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Erbvertrag – kein Raum für abweichende Auslegung

Ein Erbvertrag sollte eigentlich Sicherheit geben, doch eine Scheidung kann alles verändern – selbst ein vermeintlich sicheres Erbe. Für eine Stieftochter platzte nun überraschend der Traum vom Erbe, denn das Gericht erklärte ihre Erbeinsetzung für unwirksam.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 W 19/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Zweibrücken
  • Datum: 10.03.2025
  • Aktenzeichen: 8 W 19/24
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
  • Rechtsbereiche: Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Antragstellerin und Beschwerdeführerin: Die Nichte des Verstorbenen. Sie beantragte einen Erbschein als gesetzliche Erbin und legte Beschwerde gegen die Ablehnung durch das Amtsgericht ein. Sie argumentierte, dass ein früherer Erbvertrag durch die Scheidung des Verstorbenen unwirksam geworden sei.
  • Im Erbvertrag eingesetzte Erbin: Die Tochter der geschiedenen Ehefrau des Verstorbenen (Stieftochter). Sie war im Erbvertrag von 1990 als Alleinerbin vorgesehen.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Mann verstarb geschieden und kinderlos. Im Jahr 1990 hatte er zusammen mit seiner damaligen zukünftigen Ehefrau einen Ehe- und Erbvertrag geschlossen. Darin setzte er die Tochter seiner Frau (seine Stieftochter) als Alleinerbin ein. Später wurde die Ehe geschieden. Nach seinem Tod beantragte die Nichte des Mannes (Tochter seiner bereits verstorbenen Schwester) einen Erbschein, da sie sich als gesetzliche Erbin sah. Das Nachlassgericht lehnte dies zunächst ab, weil es den Erbvertrag zugunsten der Stieftochter für gültig hielt. Dagegen legte die Nichte Beschwerde ein.
  • Kern des Rechtsstreits: Es musste geklärt werden, ob die Einsetzung der Stieftochter als Erbin im Erbvertrag auch nach der Scheidung des Erblassers von deren Mutter noch gültig war, oder ob die Verfügung aufgrund der Scheidung unwirksam wurde.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde der Nichte statt. Es stellte fest, dass die Voraussetzungen für den von der Nichte beantragten Erbschein gegeben sind. Das Nachlassgericht wurde angewiesen, der Nichte den Erbschein auszustellen, der sie als Alleinerbin ausweist.
  • Begründung: Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Verfügungen in einem Erbvertrag, die im Hinblick auf eine Ehe getroffen wurden, im Zweifel unwirksam werden, wenn die Ehe geschieden wird. Es sei anzunehmen, dass der Verstorbene seine Stieftochter nur deshalb zur Erbin eingesetzt hat, weil er ihre Mutter geheiratet hat. Der Erbvertrag stand in engem Zusammenhang mit der Eheschließung. Es gab keine Anzeichen dafür, dass der Verstorbene die Stieftochter auch unabhängig von der Ehe zur Erbin machen wollte, zumal keine enge persönliche Beziehung bestand. Daher wurde die Erbeinsetzung der Stieftochter durch die Scheidung unwirksam. Infolgedessen gilt die gesetzliche Erbfolge, nach der die Nichte als Tochter der einzigen Schwester des Verstorbenen die Alleinerbin ist.
  • Folgen: Die Nichte des Verstorbenen ist die alleinige Erbin und erhält den entsprechenden Erbschein. Die im Erbvertrag bedachte Stieftochter erbt nicht. Die Nichte muss die Gerichtsgebühren für den Erbscheinsantrag tragen. Für das Beschwerdeverfahren selbst fallen keine Gerichtsgebühren an, und es findet keine Erstattung von Anwaltskosten statt.

Der Fall vor Gericht


OLG Zweibrücken: Scheidung lässt Erbeinsetzung der Stieftochter im Erbvertrag platzen

Scheidungsantrag Übergabe. Erbrecht, Nachlassregelung, Testament. Familienrecht.
Scheidung und Erbrecht: Unwirksamkeit der Erbeinsetzung | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat in einem bemerkenswerten Fall entschieden, dass die Erbeinsetzung einer Stieftochter in einem Erbvertrag unwirksam wird, wenn die Ehe zwischen dem Erblasser und der Mutter der Stieftochter später geschieden wird. Dies gilt auch dann, wenn der Erbvertrag dies nicht ausdrücklich regelt (Az.: 8 W 19/24). Das Gericht gab damit der Nichte des Verstorbenen Recht, die gesetzliche Erbin ist.

Die Beteiligten und der familiäre Hintergrund

Im Zentrum des Rechtsstreits standen zwei Frauen: die Nichte des kinderlos verstorbenen Erblassers (Beteiligte zu 1)) und die Tochter seiner geschiedenen Ehefrau aus deren erster Ehe (Beteiligte zu 2)). Der Erblasser war zum Zeitpunkt seines Todes im Sommer 2023 geschieden. Seine einzige Schwester, die Mutter der Beteiligten zu 1), war bereits vor ihm verstorben.

Der Ehe- und Erbvertrag von 1990

Der Kern des Falles lag in einem „Ehe- und Erbvertrag“, den der spätere Erblasser und seine damalige Verlobte, die Mutter der Beteiligten zu 2), am 29. Januar 1990 geschlossen hatten. Sie beabsichtigten damals zu heiraten. Der Vertrag regelte im ersten Teil Gütertrennung für die künftige Ehe.

Die Erbeinsetzung im Vertrag

Im zweiten Teil, dem Erbvertrag, setzte der Mann die Tochter seiner zukünftigen Frau, die Beteiligte zu 2), als seine alleinige Erbin ein. Dies sollte unabhängig davon gelten, ob es weitere Pflichtteilsberechtigte geben würde. Zusätzlich vermachte er seiner künftigen Frau ein lebenslanges Wohnrecht in seinem Haus.

Wichtige Vertragsklauseln

Der Erbvertrag enthielt auch eine Klausel, nach der der Mann sich den jederzeitigen Rücktritt vom Erbvertrag vorbehielt. Die Vertragsparteien bestätigten zudem, dass spätere Änderungen nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich seien, und nahmen die Erklärungen gegenseitig zur erbvertraglichen Bindung an.

