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Erbvertrag – späteres gemeinschaftliches Testament über einzelne Nachlassgegenstände

Ein Testament wurde zum Zankapfel in einer Familie. Vor Gericht stritten Brüder erbittert um ein Erbe. Die entscheidende Frage: Gilt ein alter Erbvertrag noch oder hat ein jüngeres Testament alles verändert?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 W 21/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Zweibrücken
  • Datum: 10.02.2025
  • Aktenzeichen: 8 W 21/24
  • Beteiligte Parteien:
  • Kläger: Die Beschwerdeführer B. und M.W., Kinder der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemanns.
  • Beklagte: Die Beteiligten T.C., J.D. und L.D., Kinder der bereits 2017 vorverstorbenen Tochter C.D. der Erblasserin und ihres Ehemanns.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Nachlassgericht – Mainz vom 20.04.2023 werden zurückgewiesen.
  • Begründung: Die Gerichtskosten ihrer jeweiligen Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1) und 2) selbst. Eine Kostenerstattung wird im Übrigen nicht angeordnet.

Der Fall vor Gericht


Komplexer Erbfall vor dem OLG Zweibrücken: Streit um Testament und Erbvertrag

Notar beurkundet Testament. Erbschaft, Familienrecht, Nachlass.
Streit um Erbvertrag und Testament | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Ein komplexer Erbfall beschäftigte das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken. Im Kern ging es um die Frage, wie verschiedene letztwillige Verfügungen – ein älterer Erbvertrag und ein späteres gemeinschaftliches Testament – einer verstorbenen Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes auszulegen sind. Das Gericht musste klären, wer letztlich Erbe geworden ist und wie das Vermögen aufzuteilen ist.

Die familiären Hintergründe

Die Erblasserin, verstorben im November 2019, war mit dem bereits im Juni 2019 verstorbenen W.W. verheiratet. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor: die Söhne B. und M.W. sowie die Tochter C.D., die bereits 2017 verstarb. C.D. hinterließ drei Kinder aus zwei geschiedenen Ehen: T.C., die bei den Großeltern aufwuchs, sowie J.D. und L.D. Diese familiäre Konstellation bildet den Rahmen für den Erbstreit.

Die Entwicklung der Testamente: Eine Chronologie

Das Ehepaar W. hatte im Laufe seines Lebens mehrere Regelungen für den Erbfall getroffen. Diese Verfügungen bauten aufeinander auf und wurden teilweise geändert, was letztlich zur Unklarheit und zum Rechtsstreit führte.

Der Erbvertrag von 1981

Am 31. August 1981 schlossen die Eheleute einen ersten Erbvertrag. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Für den Fall des Todes des Längerlebenden bestimmten sie ihre Söhne M. und B. zu Erben. Ihre Tochter C. wurde ausdrücklich „auf den Pflichtteil“ gesetzt, was bedeutet, dass sie nur den gesetzlich garantierten Mindestanteil erhalten sollte. Ein Erbvertrag hat grundsätzlich eine hohe Bindungswirkung.

Änderungen im Erbvertrag von 1995

Rund 14 Jahre später, am 22. Dezember 1995, änderten die Eheleute W. Teile des ersten Erbvertrags durch einen neuen notariellen Erbvertrag. Die Regelungen zur Erbfolge nach dem Längstlebenden (Ziffern 3 und 4 des alten Vertrags) wurden aufgehoben. Stattdessen wurde neu verfügt, wer nach dem Tod des überlebenden Ehegatten erben sollte.

Diese neue Regelung in § 3 des Vertrages von 1995 legte fest, dass die drei Kinder (M., B. und die damals noch lebende C.) sowie die Enkelin T.C. zu gleichen Teilen Erben werden sollten. Wichtig ist hierbei der Zusatz, dass diese Erbeinsetzung „mit lediglich einseitig testamentarischer Wirkung erfolgte. Das bedeutet, der überlebende Ehegatte hatte das Recht, diese Erbfolge jederzeit wieder zu ändern. Zudem wurde eine Ersatzerbfolge für vorverstorbene Erben zugunsten deren Abkömmlinge festgelegt.

Ebenfalls am 22. Dezember 1995 übertrugen die Eheleute ihrem Sohn B. im Rahmen einer Schenkung das Anwesen in der Hermann-Hesse-Straße 50. Dies wurde im späteren Testament relevant.

Das handschriftliche Testament von 2018

Nach dem Tod des Ehemannes fand sich ein weiteres Dokument: ein gemeinschaftliches, handschriftliches Testament der Eheleute W. vom 24. Juni 2018. Dieses Testament wurde erst nach dem Tod beider Eheleute relevant und führte zum Streit. Es hat einen stark zuweisenden Charakter bezüglich bestimmter Vermögenswerte.

Der Wortlaut bezog sich explizit auf die bereits erfolgte Schenkung des Hauses Hermann-Hesse-Straße 50 an Sohn B. Weiter heißt es: „Da unsere Tochter C. nicht mehr lebt, soll unser Sohn M. das Haus H-Hesse-Str. 54 nach unserem Ableben erben.“ Dieses Erbe wurde an Bedingungen geknüpft: M.s geschiedene Frau dürfe das Haus nicht betreten, andernfalls falle es an die Kinder von Sohn B. Zudem wurde B. verpflichtet, M. Zugang zum Garten des Hauses Nr. 50 zu gewähren. Schließlich wurde bestimmt, dass Enkelin T. 2.000 Euro aus dem Geldvermögen erhalten solle.

Der Streit vor Gericht: Wer ist Erbe?

