Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtsurteil klärt rechtliche Anforderungen an Ersatzerbeneinsetzung
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist eine Ersatzerbeneinsetzung und welche rechtliche Bedeutung hat sie im Erbvertrag?
- Welche Formvorschriften müssen bei der Ersatzerbeneinsetzung im Erbvertrag beachtet werden?
- Wie bindend ist eine Ersatzerbeneinsetzung für die Beteiligten nach Abschluss des Erbvertrags?
- Welche Rolle spielt die Auslegung der Ersatzerbeneinsetzung bei Erbstreitigkeiten?
- Welche Rechtsmittel stehen gegen die gerichtliche Auslegung einer Ersatzerbeneinsetzung zur Verfügung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Fürstenfeldbruck
- Datum: 28.03.2023
- Aktenzeichen: 1 VI 1868/21
- Verfahrensart: Erbscheinsverfahren
- Rechtsbereiche: Erbrecht
Beteiligte Parteien:
- Herr NN.F: Er stellte einen Antrag auf Erteilung eines Erbscheins auf Basis der gesetzlichen Erbfolge und argumentierte, dass er und Frau NN.H die Erblasserin je zur Hälfte beerben sollten.
- Frau NN.H: Sie beantragte einen Erbschein auf Grundlage eines notariellen Erbvertrags vom 30.12.2015, der sie als Alleinerbin nach dem Tod der Erblasserin einsetzt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Frau NN.H beantragte die Erteilung eines Erbscheins, wonach sie gemäß einem Erbvertrag die Erblasserin allein beerbt. Herr NN.F beantragte ebenfalls einen Erbschein, gestützt auf die Gesetzliche Erbfolge.
- Kern des Rechtsstreits: Der Kern des Rechtsstreits war, ob die Erbfolge durch den Erbvertrag oder die gesetzliche Erbfolge bestimmt wird.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Antrag von Herrn NN.F wurde abgewiesen; Frau NN.H ist als Alleinerbin zu betrachten.
- Begründung: Der notariell beurkundete Erbvertrag vom 30.12.2015 regelt die Erbfolge nach dem Tod der Erblasserin und wurde vom Nachlassgericht anerkannt. Die Ersatzerbeneinsetzung umfasste ebenso die Erbfolge nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten.
- Folgen: Beide Antragsteller tragen die Gerichtskosten, und die Erteilung des Erbscheins für Frau NN.H erfolgt erst nach Rechtskraft des Beschlusses. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gerichtsurteil klärt rechtliche Anforderungen an Ersatzerbeneinsetzung
Die Nachlassregelung ist ein sensibler und komplexer Bereich des Erbrechts, bei dem Erblasser ihre persönlichen Wünsche und familiären Vorstellungen für die Verteilung ihres Vermögens festlegen. Ein zentrales Instrument dabei ist der Erbvertrag, der es Personen ermöglicht, verbindliche Vereinbarungen über die Erbfolge zu treffen und damit von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen.
Bei der Ersatzerbeneinsetzung geht es um eine vorausschauende Planung, bei der Erblasser festlegen, wer als Erbe eintreten soll, falls der ursprünglich vorgesehene Erbe aus verschiedenen Gründen nicht antreten kann oder will. Diese Gestaltungsmöglichkeit bietet Rechtssicherheit und verhindert unerwünschte Komplikationen im Erbfall, die den letzten Willen des Erblassers möglicherweise nicht erfüllen würden.
Der folgende Beitrag beleuchtet ein aktuelles Gerichtsurteil, das die rechtlichen Anforderungen und Auslegungsspielräume einer Ersatzerbeneinsetzung näher betrachtet.
Der Fall vor Gericht
Erbschaftsstreit: Ersatzerbeneinsetzung aus Erbvertrag bestimmt endgültige Erbrechtslage
Das Amtsgericht Fürstenfeldbruck hat in einem erbrechtlichen Verfahren eine wegweisende Entscheidung zur Auslegung eines Erbvertrags getroffen. Im Zentrum des Falls stand die Frage, ob eine in einem notariellen Erbvertrag vom 30. Dezember 2015 festgelegte Ersatzerbeneinsetzung auch die Erbfolge nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten bestimmt.
