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Erwerb mit Mitteln der Erbschaft im Sinne von § 2111 Abs. 1 BGB

Erbschaftsgeld floss in eine Immobilie – davon war ein Erbe überzeugt, der seinen Namen im Grundbuch sehen wollte. Doch das Grundbuchamt machte dicht: Für den Eintrag brauche es mehr als Kontoauszüge und Belege.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 66/25 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG München
  • Datum: 01.04.2025
  • Aktenzeichen: 34 Wx 66/25 e
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren (Grundbuchsache)
  • Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Erbrecht

Beteiligte Parteien:

  • Antragsteller/Beschwerdeführer: Ein Nacherbe, der seine Eintragung als Miteigentümer eines Grundstücks beantragte, das die Vorerbin erworben hatte. Er argumentierte, das Grundstück sei teilweise mit Mitteln aus dem ursprünglichen Nachlass gekauft worden (Surrogation).

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Mann (Nacherbe) sollte nach dem Tod einer Frau (Vorerbin) das Erbe eines ursprünglich anderen Mannes antreten. Zum Erbe gehörte zunächst ein Grundstück, das zwangsversteigert wurde. Die Vorerbin kaufte später mit einem Teil des Erlöses aus der Zwangsversteigerung ein neues Grundstück und wurde als dessen Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Nach dem Tod der Vorerbin beantragte der Nacherbe beim Grundbuchamt, ihn als Miteigentümer des neuen Grundstücks einzutragen, da es teilweise mit Erbvermögen finanziert wurde. Das Grundbuchamt lehnte dies ab, wogegen der Nacherbe Beschwerde einlegte.
  • Kern des Rechtsstreits: Kann der Nacherbe im Grundbuchverfahren durch Vorlage von Kontoauszügen und Belegen nachweisen, dass das neue Grundstück mit Mitteln aus dem Erbe erworben wurde (sogenannte Surrogation), und damit seine Eintragung als Miteigentümer erreichen? Oder sind dafür strengere Nachweise (öffentliche Urkunden gemäß § 29 GBO) erforderlich?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde des Nacherben wurde vom OLG München zurückgewiesen.
  • Begründung: Der Nachweis, dass ein Gegenstand (hier: das neue Grundstück) an die Stelle eines anderen aus dem Nachlass getreten ist (Surrogation), muss im Grundbuchverfahren lückenlos durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden erfolgen (§ 29 GBO). Die vom Nacherben vorgelegten Kontoauszüge und Belege reichen für diesen strengen Formnachweis nicht aus.
  • Folgen: Der Nacherbe wird aufgrund dieses Beschlusses nicht als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen. Er muss seinen Anspruch gegebenenfalls in einem Zivilprozess weiterverfolgen oder den Nachweis in der erforderlichen Form erbringen. Der Wert des Verfahrens wurde auf bis zu 600.000 € festgesetzt.

Der Fall vor Gericht


Der Kern des Rechtsstreits: Erbschaftsgelder und Immobilienerwerb

Im Zentrum dieses Falles vor dem Oberlandesgericht (OLG) München stand die Frage, ob ein Nacherbe seine Eintragung als Miteigentümer einer Immobilie im Grundbuch erreichen kann.

Grundbuchamt Erbschaft Immobilien: Antrag unvollständig.
Surrogatserwerb und Grundbuchrecht bei Erbschaften | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Er argumentierte, die Immobilie sei zumindest teilweise mit Mitteln aus einer Erbschaft erworben worden, für die er als Nacherbe eingesetzt war. Das Gericht musste klären, welche Beweisanforderungen für einen solchen sogenannten Surrogatserwerb im Grundbuchverfahren gelten.

Die Vorgeschichte: Vom Erbe zur neuen Immobilie

Ursprünglich war Eduard K. Eigentümer eines Grundstücks (T.-Str.). Nach seinem Tod wurden seine Witwe Eva K. und eine weitere Person als Erben eingetragen. Für den Erbteil von Eva K. war jedoch eine Nacherbfolge angeordnet, mit dem späteren Antragsteller (dem Beteiligten) als Nacherben. Dies wurde auch im Grundbuch für das Grundstück T.-Str. vermerkt. Dieses ursprüngliche Erbschaftsgrundstück wurde später zwangsversteigert.

Einige Zeit danach erwarb Eva K. eine neue Immobilie (R.-K.-Str.) und wurde als alleinige Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Entscheidend ist hier: Für diese neue Immobilie wurde kein Nacherbenvermerk eingetragen. Nach dem Tod von Eva K. im Jahr 2021 trat der Nacherbfall ein, und der Beteiligte wurde Alleinerbe nach Eduard K.

Der Antrag beim Grundbuchamt: Anerkennung als Miteigentümer

Der Nacherbe beantragte daraufhin beim Grundbuchamt München die Berichtigung des Grundbuchs für die Immobilie R.-K.-Str. Er wollte als Miteigentümer eingetragen werden, da ein erheblicher Teil des Kaufpreises (rund 58%) aus dem Erlösanteil stammte, den Eva K. aus der Zwangsversteigerung des ursprünglichen Erbschaftsgrundstücks erhalten hatte. Dies mache die neue Immobilie zu einem Surrogat, also einem Ersatzgegenstand, der rechtlich zur Nacherbschaft gehört (§ 2111 Abs. 1 BGB).

