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Erbrechtsnachweis bei nicht mehr vorhandenem Testament

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 2 W 49/16 – Beschluss vom 17.08.2016

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 4. Mai 2016 (Az. 571 VI 749/15) wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens und hat dem Beteiligten zu 4) die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird vorläufig auf € 150.000,– festgesetzt. Eine Neufestsetzung nach Vorliegen eines Nachlassverzeichnisses bleibt vorbehalten.

Gründe

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht ist das Nachlassgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden kann, dass E ein formgültiges handschriftliches Testament errichtet und bei ihrem Tode hinterlassen hat, in dem der Antragsteller zum Alleinerben eingesetzt ist.

I.) Die Erblasserin E war kinderlos verheiratet mit L. Sie hatte zwei Geschwister: Zum einen die Schwester U, die im Jahre 2005 vorverstorben ist und deren Sohn K ist. Zum anderen M, der mit H verheiratet ist. Deren gemeinsamer Sohn ist der Antragsteller D.

Der Ehemann L hatte einen Bruder, den Beteiligten zu 4) …. Dieser ist mit C verheiratet und deren gemeinsame Kinder sind N und K.

Die Erblasserin starb am 21.2.2015 an einem Schlaganfall. Der Ehemann L teilte dem Nachlassgericht am 13.4.2015 telefonisch mit, es sei kein Testament vorhanden. Er habe kein Geld für Porto.

Der Ehemann L verstarb dann am 4.7.2015 an Bauchspeicheldrüsenkrebs.

Unter dem 11.11.2015 stellte der Beteiligte zu 1) einen notariellen Erbscheinsantrag mit dem Hauptantrag, ihn als Alleinerben auszuweisen. Hilfsweise beantragte er einen Erbschein, der L zu 3/4 sowie M und K zu je 1/8 als Erben ausweisen sollte.

Zur Begründung führte er aus, die Erblasserin habe entgegen der Angabe des Ehemanns ein handschriftliches Testament hinterlassen. Dieses könne er nicht vorlegen, weil es verschwunden sei. Seine Mutter H habe das Testament jedoch gesehen und könne bezeugen, dass es im Herbst 2014 errichtet worden sei. In diesem Testament sei er, der Antragsteller zum Alleinerben eingesetzt worden und ein ausführlich beschriebenes Vermächtnis für K ausgesetzt worden. Den Wert des Nachlasses nach E gab der Antragsteller vorläufig mit € 150.000,– an.

Zur Entstehungsgeschichte des Testaments hat der Antragsteller im Erbscheinsantrag, auf den im Übrigen verwiesen wird, erklärt:

E sei seine Patentante gewesen und er habe wie auch seine Eltern eine enge Verbindung zu E und L gehabt. Beide hätten in locker geführten Gesprächen immer wieder erklärt, dass er ihr Erbe sei, sie sein Erbonkel und seine Erbtante. Vor einigen Jahren hätten sie ein Waldgrundstück in B unmittelbar angrenzend an das Grundstück seiner Eltern gekauft und somit quasi den Grundbesitz arrondiert. Im Januar 2014 habe die Erblasserin der Familie mitgeteilt, sie sei an Hautkrebs mit Metastasen erkrankt. Wie schon zuvor habe sie nun verstärkt mit seiner Mutter H Möglichkeit und Inhalt eines Testaments einschließlich erbschaftssteuerlicher Fragen besprochen. Seine Mutter habe deshalb Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Es sei sogar die Möglichkeit einer Adoption besprochen, dann aber nicht weiter verfolgt worden. Die Erblasserin habe dann im Herbst seiner Mutter berichtet, sie habe ein Testament errichtet, in dem sie ihn, ihren Neffen und Patensohn zum Erben eingesetzt habe. Aufgrund ihrer Erkrankung sei sie davon ausgegangen, dass sie vor ihrem Ehemann versterben werde. Weil der Antragsteller ja im Ergebnis Erbe des gesamten Vermögens habe werden sollen, sei es nicht sinnvoll, zunächst ihren Ehemann zum Erben einzusetzen, weil dann erhebliche zusätzliche Erbschaftssteuer anfallen würde, während durch die Erbeinsetzung von ihm als Neffen der Freibetrag zweimal zur Verfügung stehe. Im Gespräch mit seiner Mutter habe die Erblasserin ferner erklärt, sie lege Wert darauf, dass die Erbabwicklung in der Hand seiner Familie liege, habe aber aus Gründen der Gleichbehandlung für den Neffen K ein Vermächtnis ausgesetzt.

Seine Mutter habe nach dem Tod der Erblasserin den Ehemann L gedrängt, das Testament von E bei Gericht abzuliefern, worauf dieser unwirsch reagiert habe. Später habe er berichtet, er habe gegenüber dem Gericht nur telefonisch angeben müssen, es gebe kein Testament.

In der Folgezeit sei der Kontakt zwischen seiner Mutter und seinem Onkel im Hinblick auf dessen Gesundheitszustand enger geworden. Seine Mutter habe dem Onkel in sehr vielen Dingen helfend beiseite gestanden. Er habe ihr erklärt, er habe ein Testament errichtet, in dem er ihn, den Beteiligten zu 1) zum Erben eingesetzt habe, so dass dieser das gesamte Vermögen der Eheleute erhalten werde, wie er es mit der Erblasserin besprochen habe.

