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Erbquote einer kubanischen Ehefrau mit deutschen Kindern des Erblassers

Erbschaftsstreit: Kubanische Ehefrau kämpft um ihr Erbrecht in Deutschland

Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte die Erbquote einer kubanischen Ehefrau und deutschen Kinder des Erblassers gemäß deutschem Erbrecht. Trotz der Beschwerde der kubanischen Ehefrau, die eine höhere Erbquote beanspruchte, entschied das Gericht, dass die Eheleute rechtlich am engsten mit Kuba verbunden waren und daher das kubanische Ehegüterrecht anzuwenden ist. Dies führte dazu, dass die Ehefrau nur zu 1/4 statt zu 1/2 erbberechtigt ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 71/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Bestätigung des deutschen Erbrechts: Anwendung deutschen Erbrechts, da der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.
  2. Erblasser und Ehefrau: Erblasser war deutscher Staatsbürger; Ehefrau kubanischer Herkunft.
  3. Erbquote: Ehefrau erhält 1/4, die deutschen Kinder jeweils 3/8 des Erbes.
  4. Kubanisches Ehegüterrecht: Anwendung kubanischen Rechts aufgrund der engsten Verbindung zur Ehezeit.
  5. Wohnsitz und Lebensmittelpunkt: Keine eindeutige Verbindung zu Deutschland; Lebensmittelpunkt des Erblassers lag in Kuba.
  6. Ablehnung der Beschwerde: Beschwerde der Ehefrau wird zurückgewiesen, da keine enge Verbindung zu Deutschland festgestellt wurde.
  7. Güterrechtliche Bewertung: Keine Anwendung der §§ 1371 Abs. 1, 1931 Abs. 1 BGB aufgrund güterrechtlicher Verhältnisse nach kubanischem Recht.
  8. Kein Wertungswiderspruch: Anwendung deutschen Erbrechts und kubanischen Ehegüterrechts ohne Widerspruch.

Erbrechtliche Auseinandersetzung über Ländergrenzen hinweg

Im Mittelpunkt der aktuellen rechtlichen Diskussion steht ein Fall, der die Komplexität des Erbrechts in einem internationalen Kontext beleuchtet. Hierbei geht es um die Erbquote einer kubanischen Ehefrau mit deutschen Kindern des Erblassers, eine Konstellation, die rechtliche Fragen über Staatsgrenzen hinweg aufwirft. Das Oberlandesgericht Brandenburg muss sich mit der Herausforderung befassen, wie Erbrecht in einem solchen multikulturellen und multinationalen Zusammenhang anzuwenden ist. Dieser Fall bringt die oft verstrickten und vielschichtigen Aspekte des Erbrechts zum Vorschein, bei denen nationale Gesetze und internationale Beziehungen ineinandergreifen.

Im Kern der Auseinandersetzung steht die Entscheidung darüber, welches Erbrecht zur Anwendung kommt, wenn verschiedene Länder und Kulturen im Spiel sind. Die Beschwerdeführerin, die kubanische Witwe des Erblassers, und dessen in Deutschland lebende Kinder, stehen sich in dieser juristischen Kontroverse gegenüber. Die Entscheidung des Gerichts wird nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Parteien haben, sondern kann auch als Präzedenzfall für ähnliche erbrechtliche Konflikte dienen, die in unserer zunehmend globalisierten Welt immer häufiger auftreten. Tauchen Sie ein in die Details dieses faszinierenden Falles, der die Grenzen des Erbrechts neu auslotet.

Streit um Erbquote zwischen kubanischer Ehefrau und deutschen Kindern

Im Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg, Az.: 3 W 71/22, ging es um einen komplexen Erbstreit. Der Kern des Konflikts lag in der Bestimmung der Erbquote für die kubanische Ehefrau und die deutschen Kinder des verstorbenen Erblassers. Der Erblasser war deutscher Staatsbürger, während seine Ehefrau aus Kuba stammte. Nach seinem Tod entbrannte ein Rechtsstreit um die Frage, nach welchem nationalen Recht die Erbansprüche zu bewerten seien und welche Erbquote der kubanischen Ehefrau zusteht.

Der Antragsteller und ein weiterer Beteiligter, beide Söhne des Erblassers, forderten die Ausstellung eines Erbscheins, der sie als Erben zu jeweils 3/8 und die kubanische Ehefrau zu 1/4 ausweisen sollte. Sie argumentierten, dass aufgrund der hauptsächlich auf Kuba gelebten Ehe das kubanische Recht maßgeblich sei, wodurch die Anwendung des § 1371 BGB (Zugewinngemeinschaft) ausgeschlossen werde.

Amtsgericht Eberswalde: Deutsche Erbregelung trifft zu

Das Amtsgericht Eberswalde folgte dieser Argumentation teilweise. Es stellte fest, dass zwar deutsches Erbrecht anzuwenden sei, da der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, aber die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nach kubanischem Recht zu beurteilen seien. Diese Entscheidung basierte auf der Annahme, dass die Ehegatten keine Rechtswahl getroffen hatten und ihre Ehe am engsten mit Kuba verbunden war. Die kubanische Ehefrau wurde somit nur zu 1/4 als Erbin anerkannt.

Beschwerde der kubanischen Ehefrau und Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg

Die kubanische Ehefrau legte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Sie vertrat die Auffassung, dass sie zu 1/2 erbberechtigt sei, da das deutsche Ehegüterrecht und damit die §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB Anwendung fänden. Sie argumentierte, dass die Ehegatten am engsten mit Deutschland verbunden gewesen seien, da sie beabsichtigten, sich nach der Eheschließung in Deutschland niederzulassen. Die Beschwerdeführerin führte an, dass sie und der Erblasser enge Beziehungen in Deutschland gepflegt hätten und der Lebensunterhalt der Familie aus der deutschen Rente des Erblassers bestritten worden sei.

Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Beschwerde zurück und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Es argumentierte, dass für die Bestimmung des anzuwendenden Ehegüterrechts die gemeinsame Verbindung der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblich sei. Nach dieser Regelung seien die Ehegatten mit Kuba am engsten verbunden gewesen.

