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Erbvertrag – Abgrenzung von vertraglichen und einseitigen Verfügungen

In einem jahrelangen Erbstreit um zwei Eigentumswohnungen entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe, dass die Klägerin entgegen ihrer Annahme nicht durch einen alten Erbvertrag, sondern erst durch ein späteres Testament ihres Vaters zur Erbin wurde. Der Fall dreht sich um die komplexe Familiengeschichte eines viermal verheirateten Mannes und eine Scheidungsfolgenvereinbarung, die letztlich den Ausschlag für die Entscheidung gab. Die Halbgeschwister stritten erbittert um das Erbe, wobei dem Beklagten umfangreiche Unterstützungsleistungen für den Vater zugutegehalten wurden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
  • Datum: 05.10.2023
  • Aktenzeichen: 19 U 133/19
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren bzgl. erbrechtlicher Ansprüche
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Tochter aus der ersten Ehe des Erblassers G. G., beansprucht Erbschaftsanteile aufgrund des Erbvertrages von 1977, argumentiert, dass sie Erbin aufgrund dieses Vertrages sei und fordert Herausgabe von Eigentumswohnungen.
  • Beklagter: Halbbruder der Klägerin, Sohn aus der dritten Ehe von G. G., möchte festgestellt wissen, dass die Klägerin erst durch eine spätere Verfügung von 2008 Erbin wurde und dass die Übertragung der Immobilien rechtmäßig war. Er argumentiert, dass der ursprüngliche Erbvertrag keine bindende Wirkung bezüglich der Klägerin hatte und verteidigt die Immobilienübertragungen als entgeltlich oder nicht in Beeinträchtigungsabsicht erfolgt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Nach dem Tod des Erblassers G. G. beansprucht seine Tochter aus erster Ehe, die Klägerin, Erbschaftsanteile und die Herausgabe von bestimmten Immobilien, die ihrem Halbbruder, dem Beklagten, übertragen wurden. Die Übertragung basierte teilweise auf einem älteren Erbvertrag von 1977, den die Klägerin für bindend hält. Der Beklagte argumentiert, dass die Klägerin erst später durch eine Verfügung von 2008 Erbin wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Klägerin aufgrund des Erbvertrages von 1977 als Vertragserbin zu betrachten ist oder erst durch eine spätere Testamentsverfügung Erbin wurde. Zudem, ob die Übertragungen von Immobilien an den Beklagten als unzulässige Beeinträchtigung von Erbansprüchen zu werten sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage der Klägerin wird abgewiesen. Die Widerklage des Beklagten wird bestätigt, dass die Klägerin erst durch die Verfügung von 2008 Erbin wurde.
  • Begründung: Der Erbvertrag von 1977 schuf keine bindende Erbenstellung für die Klägerin, da er vor allem dazu diente, das Erbrecht der Tochter aus der zweiten Ehe des Erblassers im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung abzusichern. Eine verbindliche Erbeinsetzung der Klägerin lag nicht vor. Zudem wurden Immobilienübertragungen an den Beklagten als nicht unentgeltliche Schenkungen, sondern auf Grundlage geleisteter Gegenleistungen anerkannt.
  • Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Verfahrens tragen, einschließlich der Berufung. Das Urteil hebt die Bindungswirkung des ursprünglichen Erbvertrages zu Gunsten der Verfügung von 2008 hervor. Eine weitere Revision wurde nicht zugelassen, womit das Urteil abschließend ist.

Erbvertrag vs. Testament: Ein aktueller Fall beleuchtet wesentliche Unterschiede

Im Erbrecht spielt der Erbvertrag eine zentrale Rolle, wenn es um die Regelung von Nachlassangelegenheiten und Erbansprüchen geht. Im Gegensatz zu testamentarischen Verfügungen, die einseitig getroffen werden können, ist der Erbvertrag ein zweiseitiges, rechtlich bindendes Dokument zwischen den Parteien. Diese Form der Nachlassregelung ermöglicht es den Beteiligten, ihre Wünsche und Vorstellungen zur Erbfolge klar und verbindlich festzulegen, was insbesondere in Familienstreitigkeiten von Bedeutung sein kann.

