LG Osnabrück, Az.: 7 O 1610/18, Urteil vom 10.12.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund diesen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt als Miterbin von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz an sich und ihre Miterbin im Zusammenhang mit dem Verlust einer Zahnprothese des Erblassers.
Die Klägerin ist gemeinsam mit ihrer Schwester … Miterbin nach ihrem verstorbenen Vater, … . Dieser befand sich in den Zeiträumen vom 08.06.2017 bis 27.07.2017 sowie vom 02.08.2017 bis zu seinem Versterben am 27.09.2017 in stationärer Behandlung in einer von der Beklagten als Trägerin unterhaltenen Klinik. Der zweite Aufenthalt erfolgte zum Zwecke einer sog. Frührehabilitationsbehandlung, die bei Patienten mit schweren und schwersten Hirnschädigungen zur Anwendung kommt. Aufgrund erheblicher kognitiver Beeinträchtigungen war eine Verständigung mit dem Erblasser nur sehr eingeschränkt möglich. Der Erblasser litt des Weiteren an einer Schluckstörung und konnte Nahrung nicht mehr über den Mund aufnehmen. Er wurde künstlich über den Magen-Darm-Trakt mittels einer Magensonde ernährt. Bereits im Jahr 2014 hatte der Erblasser eine Zahnprothese erhalten, deren Gesamtherstellungskosten sich auf 9.083,982 € beliefen. Während seines zweiten Aufenthaltes in der Klinik der Beklagten wurde der Erblasser – nach einer anfänglichen Einzelzimmerunterbringung – verlegt. Zu Beginn seines Aufenthalts war der Erblasser noch im Besitz seiner Prothese; im Laufe des Aufenthalts war sie jedoch nicht mehr auffindbar. Noch zu Lebzeiten des Erblassers meldete seine damalige Lebensgefährtin der Beklagten die Auffindbarkeit der Prothese und forderte die Beklagte auf, nach dieser zu suchen. Mit einem an den Erblasser gerichteten Schreiben vom 31.08.2017 teilte die Beklagte mit, dass die Zahnprothese trotz umfassender Recherche nicht habe aufgefunden werden können. Eine Befragung mit dem Erblasser konnte wegen seiner krankheitsbedingten kognitiven Einschränkungen nicht erfolgen. Eine Verantwortung ihrerseits wies die Beklagte unter Hinweis auf ein fehlendes Verschulden ihrer Mitarbeiter zurück.
Die Klägerin behauptet, dass die damalige Lebensgefährtin des Erblassers bei dessen zweiter Verlegung innerhalb der Klinik die Prothese habe an sich nehmen wollen, hiervon jedoch wieder Abstand genommen habe, nachdem das Personal sie aufgefordert habe, die Prothese im Bad des Krankenzimmers zu belassen, da man sie zwischendurch möglicherweise einsetzen wolle. Die Prothese sei offensichtlich zu irgendeinem Zeitpunkt während des Aufenthaltes des Erblassers in der Einrichtung der Beklagten durch eine besondere Obhutspflichtverletzung, jedenfalls aber aufgrund eines Organisationsmangels der Beklagten abhandengekommen.
Dem Erblasser sei durch den Verlust der Prothese ein Schaden entstanden. Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Erblasser in seinem Eigentumsrecht verletzt worden sei. Hierzu behauptet sie, dass der Erblasser das Gebiss nicht nur zur Nahrungsaufnahme, sondern auch zum Sprechen und aus ästhetischen Gründen benötigt habe. Wenn der Erblasser nicht verstorben wäre, hätte er keinen Zahnersatz mehr besessen und hätte sich neuen anfertigen lassen müssen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Verlust der Prothese als Sachgegenstand es ausschließe, das Schadensersatz nicht wegen eines Heilbehandlungsanspruches, sondern wegen eines Sachschadens zu leisten sei. Es handele sich gerade nicht um einen Entschädigungsanspruch wegen der Verletzung einer Person. Der dem Erblasser entstandene Sachschaden sei auf die Klägerin als Miterbin übergegangen. Die Klägerin lasse sich einen Abzug „neu für alt“ in Höhe eines Drittels anrechnen, so dass unter Berücksichtigung der Gesamtherstellungskosten im Jahr 2014 ein ersatzfähiger Anspruch in Höhe von 6.055,95 € verbleibe. Zudem seien der Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nach diesem Wert entstanden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an die Klägerin und … als Erbengemeinschaft, wohnhaft … , 6.055,95 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.07.2018 zu zahlen,