Rechtliche Überlegungen und Folgen des Urteils

Das Gericht erkannte, dass die Anwendung deutschen Erbrechts nicht im Widerspruch zur Anwendung kubanischen Ehegüterrechts steht. Es betonte, dass die Anknüpfungspunkte für das Erbrecht und das Ehegüterrecht unterschiedlich seien. Zudem sei der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht nicht mit der deutschen Zugewinngemeinschaft gleichzusetzen. Die Feststellung des Gerichts, dass die Ehegatten ihre engste Verbindung zu Kuba hatten, basierte auf umfangreichen Zeugenaussagen und Beweismitteln.

Das Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg zeigt die Komplexität von Erbstreitigkeiten in einem internationalen Kontext auf und verdeutlicht, wie unterschiedliche nationale Rechtsordnungen in solchen Fällen zusammenspielen. Der Fall stellt ein Beispiel dafür dar, wie im Erbrecht die persönlichen Verhältnisse und Entscheidungen während des Lebens eines Erblassers langfristige Auswirkungen auf die Erbverteilung haben können.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bestimmt die Erbquote im deutschen Erbrecht?

Die Erbquote im deutschen Erbrecht wird durch verschiedene Faktoren bestimmt. Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorhanden ist, bestimmt das Gesetz die Erbfolge. In diesem Fall erben die engsten Verwandten zuerst: alle Kinder jeweils zu gleichen Teilen. Hatte die verstorbene Person keine Kinder, erben die Eltern, falls sie noch leben. Ansonsten erben die Geschwister zu gleichen Teilen und schließlich Onkel und Tanten. War die verstorbene Person verheiratet, erbt auch immer der Ehepartner – neben den Kindern in der Regel die Hälfte des Nachlasses.

Die gesetzliche Erbquote des Ehepartners hängt vom ehelichen Güterstand und der Zahl der Kinder ab. Im Güterstand der Gütergemeinschaft erbt der Ehepartner ¼ des Nachlasses, im Güterstand der Zugewinngemeinschaft die Hälfte. Beim Güterstand der Gütertrennung variiert der Erbteil des Ehepartners je nach Kinderzahl.

Die Pflichtteilsquote entspricht der Hälfte der gesetzlichen Erbquote, die gelten würde, wenn der Erblasser ohne Testament verstorben wäre. Für die Höhe der Pflichtteilsquote kommt es also darauf an, ob der Erblasser bei seinem Tod verheiratet war und falls ja, in welchem ehelichen Güterstand er gelebt hat, und wie viele (eheliche, nichteheliche, adoptierte) Kinder der Erblasser hinterlassen hat.

Der Erblasser kann in seinem Testament Personen als Erben benennen und andere ausschließen sowie die Erbquote festlegen. Die Erbquoten sind jedoch auch entscheidend, wenn ein wirksames Testament vorhanden ist und ein naher Angehöriger einen Pflichtteilsanspruch hat.

Wie wird die Staatsangehörigkeit des Erblassers im Erbrecht berücksichtigt?

Die Staatsangehörigkeit des Erblassers spielt im Erbrecht eine wichtige Rolle, insbesondere in Fällen mit internationalem Bezug. Vor der Einführung der EU-Erbrechtsverordnung im Jahr 2015 bestimmte in Deutschland das Staatsangehörigkeitsprinzip das anzuwendende Erbrecht. Dies bedeutete, dass das Erbrecht des Staates galt, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte.

Mit der Einführung der EU-Erbrechtsverordnung änderte sich dies jedoch. Seitdem gilt in der EU nicht mehr das Erbrecht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt, sondern das Erbrecht des Staates, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies bedeutet, dass das Erbrecht des Landes angewendet wird, in dem der Erblasser zuletzt gelebt hat.

Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Der Erblasser hat die Möglichkeit, in seinem Testament zu bestimmen, dass das Erbrecht seines Heimatlandes angewendet werden soll. Dies ist insbesondere relevant für Personen mit mehreren Staatsangehörigkeiten. Sie können in ihrem Testament zwischen dem Erbrecht ihrer verschiedenen Nationalitäten und dem Erbrecht ihres Wohnsitzlandes wählen.

In Fällen, in denen der Erblasser Vermögenswerte in verschiedenen Ländern hinterlässt, kann es zu einer sogenannten Nachlassspaltung kommen. Dies bedeutet, dass auf verschiedene Teile des Nachlasses unterschiedliche nationale Erbrechte angewendet werden können.

Für Erbfälle außerhalb der EU kann das Staatsangehörigkeitsprinzip weiterhin Anwendung finden, abhängig von den spezifischen Regelungen des betreffenden Landes.

Inwiefern ist die Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht für das deutsche Erbrecht relevant?

Die Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht kann für das deutsche Erbrecht relevant sein, insbesondere in Fällen, in denen der Erblasser eine enge Verbindung zu Kuba hatte. Ein Beispiel dafür ist ein Fall, der vom Brandenburgischen Oberlandesgericht (OLG) behandelt wurde. In diesem Fall war der Erblasser ein deutscher Staatsangehöriger, der mit einer Kubanerin verheiratet war und eine enge Verbindung zu Kuba hatte. Das OLG entschied, dass die Ehe der Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht unterlag, da die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung am engsten mit Kuba verbunden waren. Dies hatte Auswirkungen auf die Erbquote der Witwe, da die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft keine Erbteilserhöhung kennt, wie sie bei einer deutschen Zugewinngemeinschaft in Betracht kommt.

Es ist jedoch zu beachten, dass das deutsche Erbrecht anzuwenden war und dass das kubanische Güterrecht nicht einfach durch das deutsche Güterrecht ersetzt werden konnte. Nach Art. 6 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) ist die Anwendung einer Rechtsnorm aus einem anderen Rechtssystem verboten, wenn sie offensichtlich nicht mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar ist. Die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft wurde als nicht mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit im Güterrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) vereinbar angesehen.