Scheidung und Tod des Erblassers

Die Ehe zwischen dem Erblasser und der Mutter der Beteiligten zu 2) wurde tatsächlich geschlossen, jedoch bereits am 30. Mai 1995 wieder geschieden. Nach dem Tod des Mannes stellte sich die Frage, wer ihn beerben würde. Der Erbvertrag von 1990 wurde vom Nachlassgericht eröffnet.

Streit um das Erbe: Nichte gegen Stieftochter

Die Nichte beantragte beim Nachlassgericht Kaiserslautern einen Erbschein, der sie als Alleinerbin aufgrund gesetzlicher Erbfolge ausweist. Sie argumentierte, die Erbeinsetzung der Stieftochter im Erbvertrag sei durch die Scheidung unwirksam geworden. Die Stieftochter hielt dagegen: Ihre Erbeinsetzung sei weiterhin gültig, da sie einseitig erfolgt und vom Ehevertrag unabhängig sei.

Die Entscheidung des Nachlassgerichts

Das Nachlassgericht Kaiserslautern wies den Antrag der Nichte zunächst zurück. Es vertrat die Auffassung, dass die Erbeinsetzung der Stieftochter trotz der Scheidung wirksam geblieben sei. Die gesetzliche Erbfolge greife daher nicht. Das Gericht verwies zwar auf gesetzliche Auslegungsregeln (§§ 2279, 2077 BGB), wonach Verfügungen zugunsten eines Ehegatten bei Scheidung oft unwirksam werden, sah hier aber einen Sonderfall.

OLG Zweibrücken hebt Entscheidung auf: Scheidung beendet Erbanspruch

Die Nichte legte gegen diese Entscheidung Beschwerde beim OLG Zweibrücken ein – mit Erfolg. Das OLG änderte den Beschluss des Nachlassgerichts ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für den von der Nichte beantragten Erbschein gegeben sind. Es wies das Nachlassgericht an, der Nichte den Erbschein als Alleinerbin auszustellen.

Die zentrale Begründung des OLG

Das OLG Zweibrücken folgte der Argumentation der Nichte. Es wandte die Rechtsgedanken der §§ 2279, 2077 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an. Nach § 2077 BGB ist eine letztwillige Verfügung (Testament), durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedenkt, im Zweifel unwirksam, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers aufgelöst wurde.

Übertragung auf den Erbvertrag und Dritte

Dieser Grundsatz wird über § 2279 BGB auch auf Erbverträge angewendet. Das OLG stellte klar, dass dies auch gilt, wenn – wie hier – nicht der Vertragspartner (die Ex-Frau), sondern eine diesem nahestehende dritte Person (die Stieftochter) bedacht wird. Entscheidend ist, dass die Zuwendung ihre Grundlage typischerweise in der persönlichen Bindung der Vertragspartner hat.

Kein Raum für abweichende Auslegung

Das Gericht betonte, dass der Erbvertrag keine Anhaltspunkte dafür enthielt, dass die Erbeinsetzung der Stieftochter auch nach einer Scheidung der Ehe ihrer Mutter vom Erblasser Bestand haben sollte. Ohne eine solche ausdrückliche Regelung greift die gesetzliche Vermutung der Unwirksamkeit bei Scheidung. Der Erbvertrag ließ keinen Raum für eine abweichende Auslegung.

Bedeutung des Rücktrittsvorbehalts

Der Umstand, dass der Erblasser sich im Vertrag den Rücktritt vorbehalten hatte, änderte nichts an dieser Bewertung. Zwar hätte er von diesem Recht Gebrauch machen können, tat dies aber nicht. Das Fehlen eines Rücktritts bedeutet jedoch nicht automatisch, dass die Erbeinsetzung die Scheidung überdauern sollte. Die gesetzliche Auslegungsregel des § 2077 BGB greift unabhängig davon.

Ergebnis: Nichte ist Alleinerbin

Im Ergebnis stellte das OLG fest, dass die Erbeinsetzung der Stieftochter durch die Ehescheidung zwischen dem Erblasser und ihrer Mutter unwirksam geworden ist. Da der Erblasser keine anderen wirksamen Verfügungen von Todes wegen hinterlassen hatte, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Alleinerbin ist damit die Nichte als Verwandte der nächsten Ordnung.

Bedeutung für Betroffene

Klarheit bei Scheidung und Erbverträgen

Diese Entscheidung des OLG Zweibrücken schafft wichtige Klarheit für eine häufige Konstellation. Sie bestätigt, dass Zuwendungen in Erbverträgen, die im Zusammenhang mit einer Ehe oder Partnerschaft stehen, bei einer späteren Trennung oder Scheidung kritisch zu prüfen sind. Dies gilt auch, wenn nicht der Partner selbst, sondern ihm nahestehende Dritte (wie Stiefkinder) bedacht werden.

Wichtigkeit klarer Formulierungen

Der Fall unterstreicht eindrücklich die Notwendigkeit, in Ehe- und Erbverträgen präzise Regelungen zu treffen. Wer möchte, dass eine Erbeinsetzung (insbesondere eines Stiefkindes oder anderer Dritter) auch nach einer Scheidung Bestand hat, muss dies im Vertrag ausdrücklich und unmissverständlich festlegen. Andernfalls greift im Zweifel die gesetzliche Vermutung der Unwirksamkeit.

Handlungsbedarf bei bestehenden Verträgen

Personen, die ähnliche Verträge geschlossen haben und später geschieden wurden, sollten dringend prüfen (lassen), ob ihre ursprünglichen Wünsche noch wirksam umgesetzt sind. Eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der letztwilligen Verfügungen durch ein neues Testament oder einen Aufhebungsvertrag kann spätere Erbstreitigkeiten vermeiden. Juristischer Rat ist hier oft unerlässlich.

Schutz der gesetzlichen Erben

Die Entscheidung stärkt auch die Position der gesetzlichen Erben. Sie können sich darauf berufen, dass Verfügungen zugunsten von Ex-Partnern oder deren Angehörigen nach einer Scheidung im Zweifel unwirksam sind, sofern der Erblasser keine klare gegenteilige Regelung getroffen hat.

