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Erstattungsanspruch von Beerdigungskosten bei Geschwistern

Geschwisterstreit um Beerdigungskosten: Gerichtsurteil bringt Klarheit

Das Landgericht Heilbronn hat im Fall des Erstattungsanspruchs von Beerdigungskosten unter Geschwistern entschieden. Der Kläger, der die Beerdigungskosten des gemeinsamen Vaters getragen hatte, erhält von seiner Schwester, der Beklagten, die hälftige Erstattung. Das Gericht berücksichtigte hierbei die öffentliche Bestattungspflicht sowie die Erforderlichkeit der Kosten für eine würdige, einfache Beerdigung gemäß den örtlichen Gepflogenheiten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: Ad 7 S 1/22   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Geschwisterliche Bestattungspflicht: Beide Parteien sind als erwachsene Kinder für die Beerdigungskosten ihres Vaters verantwortlich.
  2. Teilweiser Erfolg der Klage: Ursprünglich vom Amtsgericht teilweise anerkannt, wurde der Anspruch vom Landgericht Heilbronn weiter bestätigt.
  3. Kosten für eine einfache Beerdigung: Anspruch beschränkt sich auf die Kosten einer würdigen, aber einfachen Beerdigung („Sozialbestattung“).
  4. Übernahmefähigkeit durch Sozialhilfeträger: Die Kosten müssen gemäß § 74 SGB XII für eine Sozialbestattung übernahmefähig sein.
  5. Einzelfallbetrachtung erforderlich: Keine Pauschalierung der Kosten, sondern eine genaue Prüfung der einzelnen Posten.
  6. Erstattungsfähige Positionen: Dazu gehören Leichenschau, Sarg, Trauerfeier und weitere unmittelbare Bestattungskosten.
  7. Unberücksichtigte Kosten: Kosten für Schmuckurne und Kondolenzliste wurden nicht erstattet.
  8. Verzug und Kostenentscheidung: Die Beklagte befand sich im Verzug, was zu Verzugszinsen und Rechtsanwaltskosten führt.

Streit um Beerdigungskosten zwischen Geschwistern eskaliert

Geschwisterstreit um Beerdigungskosten: Gerichtsurteil bringt Klarheit
(Symbolfoto: shulers /Shutterstock.com)

Im Herzen des Falles steht der Erstattungsanspruch für Beerdigungskosten zwischen Geschwistern. Nach dem Tod ihres Vaters im März 2020, der in Schwetzingen bestattet wurde, entbrannte zwischen den beiden ein Rechtsstreit. Der Kläger, der die Kosten der Beerdigung übernommen hatte, forderte von seiner Schwester, der Beklagten, die Hälfte dieser Kosten zurück. Die Forderung basierte auf einem Schreiben des Klägers mit gesetzter Frist, auf das die Beklagte nicht reagierte. Beide Geschwister hatten zuvor das Erbe ausgeschlagen, was die Situation weiter verkomplizierte.

Erstinstanzliches Urteil und Berufung

Das Amtsgericht Schwäbisch Hall gab der Klage zunächst teilweise statt, wobei es den Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag als berechtigt ansah, aber nicht in vollem Umfang. Die vom Gericht festgesetzte Summe basierte auf einem von den Sozialhilfebehörden übernahmefähigen Höchstbetrag von 1.481,00 €, wovon der Kläger die Hälfte, also 740,50 €, erfolgreich einklagen konnte. Unzufrieden mit diesem Urteil, legte der Kläger Berufung ein und forderte die Kosten für eine würdige, einfache Bestattung, reduzierte jedoch seine Forderung auf 1.763,45 €, indem er die Kosten für eine Schmuckurne und eine Traueranzeige ausschloss.

Die Entscheidung des Landgerichts Heilbronn

Das Landgericht Heilbronn hob das erstinstanzliche Urteil auf und traf eine neue Entscheidung. Es stellte fest, dass die Bestattungspflicht die nächsten Angehörigen trifft, in diesem Fall die erwachsenen Kinder des Verstorbenen. Aufgrund des Ausschlagens des Erbes und der Vermögenslosigkeit des Nachlasses wurde der Kostenerstattungsanspruch gegen den Erben nach § 1968 BGB ausgeschlossen. Der Kläger handelte als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag und konnte daher Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er zur Beisetzung des Verstorbenen für erforderlich hielt. Das Gericht berücksichtigte dabei die sozialhilferechtlich erforderlichen Bestattungskosten und die Angemessenheit der einzelnen geltend gemachten Kosten.