Insgesamt zeigt dieser Fall, dass die Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht das deutsche Erbrecht beeinflussen kann, insbesondere wenn der Erblasser eine enge Verbindung zu Kuba hatte. Es zeigt auch, dass das internationale Privatrecht und das internationale Erbrecht komplex sind und dass die Anwendung ausländischer Rechtsnormen auf deutsche Erbfälle sorgfältig geprüft werden muss.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 W 71/22 – Beschluss vom 26.01.2023

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Eberswalde vom 30.03.2022 – 7 VI 78/21 – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 425.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller und der Beteiligte zu 3 sind die einzigen Abkömmlinge des Erblassers, die Beteiligte zu 1 war vom 10.10.2010 mit dem Erblasser bis zu dessen Tod verheiratet.

Der Erblasser war deutscher Staatsangehöriger, die Beteiligte zu 1 ist Kubanerin.

Der Antragsteller begehrt die Erteilung eines Erbscheins, der ihn und den Beteiligten zu 3 als Erben zu jeweils 3/8 und die Beteiligte zu 1 als Erbin zu 1/4 ausweist. Er meint, die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe richteten sich über die Anknüpfungsregel der Art. 14, 15, Art. 229 § 47 Abs. 1, 2 EGBGB nach kubanischem Recht mit der Folge, dass § 1371 BGB keine Anwendung finde. § 1931 Abs. 4 BGB sei auch nicht entsprechend anwendbar. Die Ehe sei ausschließlich auf Kuba gelebt worden, ein Umzug nach Deutschland von den Eheleuten nicht beabsichtigt gewesen.