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte Sohn M.W. beim Nachlassgericht Mainz einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte. Er stützte sich dabei maßgeblich auf das Testament von 2018, insbesondere die Zuweisung des Hauses Hermann-Hesse-Straße 54, welches den Hauptwert des Nachlasses darstellte (ca. 350.000 Euro bei einem Gesamtvermögen von ca. 400.000 Euro).

Das Nachlassgericht Mainz wies diesen Antrag jedoch zurück. Es argumentierte, dass aus dem Testament von 2018 nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf eine Alleinerbenstellung geschlossen werden könne. Es ließ offen, ob das Testament von 2018 als Ergänzung oder Neufassung des Erbvertrags von 1995 gedacht war, sah aber zumindest auch den Bruder B. als Miterben an. Gegen diese Entscheidung legten sowohl M.W. (Beteiligter zu 1) als auch B.W. (Beteiligter zu 2) Beschwerde beim OLG Zweibrücken ein.

Die Entscheidung des OLG Zweibrücken

Das OLG Zweibrücken wies mit Beschluss vom 10. Februar 2025 (Az.: 8 W 21/24) die Beschwerden beider Brüder zurück. Es bestätigte damit im Ergebnis die Sichtweise des Nachlassgerichts, dass M.W. nicht Alleinerbe geworden ist.

Zentrale Entscheidungsgründe des OLG

Das Gericht musste das Verhältnis zwischen dem Erbvertrag von 1995 und dem Testament von 2018 klären. Zwar erlaubte der Erbvertrag von 1995 dem überlebenden Ehegatten (hier der Erblasserin), die Erbfolge für den zweiten Erbfall einseitig zu ändern. Das Gericht sah das Testament von 2018 aber nicht als vollständige Neuregelung der Erbfolge, die die Erbeinsetzung aus 1995 komplett ersetzt hätte.

Vielmehr interpretierte das Gericht das Testament von 2018 hauptsächlich als Teilungsanordnung bzw. Vorausvermächtnis bezüglich des Hauses Hermann-Hesse-Straße 54 zugunsten von M.W. und als Vermächtnis über 2.000 Euro zugunsten von T.C. Eine Teilungsanordnung regelt nur, wie der Nachlass unter den Erben aufgeteilt wird, ändert aber nicht deren Erbquoten. Ein Vermächtnis gibt einer Person einen bestimmten Vermögensvorteil, ohne sie zum Erben zu machen oder ihre Quote zu ändern.

Das Gericht argumentierte, dass die Zuweisung des Hauptvermögensgegenstandes (des Hauses) an M.W. zwar gewichtig sei, aber angesichts der Vorgeschichte und der Formulierung nicht ausreiche, um auf eine stillschweigende Aufhebung der Erbeinsetzung aller vier Linien (M., B., die Nachkommen von C. und T.C.) aus dem Erbvertrag von 1995 zu schließen. Die Erbeinsetzung aus 1995 bleibe daher bestehen.

Ergebnis: Mehrere Erben nach Quoten

Das OLG Zweibrücken bestätigte somit, dass die Erbengemeinschaft nach der Erblasserin gemäß der Regelung im Erbvertrag von 1995 besteht. Erben sind demnach:

  1. Sohn M.W.
  2. Sohn B.W.
  3. Enkelin T.C.
  4. Die Abkömmlinge der vorverstorbenen Tochter C. (also T.C., J.D. und L.D. – wobei T.C. doppelt berücksichtigt wird, einmal direkt und einmal als Abkömmling von C., was die Auslegung der Quote komplex machen könnte, typischerweise aber als eine Quote gilt).

Das Testament von 2018 wirkt sich innerhalb dieser Erbengemeinschaft aus: M.W. hat einen Anspruch darauf, bei der Auseinandersetzung das Haus Nr. 54 zu erhalten (eventuell unter Anrechnung auf seinen Erbteil), und T.C. erhält zusätzlich 2.000 Euro. M.W. ist jedoch nicht Alleinerbe.

Kosten und Geschäftswert

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden den beiden Beschwerdeführern (M.W. und B.W.) auferlegt. Der Geschäftswert für jede Beschwerde wurde auf bis zu 13.000 Euro festgesetzt, was für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten relevant ist.

Bedeutung der Entscheidung für Betroffene

Diese Entscheidung verdeutlicht die Komplexität des deutschen Erbrechts, insbesondere wenn über Jahrzehnte hinweg verschiedene Testamente und Verträge erstellt und geändert werden. Für die betroffenen Familienmitglieder hat das Urteil konkrete Folgen:

  1. Kein Alleinerbe: Sohn M.W. ist nicht, wie erhofft, alleiniger Erbe geworden. Er muss den Nachlass mit seinem Bruder und den Nichten/Neffen teilen.
  2. Erbengemeinschaft: Die Erben bilden eine Erbengemeinschaft und müssen den Nachlass gemeinsam verwalten und auseinandersetzen. Dies erfordert Kooperation und kann zu weiteren Konflikten führen, insbesondere bei der Bewertung und Verteilung der Vermögenswerte.
  3. Hauszuweisung: M.W. hat zwar einen starken Anspruch auf das Haus Hermann-Hesse-Straße 54, muss dessen Wert aber möglicherweise mit seinem Erbteil verrechnen oder sogar Ausgleichszahlungen an die Miterben leisten, falls der Wert des Hauses seinen Erbanteil übersteigt.
  4. Berücksichtigung aller Linien: Die Entscheidung stellt sicher, dass auch die Linie der vorverstorbenen Tochter C. sowie die Enkelin T.C. entsprechend dem Willen von 1995 am Erbe beteiligt werden.
  5. Klarheit über Vermächtnis: Enkelin T.C. erhält die im Testament von 2018 zugesagten 2.000 Euro als Vermächtnis, zusätzlich zu ihrem Erbteil.
  6. Rechtsweg: Das Urteil zeigt, dass die Auslegung von Testamenten oft streitanfällig ist und gerichtliche Klärung erfordern kann. Für Laien ist es essenziell, bei der Testamentsgestaltung juristischen Rat einzuholen, um Unklarheiten und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Klare Formulierungen sind entscheidend, insbesondere wenn frühere Verfügungen geändert werden sollen. Es muss deutlich werden, ob jemand Erbe sein soll oder nur einzelne Gegenstände (Vermächtnis) erhalten soll.

Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass ein Testament präzise Formulierungen erfordert, um die gewünschte Erbfolge sicherzustellen – insbesondere wenn bereits frühere letztwillige Verfügungen existieren. In diesem Fall scheiterte der Antrag auf Alleinerbe, weil das Testament lediglich ein Haus und einen Geldbetrag zuwies, ohne die Gesamterbfolge eindeutig zu regeln. Die Gerichte interpretierten die Zuweisungen als Vermächtnis oder Teilungsanordnung, nicht als vollständige Neuordnung der Erbfolge. Dies verdeutlicht, wie wichtig klare und umfassende erbrechtliche Formulierungen sind, um spätere Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden.

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Unsicherheiten bei Erbverträgen und Testamenten?

Häufig führen unklare Formulierungen in Erbverträgen oder Testamenten zu Streitigkeiten zwischen den Erben. Unterschiedliche Auslegungen, wie im geschilderten Fall, können die Erbauseinandersetzung erheblich verzögern und belasten. Die Frage, wer in welcher Quote Erbe ist und wie einzelne Vermögenswerte zu verteilen sind, erfordert eine genaue rechtliche Analyse der individuellen Situation.

Wir bieten Ihnen eine fundierte juristische Beratung zur Auslegung von Erbverträgen und Testamenten. Unsere Expertise hilft Ihnen, Ihre Rechte und Pflichten als Erbe zu verstehen und eine faire Lösung im Rahmen der Erbauseinandersetzung zu finden. Kontaktieren Sie uns für eine erste Einschätzung Ihres Falles.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Abschichtung“ im Zusammenhang mit einer Erbengemeinschaft und dem Grundbuch?

Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Die „Abschichtung“ ist eine Möglichkeit, wie ein Mitglied diese Gemeinschaft verlassen kann, bevor das Erbe vollständig aufgeteilt ist.

Was ist eine Abschichtung?

Stellen Sie sich eine Erbengemeinschaft als eine Gruppe von Miteigentümern vor, die gemeinsam über den Nachlass verfügen. Die Abschichtung ist im Grunde ein Vertrag zwischen dem ausscheidenden Miterben und den verbleibenden Miterben.

  • Ausscheiden gegen Abfindung: Der Miterbe, der ausscheiden möchte, verzichtet auf seine Rechte am gesamten Nachlass. Im Gegenzug erhält er von den anderen Miterben eine Abfindung. Diese Abfindung kann Geld sein oder auch ein bestimmter Gegenstand aus dem Nachlass.
  • Anwachsung des Erbteils: Der Erbteil des ausscheidenden Miterben geht nicht verloren, sondern wächst den verbleibenden Miterben automatisch an. Ihre Anteile am Nachlass vergrößern sich entsprechend.

Beispiel: Drei Geschwister erben gemeinsam ein Haus und bilden eine Erbengemeinschaft. Eines der Geschwister möchte lieber Geld statt eines Anteils am Haus. Durch eine Abschichtungsvereinbarung tritt dieses Geschwister aus der Erbengemeinschaft aus und erhält von den beiden anderen eine vereinbarte Geldsumme als Abfindung. Der Anteil des ausgeschiedenen Geschwisters am Haus wächst den beiden verbleibenden Geschwistern zu.

Wie wirkt sich die Abschichtung auf das Grundbuch aus?

Gehört zum Nachlass eine Immobilie (z.B. ein Haus oder Grundstück), ist die Erbengemeinschaft in der Regel als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

  • Änderung der Eigentumsverhältnisse: Durch die Abschichtung ändert sich die Zusammensetzung der Erbengemeinschaft. Der ausgeschiedene Miterbe ist kein Miteigentümer der Immobilie mehr. Die verbleibenden Miterben sind nun die alleinigen Eigentümer (als verkleinerte Erbengemeinschaft oder ggf. als Alleineigentümer, wenn nur einer übrig bleibt).
  • Notwendigkeit der Grundbuchberichtigung: Das Grundbuch muss die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse widerspiegeln. Da der ausgeschiedene Erbe kein Eigentümer mehr ist, ist die Eintragung der ursprünglichen Erbengemeinschaft im Grundbuch unrichtig geworden.

Die Berichtigung des Grundbuchs nach der Abschichtung

Damit das Grundbuch wieder stimmt, muss es berichtigt werden. Das bedeutet:

  • Der ausgeschiedene Miterbe muss aus dem Grundbuch als Miteigentümer gelöscht werden.
  • Die Grundbuchberichtigung muss beim zuständigen Grundbuchamt beantragt werden.
  • Für diesen Antrag sind Nachweise erforderlich, die dem Grundbuchamt belegen, dass der Miterbe wirksam ausgeschieden ist. Dies ist in der Regel die Abschichtungsvereinbarung. Je nach den Anforderungen des Grundbuchamts kann hierfür eine bestimmte Form (z.B. eine notariell beglaubigte Unterschrift) notwendig sein.