Detailbetrachtung der erstattungsfähigen Kosten

Eine genaue Prüfung der Bestattungskosten war für das Gericht unverzichtbar, um deren Erforderlichkeit zu bewerten. Es wurden mehrere Posten als erstattungsfähig anerkannt, darunter die Kosten für die Leichenschau, den Sarg, das Einbetten und Versorgen der Leiche sowie die Trauerfeier. Nicht erstattungsfähig waren Kosten für Blumenschmuck über einem gewissen Betrag und die Schmuckurne. Das Gericht setzte den Gesamtbetrag für die Bestattung auf 3.484,40 € fest, von denen die Beklagte die Hälfte, also 1.742,20 €, zu tragen hat. Zusätzlich wurde die Beklagte zur Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren verurteilt.

Das Urteil des Landgerichts Heilbronn, Az. Ad 7 S 1/22 vom 06.02.2023, bildet somit einen wichtigen Referenzpunkt in Fällen, in denen es um Erstattungsansprüche von Beerdigungskosten unter Geschwistern geht und zeigt die Notwendigkeit einer sorgfältigen Bewertung der Angemessenheit und Erforderlichkeit von Bestattungskosten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielt die Geschwisterbeziehung bei der Übernahme von Beerdigungskosten?

Die Geschwisterbeziehung spielt eine wichtige Rolle bei der Übernahme von Beerdigungskosten. In Deutschland sind die nächsten Angehörigen, einschließlich Geschwister, verpflichtet, die Kosten einer Beerdigung zu tragen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie Kontakt zum Verstorbenen hatten oder nicht.

Wenn kein Erbe vorhanden ist, müssen Geschwister die Beerdigungskosten übernehmen. Dies wurde auch durch das Hessische Landessozialgericht bestätigt, das entschied, dass drei Geschwister die Beerdigungskosten für ihren Bruder tragen müssen, obwohl sie 50 Jahre lang kaum Kontakt zu ihm hatten.

Das Sozialamt übernimmt die Kosten nur, wenn die Angehörigen und Erben weder genug Einkommen noch Vermögen haben oder es ihnen nicht zuzumuten ist, zu zahlen. Die Höhe der Bestattungskostenhilfe ist je nach Sterbeort unterschiedlich und deckt nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung dienen.

Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Geschwister gegen die Übernahme von Beerdigungskosten geklagt haben. In einem Fall entschied das Verwaltungsgericht Oldenburg, dass ein Bruder die Bestattungskosten seiner Schwester zahlen muss. Der Bruder argumentierte, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) zu Lebzeiten keine Unterhaltspflichten unter Geschwistern vorsieht und die Pflicht, die Beerdigungskosten zu tragen, nur im Verhältnis zwischen Erbe und Erblasser sowie Unterhaltspflichtigem und Unterhaltsberechtigtem normiert.

Es ist daher ratsam, sich rechtzeitig über die finanziellen Verpflichtungen im Todesfall eines Angehörigen zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen.


Das vorliegende Urteil

LG Heilbronn – Az.: Ad 7 S 1/22 – Urteil vom 06.02.2023

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall vom 03.12.2021, Az. 5 C 182/21, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.763,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2020 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 280,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2020 zu bezahlen.

2. Von den Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger 1/10 sowie die Mehrkosten der Verweisung. Die übrigen Kosten der ersten Instanz und die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.763,45 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Erstattung von Beerdigungskosten. Sie sind Geschwister. Ihr Vater verstarb am 11.03.2020 und wurde auf dem Friedhof in Schwetzingen am 20.03.2020 bestattet. Der Kläger/Berufungskläger bezahlte die Beerdigung und verlangt nun von seiner Schwester die hälftige Bezahlung (vgl. Schreiben des Klägers vom 02.05.2020 unter Fristsetzung bis 22.05.2020, Bl. 10 der erstinstanzlichen Akte). Auch auf ein Anwaltsschreiben vom 02.07.2020 unter Fristsetzung bis 16.07.2020 bezahlte die Beklagte nicht.