Die Beteiligte zu 1 tritt dem entgegen. Sie meint, sie sei Erbin zu 1/2 geworden, weil deutsches Ehegüterrecht und damit §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB Anwendung finde. Denn die Ehegatten seien am engsten mit Deutschland verbunden gewesen, weil sie sich nach der Eheschließung in Deutschland hätten niederlassen wollen. Dazu sei es nicht gekommen, weil ihre Tochter zunächst noch minderjährig gewesen und sie diese – auch später als Studentin – ebenso wie ihre kranken Eltern nicht allein auf Kuba habe zurücklassen wollen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 30.03.2022 die zur Begründung des Antrags vom 27.04.2021 auf Erteilung eines Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses ausgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach § 21 Abs. 1 VO (EU) 650/2012 gelte deutsches Erbrecht, weil der Erblasser sich zum Zeitpunkt seines Todes gewöhnlich in Deutschland aufgehalten habe. Gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB unterlägen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht, also bei nicht getroffener Rechtswahl (Art. 15 Abs. 2 EGBGB) dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten (Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB), in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt während der Ehe zuletzt gehabt hätten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe (Art. 14 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB), dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehörten (Art. 14 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB) oder sonst dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden seien (Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 EGBGB). Hier sei die Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 1 dem kubanischen Recht unterworfen, weil die Eheleute keine Rechtswahl vorgenommen hätten und jedenfalls auf andere Weise gemeinsam am engsten mit Kuba verbunden gewesen seien. Aufgrund des beiderseitigen Vortrags und der Aussage des Zeugen A… K… stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Eheleute ihre Ehe ausschließlich auf Kuba gelebt hätten. Der Ehemann habe sich drei bis sechs Monate im Jahr auf Kuba aufgehalten, die Beteiligte zu 1 sei hingegen nur zwei Mal zu Urlaubszwecken in Deutschland gewesen. Eine etwaige Absicht, eines Tages nach Deutschland zu ziehen, sei nicht ersichtlich. Gemeinsame Zukunftspläne der Ehegatten müssten objektiv feststellbar und hinreichend konkret sein. Konkrete Umzugspläne habe es aber nicht gegeben. Der Erblasser habe nach Aussage des Zeugen allenfalls vor der Ehe gedacht, die Beteiligte zu 1 künftig in den Sommermonaten mit nach Deutschland nehmen zu können. Ein dauerhafter Umzug der Ehefrau nach Deutschland sei aber zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen. Vielmehr habe der Erblasser Kuba viel zu sehr geliebt und das dortige Klima – auch wegen seiner Krankheit – geschätzt. So seien auch in der Folgezeit weder nach dem Eintritt der Volljährigkeit der Tochter der Beteiligten zu 1 noch nach der dauerhaften Rückkehr des Erblassers nach Deutschland ein Umzug der Ehefrau nach Deutschland, geschweige denn längere Aufenthalte realisiert worden. Darüber hinaus habe der Erblasser fließend Spanisch gesprochen, während die Beteiligte zu 1 allenfalls bruchstückhaft Deutsch gelernt habe. Der Erblasser habe sich seit den 90er Jahren regelmäßig auf Kuba aufgehalten und dort zahlreiche Freundschaften geknüpft. Schließlich habe der Erblasser zusammen mit seiner Ehefrau auf dem Grundstück ihrer Eltern ein Haus gebaut. Nach Deutschland sei er wegen Visaangelegenheiten und zuletzt vor allem aufgrund der medizinischen Versorgung seiner Krankheit zurückgekehrt. Da nach kubanischem Recht der gesetzliche Güterstand der sog. Errungenschaftsgemeinschaft gelte, sei die Beteiligte zu 1 nur zu 1/2 Erbin geworden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1. Sie macht geltend, die angefochtene Entscheidung beruhe auf einem Wertungswiderspruch. Während für die Rechtsnachfolge deutsches Recht für anwendbar erklärt werde, weil der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe, stelle das Amtsgericht für das Güterrecht auf kubanisches Recht ab, weil sowohl die Ehe als auch der Erblasser enger mit Kuba verbunden gewesen seien. Wäre der Erblasser mit Kuba enger verbunden gewesen, hätte konsequenterweise das einschlägige Erbrecht nach Art. 21 Abs.2 i. V. m. Art. 34 Abs. 2 EuErbVO bestimmt werden müssen, zumal der Erblasser am Ende seines Lebens aufgrund seines Gesundheitszustandes unfreiwillig in Deutschland geblieben sei. Richtigerweise sie allerdings insgesamt deutsches Erbrecht anwendbar. Für die örtliche Zuständigkeit sei Art. 21 Abs. 1 EuErbVO maßgeblich. Art. 21 Abs. 2 EuErbVO scheide aus, da sowohl der Erblasser als auch das Ehepaar enger mit Deutschland verbunden gewesen seien, jedenfalls lasse sich keine engere Verbindung zu Kuba feststellen. Auf die Frage der güterrechtlichen Einordnung der Ehe komme es nicht an. Das Amtsgericht gehe fälschlich davon aus, dass § 1371 BGB eine güterrechtliche Norm sei. Der EuGH habe aber § 1371 Abs. 1 BGB als erbrechtliche Norm qualifiziert (Entscheidung vom 01.03.2018 – Rs. C-558/16). Da das deutsche Erbrecht anzuwenden sei, verbiete Art. 6 Abs. 1 EGBGB die Anwendung einer Rechtsnorm aus einem anderen Rechtssystem, wenn sie offensichtlich nicht mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts vereinbar sei, insbesondere wenn sie gegen die deutsche Verfassung verstoße (Art. 6 Abs. 2 EGBGB. Die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft widerspreche dem Grundsatz auf Vertragsfreiheit im Güterrecht (Art. 2 Abs. 1 GG). Da die Ehe vor dem 29.01.2019 geschlossen worden sei, sei Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a. F. maßgeblich, nicht Art. 14 Abs. 2 Nr. 4 EGBGB. Bei der Anwendung der Norm habe das Amtsgericht nur auf den Aufenthalt des Erblassers auf Kuba und ihren Aufenthalt in Deutschland abgestellt. Dabei sei außer Acht gelassen worden, dass nicht nur der Erblasser enge Freundschaften zu Kubanern geknüpft habe, sondern sie auch in den deutschen Freundeskreis des Erblassers eingeführt worden sei und hier enge Beziehungen gepflegt habe. Der gemeinsame Lebensunterhalt sei allein aus der deutschen Rente des Erblassers bestritten worden. Sie habe ihren kubanischen Arbeitsplatz aufgegeben, um sich völlig ihrem Ehemann und den Auswanderungsplänen zu widmen. Nicht berücksichtigt habe das Amtsgericht, dass der Erblasser ihr Deutsch beigebracht habe, wie der Zeuge ausgesagt habe. Auch habe der Erblasser sie beim deutschen Finanzamt registrieren lassen und sei stets nur mit einem Touristenvisum nach Kuba eingereist, obwohl er ein dauerhaftes Visum hätte beantragen können. Auch aufgrund der chronischen Erkrankung des Erblassers sei eine enge Anbindung an das deutsche Gesundheitssystem zwingend notwendig gewesen. Dass sie nach Deutschland habe umziehen wollen, werde durch die von ihr beigebrachten schriftlichen Äußerungen des C., der S., des Bernardo M. und der J. bestätigt. Ihre Umzugspläne hätten sich auch objektiv manifestiert. So sie die Ehe vor dem deutschen Konsulat formalisiert und legalisiert worden. Auch habe sie den für einen dauerhaften Aufenthalt notwendigen Deutschkurs belegt. Notwendige Konten seien eingerichtet und sämtliche notwendigen Papiere vorbereitet worden. Dagegen spreche auch nicht, dass sie gemeinsam ihr kubanisches Haus ausgebaut und renoviert hätten. Denn sie hätten bis zum Umzug nach Deutschland, der für die Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit ihrer Tochter geplant gewesen sei, eine Unterkunft benötigt. Eine engere Verbindung zu einem Land – Kuba oder Deutschland – könne nicht zweifelsfrei feststellt werden. Demzufolge müsse das deutsche Güterrecht als maßgebliche Norm am Gerichtsort Anwendung finden. Das Amtsgericht unterstelle ohne Weiteres die Glaubhaftigkeit des Zeugen. Dabei berücksichtige es nicht, dass der Zeuge versucht habe, sie – unter dem Vorwand, ihr bei Beantragung der Witwenrente zu helfen – zur Unterzeichnung einer Erbschaftsausschlagungserklärung unter Ausnutzung ihrer Ahnungslosigkeit zu bewegen. Er habe ihr nicht ermöglicht, ihren schwerkranken Ehemann in Deutschland zu besuchen und habe jegliche Kontaktversuche abgeblockt. Sie habe erst durch eine kubanische Freundin von dem kritischen Gesundheitszustand ihres Mannes und schließlich von dessen Tod erfahren. Auch habe der Zeuge unter Ausnutzung seiner Position als Vorsorgebevollmächtigter beabsichtigt, ein Scheidungsverfahren einzuleiten, obwohl der Erblasser sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr habe verbal äußern können. Sie habe ihre Reise im Jahr 2012 nach Deutschland nicht vorzeitig abgebrochen, weil es ihr nicht in Deutschland gefallen habe. Vielmehr habe sie Deutschland vom 05.07.2012 bis zum 30.09.2012 unter Ausnutzung des für den Zeitraum vom 04.07. bis 30.09.2012 erteilen Schengen-Visums bereist. Diese Reise habe der Umzugsvorbereitung gedient.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Gründe in dem angefochtenen Beschluss nicht abgeholfen und die Sache dem Senat mit Beschluss vom 17.05.2022 vorgelegt.