Die Unterscheidung zwischen vertraglichen und einseitigen Verfügungen hat erhebliche rechtliche Konsequenzen, insbesondere in Bezug auf Pflichtteile und Vermächtnisse. Die notarielle Beurkundung eines Erbvertrages sorgt zudem für Transparenz und Sicherheit in der Erbschaftsplanung. Im Folgenden wird ein aktueller Fall vorgestellt, der diese Unterschiede anschaulich illustriert und die Herausforderungen der Erb- und Pflichtteilsrechte beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Erbeinsetzung ohne Vertragsbindung – Oberlandesgericht beendet jahrelangen Erbstreit

Vater und Tochter unterzeichnen Erbvertrag im Notarbüro
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem komplexen Erbrechtsstreit zwischen Halbgeschwistern entschieden, dass die Klägerin ihre Erbenstellung nicht aus einem Erbvertrag von 1977, sondern erst aufgrund einer späteren letztwilligen Verfügung ihres Vaters aus dem Jahr 2008 erlangt hat.

Familiäre Konstellation und Vorgeschichte

Der 2011 verstorbene Erblasser war insgesamt vier Mal verheiratet. Aus seiner ersten Ehe gingen zwei Kinder hervor, darunter die Klägerin. Mit seiner zweiten Ehefrau schloss er 1977 einen Erbvertrag, in dem neben der gemeinsamen Tochter auch die beiden Kinder aus erster Ehe als Erben eingesetzt wurden. Der beklagte Halbbruder stammt aus der dritten Ehe des Erblassers.

Streit um zwei Eigentumswohnungen

Die Klägerin verlangte vom Beklagten die Herausgabe zweier Eigentumswohnungen, die ihr Vater diesem zu Lebzeiten übertragen hatte. Sie stützte ihre Ansprüche darauf, durch den Erbvertrag von 1977 eine geschützte Position als Vertragserbin erlangt zu haben. Der Beklagte bestritt dies und erhob Widerklage auf Feststellung, dass die Klägerin ihre Erbenstellung erst durch eine spätere Verfügung des Vaters erhalten habe.

Bewertung des Erbvertrags durch das Gericht

Das Oberlandesgericht kam zu dem Ergebnis, dass im Erbvertrag von 1977 nur die gemeinsame Tochter des Erblassers mit seiner zweiten Ehefrau vertragsmäßig als Erbin eingesetzt wurde. Die Einsetzung der Klägerin erfolgte dagegen nur durch eine Einseitige Verfügung, die der Erblasser später wirksam widerrufen konnte.

Maßgebliche Scheidungsfolgenvereinbarung

Für diese Auslegung war eine Scheidungsfolgenvereinbarung zwischen dem Erblasser und seiner zweiten Ehefrau entscheidend. Diese verpflichtete den Erblasser nur dazu, das Erbrecht ihrer gemeinsamen Tochter abzusichern. Die zweite Ehefrau hatte dagegen kein Interesse an einer vertraglichen Bindung zugunsten ihrer Stiefkinder. Der Erbvertrag diente nach Überzeugung des Gerichts nur der Erfüllung dieser Verpflichtung.

Wertung der Zuwendungen an den Beklagten

Bezüglich der Eigentumswohnungen stellte das Gericht fest, dass die erste Übertragung eine Ausstattung darstellte und keine Schenkung. Bei der zweiten Wohnung handelte es sich zumindest teilweise um eine Gegenleistung für umfangreiche Unterstützungsleistungen des Beklagten. Dieser hatte seinen Vater über Jahre hinweg bei dessen schriftstellerischer Tätigkeit unterstützt, was das Gericht mit mindestens 12.000 Euro bewertete.

