Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Der Fall B A: Ein komplexer Erbschaftsstreit vor dem OLG Hamm
- Die Vorgeschichte: Enttäuschung und der Wunsch nach Versorgung
- Die Vertragspartner und ihre Verpflichtungen
- Die Gegenleistung: Grundbesitz als Erbe
- Der Erblasser und sein Vermögen
- Der Streit um das Erbe: Vertrag gegen gesetzliche Erbfolge
- Die zentrale Rechtsfrage: Auslegung des Vertrags und Testierfähigkeit
- Die Entscheidung des Amtsgerichts Gütersloh (Vorinstanz)
- Das Urteil des OLG Hamm: Klare Linie zugunsten der Bekannten
- Die mutmaßlichen Gründe des OLG Hamm
- Kostenentscheidung und Wert des Verfahrens
- Bedeutung für Betroffene
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Testierfähigkeit und wann kann sie bei einem Erblasser angezweifelt werden?
- Welche Rolle spielt ein Betreuungsvertrag im Rahmen eines Erbschaftsstreits und wie wird er rechtlich bewertet?
- Wie werden Leistungen der Vertragspartner im Rahmen eines Betreuungsvertrags bewertet, insbesondere wenn diese über normale Gefälligkeiten hinausgehen?
- Was ist ein Erbscheinverfahren und welche Bedeutung hat es bei der Klärung von Erbschaftsansprüchen?
- Können frühere Verkäufe von Grundbesitz durch den Erblasser Auswirkungen auf die Bewertung des Nachlasses und die Erbansprüche haben?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 10 W 125/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Hamm
- Datum: 28.12.2021
- Aktenzeichen: 10 W 125/19
- Verfahrensart: Beschluss im Beschwerdeverfahren (Erbscheinverfahren)
- Rechtsbereiche: Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragstellerin auf Erbschein: Eine Bekannte des Verstorbenen, die zeitweise bei ihm wohnte und ihn unterstützte. Sie beantragte, als Alleinerbin anerkannt zu werden.
- Beschwerdeführer: Der ehemalige Hausarzt des Verstorbenen sowie dessen Nichten und Neffen (als gesetzliche Erben). Sie legten Beschwerde gegen eine frühere Entscheidung ein und wandten sich gegen die Anerkennung der Bekannten als Alleinerbin.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Ein unverheirateter und kinderloser Mann (Erblasser) verstarb. Es entstand ein Streit darüber, wer sein Erbe ist. Eine langjährige Bekannte, die zeitweise mit ihrer Tochter auf seinem Hof lebte, beanspruchte das Erbe für sich allein. Dagegen wehrten sich der ehemalige Hausarzt des Erblassers sowie dessen gesetzliche Erben (Nichten und Neffen). Das Verfahren landete nach einer Entscheidung des Amtsgerichts beim Oberlandesgericht.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, wer der rechtmäßige Erbe des Verstorbenen ist und ob die Bekannte als Alleinerbin eingesetzt wurde.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied, dass die Bekannte des Verstorbenen tatsächlich die alleinige Erbin ist. Die Beschwerden des Hausarztes und der gesetzlichen Erben wurden zurückgewiesen.
- Folgen: Das Amtsgericht Gütersloh wurde angewiesen, der Bekannten einen Erbschein auszustellen, der sie als Alleinerbin ausweist. Der ehemalige Hausarzt und die gesetzlichen Erben müssen die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Bekannten in diesem Verfahren. Die Bekannte muss die Gerichtsgebühren für ihren ursprünglichen Erbscheinsantrag selbst bezahlen. Eine weitere Beschwerde gegen diese Entscheidung (Rechtsbeschwerde) ist nicht möglich.
Der Fall vor Gericht
Der Fall B A: Ein komplexer Erbschaftsstreit vor dem OLG Hamm

Ein ungewöhnlicher Vertrag über Betreuung und Erbe stand im Zentrum eines Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Es ging um das Vermögen des kinderlosen und unverheirateten Landwirts B A, der 2018 verstarb. Das Gericht musste klären, wer sein Erbe antreten darf, nachdem er 2016 einen notariellen Vertrag mit seinem Hausarzt und zwei Bekannten geschlossen hatte.
Die Vorgeschichte: Enttäuschung und der Wunsch nach Versorgung
Der Erblasser, Herr B A, war laut Vertragspräambel von seinen Verwandten enttäuscht. Er wollte sicherstellen, dass er im Alter medizinisch und pflegerisch gut versorgt ist. Daher schloss er im Januar 2016 einen „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ mit drei Personen: seinem Hausarzt (Beteiligter zu 1), einer langjährigen Bekannten (Beteiligte zu 2) und deren Tochter (Beteiligte zu 3).
Die Vertragspartner und ihre Verpflichtungen
Die Beteiligte zu 2) kannte den Erblasser seit etwa 1985 und lebte zeitweise mit ihrer Tochter auf seinem Hof in C, um ihn im Haushalt zu unterstützen. Der Beteiligte zu 1) war seit 2015 sein behandelnder Hausarzt. Der Vertrag legte detailliert fest, welche Leistungen die drei Beteiligten zu erbringen hatten, die über übliche Gefälligkeiten oder ärztliche Standardleistungen hinausgingen.
Konkrete Aufgaben im Vertrag
Der Arzt verpflichtete sich zu umfassender Betreuung, einschließlich Hausbesuchen, telefonischer Erreichbarkeit und Unterstützung bei Post- und Finanzangelegenheiten. Die Bekannte übernahm Aufgaben der Haushaltsführung sowie der medizinischen und pflegerischen Versorgung. Ihre Tochter sollte sie dabei nach Kräften unterstützen. Diese detaillierten Verpflichtungen sollten die umfassende Versorgung des Erblassers sicherstellen.
Die Gegenleistung: Grundbesitz als Erbe
Als Gegenleistung für die zugesagten Betreuungs- und Versorgungsleistungen bestimmte der Erblasser in dem Vertrag, dass die drei Beteiligten nach seinem Tod Teile seines Grundbesitzes erhalten sollten. Dem Arzt war eine Fläche von gut 2,3 Hektar zugedacht. Die Bekannte und ihre Tochter sollten gemeinsam gut 3,3 Hektar zu je gleichen Teilen erben.
Der Erblasser und sein Vermögen
Herr B A hatte den Hof 1982 von seinem Vater übernommen. 1996 gab er die Landwirtschaft auf, was zu erheblichen Steuerlasten führte. In den Jahren 2014 und 2015 verkaufte er bereits Teile seines Grundbesitzes, die zu Bauland geworden waren, und erzielte damit Einnahmen von über 730.000 Euro. Weitere Flächen galten als Bauerwartungsland. Der Gesamtwert des Nachlasses wurde im Beschwerdeverfahren auf über 1,5 Millionen Euro beziffert.