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss und meint, die Beschwerde sei schon unzulässig, weil die Beschwerdeführerin die Erteilung eines anderen Erbscheins in Abänderung des angefochtenen Beschlusses begehre, obwohl sie keinen Erbscheinsantrag gestellt habe. Im Übrigen sei die Beschwerde unbegründet. Die Anwendung deutschen Erbrechts stehe nicht im Widerspruch zur Anwendung kubanischen Ehegüterrechts. Die Vorschriften über das anzuwendende Erbrecht stellten allein auf die Person des Erblassers im Todeszeitpunkt ab, während es für die Bestimmung des anzuwendenden Ehegüterrechts auf die gemeinsame Verbindung der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ankomme. Auch wenn das Amtsgericht entgegen der Übergangsvorschrift fehlerhaft das aktuelle Recht anwende, komme es zum richtigen Ergebnis. Zwar sei für die Beurteilung der engsten gemeinsamen Verbindung zu einem Staat auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen. Der Verlauf der Ehe habe aber indizielle Bedeutung für die Umstände zum Zeitpunkt der Eheschließung. Der Gesetzgeber habe Beurteilungskriterien für die Anwendbarkeit des Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 a. F. EGBGB in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 10/5632) niedergelegt, die der BGH in seiner Rechtsprechung auch angewendet habe. Die Würdigung der vorgenannten Kriterien führe zwangsläufig zur Feststellung der engsten gemeinsamen Verbindung der Eheleute zu Kuba. Denn das Sozialleben des Erblassers habe sich schon bei Eheschließung überwiegend auf Kuba abgespielt. Der Erblasser sei mit der kubanischen Kultur eng verbunden, gemeinsame Sprache der Eheleute sei Spanisch gewesen. Die Eheleute hätten ein gemeinsames Zusammenleben in einem auf Kuba gelegenen Haus geplant und schließlich auch umgesetzt. Nicht nur die Eheschließung, auch eine große Hochzeitsfeier habe auf Kuba stattgefunden. Eine entsprechende Verbindung mit Deutschland habe zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht bestanden. Auf die Einkommensquellen des Erblassers könne es nicht entscheidend ankommen, auch wenn hieraus der Lebensunterhalt der Eheleute ganz oder teilweise bestritten worden sei. Denn diese habe der Erblasser schon begründet, bevor er die Beteiligte zu 1 kennengelernt habe. Anders als eine berufliche Tätigkeit habe er seine Einkünfte (Rente und Pacht) auch nicht an einen anderen Ort verlagern können. Im Übrigen seien die finanziellen Mittel des Erblassers in Kuba verwendet worden, insbesondere auch für die Sanierung des von den Eheleuten in Kuba bewohnten Hauses. Etwaige Zukunftsplanungen der Eheleute in Bezug auf einen Umzug könnten nur dann eine enge gemeinsame Verbindung zu Deutschland begründen, wenn diese objektiv feststellbar, konkret und verbindlich seien und auch alsbald nach der Eheschließung hätten umgesetzt werden sollen. Die Planung eines zeitnahen Umzugs trage die Beteiligte zu 1 aber selbst nicht vor. Auch eine Nachbeurkundung der Ehe habe in Deutschland nicht stattgefunden, andernfalls hätte diese in das Geburtenregister eingetragen werden müssen, was aber nicht geschehen sei. Vor dem Hintergrund, dass für die Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 1 güterrechtlich die kubanische Errungenschaftsgemeinschaft bestanden habe, sei eine Anwendung der §§ 1371 Abs. 1, 1931 Abs. 1 BGB nicht gerechtfertigt. Dass es sich bei den vorgenannten Normen um erbrechtliche Bestimmungen handele, sei ohne Belang, weil als Tatbestandsvoraussetzung für die darin geregelte Erbteilserhöhung ein Fall der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung vorliegen müsse. Die Errungenschaftsgemeinschaft sei den Güterständen der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung nicht funktional gleichwertig. Das kubanische Ehegattengüterrecht sei auch nicht ausnahmsweise gemäß Art. 6 EGBGB unanwendbar. Ein geringerer Vergemeinschaftungsgrad sei hierfür nicht ausreichend, weil das deutsche Recht mit der Gütertrennung sogar die geringstmögliche Vergemeinschaftung vorsehe. Auch der auf Kuba zwingend vorgeschriebene Güterstand bzw. der Ausschluss einer Güterrechtswahl stelle nicht ohne Weiteres einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar. Im Übrigen würde der im Rahmen des Art. 6 EGBGB zu beachtende Grundsatz des geringst möglichen Eingriffes auch nur dazu führen, dass eine Güterstands- oder Rechtswahlvereinbarung der Eheleute als wirksam zu betrachten wäre. Eine derartige Vereinbarung hatten die Eheleute hier aber nicht getroffen.

II.

Die gemäß §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist die Beschwerde zulässig, insbesondere ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Beschluss i. S. d. § 59 FamG beschwert. Denn gegen einen Beschluss nach § 352 e FamFG, in dem die zur Erteilung eines Erbscheins durch das Nachlassgericht erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden, ist derjenige beschwerdeberechtigt, der geltend macht, dass seine erbrechtliche Stellung in dem Feststellungsbeschluss nicht oder nicht richtig ausgewiesen wird; er muss also das für einen anderen bezeugte Erbrecht ganz oder teilweise für sich selbst in Anspruch nehmen (OLG Hamm, Beschluss vom 18.07.2013 – I-15 86/13, juris; Sternal/Jokisch, FamFG, 21. Aufl., § 59 Rn. 79). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Beschwerdeführerin beansprucht eine Erbquote von 1/2 und nicht von nur 1/4, wie in dem angefochtenen Beschluss ausgewiesen.

Soweit der Antragsteller meint, die Beschwerdeführerin habe beantragt, in Abänderung des angefochtenen Beschlusses einen inhaltlich anderen Erbschein als von ihm beantragt zu erteilen, und daraus eine vermeintliche Unzulässigkeit der Beschwerde herleitet, ist dies aus mehreren Gründen falsch. Denn die Beschwerdeführerin hat zur Erreichung ihres Rechtsschutzziels zutreffend beantragt, den Antrag des Antragstellers in Abänderung des angefochtenen Beschlusses abzuweisen. Selbst wenn sie aber den von dem Antragsteller behaupteten Antrag gestellt hätte, wäre ihre Beschwerde nicht unzulässig. Denn nach § 65 Abs. 1 FamFG soll der Beschwerdeführer zwar die Beschwerde begründen, das Rechtsmittel ist aber auch zulässig, wenn der Beschwerdeführer weder bei Einreichung des Rechtsmittels noch innerhalb einer durch das Gericht gesetzten Frist eine förmliche Begründung nachreicht (Sternal/Sternal, a. a. O., § 65 Rn. 6). Ebenso wenig ist ein förmlicher Antrag erforderlich. Die Beschwerde muss letztlich nur auf der Grundlage einer wohlwollenden Auslegung erkennen lassen, in welchem Umfang der Beschwerdeführer die angegriffene Entscheidung bekämpft. Das Beschwerdegericht hat dann aufgrund des aktenkundigen Sach- und Streitstandes unter Beachtung der auch im Beschwerdeverfahren bestehenden Amtsermittlungspflicht die zur Entscheidung erheblichen Tatsachen von Amts wegen festzustellen (Sternal/Sternal, a. a. O.).