Kostenentscheidung

Die Gerichtskosten für den ursprünglichen Erbscheinsantrag muss die Nichte tragen. Für das erfolgreiche Beschwerdeverfahren vor dem OLG wurden jedoch keine Gerichtskosten erhoben, und es wurde keine Kostenerstattung angeordnet. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wurde auf bis zu 90.000 Euro festgesetzt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass ein Erbvertrag, der im Zusammenhang mit einer Eheschließung geschlossen wurde, nach einer Scheidung unwirksam werden kann, wenn die Verfügungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis standen. Entscheidend ist dabei, ob die Erbeinsetzung eines Dritten (hier der Stieftochter) nur aufgrund der Ehe erfolgte oder unabhängig davon gewollt war. Das Gericht gab der Nichte als gesetzlicher Erbin Recht, da es keinen Anhaltspunkt dafür gab, dass der Erblasser die Stieftochter unabhängig vom Fortbestand der Ehe als Erbin einsetzen wollte.

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Rechtliche Unsicherheiten bei Erbeinsetzungen im Zusammenhang mit Scheidung

Wenn Ehe- oder Erbverträge Zuwendungen an den Partner oder dessen Kinder enthalten, kann eine spätere Scheidung erhebliche Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser Regelungen haben. Wer davon betroffen ist, steht oft vor der Frage, ob frühere Vereinbarungen noch Bestand haben oder die gesetzliche Erbfolge eingreift.

Unsere Kanzlei prüft bestehende Verträge sorgfältig und klärt, wie sich eine Scheidung auf die wirksame Erbeinsetzung auswirkt. Auf dieser Grundlage entwickeln wir rechtssichere Lösungen, um Ihre Interessen im Erbfall zuverlässig zu schützen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet es, wenn ein Erbvertrag eine Klausel enthält, die einen jederzeitigen Rücktritt vom Vertrag durch eine Partei ermöglicht?

Ein Erbvertrag ist normalerweise dazu gedacht, eine verbindliche Regelung für die Erbfolge zu schaffen. Das bedeutet, die Vertragspartner legen fest, wer Erbe werden soll, und können diese Festlegung später nicht einfach einseitig ändern, wie es bei einem Testament möglich wäre. Diese Bindung soll Sicherheit geben.

Enthält ein Erbvertrag jedoch eine Klausel, die einer oder beiden Parteien erlaubt, jederzeit vom Vertrag zurückzutreten, wird diese grundsätzliche Bindung stark aufgeweicht oder sogar ganz aufgehoben.

Auswirkung auf die Bindungswirkung

Die wichtigste Folge eines solchen vereinbarten Rücktrittsrechts ist, dass die vertragliche Bindung für die Zukunft entfällt, sobald der Rücktritt erklärt wird. Die Partei, die das Rücktrittsrecht ausübt, ist dann nicht mehr an ihre Zusagen im Erbvertrag gebunden (z.B. an die Einsetzung einer bestimmten Person als Erben).

Stellen Sie sich vor, Sie schließen einen Vertrag, einigen sich auf feste Regeln, aber vereinbaren gleichzeitig, dass jeder jederzeit sagen kann: „Ich mache doch nicht mehr mit.“ Genau das bewirkt ein solches Rücktrittsrecht im Erbvertrag. Die Sicherheit, die ein Erbvertrag normalerweise bieten soll, ist damit für die betroffenen Regelungen nicht mehr gegeben. Der Erbvertrag ähnelt dann in seiner Wirkung eher einem Testament, das jederzeit frei geändert werden kann.

Gültigkeit der Klausel und des Vertrags

Grundsätzlich erlaubt das Gesetz (§ 2293 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB), in einem Erbvertrag ein Rücktrittsrecht zu vereinbaren. Eine Klausel, die einen jederzeitigen Rücktritt ohne Angabe von Gründen ermöglicht, ist also nicht automatisch unwirksam.

Allerdings höhlt ein solches uneingeschränktes Rücktrittsrecht den eigentlichen Zweck des Erbvertrags – die gegenseitige Bindung – stark aus. Ob eine solche Klausel im Einzelfall wirksam ist, hängt von der genauen Formulierung und den Umständen ab. Enthält der Vertrag aber ansonsten noch bindende Regelungen oder wurde das Rücktrittsrecht bewusst so vereinbart, kann der Vertrag trotz dieser Klausel gültig sein. Die zurücktretende Person löst sich dann wirksam von ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag.

Bedeutung für die eingesetzten Erben

Für Personen, die in einem Erbvertrag mit einer solchen Rücktrittsklausel als Erben oder Vermächtnisnehmer eingesetzt wurden, bedeutet dies Unsicherheit. Ihre im Vertrag festgelegte Position ist nicht endgültig gesichert. Die Person, die das Rücktrittsrecht hat, kann ihre Meinung jederzeit ändern und durch den Rücktritt dafür sorgen, dass die entsprechende Regelung im Erbvertrag für sie nicht mehr gilt. Die erhoffte Erbschaft oder das Vermächtnis kann somit entfallen, wenn der Rücktritt wirksam erklärt wird.

Kurzer Hinweis zum Thema Scheidung

Auch wenn ein Erbvertrag kein jederzeitiges Rücktrittsrecht enthält, kann er unter bestimmten Umständen unwirksam werden, beispielsweise im Falle einer Scheidung. Gesetzliche Regelungen (§ 2077 BGB) sehen vor, dass Verfügungen zugunsten des Ehegatten in der Regel unwirksam werden, wenn die Ehe geschieden wird. Ein vertraglich vereinbartes Rücktrittsrecht ist davon unabhängig, bietet aber eine zusätzliche Möglichkeit, sich vom Vertrag zu lösen.


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Inwiefern beeinflusst ein Ehevertrag, der Gütertrennung vorsieht, die Gültigkeit eines gleichzeitig geschlossenen Erbvertrags?