Die Berichtigung des Grundbuchs ist wichtig, um spätere Probleme zu vermeiden, beispielsweise wenn die verbleibenden Erben die Immobilie verkaufen oder belasten möchten. Nur wenn das Grundbuch die korrekten Eigentümer ausweist, können diese wirksam über die Immobilie verfügen.


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Reicht meine notariell beglaubigte Erklärung über die Abschichtung und meinen Verzicht aus, um aus dem Grundbuch gelöscht zu werden?

Nein, Ihre notariell beglaubigte Erklärung über die Abschichtung und Ihren Verzicht auf die Miterbenstellung reicht allein in der Regel nicht automatisch aus, um Ihre Eintragung als Miterbe im Grundbuch löschen zu lassen.

Hier ist es wichtig, zwei Dinge zu unterscheiden:

  1. Die Vereinbarung zwischen den Erben (Abschichtung): Ihre Erklärung ist ein wichtiger Vertrag zwischen Ihnen und den anderen Miterben. Darin regeln Sie, dass Sie gegen eine Abfindung oder auch ohne Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheiden. Diese Vereinbarung ist für die Erben untereinander bindend.
  2. Das Verfahren beim Grundbuchamt (Grundbuchberichtigung): Das Grundbuchamt prüft nach sehr formalen Regeln, ob eine Eintragung geändert werden darf. Es ist nicht direkt an die Vereinbarung zwischen den Erben gebunden, sondern benötigt bestimmte Nachweise in einer vorgeschriebenen Form.

Warum die Erklärung allein nicht genügt: Die Bewilligung nach § 19 GBO

Für die Löschung Ihrer Eintragung im Grundbuch verlangt das Gesetz eine spezielle Erklärung: die sogenannte Bewilligung.

  • Was ist eine Bewilligung? Die Bewilligung ist Ihre formelle Zustimmung gegenüber dem Grundbuchamt, dass Ihr Recht (in diesem Fall Ihr Miteigentumsanteil als Erbe) im Grundbuch gelöscht werden soll.
  • Wer muss bewilligen? Nach § 19 der Grundbuchordnung (GBO) muss grundsätzlich derjenige die Änderung bewilligen, dessen Recht von der Eintragung betroffen ist. Wenn Sie als Miterbe gelöscht werden sollen, sind Sie selbst derjenige, der diese Löschung bewilligen muss. Ihre Erklärung über die Abschichtung beinhaltet diese formelle Bewilligung für das Grundbuchamt nicht automatisch, auch wenn sie notariell beglaubigt ist. Sie muss explizit als solche formuliert sein.
  • Form der Bewilligung: Diese Bewilligung muss dem Grundbuchamt in der Regel in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt werden (§ 29 GBO). Eine notarielle Beglaubigung erfüllt diese Form. Entscheidend ist aber der Inhalt: Die Urkunde muss klar die Bewilligung zur Löschung im Grundbuch enthalten.

Was bedeutet das für Sie?

Ihre notariell beglaubigte Abschichtungsvereinbarung ist ein zentrales Dokument für das Ausscheiden aus der Erbengemeinschaft. Für die Änderung im Grundbuch ist jedoch zusätzlich Ihre ausdrückliche, formgerechte Bewilligung zur Löschung erforderlich. Prüfen Sie, ob Ihre notarielle Urkunde eine solche Bewilligung bereits enthält. Fehlt sie, muss sie gesondert erklärt und beglaubigt werden.

Es ist zudem wichtig zu wissen, dass neben Ihrer eigenen Bewilligung unter Umständen weitere Voraussetzungen für die Grundbuchberichtigung bestehen können. Beispielsweise kann sich die Frage stellen, ob auch die verbleibenden Miterben der Berichtigung zustimmen müssen. Dies hängt von den Details der Vereinbarung und der spezifischen Situation ab und war bereits Gegenstand gerichtlicher Klärung.


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Benötige ich die Zustimmung der anderen Miterben, um meine Löschung aus dem Grundbuch nach einer Abschichtungsvereinbarung zu erreichen?

Ob Sie die Zustimmung der anderen Miterben für Ihre Löschung aus dem Grundbuch benötigen, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die Rechtslage ist hier nicht ganz eindeutig und die Praxis der Grundbuchämter kann unterschiedlich sein. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an.

Was passiert bei einer Abschichtung im Grundbuch?

Wenn Sie als Miterbe durch eine Abschichtungsvereinbarung aus der Erbengemeinschaft ausscheiden (oft gegen Zahlung einer Abfindung), geht Ihr Anteil am gemeinsamen Erbe, zum Beispiel an einem Grundstück, auf die verbleibenden Miterben über. Dies muss im Grundbuch korrigiert werden, damit dort nur noch die verbleibenden Erben als Eigentümer eingetragen sind. Sie selbst werden als Miteigentümer gelöscht.

Wer muss der Änderung im Grundbuch zustimmen?

Für eine Änderung im Grundbuch ist grundsätzlich eine sogenannte Bewilligung notwendig. Das ist die formelle Zustimmung der Person, deren Recht von der Änderung betroffen ist (§ 19 Grundbuchordnung – GBO). Bei der Löschung eines Miterben stellt sich die Frage: Reicht die Zustimmung (Bewilligung) des ausscheidenden Miterben allein aus, oder müssen auch die verbleibenden Miterben zustimmen?