Zum Beweis legte er den Erbschein, den Zuschlagsbeschluss der Versteigerung sowie diverse Kontoauszüge und Überweisungsbelege vor. Er beantragte zunächst nur die Eintragung für den Anteil, den er durch diese Belege nachweisen zu können glaubte, und kündigte an, den Rest gerichtlich geltend machen zu wollen.

Die Zurückweisung durch das Grundbuchamt

Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Es argumentierte, weder aus dem Grundbucheintrag der neuen Immobilie noch aus der Kaufurkunde oder anderen Akten sei ersichtlich, dass es sich um einen Erwerb mit Mitteln der Nacherbschaft handelte. Ein Nacherbenvermerk fehle ebenfalls. Die vorgelegten Kontoauszüge und Belege genügten nicht den strengen Formanforderungen des Grundbuchrechts.

Nach Ansicht des Amtes war der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht in der erforderlichen Form des § 29 der Grundbuchordnung (GBO) erbracht worden. Diese Vorschrift verlangt grundsätzlich öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden für Eintragungen im Grundbuch, um dessen Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Die Beschwerde des Nacherben: Streit um die Beweisanforderungen

Gegen diese Entscheidung legte der Nacherbe Beschwerde beim OLG München ein. Sein zentrales Argument war, dass für den Nachweis einer Grundbuchunrichtigkeit nach § 22 GBO nicht die strenge Form des § 29 GBO gelten dürfe. Vielmehr müsse der sogenannte Freibeweis ausreichen. Das bedeutet, das Gericht (bzw. hier das Grundbuchamt) könnte alle Beweismittel berücksichtigen, auch private Urkunden wie Kontoauszüge, und diese frei würdigen.

Er zog eine Parallele zu einem anderen Bereich des Erbrechts, wo nach Ansicht von Teilen der juristischen Literatur der Freibeweis genügen soll, um die Entgeltlichkeit einer Verfügung durch einen (befreiten) Vorerben nachzuweisen. Das Grundbuchamt hielt jedoch an seiner Auffassung fest und half der Beschwerde nicht ab.

Die Entscheidung des OLG München: Strenge Formvorschriften gelten

Das OLG München wies die Beschwerde des Nacherben als unbegründet zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Grundbuchamts. Das Gericht stellte klar, dass die Korrektur eines Grundbuchs wegen Unrichtigkeit gemäß § 22 Abs. 1 GBO den lückenlosen Nachweis erfordert, dass die tatsächliche Rechtslage von der im Grundbuch eingetragenen abweicht.

Kern der Entscheidung: § 29 GBO gilt auch für Surrogatserwerb

Der entscheidende Punkt des Urteils ist: Dieser Nachweis der Unrichtigkeit muss grundsätzlich in der strengen Form des § 29 Abs. 1 GBO erfolgen, also durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden. Dies gilt nach Ansicht des OLG München ausdrücklich auch für den Nachweis, dass ein Gegenstand mit Mitteln der Erbschaft erworben wurde und somit ein Surrogat im Sinne von § 2111 Abs. 1 BGB darstellt.

Das Gericht betonte, dass diese Anforderung selbst dann gilt, wenn es sich um eine sogenannte Kettensurrogation handelt – also wenn, wie hier, nicht direkt ein Erbschaftsgegenstand gegen einen neuen getauscht wird, sondern wenn der Erlös aus dem Verkauf eines Erbschaftsgegenstands zum Erwerb eines neuen verwendet wird.

Kein Freibeweis im Grundbuchverfahren

Die Argumentation des Nacherben, der Freibeweis müsse genügen, überzeugte das OLG nicht. Das Gericht machte deutlich, dass die spezifischen Anforderungen des Grundbuchverfahrens, die auf schnelle und sichere Rechtsklarheit durch formelle Nachweise abzielen, hier Vorrang haben. Die Zuverlässigkeit des Grundbuchs (öffentlicher Glaube) basiert maßgeblich auf der Einhaltung dieser Formvorschriften. Private Belege wie Kontoauszüge reichen hierfür nicht aus.

Die vom Beschwerdeführer angeführte Parallele zur Beweiserleichterung bei der Entgeltlichkeit von Verfügungen eines Vorerben wurde vom Gericht für den vorliegenden Fall des Surrogatsnachweises als nicht anwendbar erachtet.

Bedeutung für Betroffene: Hohe Hürden für Nacherben

Dieses Urteil hat erhebliche praktische Bedeutung für Nacherben und Vorerben. Es verdeutlicht die hohen Hürden, die ein Nacherbe überwinden muss, wenn er nach Eintritt des Nacherbfalls Rechte an Gegenständen geltend machen will, die der Vorerbe als Ersatz für ursprüngliche Erbschaftsgegenstände erworben hat.

Notwendigkeit klarer Dokumentation

Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit, einen Surrogatserwerb von Anfang an klar zu dokumentieren. Idealerweise sollte bereits im Kaufvertrag der neuen Immobilie festgehalten werden, dass der Erwerb (teilweise) mit Mitteln der Nacherbschaft erfolgt. Noch besser ist es, wenn für den erworbenen Gegenstand ebenfalls ein Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen wird. Dies schafft von vornherein Klarheit und erleichtert dem Nacherben später die Durchsetzung seiner Rechte im vereinfachten Grundbuchverfahren.