Streit zwischen potenziellen Erben um Nachlass
Nach dem Tod der Erblasserin am 26. August 2021 stellten zwei Personen konkurrierende Erbscheinsanträge. Frau NN.H beantragte am 5. August 2022 beim Nachlassgericht Fürstenfeldbruck die Ausstellung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte. Sie berief sich dabei auf den notariellen Erbvertrag aus dem Jahr 2015. Dem gegenüber stand der Antrag von Herrn NN.F vom 4. Juli 2022, der die Erteilung eines Erbscheins auf Basis der gesetzlichen Erbfolge anstrebte. Nach seiner Auffassung sollte der Nachlass zu gleichen Teilen zwischen ihm und Frau NN.H aufgeteilt werden.
Rechtliche Bewertung des Erbvertrags
Das Gericht setzte sich intensiv mit dem notariellen Erbvertrag auseinander, der nach dem Tod der Erblasserin vom Nachlassgericht eröffnet wurde. Bei der Prüfung erwies sich als entscheidend, dass die im Erbvertrag unter Punkt II 2 b) getroffene Ersatzerbeneinsetzung nicht nur für den unmittelbaren Erbfall galt. Das Gericht stellte vielmehr fest, dass diese Regelung „zweifelsfrei“ auch die Erbfolge nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten festlegen sollte.
Klare Entscheidung zugunsten der Alleinerbin
Basierend auf dieser Auslegung des Erbvertrags wies das Amtsgericht den Erbscheinsantrag von Herrn NN.F ab. Die Richter erkannten Frau NN.H als rechtmäßige Alleinerbin an und erklärten die zur Begründung ihres Erbscheinsantrags vorgebrachten Tatsachen für festgestellt. Um die Rechtssicherheit zu gewährleisten, setzte das Gericht die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses aus. Die tatsächliche Erteilung des Erbscheins wurde bis zur Rechtskraft des Beschlusses zurückgestellt.
Kostenverteilung des Verfahrens
In der Kostenentscheidung legte das Gericht fest, dass die Beteiligten die durch ihre jeweiligen Erbscheinsanträge entstandenen Gerichtskosten selbst zu tragen haben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wurde nicht angeordnet. Diese Entscheidung stützte sich auf die Bestimmungen des Gerichts- und Notarkostengesetzes (§ 22 GNotKG) sowie des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen (§ 81 FamFG).
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stellt klar, dass eine Ersatzerbeneinsetzung in einem Erbvertrag gleichzeitig auch die Erbfolge nach dem Tod des überlebenden Ehepartners regeln kann. Im konkreten Fall wurde die Alleinerbenstellung der Beteiligten NN.H bestätigt und der konkurrierende Erbscheinsantrag des anderen Beteiligten, der sich auf die gesetzliche Erbfolge berief, abgewiesen. Dies unterstreicht die rechtliche Verbindlichkeit und weitreichende Wirkung von Ersatzerbeneinsetzungen in Erbverträgen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie einen Erbvertrag mit Ihrem Ehepartner schließen, können Sie darin nicht nur die unmittelbare Erbfolge nach dem Erstversterbenden regeln, sondern auch verbindlich festlegen, wer nach dem Tod des längstlebenden Ehegatten erben soll. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, die Vermögensnachfolge langfristig und rechtssicher zu gestalten. Beachten Sie dabei, dass eine solche Regelung Vorrang vor der gesetzlichen
Erbfolge hat und spätere Erbansprüche anderer potenzieller Erben ausschließen kann. Lassen Sie sich bei der Gestaltung eines Erbvertrags unbedingt notariell beraten, um Ihre Wünsche rechtssicher umzusetzen.