Ein Ehevertrag mit Gütertrennung und ein Erbvertrag sind grundsätzlich zwei rechtlich selbstständige Verträge. Das bedeutet, die Vereinbarung der Gütertrennung im Ehevertrag führt nicht automatisch dazu, dass ein gleichzeitig geschlossener Erbvertrag ungültig wird oder seine Gültigkeit verliert. Beide Verträge regeln unterschiedliche Bereiche: Der Ehevertrag betrifft die Vermögensverhältnisse der Ehepartner während der Ehe und bei einer Scheidung, der Erbvertrag regelt die Vermögensnachfolge im Todesfall.

Trennung der Verträge, aber möglicher Zusammenhang

Obwohl die Verträge rechtlich getrennt sind, können sie im Gesamtzusammenhang betrachtet werden, insbesondere wenn sie gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang geschlossen wurden. Die Wahl der Gütertrennung kann ein wichtiger Hinweis darauf sein, welche Absichten die Ehepartner mit ihren Regelungen verfolgt haben.

Stellen Sie sich vor, die Ehepartner wollten durch die Gütertrennung eine klare finanzielle Trennung ihrer Vermögen erreichen. Diese Absicht kann dann auch bei der Auslegung des Erbvertrags eine Rolle spielen, wenn es darum geht zu verstehen, warum bestimmte erbrechtliche Regelungen (z.B. die Erbeinsetzung von Kindern oder anderen Personen anstelle des Ehepartners) getroffen wurden.

Auswirkungen der Gütertrennung auf den Erbvertrag

Die Vereinbarung der Gütertrennung hat konkrete Auswirkungen auf die gesetzliche Erbfolge und Pflichtteilsansprüche, was wiederum die Bedeutung und den Inhalt des Erbvertrags beeinflusst:

  1. Keine pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbteils: Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhält der überlebende Ehepartner neben seinem gesetzlichen Erbteil pauschal ein weiteres Viertel des Erbes als Zugewinnausgleich im Todesfall. Diese pauschale Erhöhung entfällt bei der Gütertrennung. Der überlebende Ehepartner erbt also nach der gesetzlichen Erbfolge (wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt) nur seinen „normalen“ gesetzlichen Erbteil neben Kindern oder anderen Verwandten. Ein Erbvertrag kann und wird oft dazu genutzt, von dieser gesetzlichen Regelung abzuweichen und eine andere Erbquote festzulegen. Die Gütertrennung bildet hierfür den Hintergrund.
  2. Pflichtteilsansprüche: Die Gütertrennung schließt den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch des Ehepartners nicht aus. Wenn ein Ehepartner durch den Erbvertrag enterbt wird, steht ihm grundsätzlich weiterhin ein Pflichtteil zu. Die Höhe des Pflichtteils berechnet sich jedoch anders als bei der Zugewinngemeinschaft, da der pauschale Zugewinnausgleich wegfällt. Die Pflichtteilsquote ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, der sich bei Gütertrennung eben nicht um das pauschale Viertel erhöht. Ein Erbvertrag kann Regelungen zum Pflichtteil enthalten, bis hin zu einem (unter bestimmten Voraussetzungen wirksamen) Pflichtteilsverzicht. Die Gütertrennung beeinflusst hier die Basis, auf der solche Regelungen aufbauen.
  3. Erbeinsetzung Dritter: Wenn Ehepartner Gütertrennung vereinbaren, kann dies ein Indiz dafür sein, dass sie ihr jeweiliges Vermögen getrennt halten und eventuell auch im Todesfall getrennt vererben möchten, z.B. an Kinder aus früheren Beziehungen. Setzt der Erbvertrag Dritte (z.B. die Kinder) als Erben ein und beschränkt die Rechte des Ehepartners, so steht dies im Einklang mit der durch die Gütertrennung zum Ausdruck gebrachten wirtschaftlichen Trennung.

Wichtig im Zusammenhang: Scheidung

Unabhängig vom Güterstand gilt: Wird die Ehe geschieden, werden Verfügungen (wie Erbeinsetzungen oder Vermächtnisse) zugunsten des Ehepartners in einem Testament oder Erbvertrag im Zweifel automatisch unwirksam. Dies ist gesetzlich so vorgesehen (§ 2077 BGB für Testamente, § 2279 BGB i.V.m. § 2077 BGB für Erbverträge). Die Ehepartner können im Erbvertrag aber ausdrücklich festlegen, dass die erbrechtlichen Regelungen auch im Falle einer Scheidung fortbestehen sollen. Die Gütertrennung selbst ändert an dieser Grundregel zur Unwirksamkeit bei Scheidung nichts.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Gütertrennung macht einen Erbvertrag nicht ungültig, aber sie ändert die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das Erbe des Ehepartners und kann bei der Interpretation der im Erbvertrag getroffenen Regelungen eine wichtige Rolle spielen.


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Welche rechtlichen Folgen hat eine Scheidung für eine im Erbvertrag festgelegte Erbeinsetzung des Stiefkindes?

Eine Scheidung der Ehe zwischen dem Erblasser (der Person, die vererbt) und dem Elternteil des Stiefkindes führt nicht automatisch dazu, dass eine im Erbvertrag festgelegte Erbeinsetzung dieses Stiefkindes ungültig wird. Die rechtlichen Folgen hängen stark von den Umständen des Einzelfalls und insbesondere vom Willen des Erblassers ab, wie er im Erbvertrag zum Ausdruck kommt oder durch Auslegung ermittelt wird.

Was passiert generell mit Verfügungen zugunsten von Ehepartnern nach einer Scheidung?

Für letztwillige Verfügungen (wie Testamente oder Erbverträge) gibt es eine gesetzliche Auslegungsregel: Hat ein Erblasser seinen Ehepartner bedacht und wird die Ehe später geschieden oder aufgelöst, so ist die Verfügung zugunsten des Ehepartners im Zweifel unwirksam (§ 2077 BGB). Man geht also normalerweise davon aus, dass der Erblasser seinen Ex-Partner nicht mehr bedenken wollte, es sei denn, es lässt sich nachweisen, dass er dies auch im Falle einer Scheidung gewollt hätte.

Gilt das auch für die Erbeinsetzung des Stiefkindes?

