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Erbschein – Nachweis der Abstammung bei nicht vorhandenen öffentlichen Urkunden

Erbschein: OLG Hamm bestätigt strengen Nachweis der Abstammung

Im Bereich des Erbrechts steht oft die Frage im Raum, wie die Erbfolge bei fehlenden oder unzureichenden Nachweisen der Abstammung des Erblassers geregelt wird. Besonders relevant wird dies, wenn keine öffentlichen Urkunden wie Geburtsurkunden oder andere amtliche Dokumente vorliegen, die die Verwandtschaftsverhältnisse eindeutig belegen. In solchen Fällen ist die Erteilung eines Erbscheins, ein zentrales Instrument im deutschen Erbrecht, kompliziert.

Der Erbschein dient als amtlicher Nachweis über das Erbrecht einer Person. Er wird vom Nachlassgericht ausgestellt und spielt eine entscheidende Rolle, um erbrechtliche Ansprüche geltend zu machen. Doch wie kann die notwendige Abstammung in Ermangelung öffentlicher Urkunden glaubhaft gemacht werden? Welche alternativen Beweismittel sind zulässig, und wie streng sind die Anforderungen der Rechtsprechung, insbesondere gemäß § 2356 BGB, an solche Beweismittel?

Diese Fragen berühren die grundlegenden Prinzipien des Erbrechts, wie die gesetzliche Erbfolge und die Bedeutung der Abstammungsnachweise. Das Erbscheinsverfahren, eine zentrale Säule im Erbrecht, verlangt eine sorgfältige Prüfung und Bewertung der vorliegenden Beweismittel, um die Erbansprüche der Beteiligten festzustellen. In Fällen, in denen keine öffentlichen Urkunden vorliegen, wird das Verfahren zur Herausforderung, da die Gerichte zwischen den Bedürfnissen der Antragsteller und den strikten gesetzlichen Vorgaben abwägen müssen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-10 W 151/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Oberlandesgericht Hamm hat die Beschwerde eines Antragstellers auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen, da die erforderlichen Nachweise der Abstammung nicht gemäß den strengen Anforderungen des § 2356 BGB erbracht werden konnten.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Erbscheinsantrag abgelehnt: Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins wurde vom Amtsgericht Gütersloh und später vom OLG Hamm abgelehnt, da die Abstammungsnachweise des Erblassers nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen.
  2. Bedeutung öffentlicher Urkunden: Der Nachweis der Abstammung des Erblassers konnte nicht durch öffentliche Urkunden, wie vom Gesetz gefordert, erbracht werden.
  3. Alternativbeweise unzureichend: Vorgelegte alternative Beweismittel wie eidesstattliche Versicherungen, Familienfotos und persönliche Angaben wurden als nicht ausreichend erachtet, um die Abstammung zu belegen.
  4. Strenge Anforderungen gemäß § 2356 BGB: Das Gericht betonte die strengen Anforderungen an Beweismittel zur Abstammung, die ähnlich klare und verlässliche Schlussfolgerungen wie öffentliche Urkunden ermöglichen müssen.
  5. Historische Dokumente ungenügend: Auch historische Dokumente wie Aufgebotsunterlagen und ein Geburtsschein erbrachten nicht den erforderlichen Beweis für die Abstammung des Erblassers.
  6. Keine verlässlichen Rückschlüsse auf Abstammung: Das Gericht konnte keine verlässlichen Schlüsse über die tatsächliche Geburt des Erblassers als Kind der angegebenen Eltern ziehen.
  7. Bedeutung des Geburtenregisters: Diskutiert wurde die Rolle des Geburtenregisters von 1929 und die Verpflichtungen der Standesbeamten zur korrekten Beurkundung.
  8. Kostenfolge und Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde: Die Beschwerde wurde mit Kostenfolge für den Antragsteller abgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.