Die im Beschwerderechtszug zu prüfende (BGH, Beschluss vom 26.06.2019 – XII ZB 299/18, Rn. 10; Sternal/Sternal/, FamFG, 21. Aufl., § 65 Rn. 21) internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte ist jedenfalls gemäß Art. 10 Abs. 1 a) EUErbVO (VO (EU) 650/2012) gegeben. Die im Eigentum des Erblassers stehenden Immobilien stellen gemäß Art. 10 Abs. 1 EUErbVO im Inland befindliches Nachlassvermögen dar. Außerdem besaß der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes die deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.2020 – 21 W 59/20, Rn. 17, juris).

2.

Die Beschwerde ist unbegründet, da die in dem angefochtenen Feststellungsbeschluss genannten Erbquoten zutreffen.

Maßgeblich für die Ermittlung der Erbquoten ist das deutsche Erbrecht, das hier gemäß Art. 21 Abs. 1 EuErbVO anwendbar ist. Danach unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Der gewöhnliche Aufenthalt ist im Sinne eines Daseinsmittelpunkts bzw. eines Mittelpunkts des Lebensinteresses zu verstehen, für dessen Ermittlung eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt des Todes erforderlich ist (Burandt/Rojahn/Burandt/Schmuck, Erbrecht, 4. Aufl., EuErbVO Art. 21 Rn. 3).

Nach den beachtlichen Hinweisen in den Erwägungsgründen 23 und 24 sind insbesondere die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthalts des Erblassers in dem betreffenden Staat sowie die damit zusammenhängenden Umstände und Gründe relevant (EuGH, Urteil vom 16.07.2020, Rs C-80/19, Rn. 37; Burandt/Rojahn/Burandt/Schmuck, 4. Aufl. 2022, EuErbVO Art. 21 Rn. 4). Hierbei ist auch auf den Schwerpunkt der familiären und sozialen Beziehungen als wichtiges Kriterium abzustellen (Burandt/Rojahn/Burandt/Schmuck, 4. Aufl. 2022, EuErbVO Art. 21 Rn. 5). Der gewöhnliche Aufenthalt soll aber auch eine besonders enge und feste Verbindung zwischen dem Nachlass und dem betreffenden Staat erkennen lassen. War der Erblasser Angehöriger eines Staates oder hatte er alle seine wesentlichen Vermögensgegenstände in diesem Staat, so kann – wie es im letzten Satz des Erwägungsgrundes 24 heißt – seine Staatsangehörigkeit oder der Ort, an dem diese Vermögensgegenstände sich befinden, ein besonderer Faktor bei der Gesamtbeurteilung aller tatsächlichen Umstände sein, auch wenn sich der Erblasser etwa aus beruflichen oder wirtschaftlichen Gründen – unter Umständen auch für längere Zeit – in einen anderen Staat begeben hat, um dort zu arbeiten, aber eine enge und feste Bindung zu seinem Herkunftsstaat aufrechterhalten hat (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.2020 – 21 W 59/20, Rn. 27, juris). Im Rahmen der Gesamtbetrachtung kann auch die Willensrichtung des Erblassers zu berücksichtigen sein. Dabei kann das aufgrund eines fortbestehenden Rückkehrwillens für sich genommen geringere Gewicht des einfachen Bleibewillens im Rahmen der Gesamtabwägung trotz bestehen gebliebenen Rückkehrwillens durch längere Dauer des Aufenthalts im Fremdstaat und dortige Verwurzelung des Erblassers aufgewogen werden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.09.2020 – 21 W 59/20 –, Rn. 29, juris). Ein vorbehaltloser Bleibewille unter Ausschluss jeder Rückkehrabsicht ist jedenfalls nicht erforderlich (OLG Frankfurt, a. a. O., Rn. 30, juris).

Die Gesamtumstände sprechen hier dafür, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes in Deutschland zu verorten ist.

Soziale und familiäre Beziehungen hatte der Erblasser allerdings sowohl in Kuba als auch in Deutschland. In Kuba leben die Beschwerdeführerin sowie zahlreiche kubanische Freunde des Erblassers, in Deutschland leben seine beiden Söhne – die Beteiligten zu 2 und 3 – sowie sein Bruder, der Zeuge K… . Diesbezüglich ist kein Schwerpunkt in einem der beiden Länder festzustellen. Der Erblasser hat aber seit dem 28.03.2018 bis zu seinem Tod am 02.11.2020, mithin mehr als zweieinhalb Jahre ununterbrochen in Deutschland gelebt, nachdem er sich zuvor seit Mitte der 90er Jahre etwa jeweils hälftig im Jahr in Kuba und Deutschland aufgehalten hatte. Er hatte die deutsche Staatsangehörigkeit. Sein gesamtes Vermögen in Form von Immobilien und Kontoguthaben befand sich in Deutschland. Ob der Erblasser angesichts seines Krankheitsrückfalls ab dem Jahr 2018 – er war unheilbar an einem Hirntumor erkrankt – noch den Willen hatte, nach Kuba zu fahren, ist sehr zweifelhaft (insbesondere vor dem Hintergrund des Krankheitsverlaufs, einhergehend mit einem Sprachverlust, zunehmender Pflegebedürftigkeit und der Erteilung der Vorsorgevollmacht am 07.12.2019 an seinen Sohn – den Beteiligten zu 3 – und seinen Bruder), letztlich aber angesichts der vorgenannten Kriterien auch nicht entscheidend. Denn die Aufenthaltsdauer von zweieinhalb Jahren vor seinem Tod und seine Verwurzelung in Deutschland überwiegen.

