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Erbscheinantrag – Zurückweisung Formunwirksamkeit des Testaments

OLG Düsseldorf – Az.: I-25 Wx 65/18 – Beschluss vom 22.02.2019

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 28.06.2018 – 560 VI 1244/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

Erblasserin ist die am 13.12.1919 in A. geborene B.. Sie war zuletzt wohnhaft in C. und verstarb dort am 20.05.2016. Sie war ledig. Ihre Eltern sind vorverstorben. Herr Dr. D. und Herr E. sind Cousins der Erblasserin.

Am 13.08.1997 errichtete die Erblasserin ein einseitiges handschriftliches Testament, welches am 21.03.2017 durch das Amtsgericht Wuppertal eröffnet wurde (Bl. 6 der BA 560 VI 900/17). Dieses hat folgenden Inhalt:

„Testament

C., 13.8.97

Ich setze als meine Erben über meinen gesamten Besitz – je zur Hälfte – meine beiden Freundinnen ein:

Frau F.

in C.      und

Frau G.

….

in C.

Nach dem Tode einer der beiden oben genannten Erbinnen fällt mein gesamter verbleibender Besitz an die Überlebende.

gez. B.

C., 13.8.97“

Am 15.02.2002 errichtete die Erblasserin ein weiteres handschriftliches Testament, dessen Original allerdings nicht mehr auffindbar ist. Es existieren jedoch zwei Kopien, auf denen die Erblasserin einige wenige handschriftliche – völlig übereinstimmende – Änderungen vorgenommen hat. Im Einzelnen:

– Durchkringelung von „und Commerzbank H.“ und „…str. …“;

– Ergänzung: „…-Straße ..“;

– Korrektur der Postleitzahl …. durch Durchstreichen der letzten Ziffer .. und Einfügung  der Ziffer ….

– Einfügung am Ende: „Veränderungen am 10.April 2013 (Unterschriftskürzel) B.“

Eine dieser bearbeiteten Kopien bewahrte sie in einem Umschlag mit der handschriftlichen Beschriftung „Kopie   Testament und letztwillige Verfügungen“ auf (Bl. 22 der BA 560 VII 900/16). Diese Testamente wurden ebenfalls am 21.03.2017 durch das Amtsgericht Wuppertal eröffnet und lauten (identisch) wie folgt (Bl. 16 /17 und 20/21 der BA 560 VII 900/16):

„Testament

Nach meinem Tode sollen die beiden Miteigentümerinnen von Haus und Grundstück

Frau F., geb. 24.10.1931 und

Frau G., geb. 6.08.1933 zu gleichen Anteilen meinen Anteil dieser (oben genannten) Immobilie als Erben erhalten.

Im Falle des Todes einer der beiden oben genannten Personen geht mein Besitzanteil an Haus und Grundstück auf die überlebende Person über. Falls die eine oder die beiden Überlebenden das Haus verkaufen wollen (bzw. will), z.B. aus Altersgründen, steht ihnen bzw. ihr der Erlös aus meinem Anteil selbstverständlich (s.o.!) voll zur Verfügung. Es wäre ganz in meinem Sinne, wenn Fr. G. oder/und Fr. F. über die endgültige Verwendung dieses Geldes letztwillig so verfügen würden, daß die evtl. verbleibende Restsumme nach ihrem Tode an die Kindernothilfe e.V. (J.) vererbt wird.

Mein Bar-und Wertpapiervermögen (Stadtsparkasse K. und Commerzbank H.) wird – falls keine katastrophale Entwertung eintritt – die Kosten decken, die mit meinem Tode verbunden sind.

Ich wünsche, daß, nach Abzug aller oben genannten anfallenden Kosten nach meinem Tode, 30 % meiner Bar-und Wertpapiervermögen an Frau F. als Vorausvermächtnis fällt.

50 % soll meine Nichte (Tochter meines Vetters) Frau L., geb. B., geb. ….., z.Zt. Wohnhaft:   str. 1 …-Straße 25

…M.

und ihre drei Kinder zu gleichen Teilen erben.

Der Anteil der Kinder ist bis zum 25. Lebensjahr nur zum Unterhalt und zur Ausbildung unter Zustimmung ihrer Mutter zu verwenden.

Die weiteren 20 % soll Frau Pastorin N., geb. …..1954, wohnhaft in O., erben.