Der Kampf um den Erbschein: Ein rechtliches Dilemma

Im vorliegenden Fall geht es um die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge, die vom Amtsgericht Gütersloh zurückgewiesen wurde. Der Erblasser X, geboren am xx.xx.1929, verstarb am 27.10.2009. Nach seinem Tod stellte sich die Frage nach den rechtmäßigen Erben. Zur Klärung dieser Frage wurde eine Nachlasspflegschaft eingerichtet, und ein professionelles Erbenermittlungsinstitut wurde eingeschaltet. Der Kern des Problems bestand darin, dass keine ausreichenden Nachweise für die Abstammung des Erblassers von seinen Eltern vorgelegt werden konnten. Dies führte zu einer rechtlichen Auseinandersetzung über die Gültigkeit der Erbscheinsanträge.

Strenge Anforderungen an den Abstammungsnachweis

Das rechtliche Problem in diesem Fall lag in den strengen Anforderungen an den Nachweis der Abstammunggemäß § 2356 BGB. Der Antragsteller und die weiteren Verfahrensbeteiligten behaupteten, entfernte Abkömmlinge der Großeltern des Erblassers zu sein, konnten dies jedoch nicht mit den erforderlichen öffentlichen Urkunden nachweisen. Die Herausforderung bestand darin, dass die relevanten Personenstandsurkunden entweder nicht mehr existierten oder nicht auffindbar waren, insbesondere weil einige Unterlagen im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden.

Gerichtliche Beurteilung alternativer Beweismittel

Das Amtsgericht Gütersloh und später das Oberlandesgericht Hamm mussten beurteilen, ob die vorgelegten Beweismittel – wie eidesstattliche Versicherungen, familienhistorische Dokumente und Angaben aus der Personalakte des Erblassers – ausreichend waren, um die Abstammung zu belegen. Beide Gerichte kamen zu dem Schluss, dass die vorgelegten Beweismittel nicht die gleiche Beweiskraft wie öffentliche Urkunden besaßen und somit die Anforderungen des § 2356 BGB nicht erfüllten.

Bedeutung und Auswirkungen des Urteils

Das Oberlandesgericht Hamm entschied schließlich, dass die Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Erbscheinsantrags erfolglos war. Die Gerichte betonten die Bedeutung verlässlicher öffentlicher Urkunden zur Feststellung der Abstammung und lehnten es ab, die vorhandenen Beweismittel als ausreichend anzusehen. Diese Entscheidung zeigt die strengen Anforderungen an den Nachweis der Abstammung im deutschen Erbrecht und die Bedeutung öffentlicher Urkunden in solchen Verfahren.

Die Auswirkungen dieses Urteils sind signifikant, da es die hohen Standards für den Nachweis der Abstammung in Erbscheinverfahren unterstreicht. Es hebt die Wichtigkeit hervor, dass Erben in der Lage sein müssen, ihre Verwandtschaft mit dem Verstorbenen eindeutig zu belegen, insbesondere in Fällen, in denen keine eindeutigen Testamente oder Erbverträge vorhanden sind.

Zusammenfassend zeigt dieses Urteil, wie entscheidend eindeutige und zuverlässige Dokumente für die Feststellung der Erbfolge sind. Es betont die Notwendigkeit, dass Antragsteller im Erbscheinsverfahren die Abstammung gemäß den gesetzlichen Vorschriften nachweisen müssen, und verdeutlicht die Grenzen alternativer Beweismittel, wenn öffentliche Urkunden fehlen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Bedeutung haben öffentliche Urkunden im Erbrecht, insbesondere beim Nachweis der Abstammung?

Öffentliche Urkunden spielen eine entscheidende Rolle im Erbrecht, insbesondere beim Nachweis der Abstammung. Sie dienen als amtliche Zeugnisse und sind unerlässlich, um das Erbrecht einer Person zu bestätigen.

Wer sich auf ein gesetzliches Erbrecht beruft, muss den Nachweis der Verwandtschaft erbringen. Dies erfolgt in der Regel durch öffentliche Urkunden, wie Geburts- oder Heiratsurkunden. Wer diese nicht vorlegen kann, muss das Gericht auf andere Art von der verwandtschaftlichen Beziehung überzeugen.