2. die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.07.2018 freizustellen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, nicht beurteilen zu können, ob, wo und bei welcher Gelegenheit der Zahnersatz des Erblassers abhandengekommen sei. Die am 16.06.2017 erfolgte Verlegung des Erblassers sei durch die bei der Beklagten tätige Schwester … begleitet worden. Aus einem internen Vermerk ergebe sich, dass sich die Schwester sicher gewesen sei, die Prothese bei dieser Verlegung eingepackt und in das neue Zimmer verbracht zu haben. Die Prothese sei – was unstreitig ist – in einer blauen Dose aufbewahrt worden. Die Beklagte sei am 06.07.2017 informiert worden, dass der Becher mit der Prothese nicht mehr vorhanden sei. Eine interne Überprüfung habe ergeben, dass niemand von den Pflegekräften etwas zum Verbleib der Prothese sagen könne. Das Verschwinden derselben habe nichts mit der Verlegung des Erblassers auf ein anderes Zimmer zu tun, da der Erblasser bereits am 16.06.2017 verlegt worden, die Verlustmeldung jedoch erstmals am 06.07.2017 erfolgt sei. Es sei heute nicht mehr aufklärbar, ob dem Verstorbenen jeweils täglich morgens und abends die Implantate eingesetzt worden seien. Nach Rücksprache mit allen Stationskräften habe niemand eine Idee, wo die Prothese sein könne.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Ersatz zu Gunsten der Erben auf fiktiver Abrechnung nicht möglich sei. Es handele sich um Schadensersatz im Rahmen einer Heilbehandlung, solche fiktiven Heilbehandlungskosten seien jedoch nicht erstattungsfähig. Die Klägerin wolle auf fiktiver Grundlage einen Geldbetrag erlösen, der ihr nicht zustehe, da es gerade nicht um Ersatz für Kosten zur tatsächlichen Anfertigung neuen Zahnersatzes ginge. Eine Erstattung von Personenschäden auf fiktiver Grundlage außerhalb der Regelung des § 253 BGB sei gesetzlich nicht vorgesehen. Bei Personenschäden stünde die Verwendung der Herstellungskosten nicht zur Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Das gebrauchte Gebiss des Erblassers hätte für einen Dritten zu keinem Zeitpunkt einen Wert gehabt, einen Markt für gebrauchte Prothesen gebe es nicht. Im Übrigen behauptet die Beklagte, dass sich die Vermögenssituation des Erblassers nach dem Verlust der Prothese nach dem 06.07.2017 nicht verschlechtert habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemeinsam mit der Miterbin keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren gemäß der §§ 1922, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Zwar bestand zwischen dem Erblasser und der Beklagten ein sogenannter Krankenhausaufnahme- bzw. Behandlungsvertrag, der dem Träger – hier der Beklagten – im Hinblick auf die (Wert-)Gegenstände des Patienten im zumutbaren Rahmen auch gewisse Verwahrungs- und Sicherungspflichten als Nebenpflicht auferlegt (vgl. Schlund in: Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage 2010, § 92, Rn. 8 f; Hänssler in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2017, § 688, Rn. 47), die insbesondere dann bestehen können, wenn ein persönlicher Gegenstand des Patienten – wie hier etwa ein Zahnersatz – zum Zwecke der Behandlung notwendigerweise abgelegt werden muss (vgl. Landgericht Hannover, NJW 1983, 1381 f.; Landgericht Bonn, RDD 2013, 138). Es kann jedoch dahinstehen, ob der Beklagten eine schuldhafte Pflichtverletzung im Zusammenhang mit einer Verwahrungspflicht vorzuwerfen ist und welche Partei vorliegend die Darlegungs- und Beweislast in diesem Zusammenhang trifft (vgl. zu den diesbezüglichen Grundsätzen nach Verantwortungsbereichen: Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Auflage 2018, § 280, Rn. 37 m. w. N.). Den Miterbinnen steht wegen des Verlusts der Zahnprothese des Erblassers während des Aufenthalts in der Klinik der Beklagten unabhängig davon kein Ersatzanspruch zu, weil nach der Rechtsnatur des Schadens ein Schadensersatzanspruch auf fiktiver Grundlage nicht in Betracht kommt. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:
Gemäß der gesetzlichen Grundsatzregelung des § 249 Abs. 1 S. 1 BGB hat ein Schädiger regelmäßig eine Pflicht zur Naturalrestitution, mithin zur Herstellung des ohne die Pflichtverletzung bestehenden Zustandes. Von wesentlicher Bedeutung ist im Zusammenhang mit den Grundsätzen und Grenzen zur Naturalrestitution die Unterscheidung zwischen Vermögensschäden und Nichtvermögensschäden.
Handelt es sich um einen Vermögensschaden, dann kann der Geschädigte bei Verletzung der Person oder Beschädigung einer Sache gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB statt Naturalherstellung ersatzweise den für die Wiederherstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der Vermögensschaden ist mithin quantifizierbar (vgl. Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 249, Rn. 28 mwN). Er ist auf Geld gerichtet, wenn die Naturalherstellung unmöglich ist oder nicht ausreicht, § 251 Abs. 1 BGB. Zudem ist der Anspruch auf Herstellung des früheren Zustandes im Falle eines unverhältnismäßigen Aufwandes begrenzt, § 251 Abs. 2 BGB (vgl. Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 249, Rn. 24 mwN).