Als Testamentsvollstrecker und zum Ordnen meines Nachlasses bestimme ich Herrn P., wohnhaft in ….., ….

mit weitestgehenden Rechten. Er möge in Absprache mit Frau F. und/oder Frau G. meinen Nachlass ordnen.

C., den 15.02.2002

gez. B.

Veränderungen am 10. April 2013   B..“

Zudem liegt ein weiteres undatiertes, nicht unterzeichnetes Schreiben vor, welches am 21.03.2017 vom Amtsgericht Wuppertal eröffnet wurde und in dem unter der Überschrift „V. Vermächtnisse“ verschiedene, näher bezeichnete Schmuckstücke einzelnen Personen zugedacht werden.

Die in den Testamenten genannte F. ist am 23.10.2014 vorverstorben.

Die Antragstellerin, nachverstorben am 10.08.2016, stellte am 01.06.2016 den Antrag auf die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweist. Sie begründete ihren Antrag damit, dass das Testament vom 15.02.2002 nicht mehr im Original aufgefunden werden könne, so dass davon auszugehen sei, dass dieses im Todeszeitpunkt nicht mehr existierte und somit das Testament vom 13.08.1997 maßgeblich sei. Das Testament vom 15.02.2002 in Kopie mit handschriftlichen Änderungen vom 10.04.2013 sei nicht formwirksam.

Das Amtsgericht – Nachlassgericht – Wuppertal hat mit Beschluss vom 28.06.2018 den Erbscheinsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Testament vom 13.08.1997 gemäß § 2258 Abs. 1 BGB wirksam widerrufen worden sei, da die Erblasserin eine anderweitige Regelung ihrer Erbfolge getroffen habe und das Testament vom 15.02.2002/10.04.2013 seinerseits nicht widerrufen worden sei.

Zwar könne das Testament vom 15.02.2002 nicht mehr in Urschrift vorgelegt werden. In einem solchen Fall sei aber ausnahmsweise möglich, die Testamentserrichtung und den Inhalt der Testamentsverfügung durch Vorlage einer Testamentskopie darzulegen, wenn das Nachlassgericht aufgrund der Kopie und sonstiger Beweise zur Erkenntnis gelange, dass ein Originaltestament mit dem aus der Fotokopie ersichtlichen Inhaltformgültig errichtet und von der testierenden Person nicht widerrufen worden sei. Im Übrigen könne ein formwirksames Testament auch dadurch hergestellt werden, dass der Testierende die Fotokopie eines von ihm eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament eigenhändig ändere, wenn der im vorhandenen Original und auf dessen Kopie niedergelegte Text ein einheitliches Ganzes bilden. Das Gericht ist der Überzeugung, dass die Erblasserin das Testament vom 15.02.2002 im Original geschrieben und unterschrieben und damit ein formwirksames Testament gemäß §§ 2231 Nr. 2, 2247 BGB errichtet habe. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Kopien, die die Erblasserin am 10.04.2013 bei einigen Daten aktualisiert habe, ohne den Inhalt der letztwilligen Verfügungen zu verändern. Damit habe sie bestätigt, dass das Testament vom 15.02.2002 inhaltlich weitergelten solle. Zugleich habe sie damit ein neues form-wirksames Testament errichtet.

Auch im Rahmen der Auslegung des Testamentswortlauts und der Erforschung des wirklichen Willens der Erblasserin ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin Alleinerbin (nach dem Vorversterben von Frau F.) geworden sei. Die Erblasserin habe um ihr nicht unbeträchtliches Bankvermögen gewusst und die Barwerte bewusst im Testament vom 15.02.2002/10.04.2013 aufgeteilt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das Gericht sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass das Testament vom 13.08.1997 durch das Testament vom 15.02.2002/10.04.2013 widerrufen worden sei. Unstreitig sei das Originaltestament vom 15.02.2002 nicht auffindbar und lediglich eine Fotokopie vorhanden. Sie gehe davon aus, dass das Original durch die Erblasserin vernichtet worden sei. Die Kopie stelle kein wirksames Testament dar. Gemäß § 2247 BGB sei ein Testament vielmehr im gesamten Wortlaut selbst zu schreiben und zu unterschreiben. Eine Fotokopie des Testaments genüge diesen Anforderungen nicht. Zwar könne bei Abhandenkommen des Originals die Testamentserrichtung und dessen Inhalt auch mittels einer Fotokopie dargelegt werden, wenn das Nachlassgericht ausnahmsweise aufgrund der Kopie und sonstiger Beweise zur Erkenntnis gelange, dass ein Originaltestament mit dem aus der Fotokopie ersichtlichen Inhalt formgültig errichtet worden sei. Zu der Fotokopie seien daher sonstige Beweise erforderlich. An diesen feh-le es aber hier. Die Beweislast dafür, dass das nicht mehr auffindbare Original formgültig errichtet worden und den auf der Fotokopie wiedergegebenen Inhalt habe, trage derjenige, der sich auf das nicht auffindbare Testament berufe, daher jedenfalls nicht sie selbst.