Als L sich in stationärer Behandlung im Klinikum R befunden habe, habe er am 20.6.15 den Antragsteller und seine Mutter dringend hinbestellt. Man sei dann auf seinen Wunsch hin in seine Wohnung gefahren. Auf Weisung des Onkels habe seine Mutter verschiedene Kartons und Wäschekörbe in die Nachbarwohnung bringen müssen. Aus einem Karton habe der Onkel eine gelbe Mappe entnommen. Während er, der Antragsteller für den Onkel Einkäufe erledigt habe, habe seine Mutter in die gelbe Mappe hineingesehen und ein handschriftliches, mit Datum und Unterschrift versehenes Testament von L gesehen mit dem einen Satz „Zu meinem Alleinerben setze ich meinen Neffen D ein.“ Ferner habe sich in der Mappe ein handschriftliches Dokument von E befunden. Dieses sei umfangreicher gewesen, habe aber eine Verfügung dahingehend enthalten, dass der Beteiligte zu 1) zum Erben eingesetzt sei. Zugunsten von K sei ein ausführlich beschriebenes Vermächtnis ausgesetzt gewesen. Wegen des dadurch veranlassten Umfangs und wegen der Kürze der Zeit habe seine Mutter die Regelungen dieses Testaments nicht im Detail lesen können. Den grundsätzlichen Inhalt habe sie aber erkennen können, der ihr ja wegen der vorangegangenen Gespräche mit E bekannt gewesen sei. Ferner habe sich in der Mappe noch das von seiner Mutter verfasste Schreiben an L befunden, in dem sie ihn gebeten habe, überhaupt ein Testament zu errichten und mit dem sie die von ihm erbetene Formulierungshilfe gegeben habe.

Im Krankenhaus habe L die Mappe in eine Plastiktüte getan und stets bei sich in seinem Bett verwahrt bzw., wenn er mit dem Rollstuhl gefahren worden sei, auf dem Schoß.

Am 2.7.15 sei L in ein Hospiz verlegt worden. Am 2.7.15 nachmittags habe er, der Antragsteller, anlässlich eines Besuchs die Information erhalten, mittags seien bereits U und N zu Besuch gewesen. Am 3.7.15 hätten J und K sowie dessen Freundin S bei einem Besuch am Nachmittag erfahren, dass mittags bereits C bei L im Zimmer gewesen seien. Dieser habe sehr starke Schmerzmittel bekommen und habe fast durchgängig geschlafen. Am 3.7.15 sei bereits die Sterbephase eingetreten und L sei dann am 4.7.15 früh verstorben.

Am Tag der Einlieferung in das Hospiz hätten er, der Antragsteller, wie auch K und seine Freundin noch festgestellt, dass sich auf einem Tisch im Zimmer von L eine Mappe befunden habe.

Im Ergebnis könne die Zeugin H bestätigen, dass es neben einem handschriftlichen Testament von L auch ein handschriftliches Testament von E gegeben habe. Sie habe sich von Formgültigkeit und Inhalt überzeugen können. Im Gegensatz zum Testament von L habe sie allerdings keine näheren Feststellungen zu den Angaben von Ort und Datum sowie zum näheren Regelungsgehalt, soweit vermächtnisweise Vermögen an den Neffen K zugewiesen worden sei, treffen können.

Im weiteren erstinstanzlichen Verfahren hat der Antragsteller unter anderem noch vorgetragen:

Die Zeugin H könne auch bestätigen, dass der Erblasserin bewusst gewesen sei, dass ohne ein Testament neben dem Ehemann auch der Bruder M und der Neffe K gesetzliche Erben werden würden. Ferner habe im Raum gestanden, dass der Vater der Erblasserin H noch zwei außereheliche Kinder haben könnte, die möglicherweise miterben würden. Zur Familie von U habe es kaum Kontakte gegeben.

Die Zeugin E als Mitarbeiterin des Hospizes könne bestätigen, dass die Testamente von E und L auch bei der Verlegung aus dem Krankenhaus am 2.7.15 noch vorhanden gewesen seien, weil die Mitarbeiter die gelbe Mappe auf der Suche nach einem Arztbrief eingesehen hätten.

Der Ehemann L habe wahrheitswidrig gegenüber dem Nachlassgericht erklärt, es gebe kein Testament von E. Gegen den Willen der Erblasserin müsse ihr Testament in der Zeit zwischen dem 2.7 und 4.7.15 durch Einwirkung dritter Personen abhanden gekommen sein.

Auf die vom Antragsteller eingereichte Mailkorrespondenz wird Bezug genommen.

K und M haben erklärt, keine Einwendungen gegen die Erteilung des beantragten Erbscheins zu erheben.