Ein zentraler Aspekt ist der Erbschein, der als öffentliche Urkunde das Erbrecht des Erben bestätigt. Wer einen Erbschein beantragt, muss den Todeszeitpunkt und das Verhältnis, auf dem das Erbrecht beruht, durch öffentliche Urkunden nachweisen.

Die Abstammung als Kind von dem Erblasser kann durch eine beglaubigte Abschrift aus dem Geburtenregister, eine Abstammungs- oder Geburtsurkunde nachgewiesen werden. Bei nichtehelichen Kindern ist eine Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft bzw. eine Ausfertigung eines Urteils bzw. Beschlusses über die Feststellung der Vaterschaft vorzulegen.

Öffentliche Urkunden sind also von zentraler Bedeutung, um das Erbrecht und die Abstammung nachzuweisen. Ohne diese Urkunden kann der Antrag auf einen Erbschein abgewiesen werden. Daher ist es von großer Bedeutung, dass die relevanten Urkunden vorhanden und korrekt sind, um das Erbrecht und die Abstammung effektiv nachzuweisen.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-10 W 151/14 – Beschluss vom 20.03.2015

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 350.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Am 27.10.2009 verstarb in H – seinem letzten Wohnsitz – der ledige Erblasser X, geboren am xx.xx.1929 in L. Zur Sicherung und Verwaltung seines Nachlasses sowie zur Ermittlung der Erben hat das Amtsgericht Gütersloh mit Beschluss vom 01.12.2009 (7 VI 561/09) eine Nachlasspflegschaft angeordnet. Der bestellte Nachlasspfleger Rechtsanwalt E in H hatte im Zuge eigener Erbenermittlung ausweislich seiner Mitteilung vom 07.02.2011 an das Nachlassgericht (Bl. 37 f. der Beiakte) den Hinterlassenschaften des Erblassers lediglich Schriftwechsel mit vermeintlichen Personen der mütterlichen Verwandtschaft als Hinweis auf die Abstammung entnehmen können und die Einschaltung eines professionellen Erbenermittlungsinstituts angeregt.

Der Antragsteller hat – nach Einschaltung der I Bank AG und über diese veranlasst – mit notariell beurkundetem Antrag vom 07.09.2009 zur UR-Nr. 603/2012 des Notars J in T bei dem Amtsgericht Gütersloh die Erteilung eines Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge begehrt, der ihn und die übrigen Verfahrensbeteiligten als (entferntere) Abkömmlinge der jeweiligen Großeltern des Erblassers väterlicher- und mütterlicherseits als quotale Erben ausweist

Diesen Antrag hat das Amtsgericht Gütersloh – nach einer Zwischenbeanstandung vom 12.03.2013 (Bl. 53 d.A.) und weiteren Ermittlungen – durch Beschluss vom 26.05.2014 zurückgewiesen. In dieser Entscheidung – wegen deren Einzelheiten auf den niedergelegten Beschlussinhalt (Bl. 216 f. d.A.) Bezug genommen wird – hat das Nachlassgericht die Auffassung vertreten, es lägen keine Nachweise für die Abstammung des Erblassers vor. Der Antragsteller habe weder die zur Abstammung des Erblassers von seinen Eltern grundsätzlich erforderlichen Personenstandsurkunden vorgelegt noch sich auf andere Beweismittel bezogen, die – den strengen Anforderungen der Rechtsprechung zu § 2356 BGB entsprechend – ähnlich klare und verlässliche Folgerungen hinsichtlich der Abstammung ermöglichten. Hinzu komme, dass für verschiedene Personen der behaupteten großelterlichen Linie väterlicherseits keine oder jedenfalls keine geeigneten Abstammungsnachweise vorgelegt worden seien.