Handelt es sich hingegen um einen Nichtvermögensschaden, erfolgt – wenn die Herstellung des früheren Zustandes möglich ist – keine Begrenzung des Entschädigungsanspruchs. Der Schädiger hat in diesem Fall unabhängig vom Aufwand stets die erforderlichen Wiederherstellungskosten zu tragen (Ebert in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, § 253, Rn. 5; Oetker wie vor, Rn. 24). Ist eine Wiederherstellung des früheren Zustandes allerdings nicht möglich, kann eine Entschädigung in Geld nur gefordert werden, wenn das Gesetz dieses – wie etwa im Hinblick auf Schmerzensgeld nach § 253 BGB – ausdrücklich anordnet (vgl. Oetker wie vor, Rn. 24; Ebert in: Erman, BGB, 15. Auflage 2017, § 253, Rn. 1). Auch werden besondere individuelle nichtvermögensrechtliche Nachteile, die nach objektiven Gesichtspunkten keinen Marktwert haben – beispielsweise Gegenstände mit besonderem persönlichen Erinnerungswert – nicht in Geld bemessen und ausgeglichen (vgl. Vieweg in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearbeitung 2018, J, Rn. 18; Oetker wie vor, Rn. 25 mwN, Ebert wie vor, Rn. 3).
Für die maßgebliche Abgrenzung zwischen Vermögensschäden und Nichtvermögensschäden, zu denen insbesondere auch die Personenschäden, mithin die Beeinträchtigungen der Gesundheit gehören, ist ein maßgebliches Abgrenzungskriterium, ob es sich um eine in Geld messbare Beeinträchtigung handelt, die auch nicht der Persönlichkeitssphäre zuzuordnen ist (vgl. Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 249, Rn. 28; Pardey in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Auflage 2015, 4. Kapitel, Rn. 1; Vieweg in Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, Neubearbeitung 2018, J, Rn. 18 und Rn. 53). Kennzeichnend für Nichtvermögensschäden ist insbesondere, dass sie nicht das Vermögen des Geschädigten betreffen, sondern eng mit der Persönlichkeitssphäre und oftmals mit dem körperlichen Wohlbefinden bzw. der körperlichen Integrität verbunden sind (vgl. Vieweg wie vor).
Handelt es sich um einen Nichtvermögensschaden und besteht die Möglichkeit der Wiederherstellung des früheren Zustandes ohne Schädigung, dann ist – anders als im Fall eines Vermögensschadens (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) – der zu leistende Ersatz zweckgebunden; die Verwendung der zu leistenden Mitteln steht nicht zur Disposition des Geschädigten (vgl. Flume in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 48. Edition, Stand 01.08.2018, § 249 Rn. 77; BGH, Urteil vom 14.01.1986 – VI ZR 48/85 = NJW 1986, 1538, 1539; Oetker in: Münchner Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 249, Rn. 380 m. w. N.). Die Grundsätze, wonach der Geschädigte die Kosten der Herstellung unabhängig von der Absicht, die Wiederherstellung zu veranlassen, auf fiktiver Grundlage verlangen kann und es dem Geschädigten grundsätzlich freisteht, ob er den gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zur Herstellung erforderlichen Betrag wirklich diesem Zweck zuführen oder anderweitig verwenden will, gelten nur im Hinblick auf die Beschädigung (wozu auch der Sachentzug zählt) einer Sache. Der Ersatz für Personenschäden ist hingegen nur dann zu leisten, wenn die Wiederherstellung des früheren Zustandes auch tatsächlich durchgeführt bzw. ernsthaft beabsichtigt ist (vgl. Flume in: BeckOK BGB, Bamberger/Roth/Hau/Poseck, 48. Edition, Stand: 01.08.2018, § 249, Rn. 77; BGH wie vor; OLG Köln, BeckRS 2000, 2724, Rn. 6; OLG Hamm, NZV 2003, 192, 194, AG Bonn, BeckRS 2013, 07487). Insoweit wirkt sich aus, dass die Naturalrestitution, für die der Verletzte den Geldbetrag verlangen kann, auf Herstellung der körperlichen Integrität, mithin auf die Beseitigung eines Nichtvermögensschadens gerichtet ist. In diesem Fall verbietet sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein Verständnis iSd § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, wonach im Verzicht des Geschädigten auf eine Wiederherstellung des früheren Zustandes lediglich eine mit einem angemessenen Geldbetrag bewertete Vermögensdisposition zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1986 – VI ZR 48/85 = NJW 1986, 1538, 1539 unter Ziffer II 2b).