Der Beteiligte U hat beantragt, den Erbscheinsantrag zurückzuweisen. E habe kein Testament hinterlassen. Ihm sei nach dem Ableben von L im Hospiz eine grau/blaue Mappe mit Unterlagen übergeben worden, in der sich aber ein Testament nicht befunden habe. Der Umstand, dass sich in der Mappe nur der Vorschlag von H zur Testamentserrichtung befunden habe, spreche dafür, dass die Eheleute … trotz des Versuchs der Einflussnahme kein Testament errichtet hätten. Wenn jemand ein Testament vernichtet hätte, läge es nahe, bei dieser Gelegenheit auch alle Indizien für die Existenz eines Testament zu vernichten, also auch den Vorschlag von H.

Mit seinen Darlegungen könne der Antragsteller die Existenz eines formgültigen Testaments nicht belegen, weil der Antragsteller selbst angebe, H habe die Details nicht lesen können. Die in ihr Zeugnis gestellten Angaben sei hinsichtlich formgültiger Errichtung und Inhalt vage und unplausibel und deshalb untauglich. Es sei auch unverständlich, warum H den Erblasser L im Moment der Einsichtnahme nicht angesprochen bzw. das Testament nicht selbst beim Nachlassgericht eingereicht habe, obwohl zu dieser Zeit der Erbfall nach E schon eingetreten war. Gegenüber C habe die Erblasserin zu Lebzeiten erwähnt, dass sie kein Testament errichten wolle. L habe gegenüber U, seiner Frau und seinen Kindern mehrfach geäußert, es sei kein Testament der Erblasserin vorhanden und auch er plane nicht, eines zu errichten. Es habe für die Erblasserin keine Veranlassung für ein Testament bestanden. Sie sei davon ausgegangen, dass ihr Ehemann erbe.

Der Antragsteller hat noch erwidert, am 4.7.15 habe sich keine blaue Mappe im Zimmer des verstorbenen L befunden (Zeugnis K, S).

Das Nachlassgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H, C N und K sowie durch Anhörung von U als Beteiligtem. Zum Ergebnis des Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 30.3.16 verwiesen.

Der Antragsteller hielt durch die Bekundungen der Zeugin H Existenz und Inhalt des Testaments von E für bewiesen, meinte aber es müssten noch die Zeugen A, E, F und K vernommen werden, um einen vollständigen Eindruck von der Sache gewinnen zu können. Auch er selbst müsse noch zur Existenz der gelben Mappe angehört werden. L sei im Übrigen derart schwer erkrankt gewesen, dass er sich bereits bei der Beerdigung seiner Ehefrau wegen Schwindels kaum noch auf den Beinen habe halten können und sich häufiger erbrochen habe. Er habe unter Dauerschmerzen gelitten und unter immensen Wassereinlagerungen im Körper.

Der Beteiligte zu 4) hielt die Bekundungen der Zeugin H für nicht glaubhaft. Es sei nicht verständlich, warum die Zeugin nach dem Tod der Erblasserin nicht auf die Erteilung eines Erbscheins zugunsten ihres Sohnes gedrängt habe, insbesondere wenn sie davon ausging, der Erbe habe die Eigentumswohnung nicht verkaufen dürfen, solange der Ehemann noch lebe. Dieser hätte die Eigentumswohnung ohne weiteres verkaufen oder belasten können. Da seine später zum Tode führende Erkrankung an Bauchspeicheldrüsenkrebs noch nicht bekannt gewesen und er äußerlich noch gesund gewesen sei, habe man damit rechnen müssen, dass er noch lange leben würde. Es sei auch nicht verständlich, dass die Zeugin H weder ein Foto gemacht noch das Testament anderweitig gesichert habe, obwohl sie sich als in Erbschaftsfragen bewandert darstelle. Wenn keiner der übrigen Zeugen im Krankenhaus eine gelbe Mappe gesehen habe, spreche dies dafür, dass es sie nicht gegeben habe.

Die Berufung auf potentielle nichteheliche Kinder des Vaters der Erblasserin sei verfehlt, denn dieser sei lange verstorben, ohne dass es zu einer Vaterschaftsanerkennung gekommen sei.

Zum Az. 332 O 21/16 hatte U eine Feststellungsklage beim Landgericht Hamburg gegen den hiesigen Antragsteller erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass U Alleinerbe nach L ist. Der hiesige Antragsteller hat Widerklage erhoben. In jener Sache hat am 25.5.16 eine Beweisaufnahme stattgefunden. Kläger und Beklagter wurden persönlich angehört. Als Zeugen vernommen wurden H, E, C, J, K, S, C, K und N. Am 6.7.2016 hat das Landgericht ein Urteil verkündet, in dem es festgestellt hat, U sei der Alleinerbe nach L. Gegen das Urteil ist Berufung eingelegt worden, die ebenfalls beim Senat anhängig ist. Der Senat hat das in jener Sache ergangene Urteil zu Informationszwecken eingesehen.