Alternative: Der Klageweg

Scheitert der Nachweis im Grundbuchverfahren an den strengen Formanforderungen des § 29 GBO, bedeutet dies nicht zwangsläufig den Verlust des Anspruchs für den Nacherben. Er kann seine Rechte weiterhin im Wege einer ordentlichen Zivilklage (Grundbuchberichtigungsklage gemäß § 894 BGB) gegen die Erben des Vorerben geltend machen. In diesem Gerichtsverfahren gilt dann der Grundsatz des Freibeweises, sodass auch Kontoauszüge und andere Belege als Beweismittel zulässig sind. Dieses Verfahren ist jedoch in der Regel langwieriger und kostenintensiver als das Grundbuchberichtigungsverfahren.

Vorausschauendes Handeln ist gefragt

Für Vorerben bedeutet dies, dass sie bei der Verwaltung des Nachlasses und insbesondere bei Ersatzbeschaffungen die Rechte des Nacherben im Blick behalten und idealerweise für Transparenz sorgen sollten. Für Nacherben ist es ratsam, die Verwaltungshandlungen des Vorerben – soweit möglich – zu verfolgen und auf eine klare Dokumentation von Surrogatserwerben hinzuwirken, um spätere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass bei einer Kettensurrogation (wenn Erbe A ein Nachlassgut verkauft und mit dem Erlös ein neues Gut erwirbt) lückenlos durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden muss, woher die Mittel für den Erwerb stammen. Einfache Belege wie Kontoauszüge oder Kostenrechnungen sind nicht ausreichend, um einen Anspruch auf Eintragung im Grundbuch zu begründen. Die strenge Formvorschrift des § 29 GBO dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und gilt auch dann, wenn der Nachweis im Einzelfall schwierig oder unzumutbar erscheint.

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Wenn im Zusammenhang mit einer Erbschaft Vermögenswerte umgeschichtet oder Immobilien mit Nachlassmitteln erworben werden, entstehen oft Unsicherheiten, wem diese Gegenstände tatsächlich zuzurechnen sind. Insbesondere bei Surrogaten und der Nacherbfolge stellt sich die Herausforderung, die eigenen Rechte formal korrekt und nachvollziehbar geltend zu machen.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Surrogatserwerb im Zusammenhang mit einer Erbschaft und dem Grundbuch?

Stellen Sie sich vor, Sie erben Geld. Surrogatserwerb bedeutet vereinfacht gesagt, dass etwas Neues an die Stelle dieses geerbten Geldes tritt und rechtlich genauso behandelt wird wie das Geld selbst – nämlich als Teil der Erbschaft. Es ist also eine Art „Ersatz“.

Wenn Sie beispielsweise Geld aus einer Erbschaft verwenden, um eine Immobilie (Haus oder Wohnung) zu kaufen, kann diese Immobilie unter bestimmten Voraussetzungen als Surrogat für das geerbte Geld angesehen werden. Das bedeutet: Obwohl Sie nun eine Immobilie statt Geld besitzen, wird diese Immobilie rechtlich weiterhin als Teil des ursprünglichen Erbes betrachtet.

Wie wirkt sich das auf das Grundbuch aus?

Das Grundbuch ist das offizielle Verzeichnis, in dem steht, wem eine Immobilie gehört. Normalerweise wird der Käufer als neuer Eigentümer eingetragen.

Beim Surrogatserwerb im Erbfall gibt es jedoch eine Besonderheit:

  • Wenn die Immobilie als Ersatz für einen Erbteil oder für Vermögen einer Erbengemeinschaft erworben wird, muss dies im Grundbuch korrekt vermerkt werden.
  • Gehört das Geld beispielsweise einer Erbengemeinschaft (mehrere Erben gemeinsam) und diese kauft davon eine Immobilie, dann wird die Erbengemeinschaft als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, nicht eine einzelne Person allein. Die Immobilie tritt an die Stelle des Geldes innerhalb der Erbengemeinschaft.
  • Für Sie bedeutet das: Der Surrogatserwerb stellt sicher, dass der Wert aus der Erbschaft auch dann rechtlich dem Nachlass zugeordnet bleibt, wenn er in eine andere Form – wie eine Immobilie – umgewandelt wird. Die Eintragung im Grundbuch spiegelt diese besondere erbrechtliche Situation wider.

Ein einfaches Beispiel: Eine Erbengemeinschaft erbt 100.000 Euro. Die Erben beschließen gemeinsam, von diesem Geld eine kleine Wohnung zu kaufen. Diese Wohnung ist dann ein Surrogat für die 100.000 Euro. Im Grundbuch wird die Erbengemeinschaft als Eigentümerin der Wohnung eingetragen. Die Wohnung gehört somit weiterhin gemeinschaftlich zum Erbe.


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Welche Rolle spielt der Nacherbenvermerk im Grundbuch beim Surrogatserwerb?

Der Nacherbenvermerk im Grundbuch ist ein wichtiger Schutzmechanismus für den Nacherben. Er macht für jeden sichtbar, dass das Eigentum an einer Immobilie bestimmten Beschränkungen unterliegt, weil es Teil einer Erbschaft mit Vor- und Nacherbschaft ist. Wenn nun diese Immobilie verkauft wird und mit dem Erlös eine neue Immobilie gekauft wird (das nennt man Surrogatserwerb), stellt sich die Frage, wie der Schutz des Nacherben weitergeht.