Sichern Sie Ihr Erbe rechtzeitig ab
Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig eine sorgfältige und rechtssichere Gestaltung von Erbverträgen ist, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Gerade bei komplexen Familienverhältnissen ist es entscheidend, die Erbfolge klar und eindeutig zu regeln – auch über den Tod des länger lebenden Ehegatten hinaus. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre individuellen Wünsche und Bedürfnisse in einem rechtssicheren Erbvertrag zu verankern, damit Ihr Nachlass gemäß Ihren Vorstellungen verteilt wird.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Ersatzerbeneinsetzung und welche rechtliche Bedeutung hat sie im Erbvertrag?
Eine Ersatzerbeneinsetzung ist eine testamentarische Regelung, bei der eine Person für den Fall als Erbe eingesetzt wird, dass ein ursprünglich vorgesehener Erbe vor oder nach dem Erbfall wegfällt.
Rechtliche Grundlagen und Wirkung
Der Ersatzerbe tritt unter einer aufschiebenden Bedingung die Erbschaft an: Er wird nur dann Erbe, wenn der ursprünglich Berufene nicht Erbe wird. Wenn dieser Fall eintritt, wird der Ersatzerbe unmittelbar Rechtsnachfolger des Erblassers.
Gründe für den Wegfall des ursprünglichen Erben
Ein Wegfall des ursprünglichen Erben kann in verschiedenen Situationen eintreten:
- Vor dem Erbfall durch:
- Vorversterben des eingesetzten Erben
- Erbverzicht
- Nach dem Erbfall durch:
- Ausschlagung der Erbschaft
- Erfolgreiche Anfechtung des Testaments
- Erbunwürdigkeitserklärung
Besonderheiten bei der Gestaltung
Die Ersatzerbeneinsetzung kann flexibel gestaltet werden. Der Erblasser kann mehrere Ersatzerben nebeneinander oder nacheinander einsetzen. Wenn ein Abkömmling als Erbe eingesetzt wurde und dieser wegfällt, gelten im Zweifel dessen Abkömmlinge als Ersatzerben, soweit sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten würden.
Der Ersatzerbe unterscheidet sich vom Nacherben dadurch, dass er von Anfang an anstelle eines anderen Erbe werden soll, während der Nacherbe erst nach einem anderen Erbe wird. Stirbt der ursprüngliche Erbe nach dem Erbfall, greift die Ersatzerbeneinsetzung nicht mehr, da er bereits Erbe geworden ist.
Welche Formvorschriften müssen bei der Ersatzerbeneinsetzung im Erbvertrag beachtet werden?
Ein Erbvertrag mit Ersatzerbeneinsetzung muss zwingend zur Niederschrift eines Notars erfolgen und bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Vertragsparteien geschlossen werden.
Persönliche Voraussetzungen
Der Erblasser muss den Erbvertrag persönlich abschließen – eine Vertretung ist nicht möglich. Dabei muss der Erblasser unbeschränkt geschäftsfähig sein. Der Vertragspartner hingegen kann sich von einem Dritten vertreten lassen, sofern er selbst keine Verfügung von Todes wegen trifft.
Inhaltliche Anforderungen
Die Ersatzerbeneinsetzung muss im Erbvertrag eindeutig bestimmt sein. Wenn Sie einen Ersatzerben einsetzen möchten, müssen Sie klar festlegen, für welchen Fall dieser eintreten soll. Der Ersatzerbe tritt nur dann an die Stelle des ursprünglich eingesetzten Erben, wenn dieser vor dem Erbfall wegfällt.
Wirksamkeitsvoraussetzungen
Die Ersatzerbeneinsetzung wird nur wirksam, wenn der ursprüngliche Erbe:
- vor dem Erblasser verstirbt
- die Erbschaft ausschlägt
- für erbunwürdig erklärt wird
- das Testament erfolgreich anficht
Besonderheiten der vertraglichen Bindung
Im Gegensatz zum Testament können Sie die im Erbvertrag getroffenen Regelungen zur Ersatzerbeneinsetzung nicht einseitig widerrufen. Die vertragliche Bindung bedeutet, dass Änderungen nur im Einvernehmen aller Vertragsparteien möglich sind.
Wie bindend ist eine Ersatzerbeneinsetzung für die Beteiligten nach Abschluss des Erbvertrags?