  • Ihre eigene Zustimmung: Sie müssen der Löschung zustimmen, da Sie Ihr Miteigentum verlieren. Das ist unstrittig.

Die Sichtweise einiger Gerichte (z.B. OLG München)

Es gibt Gerichtsentscheidungen, wie zum Beispiel vom Oberlandesgericht (OLG) München, die argumentieren, dass unter bestimmten Umständen die alleinige Bewilligung des ausscheidenden Miterben ausreichen kann. Die Begründung: Nur das Recht des ausscheidenden Miterben ist unmittelbar von der Löschung betroffen – er verliert seine Eintragung als Eigentümer. Die verbleibenden Miterben gewinnen zwar rechtlich hinzu (ihr Anteil wächst), verlieren aber kein Recht im Grundbuch. Wenn nur Ihr Recht betroffen ist, könnte Ihre alleinige Zustimmung genügen.

Warum trotzdem die Zustimmung der Miterben verlangt werden kann

Diese Sichtweise wird jedoch nicht von allen Grundbuchämtern geteilt. Viele Grundbuchämter vertreten die Auffassung, dass die Eintragung der verbleibenden Miterben als nunmehr alleinige Eigentümer (oder Eigentümer mit vergrößerten Anteilen) auch deren Rechtsstellung betrifft und daher deren Zustimmung (Bewilligung) ebenfalls erforderlich ist.

Zudem prüft das Grundbuchamt, ob der Übergang des Eigentums korrekt nachgewiesen ist. Es kann daher im Einzelfall weitere Nachweise oder eben die Zustimmung aller beteiligten Miterben verlangen, um sicherzugehen, dass die Änderung im Grundbuch der tatsächlichen Rechtslage entspricht. Oft wird zum Nachweis des Eigentumsübergangs die Vorlage der Abschichtungsvereinbarung in notariell beurkundeter oder beglaubigter Form gefordert.

Für Sie bedeutet das: Auch wenn es Rechtsprechung gibt, die nahelegt, dass Ihre alleinige Zustimmung ausreichen könnte, müssen Sie damit rechnen, dass das zuständige Grundbuchamt die Zustimmung der anderen Miterben oder weitere Nachweise für Ihre Löschung verlangt. Die Entscheidung liegt letztlich beim Grundbuchamt und hängt von dessen Auslegung der Vorschriften und den konkreten Umständen ab.


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Was bedeutet „Bewilligung“ im Zusammenhang mit der Grundbuchlöschung?

Die Bewilligung ist eine formelle, schriftliche Erklärung, die für Änderungen im Grundbuch notwendig ist. Wenn jemand aus dem Grundbuch gelöscht werden soll – wie zum Beispiel ein Miterbe nach einer Abschichtung –, muss diese Person gegenüber dem Grundbuchamt ihr Einverständnis dazu erklären.

Stellen Sie sich die Bewilligung wie eine ausdrückliche Zustimmung vor: Die Person, deren Recht im Grundbuch betroffen ist (hier der ausscheidende Miterbe), erklärt damit offiziell: „Ich bin damit einverstanden, dass meine Eintragung im Grundbuch gelöscht wird.“ Das Grundbuchamt benötigt diese Erklärung, um sicherzugehen, dass die Löschung tatsächlich gewollt ist und die Rechte des Betroffenen gewahrt bleiben. Dieses Prinzip ergibt sich aus § 19 der Grundbuchordnung (GBO).

Die Form: Warum notariell beglaubigt?

Für das Grundbuchamt ist nicht nur der Inhalt der Bewilligung wichtig, sondern auch deren Form. In der Regel muss die Unterschrift auf der Bewilligung notariell beglaubigt sein. Das bedeutet, ein Notar bestätigt, dass die Unterschrift echt ist und tatsächlich von der Person stammt, die die Bewilligung abgibt.

Diese Anforderung (§ 29 GBO) dient der Sicherheit und soll Fälschungen verhindern. Das Grundbuchamt prüft die Einhaltung dieser Form sehr genau, bevor es eine Eintragung löscht oder ändert. Ohne die korrekt beglaubigte Bewilligung kann die Löschung des Miterben aus dem Grundbuch meist nicht erfolgen.

Bewilligung ist nicht die Vereinbarung

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Bewilligung nicht dasselbe ist wie die Abschichtungsvereinbarung selbst.

  • Die Abschichtungsvereinbarung ist der Vertrag zwischen den Miterben. Darin wird geregelt, dass ein Miterbe aus der Erbengemeinschaft ausscheidet, welche Abfindung er möglicherweise erhält und welche Rechte und Pflichten damit verbunden sind. Dies ist die inhaltliche Grundlage für das Ausscheiden.
  • Die Bewilligung ist eine separate, darauf aufbauende Erklärung, die sich speziell an das Grundbuchamt richtet. Sie dient ausschließlich dazu, die im Vertrag (der Abschichtungsvereinbarung) beschlossene Änderung – also die Löschung des Miterben – im Grundbuch technisch umzusetzen.

Man könnte sagen: Die Abschichtungsvereinbarung ist die Entscheidung, die Bewilligung ist die notwendige formelle Zustimmung zur Umsetzung dieser Entscheidung im Grundbuch. Der ausscheidende Miterbe muss also in der Regel beides tun: die Vereinbarung unterschreiben und die separate Bewilligung zur Löschung im Grundbuch abgeben.


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Was kann ich tun, wenn das Grundbuchamt meine Löschung ablehnt, obwohl ich eine Abschichtungsvereinbarung und eine Löschungsbewilligung habe?