Was bedeutet Surrogatserwerb für die Immobilie?

Stellen Sie sich vor, die geerbte Immobilie ist wie ein Platzhalter für einen bestimmten Wert in der Erbschaft. Wird diese Immobilie verkauft, tritt der Verkaufserlös an ihre Stelle. Kauft der Vorerbe (der Erbe auf Zeit) mit genau diesem Erlös eine neue Immobilie, so wird diese neue Immobilie automatisch Teil der Erbschaft, die später an den Nacherben fallen soll. Das besagt das Prinzip des Surrogatserwerbs (§ 2111 BGB). Die Rechte des Nacherben erstrecken sich also rechtlich automatisch auf die neue Immobilie.

Warum der Nacherbenvermerk im Grundbuch wichtig bleibt

Der Nacherbenvermerk, der für die ursprüngliche Immobilie im Grundbuch eingetragen war, geht jedoch nicht automatisch auf das Grundbuch der neuen Immobilie über. Das Grundbuchamt weiß nicht automatisch, dass die neue Immobilie mit Mitteln aus der Nacherbschaft bezahlt wurde.

Dieser Vermerk ist aber entscheidend:

  • Er schützt den Nacherben davor, dass der Vorerbe die neue Immobilie ohne seine Zustimmung verkauft oder belastet.
  • Er informiert Dritte (z.B. Käufer oder Banken), dass die Verfügungsbefugnis des Vorerben eingeschränkt ist. Ohne diesen Vermerk könnten Dritte die Immobilie unter Umständen „gutgläubig“ erwerben, also ohne von der Nacherbschaft zu wissen. Dann wäre der Schutz des Nacherben für diese spezifische Immobilie gefährdet.

Was ist für das neue Grundstück zu tun?

Damit der Schutz des Nacherben auch für die neue Immobilie im Grundbuch sichtbar und wirksam wird, muss ein neuer Nacherbenvermerk für diese neue Immobilie beim Grundbuchamt beantragt werden.

Dafür muss dem Grundbuchamt nachgewiesen werden, dass die neue Immobilie tatsächlich als Surrogat, also mit Mitteln aus der von der Nacherbschaft betroffenen Erbschaft, erworben wurde. Erst mit der Eintragung des Nacherbenvermerks für die neue Immobilie ist der Schutz des Nacherben im Hinblick auf dieses Grundstück wieder vollständig hergestellt und für alle sichtbar.

Zusammengefasst: Die Rechte des Nacherben gehen zwar automatisch auf die Ersatzimmobilie über, der wichtige Nacherbenvermerk im Grundbuch muss jedoch für die neue Immobilie aktiv neu beantragt und eingetragen werden, um den vollen Schutz zu gewährleisten.


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Welche Art von Nachweisen benötigt man, um einen Surrogatserwerb im Grundbuchverfahren geltend zu machen?

Um im Grundbuchverfahren nachzuweisen, dass eine Immobilie als Ersatz (Surrogat) für geerbtes Vermögen, insbesondere mit geerbtem Geld, erworben wurde, müssen Sie dem Grundbuchamt lückenlos und zweifelsfrei belegen, dass der Kaufpreis tatsächlich aus Mitteln stammt, die Teil des Erbes waren. Behauptungen oder Vermutungen genügen hier nicht.

Warum braucht das Grundbuchamt diese Nachweise?

Das Grundbuchamt darf Eintragungen im Grundbuch grundsätzlich nur dann vornehmen, wenn die zugrunde liegenden Tatsachen in einer bestimmten Form nachgewiesen sind. Dies ist in § 29 der Grundbuchordnung (GBO) geregelt. Diese Vorschrift verlangt in der Regel öffentliche Urkunden. Das sind zum Beispiel notarielle Urkunden oder amtliche Dokumente wie ein Erbschein. Ziel ist es, die Richtigkeit des Grundbuchs zu gewährleisten. Das Grundbuchamt muss sich also darauf verlassen können, dass die Immobilie tatsächlich mit Erbgeldern bezahlt wurde, wenn dies rechtliche Folgen hat (z.B. bei einer Vorerbschaft, Testamentsvollstreckung oder wenn die Immobilie für eine Erbengemeinschaft erworben wird).

Welche Dokumente sind typischerweise erforderlich?

Um den Surrogatserwerb glaubhaft zu machen, benötigen Sie eine Kette von Dokumenten, die den Weg des Geldes vom Erbe bis zum Immobilienkauf nachvollziehbar macht. Dazu gehören üblicherweise:

  1. Nachweis Ihrer Erbenstellung:
    • Ein Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis.
    • Alternativ: Ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag zusammen mit dem Protokoll über die Testamentseröffnung durch das Nachlassgericht. Diese Dokumente belegen, wer Erbe geworden ist und somit über die Erbmittel verfügen durfte.
  2. Nachweis über die Herkunft der Mittel aus der Erbschaft:
    • Kontoauszüge des Nachlasskontos oder des Kontos, auf das Erbvermögen eingezahlt wurde (z.B. nach dem Verkauf einer anderen geerbten Sache oder der Auflösung von Konten des Erblassers).
    • Kontoauszüge, die den Geldfluss zeigen: Diese müssen belegen, dass die für den Kauf verwendeten Gelder tatsächlich aus der Erbmasse stammen und für den Kaufpreis der neuen Immobilie verwendet wurden. Wichtig ist ein klarer zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen dem Eingang der Erbmittel und der Zahlung des Kaufpreises.
  3. Nachweis des Immobilienerwerbs:
    • Der notariell beurkundete Kaufvertrag für die neue Immobilie. Aus diesem ergibt sich, wer die Immobilie zu welchem Preis gekauft hat.