Diese Regel gilt nicht direkt für Stiefkinder. Ob die Erbeinsetzung des Stiefkindes nach der Scheidung vom leiblichen Elternteil bestehen bleibt, muss durch Auslegung des Erbvertrags ermittelt werden. Die entscheidende Frage ist: Hat der Erblasser das Stiefkind nur deshalb als Erben eingesetzt, weil es das Kind seines Ehepartners war und die familiäre Verbindung durch die Ehe bestand? Oder wollte der Erblasser das Stiefkind unabhängig von der Ehe bedenken, zum Beispiel aufgrund einer engen persönlichen Beziehung?

Worauf kommt es bei der Entscheidung an?

Gerichte versuchen herauszufinden, was der tatsächliche oder mutmaßliche Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrags war. Dafür wird der Erbvertrag genau geprüft:

  • Wortlaut des Erbvertrags: Enthält der Vertrag vielleicht eine Klausel, die ausdrücklich regelt, was im Falle einer Scheidung mit der Erbeinsetzung des Stiefkindes geschehen soll? Solche klaren Regelungen sind aber selten.
  • Begründung der Erbeinsetzung: Gibt es im Vertrag oder in den Umständen Hinweise darauf, warum das Stiefkind bedacht wurde? Wurde es wie ein eigenes Kind behandelt? Bestand eine besonders enge persönliche Bindung, die auch ohne die Ehe fortbestehen würde?
  • Gesamtzusammenhang: Wie ist der Erbvertrag insgesamt aufgebaut? Welche anderen Regelungen wurden getroffen?

Wenn die Auslegung ergibt, dass die Erbeinsetzung des Stiefkindes untrennbar mit dem Bestand der Ehe verbunden war, kann sie nach der Scheidung als unwirksam angesehen werden (ähnlich der Regelung für Ehegatten). Ergibt die Auslegung jedoch, dass der Erblasser das Stiefkind auch unabhängig von der Ehe bedenken wollte, bleibt die Erbeinsetzung trotz der Scheidung wirksam.

Es gibt also keine pauschale Antwort. Die Gültigkeit der Erbeinsetzung des Stiefkindes nach einer Scheidung hängt immer von der sorgfältigen Prüfung und Auslegung des Erbvertrags und der Umstände im konkreten Einzelfall ab.


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Was versteht man unter „gesetzlicher Erbfolge“ und wann kommt sie zum Tragen?

Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer das Vermögen einer verstorbenen Person (des Erblassers) erbt, wenn diese Person keine eigene Regelung durch ein Testament oder einen Erbvertrag getroffen hat. Sie kommt auch dann zum Tragen, wenn ein vorhandenes Testament oder ein Erbvertrag unwirksam ist. Das Gesetz legt also eine Standard-Erbfolge fest, die auf den Verwandtschaftsverhältnissen und der Ehe bzw. eingetragenen Lebenspartnerschaft basiert.

Wer erbt nach dem Gesetz? Die Ordnungen der Verwandten

Das Gesetz teilt die Verwandten des Erblassers in verschiedene „Ordnungen“ ein. Diese Ordnungen bestimmen die Rangfolge der Erben:

  1. Erben der 1. Ordnung: Das sind die direkten Abkömmlinge des Erblassers. Dazu zählen in erster Linie die Kinder. Wenn ein Kind bereits vor dem Erblasser verstorben ist, treten dessen Kinder (also die Enkel des Erblassers) an seine Stelle. Dieses Prinzip setzt sich für Urenkel usw. fort.
  2. Erben der 2. Ordnung: Wenn keine Erben der 1. Ordnung vorhanden sind, kommen die Erben der 2. Ordnung zum Zuge. Das sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Leben beide Eltern noch, erben sie allein. Ist ein Elternteil bereits verstorben, treten dessen Kinder (also die Geschwister des Erblassers) an seine Stelle. Sind auch Geschwister bereits verstorben, erben deren Kinder (also Neffen und Nichten des Erblassers).
  3. Erben der 3. Ordnung: Sind auch keine Erben der 2. Ordnung vorhanden, erben die Angehörigen der 3. Ordnung. Das sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen).
  4. Weitere Ordnungen: Das System setzt sich theoretisch mit Urgroßeltern und deren Nachkommen fort (4. Ordnung usw.).

Wichtig ist das sogenannte Parentelsystem: Solange ein Erbe einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, sind alle Verwandten der nachfolgenden Ordnungen von der Erbfolge ausgeschlossen. Ein Kind (1. Ordnung) schließt also beispielsweise die Eltern oder Geschwister (2. Ordnung) des Erblassers vom Erbe aus. Innerhalb einer Ordnung gilt oft das Eintrittsrecht: Verstorbene Erben werden durch ihre eigenen Nachkommen ersetzt.

Das Erbrecht des Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners

Der überlebende Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner hat eine Sonderstellung: Er ist kein Verwandter, erbt aber trotzdem neben den Verwandten der verschiedenen Ordnungen.

  • Neben Verwandten der 1. Ordnung (Kindern, Enkeln) erbt der Ehegatte/Lebenspartner grundsätzlich ein Viertel (1/4) des Nachlasses.
  • Neben Verwandten der 2. Ordnung (Eltern, Geschwistern, Neffen/Nichten) oder neben Großeltern (Teil der 3. Ordnung) erbt der Ehegatte/Lebenspartner grundsätzlich die Hälfte (1/2) des Nachlasses.
  • Sind weder Verwandte der 1. oder 2. Ordnung noch Großeltern vorhanden, erbt der Ehegatte/Lebenspartner allein.

Der tatsächliche Erbteil des Ehegatten/Lebenspartners kann sich durch den ehelichen Güterstand (z.B. Zugewinngemeinschaft) noch erhöhen.

Was passiert bei Scheidung?

Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten erlischt, wenn die Ehe zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers rechtskräftig geschieden war. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Erbrecht sogar schon vor der rechtskräftigen Scheidung entfallen, nämlich wenn der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte und die Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen. Ähnliches gilt für die Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Entfällt das gesetzliche Erbrecht, werden oft auch testamentarische Verfügungen zugunsten des Ehegatten unwirksam, sofern kein anderer Wille des Erblassers erkennbar ist.


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Welche Möglichkeiten gibt es, eine im Erbvertrag getroffene Erbeinsetzung nach der Scheidung abzuändern oder aufzuheben?