Gegen diesen – der von ihm bevollmächtigten I Bank AG am 28.05.2014 zugestellten – Beschluss hat der Antragsteller mit Schreiben vom 25.06.2014 – eingegangen per Telefax am selben Tage – beim Amtsgericht Gütersloh Beschwerde mit dem Ziel der Erteilung des beantragten Erbscheins nach gesetzlicher Erbfolge eingelegt.

Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller im Kern geltend, das Nachlassgericht habe mit seiner den Antrag zurückweisenden Entscheidung die angebotenen Erbbeweise nicht ausreichend gewürdigt, naheliegende Erkenntnisquellen zur Abstammung nicht genutzt und das erforderliche Beweismaß im Erbscheinsverfahren unter Verkennung der gesetzlich gewährten Ermessensspielräume unverhältnismäßig verschärft. Das Nachlassgericht habe die Beteiligten T und G, die den Erblasser von Kindesbeinen an als Sohn ihrer Verwandten D gekannt hätten, vernehmen müssen. Hierzu hat sich der Antragsteller ergänzend auf nachgereichte eidesstattliche Versicherungen der genannten gesetzlichen Miterbinnen vom 21.07.2014 (Bl. 289 f. d.A.) und vom 28.07.2014 (Bl. 295 ff. d.A.) sowie auf weitere von diesen eingereichte Korrespondenz nebst Familienfotos bezogen.

Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerde die Auffassung vertieft, die väterliche Abstammung des Erblassers von S sowie dessen Eltern K und B,  sei angesichts der im II. Weltkrieg vernichteten und nicht mehr erlangbaren Unterlagen des Standesamtes für Y hinreichend den Aufgebotsunterlagen zur Eheschließung der Eltern und dem gemeinschaftlichen Erbschein des AG Warendorf vom 20.01.1958 (3 VI 18/58) zu entnehmen, der den Erblasser als „Sohn des am 26.12.1941 gefallenen S“ bezeichne.

Das Amtsgericht Gütersloh hat der Beschwerde des Antragstellers durch Beschluss vom 10.09.2014 (Bl. 309 d.A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Senat des Oberlandesgerichts zur Entscheidung vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben des bevollmächtigten Erbenermittlers vom 30.09,2014 in beglaubigter Kopie Unterlagen aus der Personalakte des Erblassers bei der Bezirksregierung Detmold (u.a. einen Geburtsschein des Standesbeamten in M) vorgelegt. Insoweit wird auf den Inhalt der Aktenhülle zu Bl. 316 d.A. verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Antrags- und Beschwerdebegründung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schreiben des Antragstellers und des von ihm bevollmächtigten Erbenermittlers nebst Anlagen einschließlich des vorgelegten Ordners mit Nachweisdokumenten ergänzend Bezug genommen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den seinen Erbscheinsantrag zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts Gütersloh ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Nachlassgericht hat den Antrag vom 07.09.2012 auf Erteilung eines Erbscheins, der die Verfahrensbeteiligten als gesetzliche Miterben des am ##.##.2009 verstorbenen Erblassers X ausweist, zu Recht zurückgewiesen, weil die dem Antrag zugrunde liegende Erbfolge der Verfahrensbeteiligten nicht in der nach § 2356 BGB erforderlichen Weise nachgewiesen und unter Beweis gestellt worden ist. Auch das vertiefende und ergänzende Vorbringen der Beschwerde einschließlich der dazu eingereichten und angebotenen Beweismittel ermöglicht nicht die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Feststellungen der Verwandtschaftsverhältnisse, auf die die Verfahrensbeteiligten ihr gesetzliches Erbrecht stützen möchten.

Wer die Erteilung eines Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt, hat gemäß § 2354 I Zif. 2 BGB unter anderem das Verhältnis anzugeben, auf dem sein Erbrecht beruht. Die Richtigkeit dieser Angaben ist von dem Antragsteller durch öffentliche Urkunden nachzuweisen; (lediglich) für den Fall, dass öffentliche Urkunden nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten beschafft werden können, genügt die Angabe anderer Beweismittel (§ 2356 I BGB). Entbehrlich sind Nachweise der Verhältnisse, auf denen das gesetzliche Erbrecht beruht, ausschließlich dann, wenn die betreffenden Tatsachen bei dem Nachlassgericht offenkundig sind (§ 2356 III BGB).

