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Erbschaftsprozess – Aussetzung wegen laufendem Erbscheinsverfahren

Erbschaftsprozess ausgesetzt: Entscheidung über Erbschein muss vorweggehen

Das Oberlandesgericht Rostock hat in seinem Beschluss vom 30.03.2023 entschieden, dass die Aussetzung eines Erbschaftsprozesses aufgrund eines laufenden Erbscheinsverfahrens nicht gerechtfertigt ist. Der Fall bezieht sich auf einen Streit um die Rückzahlung eines Darlehens und die Gültigkeit eines Testaments. Das Gericht betont, dass das Zivilgericht im Erbschaftsprozess nicht an die Feststellung im Erbschein gebunden ist und eigene Entscheidungen unabhängig vom Erbscheinsverfahren treffen kann.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 30/23  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Aussetzung des Erbschaftsprozesses: Ursprünglich wurde der Prozess ausgesetzt, da das Landgericht auf die Entscheidung des Erbscheinsverfahrens wartete.
  2. Streit um Testament: Kern des Streits ist ein notarielles Testament, welches die Klägerin als Erbin einsetzt, während der Beklagte ein älteres Testament geltend macht.
  3. Testierfähigkeit der Erblasserin: Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung sind ein wesentlicher Streitpunkt.
  4. Keine präjudizielle Wirkung des Erbscheins: Das Gericht stellt klar, dass das Erbscheinsverfahren keine bindende Wirkung auf den Erbschaftsprozess hat.
  5. Eigenständige Bewertung durch das Zivilgericht: Das Zivilgericht ist frei, in Bezug auf die Testierfähigkeit und die Gültigkeit des Testaments eine eigene Entscheidung zu treffen.
  6. Ablehnung doppelter Beweisaufnahme: Das Gericht lehnt eine doppelte Beweisaufnahme als unnötig und unpraktisch ab.
  7. Unabhängigkeit von Entscheidungen: Divergierende Entscheidungen zwischen Nachlass- und Prozessgericht sollten vermieden, aber nicht durch Aussetzung des Prozesses erreicht werden.
  8. Aufhebung der Aussetzungsentscheidung: Das OLG Rostock hebt schließlich die Entscheidung des Landgerichts zur Aussetzung des Verfahrens auf.

Erbschaftsrecht: Wenn Familienbande zum Gerichtsfall werden

Das Erbschaftsrecht stellt einen der sensibelsten und komplexesten Bereiche des Zivilrechts dar. Es berührt nicht nur finanzielle Interessen, sondern auch familiäre Bindungen und persönliche Beziehungen. Kernpunkt vieler Streitigkeiten ist die Frage der Gültigkeit eines Testaments und der Testierfähigkeit der Erblasser. Häufig stehen sich dabei nahe Angehörige wie Klägerin und Beklagter gegenüber, die um ihr Erbe und die Anerkennung ihres Rechtsanspruchs kämpfen. In solchen Fällen kann ein Erbscheinsverfahren entscheidend sein, um Klarheit über die rechtmäßige Erbfolge zu schaffen.

Doch was geschieht, wenn ein paralleler Erbschaftsprozess im Gange ist? Wie beeinflusst ein laufendes Erbscheinsverfahren die Entscheidungen im Gerichtssaal? Diese Fragen sind von immenser Bedeutung, da sie nicht nur die Rechtskraft von Testamenten, sondern auch das Vertrauen in das Rechtssystem betreffen. Der nachfolgende Text beleuchtet einen Fall, in dem genau diese Themen im Mittelpunkt stehen, und bietet Einblicke in die juristischen Überlegungen und Entscheidungen, die diese komplizierten Rechtsfragen prägen. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie das Gericht in einem spezifischen Fall geurteilt hat und welche Implikationen dies für ähnliche Fälle in der Zukunft haben könnte.

Streit um Erbansprüche führt zum Gericht

Im Zentrum eines juristischen Streits, der vor dem Oberlandesgericht Rostock verhandelt wurde, steht ein Erbschaftsprozess. Die Klägerin, Tochter der verstorbenen Erblasserin, forderte von ihrem Bruder, dem Beklagten, die Rückzahlung eines Darlehens in Höhe von 41.800 Euro, das an die Erbengemeinschaft nach ihrer Mutter hätte gezahlt werden sollen. Der Beklagte und Bruder der Klägerin war der Ansicht, dass das von der Mutter hinterlassene notarielle Testament, welches die Klägerin und ihre Schwester als Erbinnen einsetzte, aufgrund fehlender Testierfähigkeit der Erblasserin ungültig sei. Stattdessen behauptete er, dass ein älteres handschriftliches Testament gültig sei, welches ihn als Alleinerben einsetzte.