Der Entschluss des Verletzten, sich keiner Heilbehandlung zu unterziehen und mit der unbehandelten Verletzung weiterzuleben, betrifft eine andere Ebene als die Vermögensdisposition mit dem Geldbetrag und ist prinzipiell nicht in Geld messbar. Bei einem Verzicht auf jede Behandlung kann er vom Schädiger keine Behandlungskosten für eine Restitution beanspruchen, die er gerade nicht will. Wenn der Verletzte die Behandlungskosten verlangt, obwohl er die Behandlung nicht durchführen lassen will, so verlangt er in Wahrheit eine Entschädigung für die fortdauernde Beeinträchtigung seiner Gesundheit. Eine derartige Kompensation billigt die Rechtsordnung dem Verletzten jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 253 BGB zu. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stellte sich die Zuerkennung von Behandlungskosten auf fiktiver Grundlage letztlich als Umgehung des § 253 BGB dar. Bei Personenschäden besteht nach alledem keine Dispositionsfreiheit des Geschädigten bezüglich der Verwendung der Herstellungskosten, vielmehr besteht eine Zweckbindung (vgl. BGH wie vor).
Vorliegend kann unter Heranziehung dieser Grundsätze letztlich dahinstehen, ob man den Verlust der Prothese des Erblassers wegen der engen Verknüpfung zu seiner Heilbehandlung als Personenschaden, mithin als unmittelbare Beeinträchtigung der körperlichen Integrität im Zusammenhang mit den Behandlungsmaßnahmen, qualifiziert, oder aber zunächst formal betrachtet wegen der Gegenständlichkeit der herausnehmbaren Prothese von einem Sachentzug ausgeht. Denn auch dann, wenn man den Verlust der Prothese nicht als unmittelbaren Personenschaden einordnete (in diesem Sinne: OLG Düsseldorf, BeckRS 2005, 04149; AG Bonn wie vor), ist vorliegend eine Einschränkung der Ersatzfähigkeit nach denselben Grundsätzen geboten wie sie für die Ersatzfähigkeit von Behandlungskosten wegen Gesundheitsschäden vorzunehmen ist.
Selbst wenn es sich nicht um unmittelbare Behandlungskosten handelte, würde die Neuanfertigung einer Prothese zu Lebzeiten des Erblassers eine Ersatzleistung darstellen, die der Wiederherstellung der körperlichen Integrität des Geschädigten diente (vgl. AG Bonn wie vor und in diesem Sinne: OLG Hamm, NZV 2003, 192, 194, zur Verneinung von Umbaukosten auf fiktiver Grundlage, die zwar keine Behandlungskosten im unmittelbaren Sinne darstellten, jedoch nicht anders zu behandeln seien). Ebenso wie der Ersatz für einen unmittelbaren Personenschaden darauf gerichtet sein muss, tatsächlich der Herstellung der körperlichen Integrität zu dienen, wirkt der Verlust hier in erster Linie auf der nichtmateriellen Ebene. Die Beeinträchtigung betrifft den persönlichen, nicht in Geld messbaren Bereich. Die Zahnprothese dient wesentlich der Herstellung von körperlichen Fähigkeiten wie der Nahrungsaufnahme und des unbeeinträchtigten Sprechens. Diese Funktionen sind der Herstellung der körperlichen Integrität ohne Zweifel zuzurechnen. Auch soweit die Klägerin – zutreffend – vorträgt, dass eine Vollzahnprothese auch deshalb wichtig sei, weil sie ästhetischen Gründen und mithin dem seelischen Wohlbefinden des Trägers diene, handelt es sich gerade um einen Aspekt, der den nichtmateriellen Bereich der psychischen Integrität betrifft. Im Ergebnis geht es um eine Kompensation für die fortdauernde Beeinträchtigung der Persönlichkeit (vgl. BGH, Urteil vom 14.01.1986 – VI ZR 48/85 = NJW 1986, 1538, 1539 unter Ziffer II 2b).
Könnte der Erblasser im Erlebensfalls einen Ersatzanspruch wegen der Zweckbindung nur im Falle der tatsächlichen Neuanfertigung einer Prothese verlangen, ist der Klägerin und ihrer Miterbin nach dem Versterben des Erblassers ein Ersatzanspruch auf fiktiver Grundlage wegen der Rechtsnatur des Schadens verwehrt.
Da die Klägerin bereits dem Grunde nach keinen Schadensersatz verlangen kann, kommt es nicht mehr darauf an, ob im Falle des Verlusts einer Prothese überhaupt eine Minderung des Ersatzanspruchs unter dem Gesichtspunkt „Abzug neu für alt“ in Betracht käme. Mangels Hauptanspruchs scheidet auch eine Erstattungsfähigkeit der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren als Nebenforderung aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.