Entscheidend ist die Lückenlosigkeit: Das Grundbuchamt muss anhand der vorgelegten Unterlagen eindeutig nachvollziehen können, dass das Geld aus dem Erbe stammt und direkt oder indirekt für den Kauf der Immobilie eingesetzt wurde.

Die besondere Form der Nachweise (§ 29 GBO)

Wie bereits erwähnt, verlangt § 29 GBO für Eintragungen im Grundbuch in der Regel öffentliche Urkunden.

  • Der Erbschein, das notarielle Testament mit Eröffnungsprotokoll und der notarielle Kaufvertrag sind solche öffentlichen Urkunden und erfüllen diese Formvorschrift.
  • Kontoauszüge sind private Urkunden und genügen der strengen Form des § 29 GBO normalerweise nicht. Das Grundbuchamt prüft hier sehr genau. Es muss zweifelsfrei überzeugt sein, dass die Kontoauszüge echt sind und den Geldfluss korrekt wiedergeben.

In der Praxis kann es daher schwierig sein, den Nachweis allein mit Kontoauszügen zu führen. Das Grundbuchamt kann unter Umständen zusätzliche Erklärungen oder Nachweise fordern, um letzte Zweifel auszuräumen. Eine Möglichkeit kann sein, den Geldfluss über ein Notaranderkonto abzuwickeln und dies im Kaufvertrag oder einer gesonderten notariellen Urkunde festzuhalten, was den Nachweis erheblich erleichtert.

Es ist wichtig, die erforderlichen Nachweise sorgfältig und vollständig zusammenzustellen, um Verzögerungen oder Probleme im Grundbuchverfahren zu vermeiden.


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Was bedeutet die „Form des § 29 GBO“ und warum ist sie so wichtig für die Eintragung im Grundbuch?

Die „Form des § 29 GBO“ (Grundbuchordnung) ist eine zentrale Regel für das Grundbuchverfahren. Sie besagt im Kern: Wenn Sie eine Eintragung im Grundbuch beantragen oder die Zustimmung zu einer Eintragung erklären, müssen Sie dies grundsätzlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachweisen.

Stellen Sie sich das Grundbuch wie ein offizielles, sehr wichtiges Verzeichnis vor, das genau festhält, wem welche Immobilie gehört und welche Rechte (wie z.B. Grundschulden oder Wegerechte) daran bestehen. Damit dieses Verzeichnis absolut zuverlässig ist und jeder auf die Richtigkeit der Einträge vertrauen kann, stellt das Grundbuchamt sehr hohe Anforderungen an die Beweise für eine Änderung. Genau das regelt § 29 GBO.

Warum diese strenge Form? Der Schutz der Rechtssicherheit

Der Hauptgrund für diese strenge Regelung ist die Gewährleistung der Rechtssicherheit. Das Grundbuch genießt sogenannten „öffentlichen Glauben“. Das bedeutet: Man darf sich darauf verlassen, dass das, was im Grundbuch steht, auch richtig ist. Käufer einer Immobilie, Banken, die Kredite geben – sie alle müssen sich auf die Korrektheit des Grundbuchs verlassen können.

Um dieses hohe Maß an Vertrauen zu rechtfertigen, darf das Grundbuchamt Eintragungen nur auf der Grundlage von besonders sicheren und eindeutig überprüfbaren Dokumenten vornehmen. Einfache Schriftstücke könnten zu leicht gefälscht oder unklar formuliert sein.

  • Öffentliche Urkunden sind Dokumente, die von einer dazu speziell befugten Behörde oder Person (insbesondere einem Notar oder einem Gericht) innerhalb ihrer Zuständigkeit und in einer vorgeschriebenen Form aufgenommen wurden. Typische Beispiele sind notarielle Kaufverträge oder Gerichtsurteile.
  • Öffentlich beglaubigte Urkunden sind private Schriftstücke (zum Beispiel eine Löschungsbewilligung der Bank), bei denen eine zuständige Stelle (meist ein Notar oder eine Behörde mit Siegelführungsbefugnis) die Echtheit der Unterschrift unter dem Dokument offiziell bestätigt hat. Der Notar prüft dabei die Identität des Unterzeichnenden.

Normale private Schriftstücke, einfache Briefe, Kopien oder E-Mails reichen für Eintragungen im Grundbuch daher in aller Regel nicht aus.

Was passiert, wenn die Form des § 29 GBO nicht eingehalten wird?

Wenn die notwendigen Nachweise für eine Eintragung oder eine Zustimmung nicht in der vorgeschriebenen Form des § 29 GBO vorgelegt werden, muss das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückweisen. Die gewünschte Änderung im Grundbuch kann dann nicht vorgenommen werden, bis die korrekten Dokumente vorliegen. Dies dient dem Schutz aller Beteiligten und stellt sicher, dass nur geprüfte und gesicherte Informationen ins Grundbuch gelangen.

