Wurde nichts anderes vereinbart, so gilt für das Vermögen von Ehepartnern in Deutschland die Zugewinngemeinschaft
Im Fall einer Eheschließung wird hierzulande automatisch der rechtliche Stand der Zugewinngemeinschaft angenommen, sofern die Ehegatten vor der Hochzeit nicht einen anderen Wunsch äußern. Die Zugewinngemeinschaft besagt, dass sämtliches Vermögen, welches während der Ehezeit „erworben“ wird, automatisch zu gleichen Teilen beiden Ehegatten zukommt. Im Hinblick auf eine Erbschaft wirft der Status der Zugewinngemeinschaft jedoch die interessante Frage auf, ob die Erbschaft damit auch automatisch beiden Ehepartnern zusteht und welche rechtlichen Folgen daraus entstehen können.
Fällt die Erbschaft automatisch unter die Zugewinngemeinschaft
Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die Entscheidung getroffen, dass eine Erbschaft nicht der Zugewinngemeinschaft einer Ehe untergeordnet werden muss. Dies bedeutet, dass ein Ehepartner auch während der gemeinsamen Ehezeit seine Erbschaft nicht mit dem Ehepartner teilen muss. Der Erbschaftsanspruch ist personalisiert, sodass der Anspruch dem Ehepartner gänzlich allein zusteht. Der andere Ehepartner muss an diesem Anspruch grundsätzlich rechtlich gesehen nicht beteiligt werden. Auch die persönliche Bereitschaft des Erben, die Erbschaft mit dem Ehepartner zu teilen – sprich die Erbschaft für das gemeinschaftliche Eheleben zu verwenden – ändert rechtlich gesehen nichts an der Wertung.
Sollte die Ehe durch eine Ehescheidung getrennt werden besagt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft, dass eine faire Aufteilung des gemeinschaftlichen Vermögens vorgenommen wird. Dies bedeutet, dass der Ehegatte, der während der Ehezeit ein größeres Vermögen erwirtschaften konnte, die exakte Hälfte von dem erwirtschafteten Überschuss auszahlen muss.
Fällt die Erbschaft im Scheidungsfall unter den Zugewinnausgleich?
Auch wenn eine Erbschaft grundsätzlich rechtlich gesehen als Vermögenszugewinn angesehen werden muss, so fällt eine Erbschaft dennoch nicht in den Bereich des Zugewinnausgleichs. Dies begründet sich dadurch, dass für die Errechnung des Zugewinnausgleichs ein Vergleich von dem Anfangsvermögen sowie dem Endvermögen zum Zeitpunkt der Ehescheidung beider Ehepartner vorgenommen wird. Das Anfangsvermögen wird als Geldvermögen sowie Sach- und Rechtevermögen dargestellt, welche den jeweiligen Partnern zum Zeitpunkt der Eheschließung zugeordnet werden konnten. Das Endvermögen jedoch sind eben jene Vermögenswerte, welche zum Zeitpunkt der Scheidung vorhanden sind. Derjenige Partner, der am Ende der Ehe den höheren Vermögensstand aufweist, muss dementsprechend einen Ausgleich an den geschiedenen Ehepartner leisten. Die Erbschaft ist aus dem Grund von dieser Regelung ausgenommen, da sie grundsätzlich dem Anfangsvermögen des jeweiligen Eheparts zugeordnet wird.
Eine Immobilie als Erbe
Sofern eine Immobilie als Erbschaft während der Ehezeit „erworben“ wurde, muss die Angelegenheit grundsätzlich ein wenig differenzierter betrachtet werden. Zwar wird die Erbschaft als solche auch in diesem Fall bei einer Ehescheidung zunächst erst einmal nicht berücksichtigt, allerdings ist die Wertentwicklung von der Erbschaft jedoch interessant. Sollte die Immobilie bzw. das Grundstück, auf dem die Immobilie errichtet wurde, eine Werterhöhung erfahren haben ist sie durchaus für den Zugewinnausgleich relevant. Wurde die Immobilie während der Ehe durch eine Erbschaft „erworben“ und entsprechend modernisiert bzw. renoviert, so resultiert hieraus automatisch eine Wertsteigerung. Diese Wertsteigerung muss an den geschiedenen Ehepartner per Zugewinnausgleichszahlung kompensiert werden. Gleichermassen verhält es sich auch mit Werterhöhungen, welche durch gestiegene Immobilienpreise erzielt wurden.
Können Schulden durch eine Erbschaft bei dem Zugewinnausgleich berücksichtigt werden
Ebenso wie die Wertsteigerung muss auch die negative Entwicklung gesehen werden. Das Gesetz definiert das Anfangsvermögen als Gesamtsumme inklusive aller entsprechenden Verbindlichkeiten. Ist das Anfangsvermögen negativ, so kann ein Ehepartner gegenüber dem geschiedenen Partner den Zugewinnausgleich mit den nunmehr bestehenden Schulden verrechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Ehepartner die Erbschaft alleinig aus moralischen Gründen annimmt, obwohl der Umstand der Überschuldung bekannt ist.
Ein Beispiel zur Berechnung Zugewinnausgleich
Ein Ehepartner hat zunächst ein Anfangsvermögen in Höhe von 20.000 Euro. Während der Ehezeit hat der Ehepartner jedoch ein überschuldetes Erbe eines Elternteils angenommen und dadurch Schulden in Höhe von 70.000 Euro. Zum Zeitpunkt der Scheidung verfügt der Ehepartner über ein Endvermögen von rund 90.000 Euro, allerdings sind die Schulden in Höhe von 70.000 Euro noch vorhanden. Der andere Ehepartner hat keinerlei Schulden und auch zum Zeitpunkt der Scheidung kein aktives Vermögen.
Das Anfangsvermögen des Ehepartners mit der Erbschaft wird zunächst auf eine Höhe von 20.000 Euro angesetzt. Die überschuldete Erbschaft wird jedoch zum Zeitpunkt der Scheidung dem Anfangsvermögen zugeordnet und auch die daraus resultierenden Schulden werden abgezogen. Das Anfangsvermögen wird als auf einen Betrag von -50.000 Euro festgesetzt (20.000 Euro – 70.000 Euro). Das Endvermögen des Ehepartners beträgt 90.000 Euro abzüglich der 70.000 Euro Schulden, sodass ein Zugewinn während der Ehe in Höhe von 20.000 Euro entstanden ist. Der geschiedene Ehepartner hat somit einen Anspruch auf 10.000 Euro Zugewinnausgleich.
In der gängigen Praxis kommt es gerade im Hinblick auf den Zugewinnausgleich nicht selten zu juristischen Streitigkeiten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein exakter Nachweis über die Herkunft von Vermögen oder negativen Vermögenswerten erbracht werden kann. Die reine Behauptung, dass es sich bei derartigen Positionen um Erbschaften gehandelt hat, ist gerichtlich gesehen nicht haltbar. Hierbei obliegt die Beweispflicht demjenigen Ehepartner, an den die Forderung des Zugewinnausgleichs gerichtet wird. Sämtliche Dokumente, die diese Erbschaft belegen können, müssen auf jeden Fall zu Beweiszwecken aufgehoben werden. Derartige Dokumente können in Form von Erbschaftssteuerbescheiden sowie auch Testamenten oder schriftlichen Vereinbarungen sowie letztwilligen Verfügungen vor dem zuständigen Gericht eingereicht werden. Ein Rechtsanwalt ist bei einer derartigen Frage elementar wichtig und wir stehen Ihnen sehr gern beratend zur Seite.