Rechtsfehlerhaft sei auch die Auffassung des Amtsgerichts, nach der die handschriftlichen Änderungen vom 10.04.2013 auf der Fotokopie des Testaments vom 15.02.2002 eine Bestätigung und damit einhergehend eine Neuerrichtung eines wirksamen Testaments darstelle. Denn entsprechend der hierzu ergangenen obergerichtlichen Recht-sprechung seien handschriftliche Ergänzungen auf einer Kopie nur im Zusammenhang mit dem Original als Testamentserrichtung anzusehen. An dem Original fehle es aber gerade. Wenn aber nur die eigenhändig verfassten handschriftlichen Teile gültig seien, könne sich aus ihnen eine Testamentserrichtung nur ergeben, sofern sie eine einheitliche Willenserklärung ergäben. Die auf der Kopie vorhandenen fragmentarischen handschriftlichen Ergänzungen und Durchstreichungen seien isoliert betrachtet aber unverständlich und ohne einen eigenen Aussagegehalt, so dass sie für sich keinen gültigen Testamentsteil darstellen würde.

Sie beantragt, den Beschluss des Amtsgerichtes – Nachlassgericht – Wuppertal vom 28.06.2018 aufzuheben und ihr einen Erbschein aufgrund des Testaments der Erblasserin B. vom 13.08.1997 zu erteilen, wonach sie Alleinerbin geworden sei.

Mit Beschluss vom 21.09.2018 hat das Amtsgericht – Nachlassgericht – Wuppertal der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.

Die Akte über die Verfügung von Todes wegen 560 VI 900/16 des Amtsgerichts Wuppertal lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist gemäß §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1, 64 Abs. 1,352e FamFG statthaft und zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg.

Das Amtsgericht Wuppertal hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Antragstellerin die Erblasserin nicht als Alleinerbin beerbt hat. Das am 13.08.1997 formwirksam errichtete Testament der Erblasserin wurde nach Überzeugung des Senats wirksam von der Erblasserin durch das Testament vom 15.02.2002, welches noch wirksam ist, widerrufen, § 2258 Abs. 1 BGB.

Zwar erfüllt die vorliegende Fotokopie des Testaments vom 15.02.2002 als solche nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament, denn es fehlt an den Voraussetzungen des § 2247 Abs. 1 BGB, nämlich der eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Erklärung. Das ändert aber nichts daran, dass auf andere Weise der Nachweis geführt werden kann, dass der Erblasser ein formgerechtes Testament mit dem aus der Kopie ersichtlichen Inhalt errichtet hat. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts. Sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist (OLG Koblenz Beschluss vom 08.10.2015, 11 WX 78/14 FamRZ 2016, 1007 Rn. 15; Beschluss vom 18.12.2015 1 W 622/15 FamRZ 2016, 1487; OLG Naumburg FamRZ 2013, 246). Vorliegend wird die eigenhändige und handschriftliche Errichtung des lediglich in Kopie vorliegenden Testaments vom 15.02.2002 durch die Erblasserin von der Antragstellerin selbst nicht bestritten. Allerdings behauptet sie, dass die Erblasserin dieses bis zu ihrem Tode wohl selbst vernichtet und damit widerrufen haben müsse. Zwar wird im Falle der Vernichtung der Urkunde durch den Erblasser vermutet, dass er damit die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat(§ 2255 S. 2 BGB). Für die Vernichtung des Testaments im Falle der Unauffindbarkeit spricht aber mit den oben genannten Erwägungen gerade keine Vermutung; es sind auch hier keinerlei sonstige Anhaltspunkte dafür ersichtlich.

