Oberlandesgericht Jena – Az.: 3 W 184/14 – Beschluss vom 16.06.2014
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – vom 14.4.2014 – Nichtabhilfeentscheidung vom 29.04.2014 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Beteiligten zu 1 und 2 zu tragen. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- € festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind im Grundbuch seit dem 07.11.2013 in Erbengemeinschaft als Grundstückseigentümer eingetragen. Die Eintragung erfolgte im Wege der Grundbuchberichtigung aufgrund einer mit Urkunde der Notarin M. in … vom 25.02.2013 (UR 350/2013) vorgenommenen Erbteilsübertragung. Nach dieser Urkunde übertrugen die seinerzeit in Erbengemeinschaft eingetragenen Voreigentümer A. W. und Dr. E. M. R. ihren jeweiligen Erbanteil am Nachlass von P. W., der nach der Urkunde nur noch aus dem hier betroffenen Grundstück bestehen soll, jeweils zu 1/2 auf die Beteiligten. Mit Schriftsatz vom 29.12.2013, beim Grundbuchamt am 02.01.2014 eingegangen, beantragten die Beteiligten – neben einer Schreibfehlerberichtigung – die Berichtigung des Grundbuchs dahin, dass der Zusatz „in Erbengemeinschaft“ gelöscht wird und sie als Miteigentümer zu je 1/2 eingetragen werden. Die Grundbuchrechtspflegerin erließ am 20.01.2014 eine Zwischenverfügung. Sie gab den Beteiligten die Vorlage einer notariellen Erbauseinandersetzung nebst Auflassungserklärung auf, weil die Übertragung von Erbanteilen bzw. deren Bruchteilen nicht zur Entstehung von Miteigentum zu Bruchteilen an den einzelnen Nachlassgegenständen führe.
Der Senat hat die Zwischenverfügung auf Beschwerde der Beteiligten mit Beschluss vom 13.02.2014 (3 W 71/14) aufgehoben, weil das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nach seiner Auffassung nicht mit Rückwirkung behebbar war; auf die Gründe dieses Beschlusses nimmt der Senat Bezug. Sodann hat das Grundbuchamt den Berichtigungsantrag mit denjenigen Erwägungen, die bereits der Zwischenverfügung zugrunde lagen, zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie vertreten unter Bezugnahme auf einen Teil der Rechtsprechung und Kommentarliteratur weiterhin die Auffassung, bei Vereinigung aller Erbanteile in der Hand miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundener Erwerber gehe der Nachlass und die einzelnen Nachlassgegenstände auf die Erwerber zu Miteigentum nach Bruchteilen über. Die Situation sei mit dem Fall vergleichbar, wenn eine Person sämtliche Erbanteile erwirbt. Führe die Veräußerung dazu, dass die zunächst gesonderten Nachlassanteile insgesamt denselben Rechtssubjekten zustehen, komme es zu deren „Zusammenwachsen“, vergleichbar der Anwachsung im Sinne von § 2094 BGB. Wegen der Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Beschwerdebegründung.
Die Grundbuchrechtspflegerin hat der Beschwerde mit Beschluss vom 29.04.2014 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.
II.
Die nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg; das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.
Der Senat hält an seiner bereits in dem Beschluss vom 13.02.2014 angedeuteten Rechtsauffassung fest, dass die zwischen den beiden Voreigentümern bestehende Erbengemeinschaft am Nachlass nach P. W. nicht dadurch beendet ist, dass die Beteiligten durch die notarielle Urkunde vom 25.02.2013 jeweils 1/2 dieser Erbanteile erworben haben. Ein derartiger Erwerb führt nach herrschender Meinung zwar dazu, dass innerhalb der Erbengemeinschaft in Bezug auf die jeweiligen Erbanteile eine Bruchteilsgemeinschaft entsteht (Demharter, a.a.O., § 47 Rn. 9 m.w.N.), ändert aber nichts am Fortbestehen der gesamthänderischen Bindung in Bezug auf die Erbanteile im Verhältnis zueinander (KGJ 46, A 181 ff.; KG FGPrax 1999, 27 ff.; OLG Köln Rpfleger 1974, 109 f.; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., 1090; Tiedtke, JuS 1977, 158 ff.; Lehmann NJW 1976, 263 f.; Haegele, Rpfleger 1968, 173, 177; BayObLG NJW 1968, 505 obiter dictum). Soweit die Gegenauffassung (BFH NJW 1975, 2119; Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2033 Rn. 15; Staudinger/Werner, BGB, Neubearbeitung 2010, § 2033 Rn. 7) maßgeblich darauf abstellt, die Situation entspreche