Wenn das Grundbuchamt die Löschung eines Miterben aus dem Grundbuch ablehnt, obwohl Sie eine Abschichtungsvereinbarung und eine Löschungsbewilligung vorgelegt haben, steht Ihnen ein Rechtsmittel zur Verfügung. Das Grundbuchamt prüft Anträge sehr formal und kann Eintragungen auch dann ablehnen, wenn es Zweifel an der Einhaltung aller formellen Voraussetzungen hat.

Das Rechtsmittel: Die Grundbuchbeschwerde

Gegen eine ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts können Sie Beschwerde einlegen. Dieses Verfahren ist in der Grundbuchordnung (GBO), insbesondere in § 71 GBO, geregelt.

  • Was ist eine Beschwerde? Die Beschwerde ist ein offizieller Weg, um eine Entscheidung des Grundbuchamts von einer höheren Instanz überprüfen zu lassen. Sie müssen darlegen, warum Sie die Entscheidung des Grundbuchamts für falsch halten.
  • Wer kann Beschwerde einlegen? Beschwerde einlegen kann jeder, der durch die Entscheidung des Grundbuchamts in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Das sind in der Regel die Antragsteller oder die Personen, deren Recht von der Eintragung betroffen wäre.
  • Wo wird die Beschwerde eingelegt? Die Beschwerde kann entweder direkt beim zuständigen Oberlandesgericht (als Beschwerdegericht) oder beim Grundbuchamt selbst eingereicht werden. Wenn sie beim Grundbuchamt eingeht, prüft dieses, ob es der Beschwerde abhilft. Tut es das nicht, leitet es die Beschwerde an das Oberlandesgericht weiter.
  • Frist beachten: Für die Einlegung der Beschwerde gibt es gesetzliche Fristen, die eingehalten werden müssen.

Warum lehnt das Grundbuchamt trotz Unterlagen ab?

Das Grundbuchverfahren ist streng formalisiert. Eine Ablehnung kann verschiedene Gründe haben, auch wenn eine Abschichtungsvereinbarung und eine Löschungsbewilligung vorliegen:

  • Formale Mängel: Möglicherweise entsprechen die vorgelegten Urkunden nicht den strengen Formvorschriften der Grundbuchordnung (z.B. bezüglich öffentlicher Beglaubigung oder notarieller Beurkundung).
  • Unklarheiten im Nachweis: Das Grundbuchamt könnte der Ansicht sein, dass der Übergang des Eigentumsanteils vom ausgeschiedenen Miterben auf die verbleibenden Miterben (die sogenannte Anwachsung) nicht in der für das Grundbuchverfahren erforderlichen Form nachgewiesen ist. Die Abschichtungsvereinbarung allein reicht hierfür manchmal nicht aus; die Zustimmung aller Beteiligten in der richtigen Form ist entscheidend.
  • Rechtliche Zweifel: In manchen Fällen hat das Grundbuchamt rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung oder die Eindeutigkeit der Bewilligungen.

Was prüft das Beschwerdegericht?

Das Oberlandesgericht prüft als Beschwerdegericht die Entscheidung des Grundbuchamts sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen und der Beschwerdebegründung. Es entscheidet dann, ob die Ablehnung durch das Grundbuchamt korrekt war oder nicht.

Hält das Gericht die Beschwerde für begründet, weist es das Grundbuchamt an, die beantragte Löschung bzw. Grundbuchberichtigung vorzunehmen. Hält es die Ablehnung für richtig, wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Grundbuchbeschwerde ist somit der vorgesehene Weg, um eine als fehlerhaft empfundene Entscheidung des Grundbuchamts überprüfen zu lassen, wenn die Löschung eines Miterben nach einer Abschichtung beantragt wird.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Erbvertrag

Ein Erbvertrag ist ein rechtlich bindender Vertrag zwischen mindestens zwei Personen, der Regelungen zur Erbfolge trifft, meist zwischen Ehegatten (§§ 1941, 2274 ff. BGB). Anders als ein Testament, das eine Person allein erstellt und jederzeit ändern kann, entfaltet der Erbvertrag grundsätzlich eine starke Bindungswirkung: Die Vertragspartner können spätere Verfügungen (z.B. Testamente), die dem Erbvertrag widersprechen, in der Regel nicht mehr wirksam treffen (§ 2289 BGB). Für seine Gültigkeit muss er notariell beurkundet werden. Im beschriebenen Fall schlossen die Eheleute 1981 und 1995 solche Verträge.


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Bindungswirkung (des Erbvertrags)

Die Bindungswirkung beschreibt die starke rechtliche Verpflichtung, die von einem Erbvertrag ausgeht. Haben Personen (oft Eheleute) einen Erbvertrag geschlossen, sind sie an die darin getroffenen Regelungen zur Erbfolge gebunden und können diese grundsätzlich nicht mehr einseitig durch ein späteres Testament ändern (§ 2289 Abs. 1 S. 2 BGB lässt Ausnahmen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu). Auch Schenkungen zu Lebzeiten, die das Erbe der Vertragserben schmälern sollen, können nach dem Tod des Schenkers anfechtbar sein (§ 2287 BGB). Diese starke Bindung unterscheidet den Erbvertrag wesentlich vom jederzeit frei widerruflichen Testament.