Der Streit um das Erbe: Vertrag gegen gesetzliche Erbfolge
Nach dem Tod von Herrn B A im Jahr 2018 entbrannte der Streit um sein Erbe. Die Verwandten des Erblassers – die Erben seines ebenfalls verstorbenen Bruders (Beteiligte zu 5 bis 7) und seiner verstorbenen Schwester (Beteiligte zu 4, 8 und 9) – meldeten ebenfalls Ansprüche an. Sie zogen offenbar die Wirksamkeit des Vertrages in Zweifel oder argumentierten, er regele nicht das gesamte Erbe.
Die zentrale Rechtsfrage: Auslegung des Vertrags und Testierfähigkeit
Das Kernproblem für die Gerichte war die Auslegung des Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrags. Es musste geklärt werden, ob dieser Vertrag als wirksames Testament oder Erbvertrag anzusehen war und ob der Erblasser bei Abschluss des Vertrages testierfähig war, also geistig in der Lage, die Tragweite seiner Entscheidung zu verstehen. Die Bezeichnung als „Erbvertrag“ und die notarielle Beurkundung sprachen dafür.
Herausforderung der Vertragsauslegung
Die besondere Herausforderung lag darin, dass der Vertrag zwar spezifische Grundstücke als Gegenleistung nannte, aber nicht explizit regelte, wer Erbe des gesamten restlichen Vermögens sein sollte. Gerichte müssen in solchen Fällen den Willen des Erblassers ermitteln, oft durch Auslegung aller Umstände, einschließlich der Vertragspräambel und der persönlichen Beziehungen.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Gütersloh (Vorinstanz)
Das Amtsgericht Gütersloh hatte zunächst über den Erbscheinsantrag zu entscheiden. Die genaue Entscheidung des Amtsgerichts geht aus dem vorliegenden Beschluss des OLG Hamm nicht hervor, jedoch wurde sie von mehreren Beteiligten angefochten, was zum Verfahren vor dem OLG führte. Offenbar entsprach die Entscheidung nicht dem Antrag der Beteiligten zu 1) bis 3), die sich auf den Vertrag beriefen.
Das Urteil des OLG Hamm: Klare Linie zugunsten der Bekannten
Das OLG Hamm änderte die Entscheidung des Amtsgerichts ab. Es stellte fest, dass die Voraussetzungen für den Hilfsantrag der Beteiligten zu 1) bis 3) gegeben seien. Dieser Hilfsantrag zielte darauf ab, die Beteiligte zu 2) als Alleinerbin auszuweisen. Das OLG wies das Amtsgericht an, einen entsprechenden Erbschein auszustellen.
Abweisung der Beschwerden
Die Beschwerden des Arztes (Beteiligter zu 1) sowie der Verwandten (Beteiligte zu 4, 6, 7, 8 und 9) gegen diese Feststellung wurden zurückgewiesen. Damit bestätigte das OLG Hamm, dass nach seiner Auffassung die Bekannte (Beteiligte zu 2) die alleinige Erbin des gesamten Nachlasses von Herrn B A ist.
Die mutmaßlichen Gründe des OLG Hamm
Obwohl die detaillierte Begründung im vorliegenden Auszug fehlt, lässt die Entscheidung Rückschlüsse zu. Das OLG hat den Vertrag offenbar umfassend ausgelegt und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Erblasser trotz der spezifischen Grundstückszuweisungen die Beteiligte zu 2) als seine Haupterbin einsetzen wollte. Ihr kam die zentrale Rolle bei der Pflege und Versorgung zu.
Indizien für die Alleinerbenstellung
Die Enttäuschung über die Verwandten, der Wunsch nach umfassender Versorgung und die zentrale Rolle der Beteiligten zu 2) dürften als starke Indizien für den Willen des Erblassers gewertet worden sein, sie als Alleinerbin einzusetzen. Die Grundstückszuweisungen an den Arzt und die Tochter könnten als Vermächtnisse innerhalb dieser Alleinerbschaft interpretiert worden sein. Zudem muss das Gericht die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses als gegeben angesehen haben.
Kostenentscheidung und Wert des Verfahrens
Die Kosten des ursprünglichen Erbscheinsantrags muss die nun erfolgreiche Alleinerbin (Beteiligte zu 2) tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem OLG Hamm wurden jedoch den unterlegenen Beschwerdeführern (Beteiligter zu 1 und die Verwandten 4, 6-9) auferlegt, einschließlich der Anwaltskosten der Beteiligten zu 2). Der hohe Gegenstandswert von über 1,5 Millionen Euro spiegelt den Wert des Nachlasses wider.
Bedeutung für Betroffene
Für die Alleinerbin (Beteiligte zu 2)
Die Entscheidung ist ein vollständiger Erfolg. Sie erbt das gesamte Vermögen des Erblassers, abzüglich eventueller Vermächtnisse (wie der Grundstücke für Beteiligte 1 und 3). Dies bestätigt den Wert ihrer langjährigen Beziehung und der übernommenen Pflegeverpflichtungen. Sie trägt aber auch die Verantwortung für die Abwicklung des Nachlasses.
Für den Arzt und die Tochter (Beteiligte 1 und 3)
Ihre Position ist komplexer. Obwohl ihr Hilfsantrag Erfolg hatte, wurden ihre eigenen Beschwerden (zumindest die des Arztes) zurückgewiesen. Die Entscheidung, Beteiligte zu 2 zur Alleinerbin zu machen, bedeutet, dass sie selbst keine Erben sind. Sie haben aber wahrscheinlich weiterhin Anspruch auf die im Vertrag genannten Grundstücke als Vermächtnis von der Alleinerbin.
Für die Verwandten (Beteiligte 4-9)
Für die gesetzlichen Erben bedeutet das Urteil, dass sie leer ausgehen. Ihre Hoffnung, den Vertrag anzufechten oder zumindest einen Teil des Erbes aufgrund gesetzlicher Erbfolge zu erhalten, wurde enttäuscht. Die Entscheidung unterstreicht, dass ein wirksamer letzter Wille die gesetzliche Erbfolge vollständig ausschließen kann.