Urteil und Folgen

Das Oberlandesgericht wies die Klage vollumfänglich ab und gab der Widerklage statt. Die Klägerin muss die Kosten beider Rechtszüge tragen. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Das Gericht bestätigte damit rechtskräftig, dass die Klägerin ihre Erbenstellung erst durch die letztwillige Verfügung des Vaters aus dem Jahr 2008 und nicht durch den Erbvertrag von 1977 erlangt hat.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das OLG Karlsruhe stellt klar: Werden in einem Erbvertrag neben gemeinsamen auch Kinder aus früheren Beziehungen als Erben eingesetzt, sind letztere nicht automatisch vertragsmäßig gebunden. Entscheidend ist das persönliche Näheverhältnis zwischen dem nicht-verwandten Ehepartner und den Stiefkindern zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die bloße Aufnahme in einen Erbvertrag macht aus einer Erbeinsetzung noch keine vertragsmäßige und damit unwiderrufliche Verfügung. Auch können Zuwendungen an minderjährige Kinder als Ausstattung für deren spätere Lebensstellung qualifiziert werden – unabhängig vom Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Zuwendung.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie in einem Erbvertrag als Kind aus einer früheren Beziehung zum Erben eingesetzt wurden, sollten Sie genau prüfen lassen, ob diese Erbeinsetzung tatsächlich vertragsmäßig und damit unwiderruflich erfolgte. Ausschlaggebend ist dabei, wie eng Ihre persönliche Beziehung zum damaligen Ehepartner Ihres Elternteils war. Hatten Sie nur losen oder gar keinen Kontakt, könnte die Erbeinsetzung widerruflich sein. Auch wenn Sie als Kind von Ihren Eltern größere Vermögenswerte übertragen bekommen haben, kann dies als zukunftssichernde „Ausstattung“ gelten – selbst wenn Sie zum Zeitpunkt der Übertragung noch sehr jung waren. Eine solche Ausstattung wird bei späteren Pflichtteilsansprüchen anders behandelt als eine reine Schenkung.


Benötigen Sie Hilfe?

Die rechtliche Bewertung von Erbverträgen und deren Bindungswirkung erfordert eine sorgfältige Analyse der persönlichen Beziehungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Jeder Fall ist individuell und die Konsequenzen für Ihre erbrechtliche Position können weitreichend sein. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihre spezifische Situation und helfen Ihnen, Ihre Rechte als (Stief-)Kind oder Erblasser zu verstehen und durchzusetzen. ✅ Jetzt Kontakt aufnehmen!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Bindungswirkung entfaltet ein Erbvertrag für die Beteiligten?

Ein Erbvertrag schränkt die Testierfreiheit des Erblassers ein und erzeugt eine unwiderrufliche Bindung für alle Vertragsparteien. Diese Bindungswirkung tritt jedoch nur bei vertragsmäßigen Verfügungen ein, zu denen ausschließlich Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Rechtswahl gehören.

Auswirkungen der Bindungswirkung

Die vertragsmäßigen Verfügungen können nach Abschluss des Erbvertrags nicht mehr einseitig widerrufen werden. Frühere Testamente werden automatisch unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würden. Auch spätere Verfügungen von Todes wegen sind unwirksam, wenn sie den Rechten des vertragsmäßig Bedachten entgegenstehen.

Gestaltungsmöglichkeiten der Bindungswirkung

Ein Rücktrittsvorbehalt kann im Erbvertrag vereinbart werden, der es dem Erblasser ermöglicht, sich von einzelnen oder allen vertragsmäßigen Verfügungen zu lösen. Ohne einen solchen Vorbehalt sind die getroffenen Vereinbarungen absolut bindend.

Grenzen der Bindungswirkung

Nicht alle Verfügungen in einem Erbvertrag entfalten automatisch eine Bindungswirkung. Der Erbvertrag muss mindestens eine vertragsmäßige Verfügung enthalten, um überhaupt als Erbvertrag zu gelten. Andere als vertragsmäßige Verfügungen bleiben einseitig widerruflich wie bei einem Testament. Der Vertragserbe erhält bereits zu Lebzeiten des Erblassers ein Anwartschaftsrecht auf den künftigen Nachlass.


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Wie unterscheidet sich eine vertragliche von einer einseitigen Erbeinsetzung?