Im Ergebnis unterliegt daher die Kopie der angeblichen Testamentsurkunde der freien Beweiswürdigung (OLG Karlsruhe OLGR 2007, 364 Tz. 20; Geimer in: Zöller ZPO,32. Auflage Vor § 415 Rn. 2), wobei an die Beweisführung strenge Anforderungen zu stellen sind (OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 1007 Rn. 15; OLG Naumburg FamRZ 2013, 246; Bauermeister in: juris PK-BGB 8. Aufl. 2017 § 2247 BGB Rn. 24).

Der Senat ist nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen ebenso wie das Amtsgericht – Nachlassgericht – Wuppertal zu der Überzeugung gelangt, dass das Testament vom 15.02.2002 wirksam errichtet wurde und nach wie vor Geltung hat. Warum das Original nicht auffindbar ist, kann nicht mehr aufgeklärt werden. Der Senat geht im Ergebnis aber nicht davon aus, dass die Erblasserin es in der Absicht, es zu widerrufen, vernichtet hat.

Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Die Erblasserin hat zwei Kopien des unstreitigen Testaments vom 15.02.2002 gefertigt, diese aufbewahrt und beide mehr als elf Jahre später, nämlich am 10.04.2013, handschriftlich (und auch identisch) marginal abgeändert, indem sie zwei Punkte aktualisiert hat. Dazu zählen zum einen die Streichung der Bankverbindung für das Bar- und Wertpapiervermögen bei der Commerzbank H., zum anderen die Aktualisierung der Adresse ihrer Nichte, Frau L. Diese Änderungen hat sie mit einem Zusatz unterhalb des kopierten Testaments mit „Veränderungen am 10. April 2013“ und dem Unterschriftenkürzel „B.“ bestätigt.

Des Weiteren hat sie eine der beiden bearbeiteten Kopien in einem Umschlag mit der handschriftlichen Beschriftung „Kopie“ und „Testament und letztwillige Verfügungen“ bis zu ihrem Tode aufbewahrt. Daraus ergibt sich, dass die Erblasserin zu keinem Zeit-punkt die Absicht hatte, den im Testament vom 15.02.2002 zum Ausdruck gekommene Willen inhaltlich zu ändern oder gar aufzugeben. Sie hat am 10.04.2013 lediglich Aktualisierungen vorgenommen und den übrigen Inhalt durch ihre Unterschrift gerade bestätigt. Wäre die Erblasserin selbst bei Vornahme der Ergänzung nicht vom Fortbestand des formwirksamen Testaments ausgegangen oder hätte sie inhaltliche Änderungen vornehmen wollen, hätte sie keine bloßen Aktualisierungszusätze angebracht, sondern ein neues Testament erstellt oder die Kopien vernichtet. Da sie dies nicht getan hat, sondern die Kopien in einem extra für ihren Todesfall vorgesehen Umschlag aufbewahrt hat, hat der Senat keinen Zweifel daran, dass das Testament vom 15.02.2002 weiter fortgelten sollte. Da ebenfalls keine Zweifel daran bestehen, dass die Erblasserin selbst die handschriftlichen Veränderungen und die Bestätigung vorgenommen hat, ist der Beweis für die Wirksamkeit des Testaments als geführt anzusehen. Entgegen der Annahme der Antragstellerin waren zur Überzeugung des Gerichts keine weiteren Beweise erforderlich. Zu der Frage, ob die Ergänzungen auf der Testamentskopie überhaupt als Neuerrichtung eines Testaments angesehen werden konnten, kommt es daher nicht mehr an.

Gleichfalls ergibt die Auslegung des Testaments vom 15.02.2002 zugunsten der Antragstellerin nicht, dass sie als Alleinerbin eingesetzt werden sollte und im Weiteren nur Vorausvermächtnisse erfolgen sollten. Insoweit wird auf die umfangreichen und zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung, die im Übrigen mit der Beschwerde nicht angegriffen worden sind, Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 84 FamFG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nach § 70 Abs. 1 und 2 FamFG nicht vor.

Der Gegenstandswert wird auf 638.674,00 EUR festgesetzt (§ 40 Abs. 1 GNotKG).

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