3.

Nach dem somit hier anzuwendenden § 1931 Abs. 1 BGB ist die Beschwerdeführerin zu 1/4 als gesetzliche Erbin berufen. Die Erbquote der Beteiligten zu 2 und 3 beträgt nach § 1924 Abs. 1 und 4 BGB jeweils 3/8.

Andere Erbquoten ergeben sich hier nicht aus dem bei Gütertrennung anwendbaren § 1931 Abs. 4 BGB oder aus dem für die Zugewinngemeinschaft maßgeblichen § 1371 Abs. 1 BGB. § 1371 Abs.1 BGB ist eine erbrechtliche Vorschrift (EuGH, Urteil vom 01.03.2018 – Rs. C-558/16, NJW 2018, 1377 Rn. 41) und kommt deshalb hier unmittelbar zur Anwendung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2019 – 10 W 31/17, Rn. 28).

Die Beschwerdeführerin und der Erblasser haben weder in einer Zugewinngemeinschaft noch in Gütertrennung gelebt. Vielmehr galt für sie güterrechtlich die Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht.

Art. 15 Abs. 1 EGBGB a. F. bestimmt, dass – sofern die Parteien, wie hier, keine Rechtswahl getroffen haben – die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem Recht unterliegen, dass für die allgemeinen Wirkungen der Ehe zum Zeitpunkt der Eheschließung maßgeblich ist. Das zum Zeitpunkt der Ehe maßgebliche Güterrecht ergibt sich aus Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB in der bis zum 28.01.2019 geltenden Fassung (a. F.).

Nach Art. 14. Abs. 1 EGBGB a. F. unterliegen mangels Rechtswahl die allgemeinen Wirkungen der Ehe

1. dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört, sonst

2. dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, hilfsweise

3. dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.

Ziffer 1. greift hier nicht, weil der Erblasser und die Beschwerdeführerin nie dieselbe Staatsangehörigkeit hatten, vielmehr hat die Beschwerdeführerin ausschließlich die kubanische Staatsangehörigkeit, während der Erblasser allein die deutsche Staatsangehörigkeit hatte. Ob Ziffer 2. hier greift, nachdem im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin nur Kuba in Betracht kommt, ist zweifelhaft, weil der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts in der Regel mindestens einen sechsmonatigen Aufenthalt im betreffenden Staat erfordert (BeckOGK/Hertel, EGBGB, Stand: 1.3.2020, Art. 14 Rn. 94). Dies dürfte auf den Erblasser, der vor und nach der Eheschließung in der Regel zweimal jährlich mit einem für drei Monate gültigen Touristenvisum nach Kuba einreiste und sich dort demnach maximal sechs Monate aufhielt, eher nicht zutreffen. Letztlich kann dies aber dahinstehen, denn nach Ziffer 3. ist jedenfalls Kuba das Land, mit dem die Ehegatten gemeinsam am engsten verbunden waren.

Bei der Beurteilung, mit welchem Land die Ehegatten bei Eheschließung am engsten verbunden waren, sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Außer den gemeinsamen sozialen Bindungen der Ehegatten an einen Staat durch Herkunft, Sprache, Kultur, Religion und berufliche Tätigkeit kommt vor allem dem Ort der Eheschließung, sofern er nicht ganz zufällig gewählt ist, und den objektiv feststellbaren gemeinsamen Zukunftsplänen der Ehegatten (insbesondere der bei der Eheschließung bereits in Aussicht genommenen Begründung eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltes in einem bestimmten Staat) sowie ein gemeinsamer schlichter Aufenthalt, sofern dieser nicht nur von ganz vorübergehender Natur ist, wesentliche Bedeutung zu (Staudinger/Henrich, BGB, Neubearbeitung 2010, Art. 14 EGBGB Rn. 67; Hausmann, Internationales und Europäisches Familienrecht, 2. Aufl., Kap. B. Rn. 416; MüKoBGB/Looschelders, 8. Aufl., EGBGB Art. 14 Rn. 125, BeckOK BGB/Mörsdorf, 64. Ed., Stand: 01.11.2022, EGBGB Art. 14 Rn. 43).

Unter Berücksichtigung aller Umstände waren die Ehegatten zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung am engsten mit Kuba verbunden. Dies ergibt sich schon unter Zugrundelegung des Vorbringens der Beschwerdeführerin bzw. des übereinstimmenden Vortrags aller Beteiligten. Die Ehegatten haben nicht zufällig in Kuba geheiratet, sie haben dort auch ihre gemeinsamen sozialen Beziehungen gehabt und beabsichtigt, dort in den nachfolgenden Jahren ihre Ehe zu leben. Der Erblasser konnte sich mühelos auf Spanisch verständigen und fühlte sich schon vor der im Jahr 2010 erfolgten Eheschließung dem Land Kuba seit Mitte der 90er Jahre kulturell eng verbunden; Freundschaften mit Kubanern und Liebesbeziehungen mit Kubanerinnen hatte er schon Jahre zuvor und unabhängig von der Beschwerdeführerin gepflegt. Auch hielt er sich vor und nach der Eheschließung in der Regel etwa bis zu sechs Monate jährlich in Kuba auf. Die Beschwerdeführerin hatte hingegen bei Eheschließung keinerlei Bezug zu Deutschland, weder sprach sie in nennenswertem Umfang Deutsch noch hatte sie dorthin familiäre oder soziale Beziehungen. Sie besuchte erstmalig mehrere Jahre nach der Eheschließung Deutschland, nämlich 2012, und dann nochmals vom 12.05. bis 06.08.2016. Auch hatten die Ehepartner bei Eheschließung vor, ihre gemeinsame Ehezeit auf Kuba zu verbringen, zumindest jedenfalls die darauf folgenden Jahre bis zum Eintritt der Volljährigkeit der Tochter der Beschwerdeführerin, die bei Eheschließung 15 Jahre alt war. Zu diesem Zweck hatten sie bereits bei ihrer Heirat die Absicht, ein der Beschwerdeführerin in Santiago de Cuba gehörendes Haus zu renovieren und umzubauen, wie sich etwa aus einer von der Beschwerdeführerin vorgelegten E-Mail des Erblassers vom 20.06.2010 ergibt (Bl. 255-R), was sie (worauf es allerdings nicht ankommt, siehe MüKoBGB/Looschelders, 8. Aufl. 2020, EGBGB Art. 14 Rn. 126) in der Folgezeit auch umsetzten.