Hier obliegt dem Antragsteller deshalb nach Maßgabe des § 2356 BGB der Nachweis, dass die in seinem Erbscheinsantrag bezeichneten 31 Personen sämtlich als Abkömmlinge der Großeltern des genannten Erblassers – mithin gesetzliche Erben dritter Ordnung (§ 1926 I BGB) – mit diesem verwandt waren und an die Stelle eines beim Erbfall am 27.10.2009 nicht mehr lebenden Abkömmlings dieser Großeltern getreten sind.

Der Antragsteller hat dazu geltend gemacht, dass sich eine öffentliche Urkunde zur Abstammung des Erblassers von den angegebenen Eltern durch Geburt am xx.xx.1929 in L nicht nachweisen lasse; der dortige Geburtseintrag lasse sich nicht beschaffen, Geburtsurkunden seien nach dem Erbfall im Nachlass nicht aufgefunden worden. Die standesamtlichen und kirchlichen Unterlagen über die Geburt und Abstammung des Erblasservaters S und dessen Brüder seien ebenfalls nicht zu beschaffen, weil die Familie in Y gelebt habe, wo die entsprechenden amtlichen Unterlagen im II. Weltkrieg vernichtet worden seien.

Danach ist bereits nicht recht nachvollziehbar, weshalb die maßgebliche Abstammung des Erblassers, der gerade nicht in dem von der kriegsbedingten Aktenvernichtung betroffenen Y geboren wurde, nicht durch öffentliche Urkunde nachgewiesen werden können soll. Selbst wenn indes zugunsten des Antragstellers unterstellt wird, dass die standesamtlichen Register und sonstigen Unterlagen auch für den Geburtsort des Erblassers L vernichtet worden sind, so dass deshalb die Angabe anderer Beweismittel nach § 2356 I 2 BGB genügt, kann den eingereichten anderweitigen Urkunden und unterbreiteten Beweisangeboten der erforderliche Nachweis der (ehelichen) Abstammung des Erblassers von den angegebenen Eltern S und D, nicht entnommen werden und sind weitere erfolgversprechende Ermittlungen nicht aufgezeigt oder ersichtlich.

Der angefochtene Beschluss hat zu Recht darauf abgehoben, dass das Nachlassgericht sich von den für die gesetzliche Erbfolge maßgebenden (Abstammungs-)Verhältnissen anhand der anderweitigen Beweismittel überzeugen können muss. Insofern entspricht es gefestigter Rechtsprechung – auch des erkennenden Beschwerdegerichtes – dass die „anderen Beweismittel“ i.S.v. § 2356 I 2 BGB ähnlich klare und hinreichend verlässliche Schlussfolgerungen ermöglichen müssen wie eine öffentliche Urkunde, so dass an die Anforderungen der Beweisführung über § 2356 I 2 BGB regelmäßig strenge Anforderungen zu stellen sind (OLG Schleswig, FamRZ 2013, 2013 f. – Juris-Rz. 12; FamRZ 2010, 930, Juris-Rz. 19; OLG Hamm, Zerb 2013, 68 ff. – Juris-Rz. 11; KG Berlin, FamRZ 1995, 837 f. – Juris-Rz. 5 – jeweils m.w.N.; Münchener Kommentar, BGB, 6.Aufl., § 2356 BGB, Rz. 43). Nur nach Maßgabe dieser strengen Anforderungen haben Tatsachen jeder Art als andere Erkenntnisquellen i.S.v. § 2356 I 2 BGB Berücksichtigung zu finden (vgl. Staudinger, BGB, – Bearb. 2010, § 2356 BGB, Rz. 48).