Das Erbscheinsverfahren und seine Folgen

Diese Meinungsverschiedenheiten führten dazu, dass sowohl Klägerin als auch Beklagter jeweils Erbscheinsanträge beim Nachlassgericht stellten, um ihre Erbansprüche zu klären. Das Landgericht Neubrandenburg entschied daraufhin, den Erbschaftsprozess auszusetzen, bis das Nachlassgericht eine Entscheidung über die Erbscheinsanträge getroffen hatte. Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein, da sie der Ansicht war, dass die Entscheidung im Erbscheinsverfahren keine unmittelbare Auswirkung auf den Erbschaftsprozess haben sollte.

OLG Rostock hebt Aussetzung auf

Das Oberlandesgericht Rostock gab der Beschwerde der Klägerin statt und hob den Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg auf. Das Gericht betonte, dass das Zivilgericht im Erbschaftsverfahren nicht an die Feststellungen im Erbschein gebunden ist und unabhängige Entscheidungen treffen kann. Ferner wurde erläutert, dass die Richtigkeitsvermutung eines Erbscheins gemäß § 2365 BGB keine Vorgreiflichkeit für den Erbschaftsprozess begründet. Zudem wurde die Praxis der doppelten Beweisaufnahme und divergierenden Entscheidungen in ähnlichen Fällen kritisiert.

Gründe für die Entscheidung und deren Tragweite

Das OLG Rostock stellte klar, dass das Erbscheinsverfahren lediglich eine formelle Erbenfeststellung beinhaltet und keine materielle Rechtskraft für den Erbschaftsprozess hat. Die Entscheidung des Gerichts verdeutlicht die Notwendigkeit einer unabhängigen Bewertung der Sachlage in Erbschaftsprozessen und unterstreicht die Bedeutung der individuellen Prüfung der Testierfähigkeit der Erblasser. Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen für zukünftige Fälle im Erbrecht haben, insbesondere in Bezug auf die Handhabung von Erbscheinsverfahren und deren Einfluss auf parallele zivilrechtliche Verfahren.

Im weiteren Text wird das konkrete Urteil des OLG Rostock detailliert betrachtet, um ein umfassendes Verständnis der rechtlichen Überlegungen und Entscheidungen in diesem speziellen Fall zu ermöglichen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist ein Erbscheinsverfahren und welche Rolle spielt es im Erbrecht?

Das Erbscheinsverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, das dazu dient, die Erben eines Verstorbenen festzustellen und ihnen ein Zeugnis über ihr Erbrecht auszustellen, den sogenannten Erbschein. Der Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestelltes Dokument, das den oder die Erben als Rechtsnachfolger des Verstorbenen legitimiert. Er ist insbesondere dann erforderlich, wenn die Erben ihr Erbrecht gegenüber Dritten, wie Banken oder dem Grundbuchamt, nachweisen müssen.

Das Erbscheinsverfahren beginnt mit dem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins, der beim zuständigen Nachlassgericht gestellt wird. Das Verfahren ist in den §§ 2353 ff. BGB in Verbindung mit den §§ 352 ff. FamFG geregelt. Das Nachlassgericht entscheidet durch Beschluss, ob dem Antrag stattgegeben oder abgelehnt wird. Dabei ist das Gericht an den Inhalt des Antrags gebunden und darf von diesem weder abweichen noch ihm nur in Teilen stattgeben.

In einem streitigen Erbscheinsverfahren, bei dem mehrere Beteiligte unterschiedliche Ansprüche geltend machen, kann das Nachlassgericht die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachten und einen entsprechenden Beschluss erlassen. Gegen diesen Beschluss können Rechtsmittel eingelegt werden, um die Erteilung eines unrichtigen Erbscheins zu vermeiden.

Der Erbschein ist im Rechtsverkehr von großer Bedeutung, da er einen öffentlichen Glauben genießt und Dritten die Möglichkeit gibt, sich auf seinen Inhalt zu verlassen. Ein unrichtiger Erbschein kann jedoch vom Nachlassgericht eingezogen und neu erteilt werden, falls er falsch war.


Das vorliegende Urteil

OLG Rostock – Az.: 3 W 30/23 – Beschluss vom 30.03.2023

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 20.02.2023 – Az.: 4 O 536/22 – aufgehoben.

Gründe

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin verklagt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens i.H.v. 41.800 EUR an die Erbengemeinschaft nach der gemeinsamen Mutter. Der Beklagte ist der Bruder der Klägerin.

