin sollte die Klägerin die Rücknahme ihres Rechtsmittels erwägen. Bis zum 12.09.2012 besteht Gelegenheit zur Stellungnahme.