Die Bindungswirkung einer Ersatzerbeneinsetzung im Erbvertrag hängt maßgeblich von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Eine vertragsmäßige Ersatzerbeneinsetzung ist grundsätzlich unwiderruflich bindend.
Voraussetzungen der Bindungswirkung
Die Bindungswirkung tritt nur ein, wenn die Ersatzerbeneinsetzung ausdrücklich als vertragsmäßige Verfügung vereinbart wurde. Wenn Sie einen Erbvertrag abschließen, können Sie folgende Verfügungen mit bindender Wirkung treffen:
- Erbeinsetzungen
- Vermächtnisse
- Auflagen
- Die Wahl des anzuwendenden Erbrechts
Grenzen der Bindungswirkung
Die Bindungswirkung entfällt, wenn der ursprünglich Bedachte wegfällt – es sei denn, seine Abkömmlinge sind ausdrücklich als Ersatzerben berufen. Wenn Sie beispielsweise Ihren Sohn als Erben einsetzen und dieser vor dem Erbfall verstirbt, greift die gesetzliche Ersatzerbfolge für seine Kinder nur dann, wenn dies im Erbvertrag so festgelegt wurde.
Gestaltungsmöglichkeiten
Sie können die Bindungswirkung durch einen Rücktritts- oder Änderungsvorbehalt flexibel gestalten. Ein Rücktrittsvorbehalt ermöglicht es Ihnen, sich zu Lebzeiten ohne Zustimmung des Vertragspartners von getroffenen Verfügungen zu lösen. Ein Änderungsvorbehalt erlaubt dem überlebenden Ehegatten, von der ursprünglichen Regelung abzuweichen.
Rechtliche Konsequenzen
Wenn Sie keine Vorbehalte vereinbaren, sind die vertragsmäßigen Verfügungen absolut bindend. Das bedeutet:
- Frühere letztwillige Verfügungen werden aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würden
- Spätere Verfügungen von Todes wegen, die das Recht eines vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen, sind unwirksam
Stellen Sie sich vor, Sie setzen in einem Erbvertrag Ihre Tochter als Erbin ein und Ihren Enkel als Ersatzerben. In diesem Fall können Sie diese Regelung später nicht mehr einseitig ändern, wenn Sie die Ersatzerbeneinsetzung vertragsmäßig vereinbart haben.
Welche Rolle spielt die Auslegung der Ersatzerbeneinsetzung bei Erbstreitigkeiten?
Die Auslegung einer Ersatzerbeneinsetzung ist ein zentraler Aspekt bei der Klärung von Erbstreitigkeiten. Gerichte müssen dabei den wahren Willen des Erblassers ermitteln und die Reichweite der testamentarischen Verfügung bestimmen.
Grundsätze der Auslegung
Bei der Auslegung einer Ersatzerbeneinsetzung gilt der Grundsatz, dass der tatsächliche Wille des Erblassers maßgebend ist. Dies gilt auch dann, wenn die Ersatzerbeneinsetzung in einem notariellen Testament enthalten ist. Die Notariatsurkunde begründet lediglich eine Vermutung, dass der objektive Erklärungsinhalt und der Erblasserwille übereinstimmen.
Auslegungskriterien
Die Gerichte berücksichtigen bei ihrer Auslegung mehrere wichtige Faktoren:
- Den Wortlaut der testamentarischen Verfügung
- Die Gesamtumstände des Einzelfalls
- Die vom Erblasser verwendeten Formulierungen
- Die familiären Verhältnisse zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung
Besondere Auslegungssituationen
Wenn ein Testament keine eindeutige Regelung enthält, greifen gesetzliche Auslegungsregeln. Nach § 2069 BGB werden im Zweifelsfall die Nachkommen eines vorverstorbenen Erben als Ersatzerben angesehen. Diese Regelung gilt jedoch nicht automatisch, wenn der ursprünglich eingesetzte Erbe die Erbschaft ausschlägt und seinen Pflichtteil geltend macht.