Gerade im Erbfall ist diese Formvorschrift von großer Bedeutung. Um sich als neuer Eigentümer einer geerbten Immobilie im Grundbuch eintragen zu lassen, müssen Sie Ihre Erbenstellung zweifelsfrei nachweisen. Dies geschieht üblicherweise durch einen Erbschein (eine öffentliche Urkunde des Nachlassgerichts) oder durch ein notarielles Testament bzw. einen Erbvertrag zusammen mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll. Diese Dokumente erfüllen die strengen Formanforderungen des § 29 GBO und ermöglichen dem Grundbuchamt die Eintragung des Erben als neuen Eigentümer. Auch beim sogenannten Surrogatserwerb im Erbfall (wenn z.B. eine Immobilie mit Mitteln erworben wird, die rechtlich an die Stelle eines zum Nachlass gehörenden Gegenstands getreten sind) müssen die zugrundeliegenden Vorgänge oft in dieser Form nachgewiesen werden, um eine korrekte Eintragung im Grundbuch zu erreichen.


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Was kann man tun, wenn das Grundbuchamt den Antrag auf Eintragung des Surrogats ablehnt?

Wenn das Grundbuchamt Ihren Antrag auf Eintragung eines Surrogats (also eines Ersatzgegenstandes, der an die Stelle eines ursprünglich zur Erbschaft gehörenden Gegenstandes getreten ist) ablehnt, stehen Ihnen bestimmte rechtliche Mittel zur Verfügung, um diese Entscheidung überprüfen zu lassen.

Die Beschwerde als erster Schritt

Gegen die ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts können Sie Beschwerde einlegen. Dies ist ein förmlicher Rechtsbehelf, mit dem Sie beantragen, dass die Entscheidung überprüft wird.

  • Zuständigkeit: Die Beschwerde richten Sie in der Regel an das Landgericht, in dessen Bezirk das zuständige Grundbuchamt liegt. Einreichen können Sie die Beschwerde entweder direkt beim Landgericht oder beim Grundbuchamt selbst.
  • Frist: Für die Einlegung der Beschwerde gibt es eine Frist. Diese beträgt üblicherweise einen Monat ab dem Zeitpunkt, an dem Ihnen die ablehnende Entscheidung des Grundbuchamts bekannt gegeben wurde. Die Einhaltung dieser Frist ist sehr wichtig, da die Beschwerde sonst unzulässig ist.
  • Form: Die Beschwerde muss schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts eingelegt werden. Das bedeutet, Sie können entweder einen Brief schreiben oder persönlich beim Gericht erscheinen und die Beschwerde dort protokollieren lassen.
  • Inhalt: In der Beschwerdeschrift sollten Sie angeben, gegen welche Entscheidung Sie sich wenden (z.B. durch Angabe des Aktenzeichens und Datums des Beschlusses) und erklären, dass Sie Beschwerde einlegen. Eine Begründung, warum Sie die Entscheidung für falsch halten, ist ebenfalls erforderlich. Hier legen Sie dar, warum Ihrer Meinung nach die Voraussetzungen für die Eintragung des Surrogats vorliegen.

Das weitere Verfahren

Nachdem Sie Beschwerde eingelegt haben, prüft zunächst das Grundbuchamt, ob es seine ursprüngliche Entscheidung aufgrund Ihrer Begründung ändert. Man nennt dies Abhilfe.

  • Hilft das Grundbuchamt Ihrer Beschwerde ab, wird es die beantragte Eintragung vornehmen.
  • Hält das Grundbuchamt seine Entscheidung jedoch weiterhin für richtig, legt es die Beschwerde dem zuständigen Beschwerdegericht (Landgericht) zur Entscheidung vor.

Das Beschwerdegericht prüft dann den Sachverhalt und die Rechtslage erneut. Es kann entweder Ihre Beschwerde zurückweisen oder das Grundbuchamt anweisen, die gewünschte Eintragung vorzunehmen.

Was passiert bei erneuter Ablehnung?

Sollte auch das Beschwerdegericht Ihre Beschwerde zurückweisen, gibt es unter bestimmten, engen Voraussetzungen die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH). Dies ist jedoch nur zulässig, wenn das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat oder bestimmte gesetzliche Gründe vorliegen, beispielsweise wenn die Angelegenheit eine grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordert. Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist komplex.

Es ist entscheidend, die jeweiligen Fristen und Formvorschriften genau zu beachten, da Fehler dazu führen können, dass Ihr Rechtsmittel unzulässig ist und nicht mehr berücksichtigt wird.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Nacherbe

Ein Nacherbe ist eine Person, die erst dann Erbe wird, nachdem eine andere Person (der sogenannte Vorerbe) die Erbschaft zunächst erhalten hat. Der ursprüngliche Erblasser (hier: Eduard K.) legt diese Reihenfolge in seinem Testament oder Erbvertrag fest. Der Vorerbe (hier: Eva K.) darf die Erbschaft nutzen, unterliegt aber oft gesetzlichen Beschränkungen (§ 2113 ff. BGB), da die Substanz für den Nacherben erhalten bleiben soll. Der Nacherbfall tritt meist mit dem Tod des Vorerben ein, wodurch der Nacherbe dann endgültiger Erbe des ursprünglichen Erblassers wird.
Beispiel: Ein Vater setzt seine zweite Ehefrau als Vorerbin seines Vermögens ein und bestimmt seinen Sohn aus erster Ehe als Nacherben. Die Ehefrau kann das Vermögen nutzen, aber nach ihrem Tod fällt es an den Sohn.