Das Nachlassgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Hauptantrag des Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und dies damit begründet, der Beweis habe durch die am Ausgang des Erbrechtsstreits deutlich interessierte Zeugin nicht geführt werden können. Auf die Begründung im einzelnen wird Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er macht geltend, das rechtliche Gehör und das Gebot der Fairness seien verletzt, weil das Nachlassgericht ihn nicht persönlich angehört habe. Ferner sei die Beweiswürdigung in der Gesamtschau unfair, weil widersprüchlich und neben der Sache liegend. Es sei verkannt, dass auch der Beteiligte U und die zu seiner Familie gehörenden Zeugen ein erhebliches Eigeninteresse hätten, weil U kein gesetzlicher Erbe nach E sei, sich aber im Falle des Obsiegens betreffend des Nachlasses E der Nachlass nach L erheblich vergrößere. Die Zeugin C habe als einzige aus der Familie … den zu den Erblassern E und L bestehenden Kontakt richtig geschildert. Dem Antragsteller und seiner Mutter H unterstelle das Nachlassgericht planmäßiges Vorgehen und unterstelle einfach, jeder habe immer ein Handy mit Kamera-Funktion dabei. Ein solches besitze die Zeugin H nicht einmal. Als sie und der Antragsteller am 20.6.15 dringend von L einbestellt worden seien, hätten sie nicht einmal gewusst, worum es gegangen sei und hätten weder Smartphone noch Fotoapparat dabei gehabt. Die Zeugin H habe die Testamente, insbesondere das Testament von E rein zufällig gefunden, ohne zuvor damit gerechnet zu haben.

Der Antragsteller meint, aus der Beweiserhebung beim Landgericht am 25.5.16 ergebe sich, dass die Behauptung von U und seiner Familie über das Verhältnis der Eheleute E und L zu ihnen falsch sei. Das belege nicht zuletzt die Vorsorgevollmacht, die L dem Antragsteller und K am 17.3.15 erteilt habe.

Zu Unrecht werde ihm vorgeworfen, nicht eher Ansprüche erhoben zu haben. Er habe seinerzeit dem schon hinfälligen Onkel kurz nach der Beerdigung seiner Ehefrau keine Schwierigkeiten machen wollen, zumal dieser sich später kooperativ gezeigt habe, indem er das Testament zwar nicht habe abgeben, aber aufbewahren wollen, was die Zeugin H am 30.3.16 auch bekundet habe.

Das Nachlassgericht berücksichtige auch nicht, dass die Eheleute E und L voneinander gewusst hätten, beide schwer krank zu sein. Insofern habe die Nachfolgeregelung Sinn gemacht, weil beide ungemein geizig gewesen seien und bereit gewesen seien, alles zur Steuervermeidung zu unternehmen. Eine Enterbung des Ehemannes durch die Erblasserin habe also gerade nicht stattgefunden, sondern man sei so vorgegangen wie miteinander besprochen. Die Erblasser hätten sogar die Idee gehabt, den Antragsteller zu adoptieren.

Im Ergebnis enthalte die Beweiswürdigung des Nachlassgerichts Unterstellungen und Spekulationen, statt zu diesen Punkten die Zeugen befragt zu haben.

Im Abhilfeverfahren hat das Nachlassgericht die Akte des Landgerichts Az. 332 O 21/16 beigezogen und das 32-seitige Protokoll zur hiesigen Akte genommen und ausgewertet. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, der Inhalt rechtfertige kein anderes Ergebnis. Auf den Inhalt des Protokolls vom 25.6.16 wird Bezug genommen.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Beschwerdeführer verkenne, dass hier schon nicht sicher genug feststellbar sei, dass es die behauptete Testamentsurkunde jemals gegeben habe, dass sie rechtswirksam gewesen sei, nicht nur einen Entwurf dargestellt habe und auch nicht von der Erblasserin selbst zwecks Aufhebung wieder vernichtet worden sei. Selbst wenn das Gericht die Aussagen der von der Gegenseite benannten Zeugen für unwahr hielte, stünden nicht das Gegenteil oder gerade die Version des Antragstellers als richtig fest.

Der Beteiligte zu 4) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Auf den Schriftsatz vom 28.7.16 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

II.) Im Ergebnis stimmt das Beschwerdegericht der Beweiswürdigung des Nachlassgerichts zu.

Weder mit Hilfe der im hiesigen Verfahren in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme noch unter Zuhilfenahme der Beweisaufnahme vor dem Landgericht lassen sich die für die Erteilung des beantragten Erbscheins notwendigen Feststellungen treffen.

1.) Einer erneuten mündlichen Verhandlung, einer Anhörung der Beteiligten oder der neuerlichen Vernehmung von Zeugen bedarf es nicht (§§ 68 Abs. 3, 32, 26 FamFG). Da der Beschwerdeführer selbst die Beiziehung des Beweisergebnisses im Verfahren des Landgerichts zum Az. 322 O 21/16 beantragt hat, ist eine neuerliche Vernehmung der dortigen Zeugen nicht nötig und das Beschwerdegericht verwertet die Angaben der Zeugen so, wie sie protokolliert sind, denn der Antragsteller macht selbst nicht geltend, die Zeugen würden bei einer erneuten Befragung etwa anderes bekunden. Aus dem inzwischen verkündeten Urteil ergeben sich keine über die protokollierte Beweisaufnahme hinausgehenden Erkenntnisse, denn das Landgericht hatte ausschließlich darüber zu entscheiden, wer Erbe nach L geworden ist. Das Landgericht äußert sich im Urteil vom 6.7.2016 nicht zur Erbfolge nach E. Etwaige Erwägungen des Landgerichts zu einem Testament von E wären ohnehin außerhalb des dortigen Streitgegenstands, somit für eine Beweiswürdigung im Hinblick auf die Erbfolge nach E nicht bindend und auch sonst nicht in irgendeiner Weise präjudiziell.