Beide Geschwister haben die Erbschaft ausgeschlagen.

Das Amtsgericht Schwäbisch Hall hat mit Urteil vom 03.12.2021 der Klage teilweise stattgegeben. Es hält den Anspruch dem Grunde nach aus Geschäftsführung ohne Auftrag für berechtigt, aber nicht im geltend gemachten Umfang. Den von den Sozialhilfebehörden übernahmefähigen Höchstbetrag hat es durch eigene Recherchen mit 1.481,00 € ermittelt. In Höhe der Hälfte dieses Betrags, nämlich 740,50 € hatte die Klage Erfolg.

Mit der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung verlangt der Kläger weiterhin die Kosten für eine einfache Bestattung und nicht nur für ein Sozialbegräbnis. Während er in erster Instanz noch 2.010,25 € verlangte (Aufstellung der Kosten vgl. Bl. 11-16 der erstinstanzlichen Akte), reduzierte er den Antrag im Berufungsverfahren auf 1.763,45 €., indem er die Kosten für die Schmuckurne und die Traueranzeige nicht mehr geltend macht.

Der Kläger beantragt deshalb:

Das Urteil des Amtsgerichts Schwäbisch Hall, Az. 5 C 182/21, wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.763,45 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlich festgesetzten Basiszins seit dem 23.05.2020 zu bezahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die außergerichtlich entstandenen, nicht festsetzbaren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von EUR 280,60 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlich festgesetzten Basiszinssatz seit dem 17.07.2020 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und weist im Übrigen auf ihre mangelnde Leistungsfähigkeit hin.

Der Kläger hat die Klage ursprünglich beim Amtsgericht Esslingen erhoben. Von dort ist sie an das zuständige Amtsgericht Schwäbisch Hall verwiesen worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und auch begründet. Der Kläger kann von der Beklagten Erstattung von Aufwendungen für die Beerdigung des gemeinsamen Vaters in Höhe des in zweiter Instanz geltend gemachten Betrags verlangen.

1.

Die Anspruchsgrundlage hat das AG Schwäbisch Hall zutreffend mit §§ 677, 683, 679, 670 BGB benannt. Zudem besteht auch ein Anspruch aus Innenausgleich von Gesamtschuldnern.

Das Bestattungsrecht und damit auch die Bestattungspflicht treffen im Grundsatz die nächsten Angehörigen. Die Reihenfolge der Bestattungspflichtigen richtet sich nach §§ 31 Abs. 1, 21 Abs. 1, Abs. 3 Bestattungsgesetz Baden-Württemberg (BestattG BW). Danach sind die Parteien als erwachsene Kinder des geschiedenen Erblassers gleichermaßen bestattungspflichtig. Ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Erben nach § 1968 BGB scheidet für den Kläger aus, denn beide Parteien haben das Erbe ausgeschlagen. Der Nachlass ist zudem vermögenslos.

Der Kläger hat damit ein eigenes und zugleich ein Geschäft seiner Schwester (auch fremdes Geschäft) geführt, als er die Beerdigung ausgerichtet hat. Dass die Beklagte möglicherweise nicht einverstanden war, ist unerheblich, da die Bestattungspflicht eine öffentlich-rechtliche Pflicht ist. An der unverzüglich (§ 37 BestattG BW) erfolgenden Bestattung des Verstorbenen bestand ein dringendes öffentliches Interesse. Hätte der Kläger nichts unternommen, hätte die Bestattungsbehörde die Beerdigung durchgeführt und die Bestattungspflichtigen als Gesamtschuldner zur Kostenerstattung nach § 31 Abs. 2 BestattG BW herangezogen (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil v. 15.11.2007, 1 S 1471/07, juris, Rn. 24-26; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.07.2020, L 7 SO 915/19., juris Rn. 30; vgl. auch VG Augsburg, Gesichtsbescheid vom 14.04.2020, Au 7 K 19.1854, juris Rn 47 ff.). Schon daraus wird deutlich, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der Bestattung des Vaters der Kläger bestand und deshalb ein eventuell entgegenstehender Wille der Beklagten unbeachtlich ist.