Eine vertragliche Erbeinsetzung im Rahmen eines Erbvertrags ist für den Erblasser bindend und kann nicht mehr einseitig widerrufen werden. Der Erblasser kann diese Verfügung nur noch gemeinsam mit seinem Vertragspartner ändern.

Merkmale der vertraglichen Erbeinsetzung

Die vertragliche Erbeinsetzung entsteht durch eine ausdrückliche Vereinbarung zwischen Erblasser und Vertragspartner. Sie muss notariell beurkundet werden und schafft eine unwiderrufliche Bindung. Wenn sich der Erblasser keinen Rücktrittsvorbehalt einräumen lässt, ist die vertragliche Erbeinsetzung absolut bindend.

Merkmale der einseitigen Erbeinsetzung

Im Gegensatz dazu kann eine einseitige Erbeinsetzung jederzeit vom Erblasser widerrufen werden. Sie entspricht in ihrer Wirkung einer testamentarischen Verfügung. Auch wenn sie in einem Erbvertrag enthalten ist, behält sie ihren einseitigen Charakter und kann vom Erblasser frei geändert werden.

Praktische Bedeutung

Wenn Sie beispielsweise Ihren Vertragspartner im Erbvertrag zum Alleinerben einsetzen, macht es einen erheblichen Unterschied, ob diese Einsetzung vertragsmäßig oder nur einseitig erfolgt. Bei einer vertraglichen Einsetzung können Sie diese später nicht mehr ohne Zustimmung des Vertragspartners ändern. Bei einer einseitigen Einsetzung bleiben Sie dagegen flexibel und können die Erbeinsetzung jederzeit widerrufen.


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Welche Formvorschriften müssen bei einem Erbvertrag eingehalten werden?

Ein Erbvertrag erfordert für seine Wirksamkeit zwingend die notarielle Beurkundung. Im Gegensatz zum Testament, das auch handschriftlich verfasst werden kann, muss der Erbvertrag zur Niederschrift eines Notars erfolgen.

Persönliche Anwesenheit

Bei der notariellen Beurkundung müssen beide Vertragsparteien gleichzeitig anwesend sein. Der Erblasser muss den Erbvertrag höchstpersönlich schließen – eine Vertretung ist nicht möglich. Der Vertragspartner hingegen kann sich vertreten lassen, sofern er selbst keine letztwillige Verfügung im Vertrag trifft.

Geschäftsfähigkeit und Alter

Für einen wirksamen Erbvertrag muss der Erblasser unbeschränkt geschäftsfähig und volljährig sein. Diese Voraussetzung ist zwingend erforderlich, da der Erbvertrag weitreichende rechtliche Folgen hat.

Beurkundungsvorgang

Der Notar muss bei der Beurkundung folgende Schritte einhalten:

  • Vorlesen des Vertragstextes
  • Genehmigung durch die Vertragsparteien
  • Eigenhändige Unterzeichnung durch alle Beteiligten

Nach dem Abschluss wird der Erbvertrag vom Notar in amtliche Verwahrung genommen. Die Vertragsparteien erhalten einen Hinterlegungsschein als Nachweis.


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Unter welchen Voraussetzungen kann ein Erbvertrag aufgehoben oder geändert werden?

Ein Erbvertrag kann grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben oder geändert werden, da er eine bindende Wirkung zwischen den Vertragsparteien entfaltet.

Einvernehmliche Änderung und Aufhebung

Die sicherste Möglichkeit zur Änderung oder Aufhebung besteht durch die Einigung aller Vertragspartner. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Aufhebung muss notariell beurkundet werden
  • Beide Vertragsparteien müssen gleichzeitig beim Notar anwesend sein
  • Bei Ehegatten ist auch eine Aufhebung durch ein gemeinschaftliches Testament möglich

Einseitige Änderungsmöglichkeiten

Bei einseitigen Verfügungen im Erbvertrag, die nicht vertragsmäßig vereinbart wurden, kann der Erblasser diese jederzeit durch ein Testament widerrufen.