Was die vom Antragsteller monierte fehlende eigene Anhörung angeht, ist den Ausführungen des Nachlassgerichts im Nichtabhilfebeschluss zuzustimmen. Da der Antragsteller anwaltlich vertreten ist, ist sein rechtliches Gehör im Termin vor dem Nachlassgericht gewahrt worden. Zur Aufklärung des Inhalts des behaupteten Testaments kann eine persönliche Anhörung nichts über die schriftlichen Äußerungen hinaus beitragen, weil der Antragsteller nicht vorträgt, das Testament selbst gesehen zu haben. Sein Bericht darüber, was die Erblasserin und die Zeugin H ihm über den Inhalt eines Testaments gesagt haben, stellt Hörensagen dar, für dessen Bewertung der persönliche Eindruck vom Antragsteller nicht maßgeblich ist.

2.) Dass das vom Antragsteller behauptete Testament nicht auffindbar ist, führt nicht etwa zu seiner Unwirksamkeit. Die Wirksamkeit eines Testaments berührt es nicht, wenn die Testamentsurkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden ist, verloren gegangen oder sonst nicht auffindbar ist, weil bei bloßem Verlust der Testamentsurkunde bereits die Aufhebungsabsicht fehlt (allg. Ansicht).

Errichtung und Inhalt des Testaments können dann mit allen zulässigen Beweismitteln bewiesen werden. Grundsätzlich stünde somit der Feststellung durch Zeugenaussagen nichts entgegen.

Für die formgültige Errichtung und den Inhalt des nicht vorhandenen Testaments ist beweispflichtig, wer aus dem Testament Rechte herleiten will. Verbleiben trotz ausreichender Ermittlungen Zweifel, trifft im Erbscheinsverfahren die Feststellungslast hinsichtlich des gesamten Inhalt denjenigen, der sein Erbrecht aus dem nicht mehr vorhandenen Testament ableitet (Keidel/Sternal, § 29 Rz. 57, 59; BGH LM Nr. 1 zu § 2085; BayObLG FamRZ 2001, 945; OLG Hamm, FamRZ 2008, 925 m. w. N.). Das ist hier der Antragsteller.

Um wirksam zu sein, müssen sowohl die formgerechte Errichtung als auch grundsätzlich der Gesamtinhalt des Testaments zuverlässig nachgewiesen werden. An den Nachweis sind wegen der ausschlaggebenden Bedeutung für die Entscheidung strenge Anforderungen zu stellen (OLG München, NJW-RR 2009, 305; OLG Schleswig, NJW-RR 2014, 73). Ist nur ein Teil des Testamentsinhalts nicht mehr feststellbar, ist der festgestellte Teil dann wirksam, wenn der Gesamtwille des Erblassers insoweit erkennbar ist, dass er auch ohne den fehlenden Teil Bestand hat und hierdurch nicht wesentlich berührt wird (BGH LM Nr. 1 zu § 2085; BayObLG 67, 2016; OLG Schleswig FamRZ 2012, 903).

Festgestellt (bzw. bewiesen) ist ein Umstand, wenn das Gericht in der Weise vom Vorliegen einer Tatsache überzeugt ist, dass ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erreicht ist, der vernünftige Zweifel ausschließt (Keidel/Sternal, § 29 FamFG Rz. 28 m. w. N.). Der auch im Bereich des Amtsermittlungsgrundsatzes geltende Grundsatz der freien Beweiswürdigung erlaubt es dem Gericht einerseits nicht, sich bei der Überzeugungsbildung mit bloßer Wahrscheinlichkeit zu begnügen. Andererseits wird eine absolute Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinne nicht verlangt. Diese ist ohnehin fast nie zu erreichen und die theoretische Möglichkeit des Gegenteils der Tatsache, die festgestellt werden soll, wird kaum einmal auszuschließen sein (Keidel, a. a. O.). Die notwendige Gewissheit liegt im Amtsverfahren vor, wenn diese einen Grad erreicht hat, der den Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu können. So muss beispielsweise bei der Würdigung von Zeugenaussagen erkennbar werden, dass auf der Hand liegende Umstände, die den Beweiswert einer Aussage beeinflussen können, berücksichtigt worden sind (Keidel, a. a. O. m. w. N.).

3.) Wenngleich durchaus zweifelhaft erscheint, ob man sich wie das Nachlassgericht den maßgeblichen Fragen über die Annahme einer mathematischen Ausgangswahrscheinlichkeit oder eine sogenannte Null-Hypothese nähern kann, sieht auch das Beschwerdegericht nach Überprüfung den notwendigen Grad an Gewissheit für die zur Erteilung des Erbscheins im gewünschten Sinne erforderlichen Tatsachen als nicht erreicht an.