Insoweit ist zunächst davon auszugehen, dass als Nachweis der Abstammung einer Person durch öffentliche Urkunde der Eintrag in das amtliche Geburtenregister, beglaubigte Abschriften daraus, Abstammungs- oder Geburtsurkunden in Betracht kommen (vgl. Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl. – 2013, § 2356 BGB, Rz. 28). Zur Zeit der Geburt des Erblassers im Jahre 1929 mussten Geburtsfälle nach Maßgabe des § 22 PStG (vom 01.01.1900) zeitnah (§ 17 PStG von 1900) in einem bei den Standesämtern geführten Geburtsregister (§ 12 PStG von 1900) eingetragen werden, in welches auch Vor- und Familienname, Stand oder Gewerbe und Wohnort der Eltern aufzunehmen waren. Die Anzeige der Geburt gegenüber dem Standesamt war von bestimmten nach § 18 PStG (von 1900) anzeigeverpflichteten Personen (ehelicher Vater, bei der Niederkunft zugegen gewesene Personen) vorzunehmen. Anzeigeberechtigt waren auch andere „aus eigener Wissenschaft unterrichtete Personen“ (§ 19 PStG von 1900). § 21 PStG (von 1900) statuierte die gesetzliche Verpflichtung des Standesbeamten, sich von der Richtigkeit der Geburtsanzeige in geeigneter Weise Überzeugung zu verschaffen. Verletzungen der genannten Anzeigepflicht waren gemäß § 68 PStG (von 1900) mit Geld- oder Haftstrafe bedroht. Auch die Falschbeurkundung im Amt war – vergleichbar dem gegenwärtigen Recht – strafbewährt. – Durch die genannten und weitere gesetzliche Vorgaben für Sonderfälle war in besonderer Weise gewährleistet, dass die standesamtliche Beurkundung von Geburtsfällen einschließlich der Abstammung des Kindes „den tatsächlichen Verhältnissen“ entsprach.

Dies vorausgeschickt rechtfertigt die abwägende Würdigung aller von dem Antragsteller für die behauptete Abstammung des Erblassers angeführten Indizien nicht die einem Abstammungsnachweis durch öffentliche Urkunde vergleichbar sichere Schlussfolgerung, dass dieser am xx.xx.1929 als Kind der Eheleute S und D geboren wurde, so dass sich aus dem Wegfall der Eltern und beiderseitigen Großeltern bei seinem Tod die gesetzliche Erbfolge der Verfahrensbeteiligten ergibt.

Der im Zuge des Beschwerdeverfahrens aus den Personalakten des Erblassers bei seinem Dienstherren in beglaubigter Abschrift vorgelegt Geburtsschein erbringt Beweis nur für den Namen, Ort und Zeit der Geburt des Erblassers; er besagt nichts zu seiner – für die Erteilung des Erbscheins wesentlichen – Abstammung (vgl. LG Mainz, B.v. 11.07.1987 – 8 T 100/87 = BeckRS 2013, 18428). Die anlässlich der Einstellung in den öffentlichen Dienst gemachten Angaben des Erblassers zu seiner Herkunft in seinem Lebenslauf und bei der amtsärztlichen Untersuchung, welche sich mit den Abstammungsverhältnissen des Erbscheinsantrags decken, vermögen allenfalls zu belegen, dass ihm diese Herkunft und Abstammung zeitlebens vermittelt worden war und er selbst sie für wahr erachtete. Seiner eigenen bewussten Wahrnehmung konnte sie indes ersichtlich nicht entspringen.