Änderungsvorbehalt

Wenn Sie bereits beim Abschluss des Erbvertrags vorausschauend planen möchten, können Sie einen Änderungsvorbehalt vereinbaren. Dieser ermöglicht es, bestimmte vertragsmäßige Verfügungen später einseitig zu ändern. Der Vorbehalt muss im Erbvertrag klar formuliert sein und darf nicht alle vertragsmäßigen Verfügungen erfassen.

Rücktritt und Anfechtung

Ein Rücktritt vom Erbvertrag ist möglich, wenn:

  • Ein Rücktrittsvorbehalt vereinbart wurde
  • Schwere Verfehlungen des Vertragspartners vorliegen

Eine Anfechtung des Erbvertrags kommt in Betracht bei:

  • Drohung zum Vertragsschluss
  • Irrtum beim Vertragsschluss
  • Nichtberücksichtigung eines Pflichtteilsberechtigten

Die Anfechtung muss innerhalb einer Jahresfrist ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen und notariell beurkundet werden.

Nach dem Tod eines Vertragspartners ist eine Aufhebung oder Änderung des Erbvertrags grundsätzlich nicht mehr möglich.


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Wie wirkt sich eine Scheidung auf einen bestehenden Erbvertrag aus?

Ein Erbvertrag zwischen Ehepartnern wird durch eine Scheidung automatisch unwirksam. Diese Unwirksamkeit tritt nicht erst mit der rechtskräftigen Scheidung ein, sondern bereits dann, wenn zum Todeszeitpunkt die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.

Besonderheiten bei der Unwirksamkeit

Die Unwirksamkeit betrifft grundsätzlich den gesamten Inhalt des Erbvertrags. Eine Ausnahme besteht bei der Schlusserbeneinsetzung: Wenn Sie in einem Erbvertrag gemeinsame Kinder als Schlusserben eingesetzt haben, kann diese Regelung auch nach der Scheidung weiterhin Bestand haben.

Sonderfall: Erbvertrag vor der Ehe

Wurde der Erbvertrag bereits vor der Eheschließung geschlossen, gelten besondere Regeln. In diesem Fall wird der Erbvertrag durch eine spätere Scheidung nicht automatisch unwirksam. Hier kommt es auf den tatsächlichen Willen des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags an.

Zeitpunkt der Unwirksamkeit

Der Erbvertrag verliert seine Wirkung in folgenden Fällen:

  • Mit der rechtskräftigen Scheidung
  • Wenn zum Todeszeitpunkt die Scheidungsvoraussetzungen vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte
  • Bei Aufhebung der Ehe nach § 1314 BGB

Eine bloße Trennung der Ehepartner hat hingegen keine automatischen Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Erbvertrags.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vertragserbe

Ein Vertragserbe ist eine Person, die durch einen Erbvertrag als Erbe eingesetzt wurde. Im Gegensatz zu einem Testament kann diese Erbeinsetzung nicht einseitig widerrufen werden. Der Erblasser ist rechtlich an diese Entscheidung gebunden. Geregelt ist dies in §§ 2274 ff. BGB. Dies schafft für den Vertragserben eine besonders gesicherte Position, da der Erblasser die Erbeinsetzung nur unter sehr strengen Voraussetzungen ändern kann. Beispiel: Wenn Eltern mit ihren Kindern einen Erbvertrag über den Bauernhof schließen, können sie diese Entscheidung später nicht einfach durch ein Testament ändern.


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Scheidungsfolgenvereinbarung

Eine vertragliche Vereinbarung zwischen Ehepartnern, die die rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Scheidung regelt. Sie kann verschiedene Aspekte wie Unterhalt, Vermögensaufteilung und erbrechtliche Regelungen umfassen. Rechtsgrundlage ist § 1408 BGB. Die Vereinbarung ist für beide Parteien bindend und kann auch Verpflichtungen gegenüber gemeinsamen Kindern enthalten. Beispiel: Ein Ehepaar vereinbart bei der Scheidung, dass der Vater das Erbe der gemeinsamen Kinder durch einen Erbvertrag absichern muss.