Generelle Lehren aus dem Fall
Der Fall zeigt eindrücklich die Bedeutung klar formulierter Erbverträge und Testamente. Gleichzeitig macht er deutlich, dass Gerichte bei der Auslegung den mutmaßlichen Willen des Erblassers umfassend würdigen, auch wenn die Formulierungen nicht eindeutig sind. Verträge, die Pflegeleistungen gegen Erbeversprechen stellen, sind rechtlich komplex und bergen Konfliktpotenzial, insbesondere wenn Verwandte übergangen werden. Die Bestätigung der Testierfähigkeit ist oft ein zentraler Streitpunkt in solchen Fällen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass ein notariell beurkundeter Erbvertrag rechtlich bindend ist, auch wenn ein späteres Testament anders lautende Regelungen trifft. Entscheidend ist, dass der Wille des Erblassers eindeutig aus den Verträgen hervorgeht – hier sollte die Beteiligte zu 2 als Alleinerbin eingesetzt werden. Die Gültigkeit eines Erbvertrags kann nicht durch ein späteres Testament aufgehoben werden, wenn der Erblasser im Erbvertrag bereits verbindliche Regelungen getroffen hat. Für Erben und Erbberechtigte bedeutet dies, dass sie sich auf notarielle Erbverträge verlassen können, während bei konkurrierenden Verfügungen von Todes wegen die zeitliche Reihenfolge und die Verbindlichkeit der Erklärungen entscheidend sind.
Benötigen Sie Hilfe?
Unsicher bei der Auslegung Ihres Erbvertrags?
Haben Sie einen Erbvertrag geschlossen oder sind Sie als Angehöriger von einem solchen Vertrag betroffen und unsicher, wie er auszulegen ist? Die Komplexität erbrechtlicher Vereinbarungen, insbesondere in Verbindung mit Betreuungs- oder Versorgungsleistungen, führt häufig zu Streitigkeiten über die rechtmäßige Erbfolge. Unklare Formulierungen oder unvollständige Regelungen können die Durchsetzung Ihrer Ansprüche erheblich erschweren.
In solchen Fällen ist eine fundierte rechtliche Einschätzung unerlässlich. Wir prüfen Ihren Vertrag, analysieren die individuellen Umstände und bewerten Ihre Erfolgsaussichten. Mit unserer Erfahrung im Erbrecht unterstützen wir Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und eine faire Lösung zu finden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Testierfähigkeit und wann kann sie bei einem Erblasser angezweifelt werden?
Testierfähigkeit ist die Fähigkeit einer Person, ein rechtlich wirksames Testament zu errichten oder einen Erbvertrag zu schließen. Vereinfacht gesagt bedeutet das: Wer testierfähig ist, versteht, was er mit seinem letzten Willen regelt und welche Konsequenzen seine Entscheidungen haben. Grundsätzlich geht das Gesetz davon aus, dass jede Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, testierfähig ist (§ 2229 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), solange nicht das Gegenteil bewiesen wird.
Um testierfähig zu sein, muss der Erblasser zum Zeitpunkt, an dem er das Testament verfasst oder den Erbvertrag schließt, insbesondere Folgendes geistig erfassen können:
- Er muss verstehen, dass er gerade eine Verfügung von Todes wegen trifft (also sein Erbe regelt) und welche Bedeutung dies hat.
- Er muss sich im Klaren darüber sein, wen er als Erben einsetzen möchte und wen möglicherweise nicht.
- Er muss die wesentlichen Auswirkungen seiner Anordnungen auf die Vermögensverteilung und die persönlichen Verhältnisse der betroffenen Personen nachvollziehen können. Entscheidend ist, dass er in der Lage ist, einen freien und von Krankheiten oder äußeren Einflüssen unbeeinträchtigten Willen zu bilden und entsprechend zu handeln.
Wann kann die Testierfähigkeit angezweifelt werden?
Zweifel an der Testierfähigkeit entstehen typischerweise dann, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung aufgrund seines geistigen Zustands nicht mehr Herr seiner Sinne war und die Tragweite seiner Entscheidung nicht überblicken konnte. Das Gesetz (§ 2229 Abs. 4 BGB) nennt hierfür konkrete Gründe, die zur Testierunfähigkeit führen können:
- Krankhafte Störung der Geistestätigkeit: Hierzu zählen ernsthafte psychische Erkrankungen wie fortgeschrittene Demenz (z.B. Alzheimer), Schizophrenie mit Wahnvorstellungen oder andere Zustände, die das Urteilsvermögen dauerhaft und erheblich trüben.
- Geistesschwäche: Damit sind erhebliche angeborene oder erworbene Intelligenzminderungen gemeint.
- Bewusstseinsstörung: Dies bezieht sich auf meist vorübergehende Zustände, in denen die geistige Klarheit stark beeinträchtigt ist, beispielsweise durch starken Alkohol- oder Medikamenteneinfluss, Drogen, hohes Fieber mit Delirium oder unmittelbar nach einem schweren medizinischen Ereignis wie einem Schlaganfall.
Für Sie ist wichtig zu verstehen: Allein das Vorhandensein einer ärztlichen Diagnose, ein hohes Alter oder körperliche Gebrechlichkeit bedeuten nicht automatisch, dass jemand testierunfähig ist. Auch die Tatsache, dass für eine Person eine rechtliche Betreuung eingerichtet wurde (z.B. wegen körperlicher Einschränkungen oder zur Regelung finanzieller Angelegenheiten), schließt die Testierfähigkeit nicht zwangsläufig aus. Entscheidend ist immer, ob die geistige Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Testamentserstellung so gravierend war, dass der Erblasser nicht mehr in der Lage war, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung seiner Verfügung zu verstehen.
Wie wird die Testierfähigkeit im Streitfall geprüft?
Wenn nach dem Tod des Erblassers Streit darüber entsteht, ob das Testament gültig ist, weil Zweifel an der Testierfähigkeit bestehen, muss das zuständige Gericht (in der Regel das Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinverfahrens oder das Prozessgericht bei einer Erbklage) diese Frage klären.
Dabei gilt der Grundsatz: Die Testierfähigkeit wird zunächst vermutet. Die Person, die behauptet, der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierunfähig gewesen, trägt die Beweislast dafür. Sie muss also dem Gericht überzeugende Beweise vorlegen.
Das Gericht prüft dann alle relevanten Umstände, die sich auf den geistigen Zustand des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung beziehen:
- Medizinische Unterlagen: Arztberichte, Krankenhausakten, Gutachten, Pflegedokumentationen.
- Zeugenaussagen: Personen, die den Erblasser kannten und seinen Zustand zum relevanten Zeitpunkt einschätzen können. Das können behandelnde Ärzte, Pflegekräfte, der Notar (falls das Testament notariell beurkundet wurde), aber auch Freunde, Nachbarn oder Verwandte sein.
- Sachverständigengutachten: Sehr häufig wird ein unabhängiger medizinischer Sachverständiger (meist ein Psychiater oder Neurologe) beauftragt. Dieser beurteilt anhand aller vorliegenden Informationen (Unterlagen, Zeugenaussagen) rückblickend, ob Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung wahrscheinlich war oder nicht.
- Das Testament selbst: Auch der Inhalt und die Form des Testaments können Hinweise geben. Ist es klar und verständlich formuliert oder wirkt es wirr und widersprüchlich? Weicht es erheblich von früheren Äußerungen oder Überzeugungen des Erblassers ab?