Ob sie für die fernere Zukunft einen Wechsel des gemeinsamen Aufenthalts nach Deutschland ins Auge gefasst haben, ist dagegen ohne Belang (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 15.04.2015 – 4 WF 169/14, BeckRS 2015, 16000 Rn. 6).

Deshalb kann dahinstehen, ob es solche Überlegungen der Ehegatten überhaupt gab und ob es sich dabei – wie erforderlich (vgl. KG, Urteil vom 20.12.2006 – 3 UF 59/06, BeckRS 2008, 1367 Rn. 18) – auch um eine objektiv feststellbare konkretisierte und verbindliche Zukunftsplanung handelte. Die weitere Entwicklung nach der Eheschließung spricht jedenfalls dagegen, weil die Ehegatten bis zur endgültigen Rückreise des Erblassers nach Deutschland am 28.03.2018 ihre gemeinsame Zeit und den gemeinsamen Alltag (mit Ausnahme zweier Urlaubsreisen der Beschwerdeführerin nach Deutschland) in Kuba verbrachten. Auch ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, ausreichende Deutschkenntnisse zu erwerben oder soziale Beziehungen nach Deutschland aufzubauen. Deshalb erfuhr sie auch nur durch Zufall über eine ihr bekannte Kubanerin, die mit einem Deutschen liiert war, von dem Tod ihres Mannes. Dies indiziert, dass es schon bei Eheschließung keine solchen Zukunftspläne gab (vgl. BGH, NJW 2019, 2935 Rn. 31).

4.

Der Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht kann auch nicht im Wege der Substitution dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft gleichgestellt werden. Nach dem Grundsatz der Substitution können zwar Erscheinungen unter einem fremden Recht den Figuren deutschen Rechts dann gleichgestellt werden, wenn sie funktional gleichwertig sind, was eine Übereinstimmung in den wesentlichen normprägenden Merkmalen voraussetzt (OLG Hamm, Beschluss vom 21.03.2019 – 10 W 31/17, BeckRS 2019, 8475 Rn. 30). Daran fehlt es hier aber, da es bei dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach kubanischem Recht an einer erbrechtlichen Lösung für den Fall der Auflösung der Ehe durch den Tod eines Ehepartners mangelt. Dies ist aber nach zutreffender herrschender Meinung ein normprägendes Merkmal der Zugewinngemeinschaft deutschen Rechts (BGH, Beschluss vom 13.05.2015 – IV ZB 30/14, Rn. 33; OLG Hamm, a. a. O., Rn. 31). Güterstände der Errungenschaftsgemeinschaft sind außerdem auch deshalb nicht funktional äquivalent, weil sie im Todesfall eines Ehegatten dazu führen würden, dass dem überlebenden Partner neben der vollen güterrechtlichen Beteiligung am Gesamtgut auch noch die Erhöhung seines gesetzlichen Erbteils um ein Viertel nach deutschem Erbrecht zugute käme (Hausmann/Odersky, Internationales Privatrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 4. Aufl., 1. Teil § 3 Rn. 94a).

5.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ergibt sich auch kein Wertungswiderspruch dadurch, dass hier deutsches Erbrecht anzuwenden ist, das eheliche Güterrecht sich aber nach kubanischem Recht richtet. Die Anwendbarkeit des deutschen Erbrechts ergibt sich aus den Umständen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers am 01.11.2020, während sich das maßgebliche Ehegattengüterrecht aus den Umständen bei Eheschließung am 10.10.2010 ableitet. Welches Güterrecht für die Ehe des Erblassers mit der Beschwerdeführerin galt, ist für das vorliegende Erbscheinsverfahren auch nur insofern relevant, als eine mögliche Erhöhung der Erbquote zugunsten der Beschwerdeführerin nach den §§ 1931 Abs. 4, 1371 Abs. 1 BGB zu prüfen und im Ergebnis auszuschließen war.

6.

Dass sich hier das eheliche Güterrecht nach kubanischem Recht richtet, verstößt auch nicht gegen Art. 6 EGBGB. Angesichts der im Ehegüterrecht bestehenden Vertragsfreiheit sind Verstöße gegen den ordre public ohnehin selten (BeckOGK/Stürner, BGB, Stand: 01.11.2022, EGBGB Art. 6 Rn. 368). Ein Verstoß ist hier nicht ersichtlich. Insofern wird auf die zutreffende Begründung in der Beschwerdeerwiderung Bezug genommen.

7.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Beschwerdewerts richtet sich gemäß §§ 61 Abs. 1 S. 1, 40 Abs. 1 GNotKG nach dem wirtschaftlichen Interesse des Rechtsmittelführers am Erfolg seines Rechtsmittels (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.01.2016 – I-3 Wx 20/15; Burandt/Rojahn/Gierl, FamFG, 4. Aufl., FamFG § 352 e Rn. 236 m. w. N.). Dieses bemisst sich hier auf ein Viertel des Nachlasswertes von 1,7 Millionen €, weil die Beschwerdeführerin sich gegenüber der mit dem angefochtenen Feststellungsbeschluss ihr zugedachten Erbquote um ein Viertel verbessern will.

8.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 FamFG liegen nicht vor.

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