Es kommt dabei letztlich nur darauf an, ob die ursprüngliche Existenz eines formgültigen Testaments mit einem bestimmten Inhalt festgestellt werden kann. Das maßgebliche Testament gesehen haben soll ausschließlich die Zeugin H.

a) Es bleibt unerheblich, ob die weiteren vom Nachlassgericht und Landgericht gehörten bzw. vom Beschwerdeführer noch benannten Zeugen infolge der ihnen nur erzählten Absichten oder Vorgänge von der Existenz eines Testaments der E ausgingen oder nicht. Die Erblasserin selbst hat mit keinem von ihnen den Inhalt eines Testaments besprochen oder jemandem eine Urkunde gezeigt.

Es kann ferner dahinstehen, ob L eine oder mehrere Mappen – welcher Farbe auch immer – ins Krankenhaus/Hospiz mitgenommen hatte, denn außer der Zeugin H hat keiner der Zeugen bestätigt, in einer Mappe ein Testament gesehen zu haben. Selbst wenn insoweit alle Zeugen gelogen hätten, stünde nicht fest, was sie gesehen haben könnten.

Insbesondere die Mitarbeiter des Hospizes haben nur „handschriftliche Zeilen“ in der von ihnen durchsuchten Mappe bemerkt, nicht aber die Formgültigkeit eines Testaments geprüft oder einen Inhalt überhaupt nur ansatzweise zur Kenntnis genommen. Dies behauptet auch der Antragsteller selbst nicht. Die Zeugin E hat insoweit bei der Vernehmung vor dem Landgericht erläutert, die Mitarbeiter hätten ihr erklärt, sie hätten bei der Suche nach dem Arztbrief nur handschriftliche Zettel/Seiten gefunden. Auf die ausdrückliche Frage, ob es sich dabei um Testamente gehandelt haben könnte, hätten die Mitarbeiter ihr erklärt, dass sie das nicht gesehen hätten (Protokoll vom 25.5.16, S. 13).

b) Unerheblich ist auch, wenn man mit dem Antragsteller davon ausgeht, es habe eine Urkunde existiert, die L dann während seines Krankenhaus- bzw. Hospizaufenthalts bei sich geführt habe und die vor oder nach seinem Ableben verloren gegangen oder absichtlich entwendet bzw. vernichtet worden sei. Zu einer Beweislastumkehr kann es zwar kommen, wenn ein gegnerischer Beteiligter den Nachweis durch Vernichtung erschwert oder vereitelt hat (vgl. Palandt-Weidlich, § 2255 Rz. 9). Festgestellt werden konnte aber nur, dass Mitglieder der Familie … bei Besuchen im Krankenhaus bzw. Hospiz die theoretische Möglichkeit gehabt hätten, Urkunden aus einer Mappe zu entfernen. Der Beweis, dass eine solche Handlung von einer der Personen tatsächlich begangen wurde, konnte jedoch weder unmittelbar noch durch Indizien geführt werden.

c) Ohne Bedeutung sind schließlich Äußerungen der verschiedenen Zeugen zum Verhältnis der Eheleute E und L zur Familie von U einerseits und zur Familie D/F andererseits. Selbst wenn sich feststellen ließe, dass das Verhältnis zu einem Familienteil schlecht oder zumindest weniger gut war als zum anderen Familienteil, ließe sich aus diesem Indiz nicht die Existenz eines Testaments mit einem bestimmten Inhalt ableiten. Von daher war und ist es auch im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht geboten, weitere Zeugen zum „vollständigen Eindruck in der Sache“ zu vernehmen. Entsprechendes gilt für die persönliche Anhörung des Antragstellers/Beschwerdeführers, der selbst das Testament nie gesehen hat.

d) Die Bekundungen der nach alledem allein maßgeblichen Zeugin H erweisen sich indes nach Überprüfung als unergiebig, weil sie den genauen Inhalt des Testaments nicht ausreichend angeben kann.

Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers einmal unterstellen wollte, die Zeugin H sei in der Lage gewesen, in der Kürze der ihr nach eigenen Angaben zur Verfügung stehenden Zeit die formgültige Errichtung eines Testaments zu prüfen und zu bejahen (insbesondere Handschrift und Unterschrift der Erblasserin mit Sicherheit zu erkennen und einen bloßen Entwurf abgrenzen zu können), so bleiben doch auch nach Einschätzung des Beschwerdegerichts nicht behebbare Zweifel am eigentlichen Inhalt des Testaments.

Es genügt für die erforderlichen Feststellungen nicht etwa, dem Gericht durch eine Zeugenaussage die ungefähre Kenntnis vom Inhalt eines Testaments zu vermitteln. Schon gar nicht ausreichend ist es, wenn ein Zeuge letztlich nur seine eigene Wertung davon mitteilen kann, wer Erbe und wer Vermächtnisnehmer geworden ist. Der Inhalt muss vielmehr so präzise erkennbar werden, dass das Gericht seiner Aufgabe nachkommen kann, unter Anwendung der von der Rechtsprechung entwickelten Regeln das Testament auszulegen. Nur bei genauer Kenntnis des Inhalts im einzelnen könnte aber überhaupt eine Auslegung vorgenommen werden dahin, ob das Testament tatsächlich die Einsetzung des Antragstellers zum Alleinerben enthielt und ob – sofern der restliche Inhalt nicht mit derselben Gewissheit festzustellen wäre – die Erblasserin die Einsetzung zum Alleinerben jedenfalls gewollt hätte.

aa) Die Zeugin hat den Wortlaut des Testaments nicht im einzelnen wiedergeben können. Sie erklärte, sie habe „sinngemäß folgendes gelesen“ „Alleinerbe war mein Sohn D“ (Protokoll vom 30.3.16, S. 1).