Grundsätzlich gilt: Ein Erbvertrag bindet die Vertragspartner. Eine einseitige Änderung oder Aufhebung durch nur einen Partner ist normalerweise nicht ohne Weiteres möglich. Nach einer Scheidung ergeben sich jedoch spezielle Situationen und Möglichkeiten:

Gesetzliche Unwirksamkeit bei Scheidung

Das Gesetz enthält eine wichtige Regelung für den Fall der Scheidung (§ 2077 BGB). Wurde ein Erbvertrag zwischen Ehegatten geschlossen und die Ehe später geschieden, so wird die Erbeinsetzung des früheren Ehegatten im Zweifel unwirksam. Das bedeutet: Wenn Sie Ihren Ehepartner im Erbvertrag als Erben eingesetzt haben und die Ehe später rechtskräftig geschieden wird, geht das Gesetz davon aus, dass diese Erbeinsetzung nicht mehr gelten soll.

Wichtig: Diese Regelung ist eine Auslegungsregel. Sie gilt nur dann, wenn sich aus dem Erbvertrag oder anderen Umständen nicht ergibt, dass der Erblasser (die Person, die das Erbe hinterlässt) gewollt hat, dass die Erbeinsetzung trotz der Scheidung bestehen bleibt. Wenn Sie also sicherstellen wollten, dass Ihr Ex-Partner auch nach der Scheidung Erbe bleibt, hätte dies im Erbvertrag entsprechend formuliert werden müssen. Liegt eine solche Ausnahme nicht vor, erledigt sich die Erbeinsetzung des Ex-Partners durch die Scheidung oft von selbst.

Rücktritt vom Erbvertrag

Ein Rücktritt vom Erbvertrag ist nur unter engen Voraussetzungen möglich.

  • Rücktrittsvorbehalt: Sie können nur dann einseitig zurücktreten, wenn ein Rücktrittsrecht im Erbvertrag ausdrücklich vereinbart wurde (§ 2293 BGB). Ohne einen solchen Vorbehalt ist ein einseitiger Rücktritt in der Regel ausgeschlossen.
  • Gesetzliche Rücktrittsgründe: Es gibt wenige gesetzliche Gründe, die einen Rücktritt erlauben könnten, beispielsweise wenn sich der im Erbvertrag bedachte Ex-Partner einer schweren Verfehlung schuldig gemacht hat (§ 2294 BGB) oder wenn eine im Vertrag festgelegte Gegenleistung wegfällt (§ 2295 BGB).
  • Form: Der Rücktritt muss notariell beurkundet werden.

Anfechtung des Erbvertrags

Nach einer Scheidung kann unter bestimmten Umständen eine Anfechtung des Erbvertrags in Betracht kommen (§§ 2281 ff. BGB).

  • Anfechtungsgründe: Ein möglicher Grund könnte ein Irrtum sein (§ 2078 BGB). Vielleicht haben Sie sich über einen wesentlichen Umstand geirrt, der Sie zur Erbeinsetzung bewogen hat. Auch das spätere Hinzutreten eines Pflichtteilsberechtigten (z.B. ein nach Vertragsschluss geborenes Kind), der im Vertrag übergangen wurde, kann ein Anfechtungsgrund sein (§ 2079 BGB). Die Scheidung selbst kann als wesentliche Änderung der Umstände interpretiert werden, die eine Anfechtung wegen Irrtums über die Beständigkeit der Ehe rechtfertigen könnte.
  • Frist: Die Anfechtung muss innerhalb einer Frist von einem Jahr erfolgen (§ 2283 BGB). Diese Frist beginnt in der Regel ab dem Zeitpunkt, an dem Sie von dem Anfechtungsgrund erfahren haben.
  • Form: Die Anfechtungserklärung muss notariell beurkundet und der anderen Vertragspartei (dem Ex-Ehegatten) zugehen. Nach dem Tod des Erblassers kann die Anfechtung gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden.

Gemeinsame Aufhebung oder Änderung

Solange beide ehemaligen Ehepartner einverstanden sind, können sie den Erbvertrag jederzeit gemeinsam aufheben oder ändern.

  • Aufhebungsvertrag: Sie können zusammen einen Vertrag schließen, der den alten Erbvertrag aufhebt (§ 2290 BGB).
  • Neuer Erbvertrag: Sie können gemeinsam einen neuen Erbvertrag schließen, der den alten ersetzt (§ 2289 BGB).
  • Form: Sowohl der Aufhebungsvertrag als auch ein neuer Erbvertrag müssen zwingend notariell beurkundet werden, um wirksam zu sein. In der Praxis ist diese Option nach einer Scheidung oft schwierig, da die Bereitschaft zur Kooperation zwischen den Ex-Partnern fehlen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Scheidung oft automatisch zur Unwirksamkeit der Erbeinsetzung des Ex-Partners führt, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart. Für eine aktive Änderung oder Aufhebung durch den Erblasser allein sind die Hürden hoch (Rücktrittsvorbehalt, Anfechtungsgrund) und erfordern bestimmte Formen und Fristen. Eine einvernehmliche Lösung mit dem Ex-Partner ist formal einfacher, aber nach einer Trennung nicht immer realistisch.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist ein rechtlich bindender Vertrag, den mindestens zwei Personen zu Lebzeiten schließen, um die Erbfolge nach dem Tod einer oder beider Personen zu regeln (§§ 1941, 2274 ff. BGB). Im Gegensatz zu einem Testament, das vom Ersteller jederzeit frei widerrufen werden kann, schafft der Erbvertrag eine starke Bindung, von der sich die Beteiligten nur unter bestimmten Voraussetzungen lösen können (z.B. durch Rücktrittsvorbehalt oder Anfechtung). Im konkreten Fall schlossen der Erblasser und seine spätere Ehefrau 1990 einen solchen Vertrag als Teil eines „Ehe- und Erbvertrags“, in dem er die Tochter seiner Frau (Stieftochter) als Erbin einsetzte. Ziel solcher Verträge ist oft, eine gegenseitige Absicherung oder eine bestimmte Erbfolge sicherzustellen, die nicht einseitig geändert werden soll.