derjenigen, in der sämtliche Erbanteile in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person bzw. einer BGB-Gesellschaft vereinigt werden – das führt nach soweit ersichtlich einhelliger Auffassung zur Aufhebung der Erbengemeinschaft und zum Untergang der Erbanteile (Soergel/Wolf, a.a.O., m.w.N.) – vermag der Senat dem nicht beizutreten. Diese Auffassung beruht nämlich darauf, dass bei der Vereinigung aller Erbanteile in der Hand einer Person dieselben Rechtsfolgen eintreten, die sich ergeben, wenn diese Person den Erblasser allein beerbt hätte, namentlich eine dingliche Verfügung des Alleinerben nur über die einzelnen Nachlassgegenstände, nicht aber über die Erbschaft als Ganzes oder einen Bruchteil davon möglich ist. Anders liegt die Situation aber entgegen der Auffassung der Beschwerde bei der aus mehreren Personen bestehenden Bruchteilsgemeinschaft, weil diese Personen, würden sie unmittelbar erben, kraft Gesetzes immer eine Erbengemeinschaft bilden (Lange/Kuchinke, a.a.O.; Tiedtke, a.a.O.; Lehmann, a.a.O.). Die nicht weiter begründete Schlussfolgerung des Bundesfinanzhofs, die Anerkennung der Auflösung der Erbengemeinschaft bei Erwerb aller Erbanteile durch eine Person bedinge das identische Ergebnis bei Erwerb aller Erbanteile durch in Bruchteilsgemeinschaft verbundene mehrere Personen, trifft daher nicht zu. Der Senat hält auch das Argument, durch Privatvereinbarung könne keine Gesamthandsgemeinschaft außerhalb der vom Gesetz bestimmten Fälle begründet werden (Staudinger/Werner, a.a.O.) für nicht durchgreifend. Die Erwerber der Erbanteile begründen nämlich nicht durch Vereinbarung eine neue Gesamthandsgemeinschaft, sondern treten vielmehr in die vermögens- und mitgliedschaftsrechtliche Stellung der verfügenden Miterben in der Gesamtheitsgemeinschaft ein, ohne dadurch selbst Erben im Rechtssinne zu werden. Die Gesamthandsgemeinschaft wird daher auch bei vollständiger Auswechslung ihrer Mitglieder nicht neu begründet, sondern mit anderen Personen fortgesetzt (KG FGPrax 1999, 27 ff. m.w.N.). Für die von der Beschwerde geltend gemachte Vergleichbarkeit der vorliegenden Situation mit der Anwachsung nach § 2094 BGB – die Vorschrift regelt die Rechtsfolgen des Wegfalls eines Erben bei Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge – sieht der Senat keine Anhaltspunkte.
Auch die Frage, ob die hinsichtlich der Erbanteile bestehende Bruchteilsgemeinschaft neben der fortbestehenden Erbengemeinschaft in das Grundbuch einzutragen ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet (vgl. die Nachweise bei Schmidt, BWNotZ 2012, 35 ff.). Hierüber ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, weil es an einem darauf gerichteten Berichtigungsantrag fehlt. Die Berichtigung des Grundbuchs erfordert jedoch grundsätzlich einen Antrag; einer der Fälle, in denen die Grundbuchberichtigung ausnahmsweise von Amts wegen erfolgt (Demharter, a.a.O., § 22 Rn. 45) liegt nicht vor. Nachdem der Senat auf dieses Erfordernis bereits in seinem Beschluss vom 13.02.2014 hingewiesen hat, kann die Formulierung in Ziff. 3 des Schriftsatzes der Beteiligten vom 24.02.2013 (gemeint ist ersichtlich 2014) nicht als entsprechender Hilfsantrag ausgelegt werden.
III.
Die Beteiligten haben die Kosten ihrer erfolglosen Beschwerde nach § 84 FamFG zu tragen.
Der Senat hat als Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens mangels anderer Anhaltspunkte den Regelwert nach § 36 Abs. 3 GNotKG angenommen. Insbesondere der Wert des Grundstücks ist im vorliegenden Fall kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Wertfestsetzung, weil die Beteiligten bereits als Eigentümer eingetragen sind und es nur um die Fassung der Eintragung in Bezug auf das Gemeinschaftsverhältnis geht.
Der Senat hat nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GBO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die im Beschwerdeverfahren zu entscheidende Rechtsfrage wird in Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. Der Senat folgt zwar der herrschenden Meinung; die Gegenmeinung wird aber u.a. durch einen obersten Gerichtshof des Bundes vertreten. Daraus resultieren die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.