Das Gericht muss alle diese Beweismittel sorgfältig gegeneinander abwägen, um zu einer Entscheidung über die Testierfähigkeit zu kommen.
Was sind die Folgen festgestellter Testierunfähigkeit?
Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung seines Testaments oder Erbvertrags tatsächlich testierunfähig war, dann ist diese Verfügung von Todes wegen rechtlich unwirksam. Sie hat keine Gültigkeit und kann die Erbfolge nicht regeln.
Die Konsequenzen für die Verteilung des Erbes sind dann:
- Wenn es ein früheres Testament gibt, das zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, als der Erblasser noch testierfähig war, wird dieses frühere Testament wirksam.
- Wenn es kein anderes gültiges Testament gibt, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Das Vermögen wird dann so verteilt, wie es das Gesetz für den Fall vorsieht, dass kein gültiges Testament existiert (also in der Regel an Ehepartner und Verwandte nach einer bestimmten Rangfolge).
Die Existenz einer rechtlichen Betreuung oder eines Betreuungsvertrags ist dabei, wie erwähnt, nur einer von vielen Faktoren, die das Gericht bei seiner Prüfung berücksichtigt. Sie allein entscheidet nicht über die Gültigkeit des Testaments.
Welche Rolle spielt ein Betreuungsvertrag im Rahmen eines Erbschaftsstreits und wie wird er rechtlich bewertet?
Ein Betreuungsvertrag und eine Erbeinsetzung sind grundsätzlich zwei verschiedene rechtliche Vorgänge, die getrennt voneinander zu betrachten sind. Ein Betreuungsvertrag regelt die Rechte und Pflichten zwischen einer betreuungsbedürftigen Person und einer betreuenden Person zu Lebzeiten. Die Erbfolge hingegen regelt, wer das Vermögen einer Person nach deren Tod erhält und wird durch ein Testament, einen Erbvertrag oder die gesetzliche Erbfolge bestimmt.
Ein Betreuungsvertrag selbst ändert die Erbfolge nicht automatisch. Auch wenn im Betreuungsvertrag vielleicht eine Erbeinsetzung erwähnt oder versprochen wird, ist dies für sich genommen keine wirksame Verfügung von Todes wegen. Eine Erbschaft kann wirksam nur durch ein formgültiges Testament oder einen Erbvertrag angeordnet werden.
Betreuungsvertrag und Erbeinsetzung – Zwei Paar Schuhe
Stellen Sie sich vor, Sie schließen einen Vertrag mit jemandem, der Sie im Alltag unterstützt oder pflegt. Das ist der Betreuungsvertrag. Hier vereinbaren Sie, welche Leistungen erbracht und wie diese vergütet werden. Unabhängig davon können Sie in einem separaten Testament festlegen, wer Ihr Erbe sein soll. Das kann dieselbe Person sein, die Sie betreut, muss es aber nicht.
Wichtig zu verstehen ist: Der Betreuungsvertrag begründet Ansprüche und Pflichten zu Lebzeiten (z.B. Anspruch auf Vergütung für die Pflege). Die Erbeinsetzung in einem Testament oder Erbvertrag regelt die Vermögensnachfolge nach dem Tod.
Wann spielt der Betreuungsvertrag im Erbschaftsstreit eine Rolle?
Obwohl der Betreuungsvertrag die Erbfolge nicht direkt beeinflusst, kann er in einem Erbschaftsstreit dennoch eine wichtige Rolle spielen, insbesondere wenn die Person, die betreut hat, auch als Erbe eingesetzt wurde:
- Als Beweismittel: Der Vertrag kann Aufschluss über die Beziehung zwischen dem Verstorbenen und dem betreuenden Erben geben. Er kann zeigen, welche Leistungen vereinbart waren und wie eng das Verhältnis war. Dies kann relevant sein, wenn andere potentielle Erben die Gültigkeit des Testaments anzweifeln.
- Bei der Anfechtung des Testaments: Andere Erben könnten versuchen, das Testament anzufechten. Gründe können sein, dass der Verstorbene zum Zeitpunkt der Testamentserstellung nicht mehr testierfähig (also nicht mehr in der Lage war, seinen Willen frei zu bilden) oder dass der betreuende Erbe die Abhängigkeit des Verstorbenen ausgenutzt und ihn zur Erbeinsetzung gedrängt hat. Der Betreuungsvertrag und die darin festgehaltenen Umstände können hier als Indizien für oder gegen eine solche Beeinflussung gewertet werden.
- Bei der Prüfung auf Sittenwidrigkeit: Ein Testament oder Erbvertrag kann ausnahmsweise als sittenwidrig und damit nichtig angesehen werden (§ 138 BGB). Dies ist eine hohe Hürde. Im Zusammenhang mit Betreuungsverträgen prüfen Gerichte hier sehr genau:
- Krasses Missverhältnis: Allein die Tatsache, dass der Betreuende als Erbe eingesetzt wird, macht das Testament nicht sittenwidrig. Auch ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Wert der Pflegeleistung und dem Wert des Erbes führt nicht automatisch zur Sittenwidrigkeit. In Deutschland gilt die Testierfreiheit, das heißt, jeder kann grundsätzlich frei entscheiden, wen er als Erben einsetzt.
- Ausnutzung einer Schwäche: Sittenwidrigkeit kann jedoch vorliegen, wenn die Erbeinsetzung auf einer verwerflichen Ausnutzung der altersbedingten Schwäche, Krankheit oder Abhängigkeit des Verstorbenen durch den Betreuenden beruht. Wenn der Betreuende seine Stellung gezielt dazu benutzt hat, den Verstorbenen zur Erbeinsetzung zu bewegen, und dies als anstößig bewertet wird, kann das Testament nichtig sein. Der Betreuungsvertrag kann Hinweise auf die Umstände liefern, unter denen die Erbeinsetzung erfolgte.
Was bedeutet das für die Praxis?
Ein Betreuungsvertrag ist ein Vertrag über Leistungen zu Lebzeiten. Die Erbeinsetzung erfolgt durch Testament oder Erbvertrag. Beide sind rechtlich getrennt. Im Streitfall kann der Betreuungsvertrag jedoch als wichtiges Beweisstück dienen, um die Umstände zu beleuchten, unter denen ein Testament zugunsten der betreuenden Person zustande kam. Gerichte prüfen dabei immer die Gesamtumstände des Einzelfalls, insbesondere ob Anzeichen für eine unzulässige Beeinflussung oder Ausnutzung einer Zwangslage vorliegen, bevor sie eine Erbeinsetzung als sittenwidrig einstufen. Die bloße Existenz eines Betreuungsvertrags und einer anschließenden Erbeinsetzung zugunsten des Betreuers reicht dafür in der Regel nicht aus.