Praktische Bedeutung
Die Auslegung kann weitreichende Konsequenzen haben. Stellen Sie sich vor, Sie haben in Ihrem Testament einen Ersatzerben eingesetzt. Die Formulierung „falls mein Erbe nicht Erbe werden kann“ wird anders ausgelegt als „falls mein Erbe nicht Erbe werden will“. Im ersten Fall greift die Ersatzerbeneinsetzung nur bei rechtlicher oder tatsächlicher Unmöglichkeit, im zweiten Fall auch bei freiwilliger Ausschlagung.
Die aufschiebende Bedingung der Ersatzerbeneinsetzung tritt nur ein, wenn der ursprünglich eingesetzte Erbe tatsächlich wegfällt. Ein Wegfall liegt beispielsweise vor bei:
- Vorversterben des eingesetzten Erben
- Ausschlagung der Erbschaft
- Erbunwürdigkeit
- Anfechtung der Erbeinsetzung
Welche Rechtsmittel stehen gegen die gerichtliche Auslegung einer Ersatzerbeneinsetzung zur Verfügung?
Gegen die gerichtliche Auslegung einer Ersatzerbeneinsetzung steht als wichtigstes Rechtsmittel die befristete Beschwerde nach § 58 FamFG zur Verfügung. Diese Beschwerde muss form- und fristgerecht eingereicht werden.
Voraussetzungen für die Beschwerde
Der Beschwerdewert muss mindestens 600 Euro betragen. Die Beschwerdebefugnis erhalten Sie bereits dann, wenn Ihr Antrag auf Erteilung eines Erbscheins zurückgewiesen wurde.
Fristen und Formvorschriften
Eine Anfechtung muss innerhalb einer Frist von einem Jahr erfolgen. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem Sie Kenntnis vom Anfechtungsgrund erhalten haben. Die Anfechtungserklärung muss gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen.
Instanzenzug
Wenn das Amtsgericht eine Entscheidung getroffen hat, können Sie zunächst Beschwerde zum Landgericht einlegen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts steht Ihnen dann die weitere Beschwerde zu. Diese weitere Beschwerde wird nach den Vorschriften des § 27 Abs. 1 FGG und § 546 ZPO geprüft.
Auslegungsgrundsätze im Beschwerdeverfahren
Im Beschwerdeverfahren wird besonders geprüft, ob eine planwidrige Regelungslücke im Testament vorliegt. Dabei muss sich aus dem Testament eine Willensrichtung des Erblassers erkennen lassen. Es darf keinesfalls ein Wille in das Testament hineingedeutet werden, der nicht zumindest andeutungsweise vom Erblasser ausgedrückt wurde.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Erbvertrag
Ein Erbvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung über die Regelung der Erbfolge, die zwischen dem Erblasser und anderen Personen zu Lebzeiten notariell geschlossen wird. Im Gegensatz zum Testament ist er zweiseitig bindend und kann nicht einseitig widerrufen werden. Er ermöglicht es, die gesetzliche Erbfolge zu umgehen und eine individuelle Nachlassregelung verbindlich festzulegen. Geregelt ist der Erbvertrag in §§ 2274 ff. BGB. Beispiel: Ein Ehepaar schließt einen Erbvertrag, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzen und gleichzeitig bestimmen, wer nach dem Tod des Längerlebenden erben soll.
Ersatzerbeneinsetzung
Die Ersatzerbeneinsetzung ist eine Vorsorgebestimmung im Erbrecht, bei der der Erblasser einen oder mehrere Ersatzerben festlegt, falls der ursprünglich vorgesehene Erbe vor oder nach dem Erbfall wegfällt. Dies kann durch Tod, Ausschlagung oder Erbunwürdigkeit geschehen. Die rechtliche Grundlage findet sich in §§ 2096 ff. BGB. Beispiel: Ein Erblasser setzt seinen Sohn als Haupterben ein und bestimmt dessen Kinder als Ersatzerben für den Fall, dass der Sohn vor ihm verstirbt.