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Surrogat (§ 2111 BGB)

Ein Surrogat im erbrechtlichen Sinne ist ein Ersatzgegenstand, der an die Stelle eines ursprünglichen Nachlassgegenstands tritt. Erwirbt der Vorerbe mit Mitteln, die er aus der Verwertung eines zur Erbschaft gehörenden Gegenstands erzielt hat (z.B. Verkaufserlös), einen neuen Gegenstand, so gehört dieser neue Gegenstand ebenfalls zur Nacherbschaft (§ 2111 Abs. 1 BGB). Dieser Ersatzgegenstand fällt somit bei Eintritt des Nacherbfalls an den Nacherben. Im Text ist dies die neue Immobilie (R.-K.-Str.), die Eva K. mit Geld aus der Versteigerung des ursprünglichen Erbschaftsgrundstücks (T.-Str.) erworben hat.


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Nacherbenvermerk

Ein Nacherbenvermerk ist eine Eintragung im Grundbuch, die bei Grundstücken vorgenommen wird, die einer Nacherbschaft unterliegen (§ 51 GBO). Dieser Vermerk macht für Dritte (z.B. potenzielle Käufer oder Gläubiger) ersichtlich, dass der eingetragene Eigentümer (der Vorerbe) nur eingeschränkt über das Grundstück verfügen kann, da es später an den Nacherben fallen wird. Der Vermerk schützt somit die Rechte des Nacherben. Im vorliegenden Fall war für das ursprüngliche Grundstück (T.-Str.) ein solcher Vermerk eingetragen, für die neu erworbene Immobilie (R.-K.-Str.) jedoch nicht, was die Beweisführung für den Nacherben erschwerte.


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§ 29 GBO (Form des Nachweises im Grundbuchverfahren)

Die Vorschrift § 29 der Grundbuchordnung (GBO) legt fest, dass Eintragungen im Grundbuch oder die Berichtigung des Grundbuchs grundsätzlich nur erfolgen dürfen, wenn die entsprechenden Tatsachen durch öffentliche Urkunden (z.B. notarielle Verträge, gerichtliche Entscheidungen, Erbscheine) oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Diese strengen Formanforderungen sollen die Richtigkeit und Zuverlässigkeit des Grundbuchs gewährleisten (öffentlicher Glaube). Im Fall argumentierte das Grundbuchamt und später das OLG, dass der Nacherbe den Erwerb der neuen Immobilie mit Erbschaftsmitteln (Surrogatserwerb) nicht in dieser geforderten Form nachgewiesen habe, da private Kontoauszüge hierfür nicht ausreichen.


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Freibeweis

Freibeweis bezeichnet den Grundsatz, dass ein Gericht zur Feststellung einer Tatsache alle Beweismittel berücksichtigen kann, die es für erforderlich hält, und an keine bestimmten Beweisregeln oder Formen (wie die des § 29 GBO) gebunden ist. Das Gericht kann die Beweise frei würdigen. Zulässig sind z.B. auch private Urkunden (Briefe, Kontoauszüge), Zeugenaussagen oder Inaugenscheinnahme. Der Nacherbe argumentierte im Text, für den Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit (§ 22 GBO) müsse der Freibeweis genügen, was das OLG jedoch für das Grundbuchverfahren ablehnte. Im Rahmen einer Zivilklage (z.B. nach § 894 BGB) gilt hingegen der Freibeweis.


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Grundbuchberichtigungsklage (§ 894 BGB)