Wie werden Leistungen der Vertragspartner im Rahmen eines Betreuungsvertrags bewertet, insbesondere wenn diese über normale Gefälligkeiten hinausgehen?
Gerichte prüfen bei Streitigkeiten um eine Erbschaft, die als Gegenleistung für Betreuung in einem Vertrag versprochen wurde, sehr genau, ob die erbrachten Leistungen und der Wert des Erbes in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Es geht darum festzustellen, ob der Vertrag möglicherweise wegen eines groben Missverhältnisses als sittenwidrig und damit ungültig angesehen werden könnte (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Dabei werden nur Leistungen berücksichtigt, die über reine, alltägliche Gefälligkeiten unter nahestehenden Personen hinausgehen und vertraglich vereinbart wurden.
Wie bewertet das Gericht die Leistungen konkret?
Das Gericht nimmt eine umfassende Bewertung aller Umstände des Einzelfalls vor. Es schaut sich nicht nur an, was vergleichbare professionelle Dienste (wie ein Pflegedienst oder eine Haushaltshilfe) gekostet hätten. Dieser „objektive Wert“ ist nur einer von mehreren Anhaltspunkten.
Wichtige Kriterien für die Bewertung der Betreuungsleistung sind insbesondere:
- Art, Umfang, Dauer und Intensität der Betreuung: Was genau wurde für den Erblasser getan (z.B. Pflege, Haushaltsführung, Einkäufe, Begleitung, Verwaltung)? Wie oft und über welchen Zeitraum fanden diese Leistungen statt? War die Betreuung besonders zeitaufwändig oder körperlich bzw. seelisch belastend (z.B. Nachtwachen, Pflege bei schwerer Krankheit)?
- Persönlicher Einsatz und mögliche Opfer des Betreuenden: Hat die betreuende Person für die Leistungserbringung erhebliche persönliche Opfer gebracht? Musste sie beispielsweise ihre eigene Berufstätigkeit einschränken oder aufgeben?
- Bedürftigkeit des Erblassers: Wie sehr war der Erblasser auf die versprochenen und erbrachten Leistungen angewiesen?
- Subjektiver Wert für den Erblasser: Welche Bedeutung hatten die Leistungen konkret für den Erblasser? Haben sie ihm beispielsweise ermöglicht, trotz Hilfebedürftigkeit in seiner gewohnten Umgebung zu bleiben und seine Lebensqualität verbessert?
Wann ist das Verhältnis „unausgewogen“?
Ein Vertrag, der eine Erbschaft als Gegenleistung für Betreuung vorsieht, kann als sittenwidrig nach § 138 BGB und damit als nichtig (ungültig) eingestuft werden, wenn ein besonders auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der erbrachten Betreuungsleistungen und dem Wert des zugewendeten Erbes besteht.
- Nicht jede Ungleichheit macht den Vertrag automatisch ungültig. Das Gesetz verlangt ein grobes, offensichtliches Ungleichgewicht, das für einen objektiven Betrachter auf den ersten Blick erkennbar ist.
- Oft prüft das Gericht zusätzlich, ob neben dem Missverhältnis weitere Umstände vorliegen, die auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten schließen lassen. Das kann der Fall sein, wenn beispielsweise eine besondere Schwächesituation des Erblassers (wie Krankheit, hohes Alter, Geschäftsunerfahrenheit oder Einsamkeit) bewusst ausgenutzt wurde. Ein besonders krasses Missverhältnis kann aber für sich genommen schon ein starkes Indiz für Sittenwidrigkeit sein.
Was bedeutet das für die Praxis?
Es gibt keine feste mathematische Formel oder einen genauen Euro-Betrag, ab dem ein Missverhältnis als „auffällig“ gilt. Die Beurteilung, ob die Betreuungsleistungen die versprochene Erbschaft rechtfertigen, ist immer eine Einzelfallentscheidung des Gerichts. Dieses wägt alle relevanten Umstände sorgfältig gegeneinander ab. Eine nachvollziehbare Dokumentation der tatsächlich erbrachten Leistungen kann im Streitfall hilfreich sein, um deren Umfang und Wert darzulegen.
Was ist ein Erbscheinverfahren und welche Bedeutung hat es bei der Klärung von Erbschaftsansprüchen?
Ein Erbschein ist ein offizielles Dokument, ausgestellt vom Nachlassgericht (einer Abteilung des Amtsgerichts). Er dient als amtlicher Nachweis dafür, wer Erbe geworden ist und wie groß sein Erbteil ist. Stellen Sie sich den Erbschein wie einen Ausweis vor, der Sie als rechtmäßigen Erben legitimiert. Er legt die Erbfolge nicht fest, sondern bezeugt sie nach Prüfung durch das Gericht.
Das Erbscheinverfahren – Wie funktioniert es?
Das Erbscheinverfahren ist das gerichtliche Verfahren zur Feststellung der Erben und zur Ausstellung des Erbscheins. Es läuft typischerweise wie folgt ab:
- Antragstellung: Wer glaubt, Erbe zu sein (sei es aufgrund eines Testaments, eines Erbvertrags oder der gesetzlichen Erbfolge), muss beim zuständigen Nachlassgericht einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins stellen. Zuständig ist in der Regel das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen.
- Notwendige Angaben und Unterlagen: Im Antrag müssen Angaben zur Person des Verstorbenen, zum möglichen Vorhandensein von Testamenten oder Erbverträgen und zu den Verwandtschaftsverhältnissen gemacht werden. Wichtige Dokumente, die in der Regel vorgelegt werden müssen, sind:
- Die Sterbeurkunde des Erblassers.
- Falls vorhanden: Testamente oder Erbverträge im Original.
- Bei gesetzlicher Erbfolge: Personenstandsurkunden (z.B. Geburts-, Heirats-, Sterbeurkunden), die das Verwandtschaftsverhältnis belegen (z.B. Familienstammbuch).
- Der Antragsteller muss an Eides statt versichern, dass die gemachten Angaben richtig und vollständig sind.
- Prüfung durch das Nachlassgericht: Das Gericht prüft die Angaben und Unterlagen. Es ermittelt, wer tatsächlich Erbe geworden ist – entweder nach dem Willen des Verstorbenen (Testament/Erbvertrag) oder nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge, wenn kein letzter Wille vorhanden ist oder dieser unwirksam ist. Das Gericht kann weitere Ermittlungen anstellen oder Beteiligte anhören.
- Erteilung des Erbscheins: Wenn das Gericht von der Richtigkeit der beantragten Erbfolge überzeugt ist, erteilt es den Erbschein. Dieser weist dann die Erben und ihre jeweiligen Erbquoten aus.
Warum ist der Erbschein wichtig?
Der Erbschein hat eine zentrale Bedeutung für die Abwicklung des Nachlasses und die Durchsetzung von Erbschaftsansprüchen.
