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Erbscheinverfahren – Zeugnisverweigerungsrecht Arzt des Erblassers

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 202/18 – Beschluss vom 15.05.2018

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 23.10.2017 gegen den am 12.10.2017 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 11.10.2017 – 4 VI 352/17 – wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 3. zu tragen.

Gründe

1.

Das Rechtsmittel ist als unzulässig zu verwerfen.

Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3. als Zeuge ist zwar gemäß der im Beweisaufnahmeverfahren nach § 30 FamFG – und damit im vorliegenden Erbscheinsverfahren – geltenden (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 30 Rz. 71 f.) §§ 387 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft sowie auch form- und fristgerecht eingelegt. Über das Rechtsmittel hat nach § 568 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden.

Dem Rechtsmittel fehlt es indes am erforderlichen Rechtsschutzinteresse, als die Beschwerde mit Schriftsatz vom 26.03.2018 in erster Linie aufrechterhalten worden ist. Denn die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts, dass der Beteiligte zu 3. zur Zeugnisverweigerung nicht berechtigt ist, hat in der Hauptsache ihre Erledigung gefunden, nachdem das Erbscheinsverfahren durch den geschlossenen Vergleich und die Erklärung der Beteiligten zu 1., den Erbscheinsantrag zurückzunehmen, beendet ist. Infolge dessen nämlich kommt eine Zeugenvernehmung nicht mehr in Betracht, sodass der angefochtene Beschluss gegenstandslos geworden ist.

2.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beteiligte zu 3. zu tragen, wobei hier offen bleiben kann, ob dies aus § 97 Abs. 1 ZPO oder § 84 FamFG folgt. Eine abweichende Kostenentscheidung nach der hilfsweise geäußerten Erledigungserklärung, sei es nach § 91 a ZPO oder §§ 83 Abs. 2, 81 FamFG, kommt nicht in Betracht.

Soweit der Beteiligte zu 3. eine Belastung der Staatskasse erstrebt, fehlt es ohnehin an einer Rechtsgrundlage, weil diese nicht Beteiligte des Erbscheinsverfahrens ist.

Doch auch eine Belastung der Beteiligten des Erbscheinsverfahrens scheidet aus. Denn eine nach den vorgenannten Vorschriften gebotene überschlägige Prüfung ergibt, dass das Rechtsmittel in der Sache keinen Erfolg gehabt hätte. Das Nachlassgericht hat zu Recht ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer nicht gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO berechtigt ist, die Aussage als Zeuge zu verweigern.

Zwar reicht die ärztliche Schweigepflicht auch über den Tod des Patienten hinaus (vgl. § 203 Abs. 4 StGB; BGHZ 91, 392 [398] = NJW 1984, 2893; BayObLGZ 1986, 332 = NJW 1987, 1492; Keidel/Sternal, FamFG, 17. Auflage 2017, § 30 Rn. 68). Vorliegend ist indes davon auszugehen, dass der Zeuge von seiner Schweigepflicht entbunden ist (vgl. § 385 Abs. 2 ZPO). Bei Lebzeiten des Patienten kann grundsätzlich nur dieser den Arzt von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden. Auch nach dem Tode sind wegen der höchstpersönlichen Natur des vorliegenden Schutzinteresses, nämlich die Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht, die Erben oder die nahen Angehörigen generell nicht berechtigt, den Arzt von seiner Schweigepflicht zu entbinden (LSG München, NJW 1962, 1789 [1790]; OLG Stuttgart, OLGZ 1983, 6 [9]; Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, § 385 Rn. 10). Somit hängt es in erster Linie vom Willen des verstorbenen Patienten ab, ob und in welchem Umfang der Arzt zu schweigen verpflichtet oder von seiner Schweigepflicht nunmehr freigestellt ist. Lässt sich eine positive Willensäußerung des Verstorbenen feststellen, sei es ausdrücklich oder konkludent, sei es gegenüber dem Arzt oder gegenüber Dritten, dann ist dieser Wille grundsätzlich maßgebend (Senat, OLGZ 1982, 1 [4] für die Entbindung eines Notars von der Verschwiegenheitspflicht; BayObLGZ 1986, 332 = NJW 1987, 1492 für die Entbindung eines Arztes von der Verschwiegenheitspflicht sowie Senat 2 W 9/10).

Hier ist mangels ersichtlicher ausdrücklicher oder konkludenter der mutmaßliche Wille des Erblassers zu erforschen (Senat, OLGZ 1982, 1 [4]; Senat, OLGZ 1986, 59 [61]; BGHZ 91, 392 [399] = NJW 1984, 2893; BGH FamRZ 1983, 1098 [1099]; BayObLGZ 1986, 332 = NJW 1987, 1492). In welchem Umfang die Geheimhaltungspflicht nach dem Tode des Vertrauensgebers fortbesteht, beurteilt sich nach der Lage des Einzelfalls. Geht ein mutmaßlicher Wille des Verstorbenen eindeutig dahin, dass er unter Berücksichtigung seines wohlverstandenen Interesses auf weitere Geheimhaltung verzichten würde, so steht dem Zeugen kein Verweigerungsrecht zu (BayObLGZ 1966, 88 [90 f.]; BayObLGZ 1986, 332 = NJW 1987, 1492; Keidel/Sternal, aaO, § 30 Rn. 69). Ist ein solcher Wille zweifelhaft, so liegt es in der Verantwortung des Geheimnisträgers, von den ihm bekannten Umständen auf den mutmaßlichen Willen des Verstorbenen zu schließen und nach gewissenhafter Prüfung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts zu befinden (BayObLGZ 1986, 332 = NJW 1987, 1492 m.w.N.).

Vorliegend liegt die Klärung des Beweisthemas auch im mutmaßlichen wohlverstandenen Interesse der Erblasserin. Es geht letztlich um die Durchsetzung ihrer lebzeitigen Vorstellungen und der vor dem Tod in dem Testament getroffenen Anordnungen. War sie zu dem Zeitpunkt der Errichtung des Testaments testierfähig und entsprach somit der Inhalt des Testaments ihrem tatsächlichen freien Willen, so besteht ein mutmaßliches Interesse der Erblasserin an der Klärung dieser Frage, damit das Testament Wirksamkeit entfaltet. Gleiches gilt aber auch umgekehrt für den Fall, dass sie bei der Errichtung des Testaments testierunfähig war und somit den Inhalt und die Bedeutung der abgegebenen Erklärungen nicht mehr erfassen konnte. Dann entsprachen die letztwilligen Anordnungen gerade nicht mehr ihrem freien Willen.

Dem Umstand, dass die Erblasserin das Testament vor einem Notar errichtete, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dem ist nämlich nicht zu entnehmen, dass sie sich durch den Notar – wie die Beschwerde meint – ihre Testierfähigkeit „bescheinigen“ lassen und spätere Ermittlungen zur Frage der Testierfähigkeit ausgeschlossen wissen wollte. Für die Hinzuziehung eines Notars ist eine Vielzahl an Beweggründen denkbar, wie etwa ein Wunsch nach fachlicher Beratung und möglichst rechtssicherer Formulierung.

 

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