Alleinerbe
Ein Alleinerbe ist eine Person, die den gesamten Nachlass alleine erbt und damit in alle Rechte und Pflichten des Erblassers eintritt. Im Gegensatz zur Erbengemeinschaft muss der Alleinerbe keine Auseinandersetzung mit anderen Erben vornehmen. Er übernimmt gemäß § 1922 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge das gesamte Vermögen sowie alle Verbindlichkeiten des Erblassers. Beispiel: Eine Erblasserin setzt in ihrem Testament ihre einzige Tochter als Alleinerbin ein, wodurch diese den gesamten Nachlass erhält.
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer erbberechtigt ist, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt. Sie basiert auf dem Verwandtschaftsprinzip und ist in §§ 1924-1936 BGB geregelt. Die Erben werden nach Ordnungen eingeteilt, wobei nähere Verwandte entferntere ausschließen. Ehepartner haben ein gesondertes gesetzliches Erbrecht. Beispiel: Verstirbt jemand ohne Testament, erben zunächst die Kinder zu gleichen Teilen. Sind keine Kinder vorhanden, erben die Eltern.
Gerichtskosten
Gerichtskosten sind die vom Gericht erhobenen Gebühren und Auslagen für die Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens. Sie werden nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) und bei Nachlasssachen nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) berechnet. Die Höhe richtet sich meist nach dem Streit- oder Geschäftswert. Beispiel: Bei einem Erbscheinsverfahren mit einem Nachlasswert von 100.000 Euro fallen Gerichtskosten von etwa 1.000 Euro an.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 1922 ff. BGB – Gesetzliche Erbfolge: Diese Vorschriften regeln, wie der Nachlass einer verstorbenen Person ohne Testament verteilt wird. Sie bestimmen, wer erbberechtigt ist und in welchen Anteilen das Vermögen aufgeteilt wird. Im vorliegenden Fall beantragt Herr NN.F die Erteilung eines Erbscheins basierend auf der gesetzlichen Erbfolge, da er eine Hälfte des Erbes nach dieser Ordnung erwartet.
- § 1942 BGB – Erbvertrag: Ein Erbvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Erblasser und einem oder mehreren Erben, die die Erbfolge regelt. Dieser Paragraph legt fest, dass der Erbvertrag notariell beurkundet werden muss und bindend ist. Im Fall des Erbvertrages vom 30.12.2015 ist festgelegt, dass Frau NN.H als Alleinerbin eingesetzt wird, wodurch ihr Anspruch durch den Erbvertrag gestärkt wird.
- § 2351 BGB – Erbschein: Der Erbschein ist ein amtliches Dokument, das die Erbenstellung einer Person bestätigt und zur Vorlage bei Behörden dient. Er wird auf Antrag beim Nachlassgericht erteilt und ist notwendig, um Rechte aus dem Erbe geltend zu machen. Beide Parteien im vorliegenden Fall haben Erbscheinsanträge gestellt, wobei das Gericht die Anträge auf Grundlage des Erbvertrages überprüft hat.
- § 22 GNotKG – Gerichtskostengesetz für Notarkosten: Dieser Paragraph regelt die Kosten, die im Zusammenhang mit Verfahren vor dem Nachlassgericht entstehen. Er bestimmt, wer die Gerichtskosten trägt und in welcher Höhe diese anfallen. Im Beschluss wurde entschieden, dass die Beteiligten die durch ihre jeweiligen Erbscheinsanträge entstandenen Gerichtskosten tragen müssen.
- § 81 FamFG – Familienverfahrensgesetz: Diese Vorschrift betrifft die Kostenregelung in familienrechtlichen Verfahren, einschließlich Erbschaftsstreitigkeiten. Sie legt fest, wie die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten gehandhabt werden. Im vorliegenden Fall wurde auf § 81 FamFG Bezug genommen, um die Kostenentscheidung zu begründen und festzulegen, dass außergerichtliche Kosten nicht erstattet werden.
Das vorliegende Urteil
AG Fürstenfeldbruck – Az.: 1 VI 1868/21 – Beschluss vom 28.03.2023
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