- Nachweis gegenüber Dritten: Oft verlangen Banken, Versicherungen, Behörden oder das Grundbuchamt einen Erbschein, bevor sie den Erben Zugriff auf Konten gewähren, Versicherungsleistungen auszahlen oder eine Immobilie im Grundbuch auf den Erben umschreiben. Ohne Erbschein können Erben oft nicht über den Nachlass verfügen. (Ausnahme: Manchmal genügt auch ein notarielles Testament mit Eröffnungsprotokoll).
- Handlungsfähigkeit der Erben: Der Erbschein ermöglicht es den ausgewiesenen Erben, im Namen der Erbengemeinschaft zu handeln und beispielsweise Verträge des Verstorbenen zu kündigen oder Nachlassgegenstände zu verkaufen.
- Schutz für Dritte (öffentlicher Glaube): Personen oder Institutionen, die mit jemandem handeln, der im Erbschein als Erbe ausgewiesen ist, können grundsätzlich darauf vertrauen, dass dieser auch wirklich der Erbe ist (§ 2366 BGB). Sie sind geschützt, selbst wenn sich später herausstellt, dass der Erbschein unrichtig war (es sei denn, sie wussten von der Unrichtigkeit).
Was passiert bei Zweifeln oder Streitigkeiten?
Nicht immer ist die Erbfolge eindeutig. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben im Erbscheinsantrag oder an der Gültigkeit eines Testaments, können andere potenzielle Erben oder Beteiligte Einwände beim Nachlassgericht erheben.
- Prüfung bei Streit: Das Gericht muss diesen Einwänden nachgehen. Es kann Zeugen vernehmen, Gutachten einholen (z.B. zur Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserstellung) oder weitere Beweise erheben, um die tatsächliche Erbfolge zu klären. Solche Streitigkeiten können beispielsweise entstehen, wenn behauptet wird, ein Testament sei unter unzulässiger Beeinflussung (etwa im Zusammenhang mit einem Betreuungsverhältnis) zustande gekommen oder der Erblasser sei nicht mehr testierfähig gewesen.
- Anfechtung/Einziehung: Stellt sich heraus, dass ein bereits erteilter Erbschein unrichtig ist (weil z.B. ein späteres Testament auftaucht oder die Unwirksamkeit eines Testaments festgestellt wird), kann das Nachlassgericht den Erbschein für kraftlos erklären und einziehen.
Das Erbscheinverfahren dient also nicht nur als Nachweis, sondern ist auch der Rahmen, in dem Streitigkeiten über die Erbfolge gerichtlich geklärt werden können, bevor der Erbschein als offizieller Nachweis ausgestellt wird.
Können frühere Verkäufe von Grundbesitz durch den Erblasser Auswirkungen auf die Bewertung des Nachlasses und die Erbansprüche haben?
Ja, frühere Verkäufe von Grundbesitz durch den Erblasser können unter bestimmten Umständen erhebliche Auswirkungen auf den Nachlasswert und die Ansprüche der Erben, insbesondere der Pflichtteilsberechtigten, haben. Auch wenn der verkaufte Grundbesitz selbst grundsätzlich nicht mehr zum Nachlass gehört, können die Umstände des Verkaufs relevant sein.
Was gehört zum Nachlass?
Zum Nachlass gehört das Vermögen, das der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes besessen hat. Ein Grundstück, das der Erblasser zu Lebzeiten wirksam verkauft hat, ist daher nicht mehr Teil des Erbes. Der Verkaufserlös hingegen kann Teil des Nachlasses sein, sofern er zum Todeszeitpunkt noch vorhanden ist (z.B. auf einem Konto oder in Form anderer angeschaffter Vermögenswerte).
Ein regulärer Verkauf zu einem angemessenen Preis reduziert also den Wert des Grundbesitzes im Nachlass auf null, erhöht aber (zumindest vorübergehend) das Geldvermögen.
Wann spielen frühere Verkäufe und Schenkungen doch eine Rolle?
Besondere Aufmerksamkeit verdienen Schenkungen oder Verkäufe zu einem auffällig niedrigen Preis (sogenannte gemischte Schenkungen). Solche Transaktionen können den Nachlasswert zwar unmittelbar mindern, aber später bestimmte Ansprüche auslösen:
- Pflichtteilsergänzungsanspruch: Wenn der Erblasser Vermögen verschenkt hat, können Pflichtteilsberechtigte (z.B. Kinder, Ehepartner) unter Umständen verlangen, dass diese Schenkungen bei der Berechnung ihres Pflichtteils berücksichtigt werden. Dies nennt man Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB).
- Schenkungen innerhalb von 10 Jahren vor dem Erbfall werden dabei berücksichtigt, wobei der Wert der Schenkung pro Jahr, das seit der Schenkung vergangen ist, um 10% reduziert wird (Abschmelzung). Eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Tod zählt voll, im zehnten Jahr nur noch zu 10%. Nach 10 Jahren wird sie für den Pflichtteil in der Regel nicht mehr berücksichtigt.
- Ausnahme: Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt diese 10-Jahres-Frist erst mit der Auflösung der Ehe (z.B. durch Scheidung oder Tod).
- Verkauf unter Wert: Wurde ein Grundstück weit unter seinem tatsächlichen Wert verkauft, kann der Differenzbetrag zwischen dem Wert und dem Kaufpreis als (gemischte) Schenkung angesehen werden. Dieser geschenkte Anteil kann dann ebenfalls Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen.
Können Erben frühere Geschäfte rückgängig machen oder anfechten?
Erben können nicht einfach jeden Verkauf rückgängig machen. Es gibt jedoch Situationen, in denen frühere Rechtsgeschäfte des Erblassers angreifbar sein können:
- Geschäftsunfähigkeit: War der Erblasser zum Zeitpunkt des Verkaufs oder der Schenkung geschäftsunfähig (z.B. wegen fortgeschrittener Demenz), war das Geschäft von Anfang an unwirksam (§§ 104, 105 BGB). Das Grundstück würde dann rechtlich noch zum Nachlass gehören.
- Sittenwidrigkeit: Ein Verkauf kann nichtig sein, wenn er sittenwidrig war (§ 138 BGB). Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem Kaufpreis besteht und der Käufer die Schwächesituation des Erblassers (z.B. Unerfahrenheit, Zwangslage, Willensschwäche) bewusst ausgenutzt hat.
- Anfechtung: Unter bestimmten Voraussetzungen können Erben Rechtsgeschäfte des Erblassers anfechten, z.B. wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB), wenn der Erblasser zum Verkauf überredet wurde.