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Ausstattung

Eine Zuwendung, die Eltern ihrem Kind zur Begründung oder Erhaltung einer selbständigen Lebensstellung gewähren (§ 1624 BGB). Anders als eine normale Schenkung wird sie bei späteren erbrechtlichen Auseinandersetzungen besonders behandelt. Eine Ausstattung muss nicht auf den Pflichtteil angerechnet werden. Beispiel: Eltern schenken ihrer Tochter eine Eigentumswohnung zur Existenzgründung oder übertragen dem Sohn Geschäftsanteile zur Unternehmensnachfolge.


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Einseitige Verfügung

Eine rechtliche Anordnung, die im Gegensatz zu einem Vertrag nur von einer Person getroffen wird und grundsätzlich jederzeit widerrufen werden kann. Im Erbrecht ist das Testament die wichtigste Form der einseitigen Verfügung (§§ 1937 ff. BGB). Der Erblasser kann diese Verfügungen bis zu seinem Tod beliebig oft ändern oder aufheben. Beispiel: Ein Vater setzt in seinem Testament seine Tochter als Alleinerbin ein, kann dies aber später durch ein neues Testament wieder ändern.


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Vertragsmäßige Erbeinsetzung

Die rechtsverbindliche Bestimmung eines Erben durch einen Erbvertrag (§ 2278 BGB). Sie unterscheidet sich von der normalen testamentarischen Erbeinsetzung durch ihre bindende Wirkung. Der Erblasser kann diese Verfügung nicht mehr einseitig ändern. Die vertragsmäßige Erbeinsetzung bietet dem eingesetzten Erben maximale rechtliche Sicherheit. Beispiel: Ein Unternehmer setzt seinen Geschäftsnachfolger durch Erbvertrag als Erben ein und kann dies später nicht mehr rückgängig machen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1922 BGB (Erbrecht): Dieser Paragraph regelt den allgemeinen Erbfall und legt fest, dass mit dem Tod Person deren Vermögen auf die Erben übergeht. Er bildet die Grundlage des deutschen Erbrechts und definiert, wer als Erbe gilt. Im vorliegenden Fall ist es entscheidend, ob die Klägerin aufgrund des Erbvertrags oder der letztwilligen Verfügung des Erblassers als Erbin anerkannt wird.
  • § 2270 BGB (Erbvertrag): Diese Vorschrift beschreibt die Bedingungen und Wirkungen eines Erbvertrags, der zwischen lebenden Personen geschlossen wird. Erbverträge sind bindend und können nicht einseitig widerrufen werden, was hier von Bedeutung ist, da der Beklagte argumentiert, die Klägerin sei nicht nach dem Erbvertrag von 1977 Erbin geworden, sondern erst durch die letztwillige Verfügung von 2008.
  • § 1371 BGB (Pflichtteilsrecht): Dieser Paragraph regelt den Pflichtteilsanspruch und stellt sicher, dass bestimmte Angehörige auch ohne testamentarische Berücksichtigung einen minimum an Erbe erhalten. Im Fall hat die Klägerin auch einen Anspruch auf Pflichtteil geltend gemacht, was relevant ist, um ihre Position zu stärken oder monetäre Ansprüche durchzusetzen, falls sie als Erbin anerkannt wird.
  • § 2184 BGB (Voranmeldung des Erbangebots): Hier wird die fristgerechte Anmeldung des Erbangebots bei den Erben behandelt. Dies ist besonders relevant, wenn es mehrere potenzielle Erben gibt, die unterschiedliche Erbansprüche anmelden. Da die Klägerin und der Beklagte konkurrierende Ansprüche stellen, könnte diese Vorschrift hinzukommen, um den Prozess der Erbenbestimmung zu klären.
  • § 2296 BGB (Wirkung der Aufhebung eines Testaments): Dieser Paragraph behandelt die Details um die Aufhebung eines Testaments oder Erbvertrags und stellt klar, unter welchen Bedingungen ein Testament ungültig wird. Dies ist wichtig, da die Entscheidung in diesem Fall auch darauf abzielt, ob die letztwillige Verfügung des Erblassers gültig ist und die vorherige Regelungen (z.B. aus dem Erbvertrag) überstimmt werden.

Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 19 U 133/19 – Urteil vom 05.10.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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