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Erbeinsetzung

Eine Erbeinsetzung ist die Bestimmung einer oder mehrerer Personen als Erben durch den Erblasser in einer sogenannten Verfügung von Todes wegen (z.B. Testament oder Erbvertrag, § 1937 BGB). Der eingesetzte Erbe tritt nach dem Tod des Erblassers dessen Rechtsnachfolge an und erhält das Vermögen (Nachlass) ganz oder zu einem bestimmten Teil. Im vorliegenden Fall verfügte der Erblasser im Erbvertrag von 1990, dass die Stieftochter (Beteiligte zu 2)) seine alleinige Erbin sein sollte. Diese spezifische Anordnung war der Kern des Streits, da ihre Wirksamkeit nach der Scheidung der Mutter vom Erblasser in Frage stand.


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gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge regelt, wer erbt, wenn der Verstorbene (Erblasser) keine gültige Verfügung von Todes wegen (wie ein Testament oder einen wirksamen Erbvertrag) hinterlassen hat oder diese unwirksam ist. Das Gesetz bestimmt dann die Erben nach einem System von Ordnungen, das auf dem Verwandtschaftsgrad basiert (§§ 1924 ff. BGB); daneben gibt es das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten. Im Fall trat die gesetzliche Erbfolge ein, weil das OLG die Erbeinsetzung der Stieftochter im Erbvertrag als unwirksam ansah (§§ 2279, 2077 BGB analog). Da der Erblasser keine Kinder hatte und seine Schwester (Mutter der Nichte) vorverstorben war, wurde die Nichte (Beteiligte zu 1)) als Verwandte der nächsten Ordnung seine gesetzliche Alleinerbin.

Beispiel: Stirbt eine unverheiratete Person ohne Kinder und ohne Testament, erben nach der gesetzlichen Erbfolge ihre Eltern. Leben die Eltern nicht mehr, erben die Geschwister oder, falls diese auch verstorben sind, deren Kinder (Nichten/Neffen).


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Rücktrittsvorbehalt (vom Erbvertrag)

Ein Rücktrittsvorbehalt ist eine vertragliche Klausel in einem Erbvertrag, die es einer oder beiden Vertragsparteien erlaubt, unter bestimmten Bedingungen oder – wie hier – jederzeit von dem Vertrag zurückzutreten (§ 2293 BGB). Ohne einen solchen Vorbehalt oder gesetzliche Rücktrittsgründe ist ein Erbvertrag grundsätzlich bindend und kann nicht einfach einseitig aufgehoben werden, um die erbvertragliche Bindung zu gewährleisten. Im konkreten Fall hatte sich der Erblasser im Erbvertrag von 1990 einen jederzeitigen Rücktritt vorbehalten, machte davon aber bis zu seinem Tod keinen Gebrauch. Das Gericht stellte klar, dass dieser ungenutzte Vorbehalt nichts daran änderte, dass die Erbeinsetzung wegen der Scheidung nach gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 2279, 2077 BGB) unwirksam wurde.


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erbvertragliche Bindung

Die erbvertragliche Bindung beschreibt die rechtliche Wirkung eines Erbvertrags, die verhindert, dass der Erblasser spätere Verfügungen von Todes wegen treffen kann, die dem Erbvertrag widersprechen und die Rechte des Vertragspartners oder eines im Vertrag bedachten Dritten beeinträchtigen (§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB). Anders als bei einem Testament, das jederzeit geändert werden kann, sind die Regelungen in einem Erbvertrag für den Erblasser grundsätzlich bindend, um die Erwartungen des Vertragspartners zu schützen. Im Fall nahmen die Vertragspartner die Erklärungen „zur erbvertraglichen Bindung“ an. Diese Bindung wurde jedoch im Ergebnis durch die spätere Scheidung und die Anwendung der gesetzlichen Auslegungsregel (§§ 2279, 2077 BGB) für die Erbeinsetzung der Stieftochter durchbrochen, da die Grundlage für die Verfügung (die Ehe und die damit verbundene familiäre Beziehung) wegfiel.


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§§ 2279, 2077 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (als Auslegungsregel)

Diese Paragrafen enthalten eine wichtige gesetzliche Auslegungsregel für Verfügungen von Todes wegen im Zusammenhang mit einer Ehe. § 2077 BGB besagt, dass eine letztwillige Verfügung (z.B. ein Testament) zugunsten eines Ehegatten im Zweifel unwirksam wird, wenn die Ehe vor dem Tod des Erblassers geschieden oder aufgelöst wurde. § 2279 BGB erweitert diesen Grundsatz auch auf Erbverträge. Das OLG Zweibrücken wandte diese Regel im vorliegenden Fall analog auch auf die Einsetzung der Stieftochter an: Da die Zuwendung an die Stieftochter ihre Grundlage im Bestehen der Ehe des Erblassers mit ihrer Mutter hatte, wurde sie mit der Scheidung ebenfalls unwirksam, weil der Erbvertrag keine ausdrückliche Regelung enthielt, dass sie auch nach der Scheidung gelten sollte.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2077 BGB (Anfechtung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage): Diese Vorschrift regelt, dass eine Verfügung von Todes wegen unwirksam wird, wenn die Ehe, auf die sich der Erblasser bei der Errichtung bezogen hat, vor seinem Tod geschieden wird. Es wird vermutet, dass der Erblasser die Verfügung nicht getroffen hätte, wenn er die Scheidung vorausgesehen hätte. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier ist fraglich, ob die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) im Erbvertrag unwirksam ist, da die Ehe zwischen dem Erblasser und der Mutter der Beteiligten zu 2) später geschieden wurde und der Erbvertrag im Hinblick auf die „demnächst beabsichtigte Heirat“ geschlossen wurde.
  • § 2289 BGB (Vertragsmäßige Erbeinsetzung): Ein Erbvertrag bindet den Erblasser grundsätzlich. Er kann sich davon nicht mehr durch Testament befreien, sondern nur unter bestimmten, im Gesetz oder im Vertrag selbst vorgesehenen Bedingungen lösen. Dies dient der Rechtssicherheit und dem Schutz des Vertragspartners. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beteiligte zu 2) beruft sich auf diese Bindungswirkung des Erbvertrages und argumentiert, dass die Erbeinsetzung trotz Scheidung wirksam bleibt, da der Erbvertrag einseitig und unabhängig vom Ehevertrag geschlossen worden sei.
  • § 1924 BGB (Gesetzliche Erbfolge der Ordnungen): Wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt oder diese unwirksam sind, tritt die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Diese ordnet die Verwandten des Erblassers in verschiedene Ordnungen ein und bestimmt deren Reihenfolge und Anteile am Erbe. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beteiligte zu 1) als Nichte des Erblassers macht die gesetzliche Erbfolge geltend, da sie die Auffassung vertritt, dass der Erbvertrag aufgrund der Scheidung unwirksam geworden ist und sie somit als nächste Verwandte erbberechtigt ist.
  • § 133 BGB (Auslegung von Willenserklärungen): Bei der Auslegung einer Willenserklärung, wie sie in einem Erbvertrag vorliegt, ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Es kommt darauf an, was der Erblasser tatsächlich gewollt hat, und nicht nur, was er geschrieben hat. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht muss möglicherweise den Erbvertrag auslegen, um festzustellen, ob die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 2) tatsächlich nur im Hinblick auf die Ehe erfolgte oder ob der Erblasser sie unabhängig vom Bestand der Ehe als Erbin einsetzen wollte.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Personen mit Erbverträgen oder die einen solchen planen zum Thema Auswirkungen einer Scheidung auf einen Erbvertrag