- Missbrauch einer Vollmacht oder Betreuung: Hatte der Erblasser einen Betreuer oder eine Person mit Vorsorgevollmacht, und hat diese Person ihre Befugnisse missbraucht, um sich selbst oder eine nahestehende Person durch einen günstigen Kauf oder eine Schenkung zu begünstigen, kann dieses Geschäft ebenfalls unwirksam sein oder Schadensersatzansprüche auslösen. Dies ist besonders relevant, wenn Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem Betreuungsvertrag bestehen.
Ob ein früherer Verkauf oder eine Schenkung Auswirkungen hat und ob Ansprüche bestehen, hängt stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere vom Zeitpunkt der Transaktion, den beteiligten Personen, dem vereinbarten Preis und dem Gesundheitszustand des Erblassers zum Zeitpunkt des Geschäfts.
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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Auslegung
Auslegung bedeutet, den wahren Sinn und Zweck einer rechtlichen Erklärung (wie eines Vertrages oder Gesetzes) zu ermitteln. Dabei schaut man nicht nur auf den reinen Wortlaut, sondern berücksichtigt auch Begleitumstände, die Interessen der Beteiligten und den allgemeinen Kontext, um den tatsächlichen Willen herauszufinden (vgl. § 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB zur Auslegung von Willenserklärungen). Im Fall B A musste das Gericht den „Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag“ auslegen, um zu klären, ob der Erblasser damit wirklich nur die genannten Grundstücke verteilen oder eine Person zur Erbin seines gesamten Vermögens einsetzen wollte. Die Auslegung war entscheidend, um den Willen des Verstorbenen festzustellen.
Beispiel: Wenn im Arbeitsvertrag steht, der Mitarbeiter erhält „jährlich eine Sonderzahlung“, muss durch Auslegung geklärt werden, ob dies ein verbindlicher Anspruch ist oder vom Geschäftserfolg abhängt, indem man z.B. frühere Handhabungen oder Betriebsvereinbarungen betrachtet.
Testierfähigkeit
Testierfähigkeit beschreibt die geistige Fähigkeit einer Person, ein rechtlich wirksames Testament zu errichten oder einen Erbvertrag zu schließen (§ 2229 BGB). Voraussetzung ist, dass die Person die Bedeutung ihrer Erklärung versteht, weiß, wer dadurch begünstigt wird, und frei von Wahnvorstellungen oder geistigen Störungen handelt, die ihre Entscheidung maßgeblich beeinflussen. Im Fall B A war die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Jahr 2016 eine zentrale Frage, denn wäre er nicht testierfähig gewesen, wäre der gesamte Vertrag unwirksam. Das Gericht musste also prüfen, ob Herr B A die Tragweite seiner Vereinbarung mit dem Arzt und den Bekannten erfassen konnte.
Beispiel: Eine Person, die aufgrund fortgeschrittener Demenz nicht mehr versteht, dass sie ihr Vermögen verteilt und wer ihre Verwandten sind, gilt als nicht testierfähig.
Erbvertrag
Ein Erbvertrag ist ein vertraglicher Akt zwischen dem Erblasser und mindestens einer anderen Person, in dem Verfügungen über den zukünftigen Nachlass getroffen werden (§§ 1941, 2274 ff. BGB). Im Gegensatz zu einem einseitigen Testament, das der Erblasser jederzeit frei widerrufen kann, entfaltet ein Erbvertrag oft eine Bindungswirkung für den Erblasser; er kann die vertraglich festgelegten Erbfolgeregelungen später nicht einfach ohne Weiteres ändern. Der Vertrag im Fall B A wurde ausdrücklich als „Erbvertrag“ bezeichnet und notariell beurkundet, was seine Verbindlichkeit unterstreicht.
Beispiel: Ein kinderloser Onkel schließt mit seiner Nichte einen Erbvertrag, in dem er sie als Erbin einsetzt, wenn sie sich verpflichtet, ihn bis zu seinem Tod zu pflegen. Von dieser vertraglichen Erbeinsetzung kann er sich später nicht so leicht lösen wie von einem Testament.
gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn eine verstorbene Person kein gültiges Testament oder keinen gültigen Erbvertrag hinterlassen hat. Das Gesetz legt dann fest, wer in welcher Reihenfolge und zu welchen Anteilen erbt (§§ 1924 ff. BGB). Die Erbfolge richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad (Ordnungen: Kinder, Enkel; Eltern, Geschwister, Neffen/Nichten; Großeltern, Onkel/Tanten usw.) und berücksichtigt auch den Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner. Im Fall B A hätten die Verwandten (Beteiligte zu 4 bis 9 als Nachkommen seiner Geschwister) nach der gesetzlichen Erbfolge geerbt, falls der Vertrag von 2016 unwirksam gewesen wäre oder nicht das gesamte Vermögen geregelt hätte.
Beispiel: Stirbt ein unverheirateter Mann ohne Kinder und ohne Testament, erben nach der gesetzlichen Erbfolge seine Eltern. Leben diese nicht mehr, treten seine Geschwister an deren Stelle.
Alleinerbin
Eine Alleinerbin ist die einzige Person, die das gesamte Vermögen (Aktiva und Passiva) eines Verstorbenen erbt. Sie tritt gemäß § 1922 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollständig in die rechtliche Stellung des Erblassers ein, erhält also das gesamte Erbe allein und muss sich nicht mit Miterben auseinandersetzen. Anders als ein Vermächtnisnehmer, der nur einen bestimmten Gegenstand oder Betrag erhält, wird der Alleinerbe Eigentümer des gesamten Nachlasses, haftet aber auch für alle Schulden. Im Fall B A entschied das OLG Hamm, dass die Beteiligte zu 2) (die Bekannte) Alleinerbin des gesamten Nachlasses von Herrn B A werden sollte.
Beispiel: Eine Mutter setzt in ihrem Testament ihre Tochter als Alleinerbin ein. Die Tochter erbt daraufhin das Haus, das Bankguthaben, aber auch die noch offenen Kredite der Mutter.
Vermächtnis
Ein Vermächtnis ist eine Zuwendung eines bestimmten Vermögensgegenstandes oder Vorteils aus dem Nachlass durch Testament oder Erbvertrag, ohne den Empfänger zum Erben zu machen (§ 1939 BGB). Der Begünstigte (Vermächtnisnehmer) wird also nicht Teil der Erbengemeinschaft und haftet grundsätzlich nicht für Nachlassschulden, sondern hat lediglich einen Anspruch gegen den oder die Erben auf Herausgabe des vermachten Gegenstandes oder Betrages (§ 2174 BGB). Im Fall B A könnten die spezifischen Grundstückszuweisungen an den Arzt und die Tochter der Bekannten als Vermächtnisse interpretiert worden sein, während die Bekannte (Beteiligte zu 2) als Alleinerbin eingesetzt wurde.