Ähnliches gilt für die eidesstattlich versicherten Angaben der Verfahrensbeteiligten F (geb. 1929) und G (geb. 1931), die als Nichten der im Antrag benannten Mutter des Erblassers- D – zum Zeitpunkt der Geburt des Erblassers selbst Kleinkinder waren; sie haben glaubhaft geschildert, dass der Erblasser als leibliches Kind der bezeichneten Eltern aufgewachsen sei und im Zuge familiärer Kontakte nicht der geringste Anhalt für seine Annahme als Kind aufgekommen sei. Der Senat kann insoweit davon ausgehen, dass die genannten Verfahrensbeteiligten ihre Beobachtungen wahrheitsgemäß mitgeteilt und an Eides statt versichert haben. Jedoch berechtigt dies auch unter weiterer Berücksichtigung der eingereichten Briefwechsel von Verfahrensbeteiligten mit der Verwandten D und der dortigen Andeutungen zu einer vermeintlich dem Erblasser vererbten „Anlage zum Lehrerberuf“ lediglich zu dem Rückschluss, dass der Erblasser von jeher als Sohn der Eheleute S und D galt und lebte. Eben dies ist auch das Resümee der fremdanamnestischen Erkenntnisse der Betreuerin und des Nachlasspflegers zu einem „Zusammenleben als Mutter und Sohn“. Bestätigung dafür findet sich „von amtlicher Seite“ durch die (historische) Meldeauskunft des Stadt H, weshalb der Senat im Ergebnis durchaus davon ausgeht, dass der Erblasser von jeher als Sohn der Eheleute S und D galt und bis zu seinem Tode so lebte. Verlässliche Rückschlüsse auf seine tatsächliche Geburt als Kind der angegebenen Eltern – die der Beweiskraft öffentlicher Urkunden vergleichbar wären – lässt all das indessen nicht zu. Personen, die belastbare Angaben zu dem entsprechenden Geburtsereignis hätten machen könne, sind ersichtlich – schon wegen des Zeitablaufes von mittlerweile weit mehr als 80 Jahren – ersichtlich nicht vorhanden.

Dass die angegebenen Eltern S und D ausweislich der in beglaubigter Abschrift vorgelegten Aufgebotsunterlagen (aus dem Heiratsregister) am 29.12.1928 vor dem Standesbeamten in N die Ehe geschlossen haben und als ihren künftige Wohnort L angaben, wo der Erblasser am xx.xx.1929 mit dem Familiennamen „X“ geboren wurde, mag – im Zusammenhang mit den vorgenannten Hinweisen zum Aufwachsen des Erblassers in der Familie – die behauptete eheliche Abstammung nahelegen. Allerdings erscheint es nicht ausgeschlossen, dass zeitnah zu der dokumentierten Eheschließung in dem seinerzeitigen Wohnort der Eltern (damalige Einwohnerzahl wohl ca. 400 Personen) ein mit demselben Familiennamen versehenes Kind geboren wurde, welches nicht der dokumentierten Ehe entstammte. Es verbleiben vielmehr nicht auszuräumende Zweifel, ob das mit dem Erblasser „gelebte“ Verwandtschaftsverhältnis seiner tatsächlichen Abstammung entsprach.

Dass der erweiterten Melderegisterauskunft der Stadt H vom März 2011 keine entscheidende Beweiskraft für die Abstammungsverhältnisse des Erblassers zukommt, weil sie auf letztlich nicht belegten Angaben des Bestatters beruhte, hat der angefochtene Beschluss zutreffend ausgeführt. Zutreffend sind schließlich auch die Erwägungen des Nachlassgerichts, wonach der Erteilung des Erbscheins nach dem angegebenen Großvater väterlicherseits (K, geb. xx.xx.1860) durch das AG Warendorf (3 VI 18/58) nicht verlässlich entnommen werden kann, ob und in welcher Weise der darin aufgeführte Erblasser seinerzeit seine Abstammung nachgewiesen hatte. Wegen der Vernichtung der weiteren Nachlassvorgänge, die in jenem Verfahren zur Erbscheinserteilung führten, ergibt sich auch insoweit kein Ansatz für weitergehende Erkenntnisse zu den maßgeblichen Verhältnissen.

Die nach alledem erfolglose Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung seines Erbscheinsantrags vom 07.09.2012 war mit der Kostenfolge aus § 84 FamFG zurück zu weisen.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 II FamFG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 40 GNotKG unter Berücksichtigung der aus dem beigezogenen Nachlasspflegschaftsverfahren (AG Gütersloh – 7 VI 561/09) ersichtlichen Nachlasswertangaben.

 

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