Das Darlehen wurde dem Beklagten von der Erblasserin, J. M., gewährt. J. M. verstarb am 21.01.2022. Die Erblasserin hinterließ ein notarielles Testament des Notars Dr. V. G. mit Amtssitz in W. (M.) vom 02.04.2019, in welchem sie unter Widerruf sämtlicher vorheriger Testamente die Beschwerdeführerin zu 2/3 und deren Schwester, E. M., zu 1/3 als ihre Erben einsetzte.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass das vorgenannte notarielle Testament unwirksam sei, weil die Erblasserin im Zeitpunkt der Erstellung des Testaments nicht testierfähig gewesen sei. Deshalb sei ein älteres handschriftliches Testament der Erblasserin vom 18.12.2012, welches den Beklagten zum Alleinerben einsetzt, allein wirksam.

Die Klägerin und der Beklagte haben mit jeweils gegenläufigen Anträgen vor dem Nachlassgericht am Amtsgericht W. (M.) die Erteilung von Erbscheinen beantragt. Das Verfahren wird dort unter dem Az. 503 VI 322/22 geführt.

Das Landgericht Neubrandenburg ist der Auffassung, dass das Klageverfahren gemäß § 148 ZPO auszusetzen sei, bis das Nachlassgericht über die Erbscheinsanträge entschieden habe. Diese Rechtsauffassung teilte das Landgericht N. bereits mit Beschluss vom 02.02.2023 mit und gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.02.2023 hierzu umfassend vorgetragen und die Ansicht vertreten, dass eine Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Erbscheinsverfahren nicht gegeben sei.

Mit Beschluss vom 20.02.2023 hat das Landgericht N. den Erbrechtsprozess bis zur Entscheidung im Erbscheinsverfahren ausgesetzt.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin stütze sich zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf das notarielle Testament der Erblasserin vom 02.04.2019, worin die Erblasserin die Klägerin und ihre Schwester als Erbinnen eingesetzt habe. Allerdings bestehe sowohl im vorliegenden Prozess als auch im Erbscheinsverfahren, in dem die hiesigen Parteien unterschiedliche Erbscheinsanträge gestellt haben, Streit über die Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testaments vom 02.04.2019, und zwar unter Berücksichtigung dessen, dass das Amtsgericht W./M. bereits, als Betreuungsgericht, das nervenfachärztliche Gutachten des Facharztes für Neurologie und Nervenheilkunde M.-F. vom 14.01.2020 eingeholt habe, wonach die Erblasserin schon seit Anfang 2019 und auch zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens wegen einer schweren Demenz nicht mehr in der Lage gewesen sein solle, ihre Angelegenheiten, insbesondere ihre Vermögensangelegenheiten, zu besorgen und wirksame Willenserklärungen abzugeben. Sollte jedoch dieses notarielle Testament der Erblasserin vom 02.04.2019 unwirksam sein, würde das frühere Testament der Erblasserin vom 18.12.2012 wieder wirksam werden, in welchem der Beklagte zum Alleinerben der Erblasserin eingesetzt worden war. Daher wird im Nachlassverfahren die Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen Testamentes vom 02.04.2019 weiter geprüft, um entscheiden zu können, welchen Inhalt der Erbschein haben wird.

Damit sei die Entscheidung des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren über die wechselseitigen Erbscheinsanträge der hiesigen Parteien jedenfalls im weiteren Sinne für den hiesigen Rechtsstreit vorgreiflich, nämlich für die Frage, ob die Klägerin und ihre Schwester tatsächlich die Erbinnen der Erblasserin sind oder der Beklagte der Erbe der Erblasserin ist.

Es sei zwar zutreffend, dass das Prozessgericht zur Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin eigene Feststellungen treffen und von der Entscheidung des Nachlassgerichts abweichen kann. Allerdings sei zu beachten, dass nach § 2365 BGB die Richtigkeit des Inhalts eines Erbscheins vermutet wird. Hinzu komme, dass das Nachlassgericht Feststellungen zur Frage der Testierfähigkeit der Erblasserin zu treffen hat und ein im Erbscheinsverfahren eingeholtes Gutachten im hiesigen Prozess nach § 411a ZPO verwertet werden könne.

Unabhängig davon wäre nicht nur eine doppelte Beweisaufnahme nicht sinnvoll. Vielmehr könne ferner nicht außer Betracht bleiben, dass eventuell divergierende Entscheidungen des Nachlassgerichts und des Prozessgerichts in ein und derselben Frage von der Außenwirkung her nicht nur von vornherein nicht sinnvoll wären, sondern für einen verständigen Bürger nicht nachvollziehbar wären.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin vom 06.03.2023. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf die Beschwerdeschrift Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Beschwerde mit Verweis auf die angegriffene Entscheidung mit Beschluss vom 07.03.2023 nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 567 ff. ZPO zulässig und führt zur Aufhebung der Aussetzungsentscheidung.