Beispiel: Ein Erblasser setzt seinen Sohn als Alleinerben ein, bestimmt aber in seinem Testament: „Meine Nichte soll mein Auto bekommen.“ Die Nichte ist Vermächtnisnehmerin und kann vom Sohn die Übergabe des Autos verlangen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- BGB § 2278 Erbvertrag: Durch einen Erbvertrag kann der Erblasser vertragsmäßig Erbverträge errichten, insbesondere einen Erben einsetzen oder Vermächtnisse und Auflagen anordnen. Der Erbvertrag ist bindend und schränkt die Testierfreiheit des Erblassers im Vergleich zum Testament stärker ein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Erblasser hat mit der Beteiligten zu 2) einen Erbvertrag geschlossen, in dem er sie als Alleinerbin eingesetzt hat. Dieser Erbvertrag ist die Grundlage für den Erbschein und die Entscheidung des Gerichts.
- BGB § 2065 Testierfreiheit: Jeder kann im Rahmen der Gesetze letztwillige Verfügungen errichten und somit bestimmen, was mit seinem Vermögen nach dem Tod geschieht. Diese Testierfreiheit ermöglicht es, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen und das Vermögen nach eigenen Wünschen zu verteilen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Erbvertrag ist eine Ausübung der Testierfreiheit des Erblassers. Er hat entschieden, sein Vermögen nicht seinen Verwandten, sondern der Beteiligten zu 2) zukommen zu lassen.
- BGB § 1937 Gesetzliche Erbfolge: Existiert keine letztwillige Verfügung, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese bestimmt, wer in welcher Rangordnung und zu welchen Teilen erbberechtigt ist, primär nach Verwandtschaftsgrad zum Erblasser. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Ohne den Erbvertrag würden die im Urteil genannten Verwandten (Beteiligte zu 1, 4, 6, 7, 8, 9) möglicherweise nach der gesetzlichen Erbfolge erben. Der Erbvertrag setzt die gesetzliche Erbfolge hier aber außer Kraft.
- FamFG § 352 Erbscheinverfahren: Das Erbscheinverfahren dient der Klärung der Erbfolge und der Ausstellung eines Erbscheins, der die Erbenstellung gegenüber Dritten legitimiert. Das Nachlassgericht prüft die Erbfolge und erteilt den Erbschein auf Antrag des Erben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat das Nachlassgericht angewiesen, der Beteiligten zu 2) einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen. Dies ist die formelle Bestätigung ihrer Erbenstellung aufgrund des Erbvertrages.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Personen, die eine Erbschaft für Pflegeleistungen vereinbaren möchten zum Thema Erbschaft für Pflegeleistungen
Viele Menschen möchten sicherstellen, dass sie im Alter gut versorgt sind und überlegen, dafür Teile ihres Vermögens zu versprechen. Andere erbringen intensive Pflegeleistungen in der Erwartung, dafür später zu erben. Ohne klare Regelungen kommt es nach dem Tod jedoch häufig zu Streit, wie der geschilderte Fall zeigt.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Eindeutige Vereinbarungen schaffen
Verlassen Sie sich nicht auf mündliche Absprachen oder lose Zettel, wenn Pflegeleistungen gegen eine spätere Erbschaft erbracht oder versprochen werden. Halten Sie solche Vereinbarungen unbedingt schriftlich und in der rechtlich vorgeschriebenen Form fest. Dies kann z. B. durch ein formgültiges Testament oder einen notariell beurkundeten Erbvertrag geschehen.
⚠️ ACHTUNG: Mündliche Versprechen oder einfache schriftliche Notizen über eine Erbeinsetzung sind oft rechtlich unwirksam oder zumindest sehr streitanfällig. Wie der Fall zeigt, können solche unklaren Situationen zu langwierigen Gerichtsverfahren führen, selbst wenn die pflegende Person am Ende Recht bekommt.
Tipp 2: Nachweise sichern
Wenn Sie jemanden pflegen und dafür eine Erbschaft erwarten (oder als zu Pflegender eine solche zugesagt haben), dokumentieren Sie die erbrachten Pflegeleistungen detailliert. Notieren Sie Art, Umfang und Dauer der Unterstützung. Diese Aufzeichnungen können im Streitfall wichtige Beweismittel sein, um den Hintergrund einer Erbeinsetzung zu untermauern, auch wenn die Vereinbarung selbst vielleicht formal angefochten wird.
Tipp 3: Gesetzliche Erben und Pflichtteile berücksichtigen
Bedenken Sie, dass nahe Angehörige (wie Kinder oder Ehepartner) auch dann Ansprüche haben können, wenn Sie eine andere Person testamentarisch als Erben einsetzen. Diese gesetzlichen Pflichtteilsansprüche können nicht ohne Weiteres umgangen werden. Klären Sie frühzeitig, wie mit solchen Ansprüchen umgegangen werden soll, um spätere Konflikte zwischen dem eingesetzten Erben und den Pflichtteilsberechtigten zu vermeiden.
Tipp 4: Rechtzeitig beraten lassen
Sowohl die Person, die ihr Erbe für Pflege zusagen möchte, als auch die Person, die die Pflege erbringt, sollten sich frühzeitig rechtlich beraten lassen. Ein Anwalt oder Notar kann die gewünschte Regelung prüfen, auf Risiken hinweisen und helfen, eine rechtssichere Form (z. B. Testament, Erbvertrag, Schenkung unter Auflagen) zu finden. Dies kann spätere, kostspielige Erbstreitigkeiten verhindern.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der Fall zeigt, dass Unklarheiten über den Erben zu erheblichen Kosten führen können. Die unterlegenen Parteien (hier der Hausarzt und die gesetzlichen Erben) mussten nicht nur ihre eigenen Anwaltskosten, sondern auch die Gerichtskosten und die Anwaltskosten der obsiegenden Erbin tragen. Eine klare und unanfechtbare Regelung zu Lebzeiten hätte dies vermutlich verhindert. Auch die Frage, ob eine Vereinbarung „sittenwidrig“ ist (z. B. bei Ausnutzung einer Zwangslage), kann in solchen Fällen eine Rolle spielen und sollte bei der Gestaltung bedacht werden.
✅ Checkliste: Erbschaft für Pflegeleistungen
- Ist die Vereinbarung (Erbeinsetzung für Pflege) klar und eindeutig formuliert?
- Wurde die rechtlich erforderliche Form gewählt (z. B. notarieller Erbvertrag, handschriftliches Testament)?
- Sind die erbrachten oder zu erbringenden Pflegeleistungen nachweisbar dokumentiert?
- Wurden mögliche Pflichtteilsansprüche von gesetzlichen Erben bedacht und geregelt?
- Haben sich alle Beteiligten rechtzeitig juristisch beraten lassen, um Risiken zu minimieren?
Das vorliegende Urteil
OLG Hamm – Az.: 10 W 125/19 – Beschluss vom 28.12.2021
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