Bei dieser Äußerung ist schon nicht ausreichend klar, ob die Zeugin das Wort „Alleinerbe“ gelesen hat oder eine andere Formulierung.

Aber selbst wenn das Wort enthalten gewesen sein sollte, wäre nicht mit der notwendigen Sicherheit auszuschließen, dass die übrigen Regelungen zum Schutz des Ehemanns (Nach Bekundung der Zeugin: Kein Verkauf der Hälfte der Eigentumswohnung, solange der Ehemann noch lebe) oder in Bezug auf Zuwendungen an K zu der Auslegung führen könnten, die Erblasserin habe mit dem Wort Alleinerbe unter Umständen etwas anderes als den Wortsinn verbunden.

Unabhängig vom subjektiven Wahrheitswillen (der Glaubwürdigkeit) ist die inhaltliche Glaubhaftigkeit der Aussage gerade durch die geschilderte Vorgeschichte anzuzweifeln. Die Zeugin war voreingenommen durch ihre eigene Erwartung, denn sie hatte die Erblasserin mit Informationsmaterial versorgt und schließlich die Äußerungen der Erblasserin im Herbst 2014 dahin verstanden, diese habe den Antragsteller zum Alleinerben eingesetzt (Erbscheinsantrag S. 3), woraus der Antragsteller selbst den Schluss gezogen hat, seine Mutter habe den Inhalt des Testaments in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit deshalb so sicher erkennen können, weil er ihr aufgrund der vorangegangenen Gespräche ja bekannt gewesen sei.

Es ist vor diesem Hintergrund nicht auszuschließen, dass die Zeugin in ihrer vorgegebenen Erwartungshaltung im Text nur nach Bestätigung für die Einsetzung zum unbeschränkten Alleinerben gesucht hat und Indizien im Wortlaut des angeblich doch umfangreichen Dokuments, die eine andere Interpretation nahelegen würden, außer Acht gelassen hat. Es gehört gerade zu den Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie dass das menschliche Gehirn alles besonders stark zur Kenntnis nimmt, was der eigenen Überzeugung und Erwartung entspricht, und umgekehrt alles ausfiltert, was diese Überzeugung in Frage stellen könnte.

Im Ergebnis vermag deshalb auch die vermeintlich sichere Wiedergabe des Wortes „Alleinerbe“ oder einer ähnlichen Formulierung nicht die ausreichende Überzeugung zu begründen, dass Wortlaut und Struktur des Testaments, insbesondere in Verbindung mit dem Vermächtnis und den Schutzanordnungen für den Ehemann, nicht doch eine andere Auslegung ebenso nahe oder näher legen konnten. Es könnte sich um eine rechtliche Wertung der Zeugin in einem von ihr erwarteten und befürworteten Sinne handeln, auf deren Basis sie ihre Wahrnehmung vom Text beschreibt.

Hinzu kommt in diesem Zusammenhang, dass die Zeugin sich mit rechtlichen Begriffen im Erbrecht zwar offenbar befasst hat, diese aber durchaus nicht immer zutreffend wiedergibt:

Zu Protokoll des Nachlassgerichts (S. 2) hat die Zeugin angegeben, sie habe L belehrt, dass auch ihr Mann (M) als gesetzlicher Erbe in Betracht käme. Zu Protokoll des Landgerichts (S. 8) hat sie erklärt, sie habe L erklärt, „K und auch mein Sohn“ (D) seien sonst gezwungen, eine Erbschein zu beantragen, „weil sie ja gesetzliche Erben seien“. In diesem Moment hatte die Zeugin die Kenntnis der gesetzlichen Erbfolge offenbar wieder verloren: Nach § 1925 Abs. 1, Abs. 3, 1924 Abs. 3 BGB schließt die lebende ältere Generation die jüngere aus. Der Antragsteller konnte mithin kein gesetzlicher Erbe seiner Tante werden, weil M noch lebte.

bb) Bezüglich des Errichtungsdatum hat sich die Aussage der Zeugin verändert, was ebenfalls die Richtigkeit ihrer Wahrnehmungen in Zweifel stellt.

Im Erbscheinsantrag vom 27.10.15, eingereicht am 11.11.15, heißt es auf S. 9, bei Einsichtnahme am 20.6.15 habe die Zeugin bezüglich des Testaments von E „keine näheren Feststellungen zu den Angaben von Ort und Datum…treffen können“. Zu Protokoll des Nachlassgerichts vom 30.3.16 erklärte sie dann zunächst, das Testament von E sei „Ende September 2014“ errichtet worden. Auf Nachfrage gab sie „ca. 27. oder 28.9.2014“ an.

Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Erinnerung einer Zeugin 4 Monate nach einem Ereignis schlechter ist, als 9 Monate später. Insofern ist es durchaus möglich, dass sich die Zeugin an ein Gespräch mit der Erblasserin „im Herbst 2014“ erinnern will (Erbscheinsantrag S. 3 unten) und hieraus später unter dem Eindruck der Wichtigkeit ihrer Aussage für das Anliegen ihres Sohnes die innere Sicherheit ableitet, sie habe ein Datum Ende September 2014 gesehen oder – auf Druck einer Nachfrage – sogar genau den 27. oder 28.9.2016.

cc) Zweifel am richtig wiedergegebenen Inhalt begründen auch die Ungenauigkeiten bzw. Widersprüchlichkeiten bezogen auf übrige Teile des Testaments.

Im Erbscheinsantrag heißt es dazu, die Erblasserin habe der Zeugin H im Herbst 2014 erklärt, sie habe neben der Erbeinsetzung des Antragstellers „aus Gründen der Gleichbehandlung“ zugunsten des Sohnes der vorverstorbenen Schwester, K, ein Vermächtnis ausgesetzt. Das Testament von E sei umfangreicher gewesen; wegen des Umfangs des Dokuments einerseits und wegen der Kürze der Zeit andererseits habe die Zeugin die Regelungen des Testaments nicht im einzelnen lesen können. Das Vermächtnis für K sei „ausführlich beschrieben“ gewesen.

In der Vernehmung vom 30.3.2016 erklärte die Zeugin, für K sei ein Vermächtnis von 10.000 Euro ausgesetzt gewesen.

Diese zuletzt wiedergegebene Regelung ist außerordentlich kurz, klar fassbar und mit dem Begriff „ausführlich beschrieben“ nicht in Einklang zu bringen. Ein Testament vom Inhalt „Mein Alleinerbe ist D. K erhält ein Vermächtnis in Höhe von € 10.000,–. Die Eigentumswohnung darf zu Lebzeiten meines Ehemanns nicht verkauft werden“ wäre selbst bei Aufzählung aller Nachlassgegenstände kaum so lang gewesen, dass die Zeugin es nicht innerhalb weniger Minuten hätte lesen und erfassen können. Warum die Zeugin ihrem Sohn die Summe von € 10.000,– dann nicht vor Einreichung des Erbscheinsantrags genannt haben sollte, erschließt sich nicht.

Im Ergebnis besteht hier die nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit, dass die Zeugin die Regelungen betreffend die Zuwendungen an K nicht zutreffend erfasst hat und deshalb auch nicht zweifelsfrei dahin würdigen kann, es habe sich nur um ein Vermächtnis gehandelt und nicht etwa die Erbeinsetzung zu einem Bruchteil.

Zweifel sind vor allem deshalb angebracht, weil angesichts der angeblichen Aufzählung der Vermögenswerte im Testament („Eigentumswohnung, Waldgrundstück etc“) bei einem Vermächtnis von 10.000 Euro von einer „Gleichbehandlung“ keine Rede sein, die doch die Erblasserin angeblich beabsichtigte.

Ohne genauere Kenntnis der Zusammensetzung des Nachlasses, der Zuwendungen an K und der Schutzanordnungen zugunsten der Ehemannes lässt sich nicht verifizieren, ob nicht doch weitere Erbeinsetzungen enthalten waren.

Jedenfalls aber ist es nicht möglich, eine Auslegung dahin zu treffen, die Erblasserin habe die Einsetzung des Antragstellers zum Alleinerben auch für den Fall gewollt, dass ihre übrigen Anordnungen nicht mit Sicherheit rekonstruiert werden könnten, die übrigen Begünstigten also auf freiwillige Zugeständnisse des Antragstellers angewiesen wären.

4.) Der Einschätzung des Nachlassgerichts, dass die über den angeblichen Inhalt des Testaments hinaus festgestellten Umstände (etwa das Verhalten der Zeugin und des Antragstellers nach dem Tode der Erblasserin und nach dem behaupteten Auffinden des Testaments am 20.6.2016) eher gegen die Richtigkeit der Bekundungen der Zeugin H sprechen als dafür, dürfte zuzustimmen sein. Angesichts der obigen Erwägungen bedarf es jedoch keiner näheren Bewertungen einzelner Umstände oder möglicherweise erbschaftssteuerlicher Erwägungen der Erblasserin.

III.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Der Verfahrenswert gemäß § 40 Abs. 1 GNotKG ist vorläufig festgesetzt worden aufgrund der Angaben im Erbscheinsantrag. Ein Nachlassverzeichnis liegt allerdings noch nicht vor. Es spricht manches dafür, dass schon bei Zugehörigkeit eines hälftigen Anteils an einer Eigentumswohnung im Hamburger Westen und eines „Waldgrundstücks“ in B der Wert des Nachlasses von E R bedeutend höher ist. Die endgültige Festsetzung bleibt deshalb vorbehalten.

 

 

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