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lediglich einseitig testamentarischer Wirkung

Diese Formulierung in einem Erbvertrag schwächt die sonst übliche starke Bindungswirkung gezielt ab. Sie bedeutet, dass eine bestimmte Regelung im Erbvertrag (hier die Erbeinsetzung für den Tod des Längerlebenden im Vertrag von 1995) vom überlebenden Vertragspartner wie eine Regelung in einem normalen Testament behandelt werden kann. Der Überlebende behält also die Freiheit, diese spezifische Anordnung später durch ein eigenes Testament einseitig zu ändern oder aufzuheben. Genau diese Klausel ermöglichte es der Erblasserin im Fall, nach dem Tod ihres Mannes potenziell über das Testament von 2018 Änderungen vorzunehmen.


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Teilungsanordnung

Eine Teilungsanordnung ist eine Bestimmung im Testament oder Erbvertrag, mit der der Erblasser vorgibt, wie der Nachlass unter den eingesetzten Erben aufgeteilt werden soll (§ 2048 BGB). Wichtig ist: Sie ändert nichts an den Erbquoten (also den wertmäßigen Anteilen am Gesamterbe), sondern regelt nur die konkrete Zuordnung von Nachlassgegenständen. Erhält ein Erbe durch eine Teilungsanordnung einen Gegenstand, dessen Wert seine Erbquote übersteigt, muss er dies den Miterben gegenüber in der Regel ausgleichen, sofern der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Das Gericht interpretierte die Zuweisung des Hauses an Sohn M. im Testament von 2018 hauptsächlich als solche Teilungsanordnung.

Beispiel: Eine Mutter setzt ihre beiden Söhne zu je 1/2 als Erben ein. In ihrem Testament legt sie fest, dass Sohn A das Familienhaus und Sohn B das Aktiendepot bekommen soll. Beide bleiben Erben zu je 50%, die Teilungsanordnung regelt nur die Verteilung der Vermögenswerte.


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Vermächtnis

Ein Vermächtnis ist die Zuwendung eines bestimmten Vermögensvorteils aus dem Nachlass an eine Person (den Vermächtnisnehmer), ohne diese Person als Erben einzusetzen (§ 1939 BGB). Der Vermächtnisnehmer wird also nicht Teil der Erbengemeinschaft und haftet nicht für Nachlassschulden, sondern hat lediglich einen rechtlichen Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des zugewendeten Gegenstands oder Geldbetrags (§ 2174 BGB). Im Fall sah das Gericht die Zuwendung von 2.000 Euro an Enkelin T. als Vermächtnis an. Auch die Zuwendung des Hauses an M. wäre als sogenanntes Vorausvermächtnis denkbar gewesen (§ 2150 BGB), wenn es ihm zusätzlich zu seinem Erbteil zugedacht worden wäre.

Beispiel: Ein Onkel vererbt sein Vermögen seinen Kindern, bestimmt aber im Testament: „Mein Neffe Peter soll meine Münzsammlung erhalten.“ Peter ist dann Vermächtnisnehmer und kann die Sammlung von den erbenden Kindern herausverlangen.


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stillschweigende Aufhebung

Eine stillschweigende Aufhebung liegt vor, wenn eine frühere letztwillige Verfügung (z.B. ein Testament oder eine Klausel in einem Erbvertrag) durch eine spätere Verfügung implizit außer Kraft gesetzt wird, ohne dass dies ausdrücklich gesagt wird. Dies geschieht, wenn die spätere Verfügung inhaltlich mit der früheren nicht vereinbar ist und der Wille des Erblassers erkennbar ist, dass nur noch die neue Regelung gelten soll (§ 2258 Abs. 1 BGB für Testamente). Ob eine stillschweigende Aufhebung vorliegt, muss durch Auslegung ermittelt werden. Das OLG Zweibrücken verneinte hier eine stillschweigende Aufhebung der Erbeinsetzung aus dem Erbvertrag von 1995 durch das Testament von 2018, da die Zuweisung des Hauses nicht zwingend als komplette Neuregelung der Erbfolge verstanden werden musste.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • §§ 2064 ff. BGB (Testament): Das deutsche Erbrecht regelt in diesen Paragraphen die Errichtung und Form von Testamenten. Testamente können eigenhändig oder notariell errichtet werden und legen fest, wer Erbe wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier geht es um die Auslegung und Gültigkeit mehrerer Testamente, insbesondere des eigenhändigen Testaments vom 24.06.2018 im Verhältnis zum Erbvertrag von 1995, um zu bestimmen, wer Erbe der Erblasserin ist.
  • §§ 2274 ff. BGB (Erbvertrag): Ein Erbvertrag ist eine bindende Vereinbarung zwischen Erblasser und Vertragspartner über die Erbfolge. Er kann nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben oder geändert werden und bietet im Vergleich zum Testament eine höhere Bindungswirkung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Erbvertrag von 1995, der die Kinder und das Enkelkind zu Erben einsetzt, steht im Widerspruch zum späteren eigenhändigen Testament und es ist zu klären, ob und inwieweit der Erbvertrag noch bindend ist.
  • § 2289 BGB (Widerspruch zwischen Erbvertrag und Testament): Ein Erbvertrag geht einem Testament grundsätzlich vor. Verfügungen in einem späteren Testament, die dem Erbvertrag widersprechen, sind unwirksam, soweit der Erbvertrag bindend ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das eigenhändige Testament könnte insoweit unwirksam sein, als es dem Erbvertrag widerspricht, was die im Erbvertrag festgelegte Erbfolge möglicherweise weiterhin maßgeblich macht.
  • § 133 BGB (Auslegung von Willenserklärungen): Bei der Auslegung von Willenserklärungen, wie Testamenten und Erbverträgen, ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gerichte müssen den Willen der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes bei der Errichtung der verschiedenen Verfügungen ermitteln, um zu entscheiden, welche letztendlich für die Erbfolge maßgeblich ist.
  • § 2303 BGB (Pflichtteilsanspruch): Kinder und der Ehegatte des Erblassers haben einen Anspruch auf den Pflichtteil, wenn sie durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen oder geringer bedacht wurden, als es ihrem Pflichtteil entspräche. Der Pflichtteil ist ein Geldanspruch in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Tochter C. wurde im ursprünglichen Erbvertrag auf den Pflichtteil gesetzt, was im Kontext der späteren Verfügungen und der Erbfolge für ihre Abkömmlinge relevant sein könnte, falls der Erbvertrag nicht vollständig aufgehoben wurde oder das Testament unwirksam ist.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Erblasser und Erben bei Erbverträgen und Testamenten