Ein Erbvertrag wird oft geschlossen, um die Erbfolge sicher zu regeln, gerade auch im Zusammenhang mit einer Ehe oder Patchwork-Familie. Viele gehen davon aus, dass die darin getroffenen Regelungen dauerhaft gelten. Eine spätere Scheidung kann jedoch, wie ein aktuelles Urteil zeigt, die Wirksamkeit von Bestimmungen im Erbvertrag erheblich beeinflussen.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Überprüfen Sie Erbverträge nach einer Scheidung gründlich
Eine Scheidung kann dazu führen, dass Verfügungen im Erbvertrag unwirksam werden – auch solche zugunsten von Stiefkindern oder anderen Personen, die ursprünglich wegen der Ehe bedacht wurden. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass alte Regelungen automatisch weitergelten, nur weil der Vertrag einmal geschlossen wurde.

⚠️ ACHTUNG: Ohne Anpassung oder klare Regelung nach einer Scheidung erben möglicherweise die gesetzlichen Erben anstelle der ursprünglich im Vertrag vorgesehenen Person (z. B. des Stiefkindes). Dies führt oft zu unerwünschten Ergebnissen und Erbstreitigkeiten.


Tipp 2: Formulieren Sie im Erbvertrag klar, was nach einer Scheidung gelten soll
Wenn eine Person (z. B. ein Stiefkind oder auch der Ehepartner selbst) auch nach einer möglichen Scheidung der Ehe Erbe bleiben oder ein Vermächtnis erhalten soll, muss dies im Erbvertrag ausdrücklich und unmissverständlich festgehalten werden. Standardformulierungen reichen hierfür oft nicht aus, da das Gesetz im Zweifel von einer Unwirksamkeit ausgeht.

Beispiel: Eine Formulierung könnte lauten: „Die Erbeinsetzung von [Name des Begünstigten] soll ausdrücklich auch im Falle einer Scheidung der Ehe zwischen mir und [Name des Ehepartners] Bestand haben und unabhängig vom Fortbestand der Ehe gelten.“


Tipp 3: Beachten Sie die gesetzliche Auslegungsregel bei Scheidung
Das Gesetz (§ 2077 BGB, der sinngemäß auch auf Erbverträge angewendet wird) vermutet, dass eine letztwillige Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, im Falle einer Scheidung unwirksam ist. Diese Regel kann sich auch auf Verfügungen zugunsten von Personen erstrecken, die dem Ehegatten nahestehen (wie hier im Fall das Stiefkind), wenn die Zuwendung ihre Grundlage in der Ehe hatte. Nur wenn der Vertrag eindeutig erkennen lässt, dass die Verfügung unabhängig von der Ehe gelten soll, bleibt sie wirksam.


Tipp 4: Lassen Sie Erbverträge professionell gestalten und prüfen
Gerade bei komplexen Familienverhältnissen (Patchwork) oder wenn sichergestellt werden soll, dass Regelungen auch nach einer Scheidung Bestand haben, ist eine professionelle Gestaltung oder Überprüfung des Erbvertrags durch einen Fachanwalt für Erbrecht oder einen Notar unerlässlich. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihr Wille rechtssicher formuliert ist und spätere Auslegungsprobleme vermieden werden.

Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Unklare Formulierungen im Erbvertrag können später zu Auslegungsschwierigkeiten führen, insbesondere zur Frage, ob eine Verfügung „wegen“ der Ehe getroffen wurde. Die gesetzliche Vermutung, dass Verfügungen zugunsten des (Ex-)Ehegatten oder dessen naher Angehöriger bei Scheidung unwirksam werden (§ 2077 BGB), wird oft übersehen oder unterschätzt. Wird der Erbvertrag nach einer Scheidung nicht aktiv überprüft und gegebenenfalls angepasst, entspricht die Erbfolge am Ende möglicherweise nicht mehr dem tatsächlichen Willen des Erblassers.

✅ Checkliste: Erbvertrag und Scheidung

  • Haben Sie einen Erbvertrag mit Ihrem (Ex-)Ehepartner oder zugunsten von dessen Angehörigen (z. B. Stiefkindern)?
  • Wurde die Ehe nach Abschluss des Erbvertrags geschieden?
  • Enthält der Erbvertrag eine klare Regelung, ob die Verfügungen auch nach einer Scheidung gelten sollen?
  • Ist Ihr aktueller Wille (wer soll erben?) noch durch den bestehenden Erbvertrag abgedeckt?
  • Bei Unsicherheiten oder Änderungsbedarf: Fachkundigen Rat (Fachanwalt für Erbrecht, Notar) einholen.

Das vorliegende Urteil


OLG Zweibrücken – Az.: 8 W 19/24 – Beschluss vom 10.03.2025


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