Hängt die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, welches den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, kann das Gericht gemäß § 148 ZPO anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Aussetzung nach § 148 ZPO setzt also voraus, dass ein anderer anhängiger Rechtsstreit vorgreiflich ist. Vorgreiflichkeit ist dann gegeben, wenn in einem anderen Rechtsstreit eine Entscheidung ergeht, die für das auszusetzende Verfahren materielle Rechtskraft entfaltet oder Gestaltungs- bzw. Interventionswirkung erzeugt. Die Entscheidung im ausgesetzten Verfahren muss mindestens zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängen, dessen Feststellung Gegenstand des anderen Prozesses ist. Erforderlich ist also, dass das in Rede stehende Rechtsverhältnis von den Parteien im anderen Prozess nicht nur geltend gemacht und in das Verfahren eingeführt worden ist, sondern dass aller Voraussicht nach dort auch mit einer Entscheidung hierüber zu rechnen ist.

Das Erbscheinsverfahren hat für den Erbschaftsprozess keine präjudizielle Wirkung. Vielmehr ist das Zivilgericht im Erbschaftsverfahren an die Feststellung im Erbschein nicht gebunden. Der Erbschein enthält lediglich eine formelle Erbenfeststellung, die die Teilnahme des Nachlasses am Rechtsverkehr ermöglicht. Durch den Erbschaftsprozess wird hingegen die Erbenstellung mit materieller Rechtskraftwirkung festgestellt. Daher ist nach rechtskräftiger Entscheidung im Erbschaftsprozess ein Erbschein, der eine andere Erbenstellung ausweist einzuziehen und auf Antrag ein solcher zu erstellen, der der materiellen Rechtskraft des zivilprozesslichen Ergebnisses entspricht. Daher wäre allenfalls das Erbscheinsverfahren auszusetzen (so auch BayObLG, Beschl. v. 30.04.1998, 1Z BR 187/97, FamRZ 1999, 334). Eben auf diesem Wege können divergierende Entscheidungen des Prozessgerichts und des Nachlassgerichts – wie sie das Landgericht befürchtet – vermieden werden.

Entgegen der Auffassung des OLG München (Beschl. v. 11.11.1994, 15 W 1742/94, ZEV 1995, 459) rechtfertigt auch die Richtigkeitsvermutung des Erbscheins gemäß § 2365 BGB und damit verbundene Beweiserleichterungen nichts daran, dass hierdurch keine Vorgreiflichkeit begründet wird. Sachliche oder tatsächliche Zusammenhänge zwischen den Verfahren genügen für eine Vorgreiflichkeit nicht (LG Braunschweig, Beschl. v. 21.10.2021, 8 T 500/21 (298), ZErb 2022, 156 = ZEV 2022, 602 m.w.N.). Das OLG München war in seiner vorzitierten Entscheidung davon ausgegangen, dass ein zu seinen Gunsten ergehender Erbschein für den auf Erbenfeststellung Klagenden eine Beweiserleichterung mit sich bringe. Dies muss keineswegs der Fall sein. Behauptet eine Partei im Zivilprozess die Unwirksamkeit des Testaments, trifft sie im Zivilprozess die Vortrags- und Beweislast, während im Erbscheinsverfahren denjenigen die Feststellungslast trifft, der sich auf das Testament beruft. Somit kann es je nach Fallkonstellation dabei verbleiben, dass die im Zivilprozess vortrags- und beweispflichtige Partei durch die Feststellungen im Erbscheinsverfahren gerade keine Beweiserleichterung erfährt.

Auch die Erwägung der Vermeidung einer doppelten Beweiserhebung rechtfertigt eine Aussetzung des Verfahrens nicht. Zum einen haben reine Zweckmäßigkeitserwägungen außer Betracht zu bleiben (OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.12.1998, 20 W 19/98, OLGR 1999, 134). Zum Anderen kann ebenso das Nachlassgericht im Zivilprozess erhobene Beweismittel im Rahmen der Amtsermittlung seiner Entscheidungsfindung zugrunde legen. Vorliegend tritt hinzu, dass das Landgericht gemäß § 411a ZPO auch auf das Gutachten aus dem Betreuungsverfahren zugreifen könnte.

Im Ergebnis dieser Erwägungen schließt sich der Senat der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur an, wonach die Aussetzung des Erbschaftsprozesses bis zu einer Entscheidung im Erbscheinsverfahren unzulässig ist (So beispielhaft OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG Dresden, Urt. v. 21.07.1994, 7 U 0544/94, OLG-NL 1994, 243; LG Braunschweig, a.a.O.; Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. § 148 Rn. 9; a.A. OLG München, a.a.O.; Damrau, ZEV 2022, 603).

Da die Beschwerde erfolgreich ist, ist eine Kostenentscheidung nicht veranlasst.

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