Haben Sie über die Jahre verschiedene Testamente oder vielleicht sogar einen Erbvertrag abgeschlossen? Oder sind Sie Erbe und finden nun mehrere, teils widersprüchliche Dokumente vor? Solche Situationen führen oft zu Unsicherheit und Streit unter den Hinterbliebenen.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Klären Sie die Rangfolge: Erbvertrag geht oft vor Testament
Ein Erbvertrag entfaltet oft eine stärkere Bindungswirkung als ein später errichtetes Testament, insbesondere ein gemeinschaftliches Testament von Ehegatten. Prüfen Sie als Erblasser genau, ob Sie durch einen früheren Erbvertrag bereits gebunden sind, bevor Sie ein neues Testament aufsetzen. Als Erbe sollten Sie prüfen, ob ein älterer Erbvertrag existiert, der spätere Testamente unwirksam machen könnte.

⚠️ ACHTUNG: Ein späteres Testament hebt bindende Verfügungen in einem früheren Erbvertrag nicht automatisch auf. Dies ist eine häufige und kostspielige Fehlerquelle, die zu langwierigen Erbstreitigkeiten führen kann, wie der geschilderte Fall zeigt.


Tipp 2: Vermeiden Sie widersprüchliche Regelungen in verschiedenen Dokumenten
Wenn Sie mehrere letztwillige Verfügungen (Testamente, Erbverträge) errichtet haben, stellen Sie sicher, dass diese inhaltlich übereinstimmen oder dass klar geregelt ist, welche Verfügung gelten soll. Widerrufen Sie ältere Testamente ausdrücklich, wenn diese nicht mehr gelten sollen – sofern dies rechtlich möglich ist (siehe Bindungswirkung Erbvertrag).

Beispiel: Wenn Sie nach einem Erbvertrag ein neues Testament erstellen, prüfen Sie genau, welche Regelungen des Erbvertrags noch gelten oder ob Sie diese überhaupt einseitig ändern dürfen. Holen Sie im Zweifel Rechtsrat ein, um die Wirksamkeit Ihrer neuen Verfügungen sicherzustellen.


Tipp 3: Regeln Sie die Erbfolge bei Vorversterben von eingesetzten Erben klar
Legen Sie in Ihrem Testament oder Erbvertrag eindeutig fest, was geschehen soll, wenn einer der vorgesehenen Erben (z. B. ein Kind) vor Ihnen verstirbt. Sollen dessen Kinder (Ihre Enkel) an seine Stelle treten (Ersatzerben sein) oder soll der Erbteil den anderen Erben anwachsen? Klare Regelungen verhindern spätere Auslegungsstreitigkeiten.

⚠️ ACHTUNG: Fehlen klare Regelungen für den Fall, dass ein Kind vor Ihnen verstirbt, kann dies zu erbittertem Streit unter den Enkeln oder zwischen Enkeln und anderen Erben führen, wie im geschilderten Fall um die Kinder der vorverstorbenen Tochter.


Tipp 4: Holen Sie bei komplexen Konstellationen Rechtsrat ein
Insbesondere bei komplexen Familienverhältnissen (z. B. Kinder aus verschiedenen Beziehungen, Patchwork-Familien) oder wenn bereits mehrere Testamente oder Erbverträge existieren, ist eine professionelle rechtliche Beratung unerlässlich. Dies gilt sowohl für die Errichtung von Testamenten/Erbverträgen als auch für Erben, die mit einer unklaren Erbfolgesituation konfrontiert sind.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Die Auslegung von Testamenten und Erbverträgen ist oft komplex. Gerichte müssen den tatsächlichen Willen des Erblassers ermitteln, was schwierig sein kann, wenn Formulierungen unklar sind oder sich verschiedene Dokumente widersprechen. Die Unterscheidung zwischen bindenden (im Erbvertrag) und nicht bindenden Verfügungen ist entscheidend. Auch formale Anforderungen an Testamente und Erbverträge müssen beachtet werden, damit diese überhaupt gültig sind.

Checkliste: Erbvertrag und Testament

  • Sind frühere Erbverträge oder Testamente vorhanden und bekannt?
  • Gibt es bindende Verfügungen in einem bestehenden Erbvertrag, die spätere Änderungen einschränken?
  • Sind die Formulierungen in allen Dokumenten klar, eindeutig und widerspruchsfrei?
  • Ist die Erbfolge auch für den Fall geregelt, dass ein eingesetzter Erbe vor dem Erblasser verstirbt (Ersatzerbfolge)?
  • Wurden spätere Änderungen an Testamenten oder Erbverträgen formgültig und unter Beachtung eventueller Bindungswirkungen vorgenommen?

Das vorliegende Urteil


OLG Zweibrücken – Az.: 8 W 21/24 – Beschluss vom 10.02.2025


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