Damit kann der Kläger als berechtigter Geschäftsführer ohne Auftrag Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er zur Beisetzung des Verstorbenen für erforderlich halten durfte. Da sowohl der Verstorbene als auch die bestattungspflichtigen Kinder in einfachen Verhältnissen lebten bzw. leben, beschränken sich die erforderlichen Kosten auf die Ausgaben, die üblicherweise für eine würdige, den örtlichen Gepflogenheiten entsprechende, einfache Beerdigung (“Sozialbestattung“) erforderlich sind. Nicht erstattungsfähig wären dagegen etwaige weitergehende Aufwendungen für eine standesgemäße Bestattung (§ 1968 BGB), andererseits beschränkt sich der Kostenerstattungsanspruch entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts nicht auf die Kosten einer von der Ordnungsbehörde im Wege der Ersatzvornahme veranlassten „Einfachstbestattung“ (vgl. BGH, Urteil vom 17.11.2011, III ZR 53/11 – juris Rn. 25). Der Anspruch des Klägers als Geschäftsherr beschränkt sich allerdings auf den nach § 74 SGB XII übernahmefähigen Betrag, denn der Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit der Beklagten als Erstattungspflichtiger ist deswegen unbeachtlich, weil sie auf die Möglichkeit der Übernahme der Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger zu verweisen ist (vgl. BGH, a.a.O. ; LSG Baden-Württemberg, a.a.O. Rn 30; VG Augsburg, a.a.O. Rn 49f; VGH Baden-Württemberg, a.a.O. Rn. 26).

Übernahmefähig durch den Sozialhilfeträger nach § 74 SGB XII und damit erstattungsfähig sind die erforderlichen Bestattungskosten. Die Feststellung, wofür Kosten im Einzelnen angefallen sind, ist für die Prüfung der Erforderlichkeit unverzichtbar (BSG, BeckRS 2020, 38042). Bei der Erforderlichkeit handelt es sich um einen gerichtlich vollständig überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff. Sozialhilferechtlich erforderliche Bestattungskosten müssen eine würdige Beerdigung, die sich an den ortsüblichen angemessenen Bestattungen orientiert, umfassen (vgl. VGH Baden-Württemberg, NVwZ 1992, 83). Zwingend zu beachten sind damit die landesrechtlichen Bestattungs- und Friedhofsvorschriften sowie die örtlichen Friedhofssatzungen. Zu übernehmen sind jedoch nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw. mit der Durchführung der Bestattung unmittelbar verbunden sind. Dabei sind die erforderlichen Bestattungskosten durch den Sozialhilfeträger nicht nach pauschal ermittelten Vergütungssätzen zu übernehmen, sondern es ist die Angemessenheit der einzelnen geltend gemachten Kosten sowie der Gesamtkosten zu ermitteln (vgl. BSG BeckRS 2011, 78945).

Als erforderlich anerkannt werden im Einzelnen die Kosten für die Leichenschau und Leichenbeförderung, öffentliche Gebühren, Waschen, Ankleiden und Betten der Leiche, ein einfacher Sarg, einfacher Blumenschmuck, die Trauerfeier im Beerdigungsinstitut, Kosten für Sargträger und die Überführung auf den Friedhof, das erstmalige Herrichten des Grabes, ein Grabstein oder eine einfache Grabplatte mit Namen (vgl. NdsOVG BeckRS 2005, 21394; LSG Baden-Württemberg, BeckRS 2019, 16066; zu Art und Umfang berücksichtigungsfähiger Positionen vgl. auch SG Karlsruhe, BeckRS 2022, 8326; Kaiser in BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, 67. Edition, Stand: 01.12.2022, § 74 SGB XII, Rn. 9-11; vgl. auch Uwe-Dietmar Berlit in Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII, 12. Auflage 2020, § 74, Rn. 16-20). Jedenfalls ist dem Amtsgericht nicht zu folgen, das die Kosten auf einen von den Sozialhilfebehörden übernahmefähigen Höchstbetrag in Schwetzingen von pauschal 1.481,00 € beschränkt hat. Vielmehr ist eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Es ergibt sich nach Schätzung des Gerichts (§ 287 BGB) der folgende erforderliche Betrag:

Rechnung Friedhöfe Mannheim 417,40 €

Sarg   890,00 €

Sterbehemd 52,00 €

Kissen und Deckengarn. 119,00 €

Einbetten und Versorgen 146,00 €

Hygienemaßnahmen 100,00 €

Feuerbestattungspauschale 220,00 €

Urne    90,00 €

Urne im Krematorium abholen u. auf Friedhof verbringen 62,50 €

Grabkreuz m. Beschriftung 124,00 €

Überführung vom Krankenhaus zum Krematorium 345,00 €

Erledigung der Formalitäten 200,00 €

Organisieren, planen und leiten der Trauerfeier 165,00 €

Dekoration der Trauerhalle 160,00 €

Bearbeitungspauschale 24,50 €

Blumenschmuck 250,00 €

Musik  50,00 €

Ärztl. Todesbescheinigung 69,00 €

Summe  3.484,40

1.742,20

Nicht erforderlich sind Kosten für Blumenschmuck in Höhe von 335,00 €, diese hat das Gericht im Wege der Schätzung auf 250,00 € reduziert. Auch der Betrag für die Erledigung der Formalitäten einschließlich aller gewünschten Abmeldungen erscheint übersetzt und wird von 246,00 € auf 200,00 € reduziert. Erstattungsfähig sind auch nicht die Kosten für eine Schmuckurne, wie vom Kläger in zweiter Instanz auch nicht mehr geltend gemacht, allerdings sind die Kosten für eine Standardurne erforderliche Beerdigungskosten. Das Gericht schätzt diese auf 90,00 €.

Nicht erforderlich für die Beerdigung sind zudem die Kosten für die Kondolenzliste (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 29.03.2022, BeckRS 2022, 8326) sowie die Kosten für die Sterbeurkunden und die Eheurkunde.

Danach ergibt sich ein Gesamtbetrag für die Bestattung von 3.484,40 €, auf die Beklagte entfällt dann die Hälfte, nämlich 1.742,20 €.

2.

Soweit der Kläger allerdings Kosten für die Sterbeurkunden und die Eheurkunde geltend macht, ist dieser Anspruch zwar nicht als erforderliche Bestattungskosten berechtigt, der Aufwand hierfür ist jedoch aus berechtigter Geschäftsführung im Interesse der Beklagten hälftig zu ersetzen, denn auch die Beklagte benötigte diese Urkunden unwidersprochen für die Erbausschlagung. Es handelt sich um einen weiteren Betrag von 18,00, €, der ebenfalls zu erstatten ist. Daraus ergibt sich rechnerisch ein Betrag, der die im Berufungsverfahren geltend gemachte Forderung rechtfertigt.

3.

Durch den erfolglosen Ablauf der im Schreiben vom 02.05.2020 gesetzten Frist befand sich die Beklagte in Verzug. Der Kläger hat als Verzugsschaden nach §§ 286, 288 BGB neben Verzugszinsen auch Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die geltend gemachte Höhe ist jeweils berechtigt.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 269, 281 ZPO. Wegen der Zuvielforderung in erster Instanz, die dann durch die Reduktion des Klaganspruchs in zweiter Instanz nicht mehr gegenständlich war, war dem Kläger ein entsprechender Teil der Kosten der ersten Instanz aufzuerlegen. Auch wenn das Amtsgericht dem Kläger die Mehrkosten der Verweisung nicht auferlegt hat, kann dies auch auf die Berufung des Klägers hin geschehen, denn nach § 308 Abs. 2 ZPO ist über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden, insoweit gilt das Verschlechterungsverbot nicht (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 528 Rn. 35; MüKoZPO/Rimmelspacher § 528, Rn. 52; BGH, Urteil vom 24.11.1980, VIII ZR 208/79, juris Rn 22).

5.

Da gegen das Urteil ein Rechtsmittel nicht statthaft ist, ist es vollstreckbar.

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