Die Grundbuchberichtigungsklage ist eine Klage vor dem Zivilgericht, mit der eine Person verlangen kann, dass das Grundbuch korrigiert wird, wenn es nicht mit der tatsächlichen Rechtslage übereinstimmt (§ 894 BGB). Sie ist der richtige Weg, wenn das Grundbuchamt eine beantragte Berichtigung ablehnt, z.B. weil der Nachweis nicht in der Form des § 29 GBO erbracht werden kann. In diesem Klageverfahren gilt der Grundsatz des Freibeweises, d.h., der Kläger kann die Unrichtigkeit des Grundbuchs mit allen zulässigen Beweismitteln nachweisen. Für den Nacherben im Text stellt diese Klage die Alternative dar, um doch noch als Miteigentümer eingetragen zu werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 22 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO): Diese Vorschrift regelt die Berichtigung des Grundbuchs, wenn dieses unrichtig ist. Die Berichtigung erfolgt entweder durch Bewilligung des Betroffenen oder durch den Nachweis der Unrichtigkeit. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beteiligte möchte das Grundbuch berichtigen lassen, da er der Ansicht ist, zu Unrecht nicht als Miteigentümer eingetragen zu sein. Er muss daher die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachweisen, da keine Bewilligung der aktuellen Eigentümerin vorliegt.
  • § 29 Abs. 1 Grundbuchordnung (GBO): Diese Norm bestimmt, dass Erklärungen, die zur Eintragung ins Grundbuch erforderlich sind, oder der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs in öffentlich beglaubigter Form oder in öffentlicher Urkunde erfolgen müssen. Dies dient der Rechtssicherheit und der Klarheit im Grundbuchverfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bemängelt, dass der Beteiligte den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs, insbesondere den Surrogationszusammenhang, nicht in der nach § 29 GBO erforderlichen Form erbracht hat, sondern lediglich durch private Urkunden wie Kontoauszüge.
  • § 2111 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Surrogation: Diese Vorschrift des Erbrechts besagt, dass Gegenstände, die ein Vorerbe durch Rechtsgeschäft erwirbt und die an die Stelle von Nachlassgegenständen treten (Surrogate), ebenfalls der Nacherbfolge unterliegen. Dies betrifft den Fall, dass Vermögenswerte aus dem ursprünglichen Nachlass in neue Vermögenswerte umgewandelt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beteiligte argumentiert, dass die Immobilie mit Mitteln aus dem Erbe seines Vaters (des ursprünglichen Erblassers) erworben wurde und somit ein Surrogat darstellt, an dem er als Nacherbe ebenfalls berechtigt ist. Der Nachweis dieser Kettensurrogation ist hier jedoch das Problem.
  • §§ 2100 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Vorerbschaft und Nacherbschaft: Diese Regelungen des Erbrechts legen die Grundlagen für die Vorerbschaft und Nacherbschaft fest. Bei einer solchen Konstruktion ist der Vorerbe in der Verfügung über die Erbschaft beschränkt, da nach seinem Tod die Erbschaft an den Nacherben fallen soll. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Im vorliegenden Fall war Eva K. Vorerbin und der Beteiligte Nacherbe. Die angeordnete Nacherbschaft und deren Eintragung im Grundbuch bezüglich des ursprünglichen Grundstücks sind der Ausgangspunkt für die Argumentation des Beteiligten hinsichtlich seines Anspruchs auf das neue Grundstück aufgrund Surrogation.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Nacherben bei Immobilienerwerb durch den Vorerben

Als Nacherbe stehen Sie oft vor der Frage, was mit dem Vermögen passiert ist, das der Vorerbe verwaltet hat. Insbesondere wenn der Vorerbe Immobilien gekauft hat, stellt sich die Frage: Gehört diese Immobilie nun (teilweise) zur Nacherbschaft, weil sie mit Mitteln aus der Vorerbschaft finanziert wurde? Dies nennt man Surrogation – ein neuer Gegenstand tritt an die Stelle eines alten.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.


Tipp 1: Strenge Beweisanforderungen für Grundbucheintrag beachten
Wenn Sie als Nacherbe möchten, dass eine vom Vorerben mit Mitteln der Vorerbschaft gekaufte Immobilie (oder ein Anteil daran) im Grundbuch als zur Nacherbschaft gehörend vermerkt wird, reicht es nicht aus, nur mit Kontoauszügen oder Kaufbelegen zu zeigen, dass Erbschaftsgeld verwendet wurde. Das Grundbuchamt verlangt für den Nachweis der Surrogation einen lückenlosen Beweis durch öffentliche Urkunden (z. B. notarielle Verträge) oder öffentlich beglaubigte Dokumente. Private Unterlagen genügen hierfür nicht.

⚠️ ACHTUNG: Das Grundbuchamt wird Ihren Antrag auf Eintragung als (Mit-)Eigentümer wegen Surrogation ablehnen, wenn Sie die Mittelherkunft und deren Verwendung für den Immobilienerwerb nicht in der strengen Form des § 29 GBO (Grundbuchordnung), also durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden, nachweisen können.


Tipp 2: Frühzeitige Dokumentation der Surrogation ist entscheidend
Der sicherste Weg, die Zugehörigkeit einer vom Vorerben erworbenen Immobilie zur Nacherbschaft im Grundbuch abzubilden, ist eine entsprechende Dokumentation bereits beim Erwerb durch den Vorerben. Im Idealfall wird im notariellen Kaufvertrag der Immobilie festgehalten, dass der Erwerb (teilweise) mit Mitteln aus der Vorerbschaft erfolgt und die Immobilie an die Stelle des ursprünglichen Nachlassgegenstands tritt (Surrogation). Als Nacherbe haben Sie darauf jedoch meist keinen direkten Einfluss.

Beispiel: Die Vorerbin verkauft ein geerbtes Wertpapierdepot und kauft von dem Erlös eine Wohnung. Im Kaufvertrag der Wohnung wird vermerkt, dass der Kaufpreis aus Mitteln der Vorerbschaft stammt und die Wohnung an die Stelle des Depots tritt. Dies wäre eine öffentliche Urkunde, die dem Grundbuchamt vorgelegt werden könnte.

⚠️ ACHTUNG: Fehlt eine solche urkundliche Feststellung beim Erwerb, ist der Nachweis der Surrogation gegenüber dem Grundbuchamt später oft nicht mehr möglich, auch wenn die Geldflüsse nachweisbar sind.


Tipp 3: Alternative Ansprüche prüfen lassen, wenn Grundbucheintrag scheitert
Auch wenn Sie den strengen Nachweis für das Grundbuchamt nicht führen können und daher keine Eintragung als (Mit-)Eigentümer im Grundbuch erreichen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Ihnen keine Rechte an dem Wert der Immobilie zustehen. Es kann sein, dass Ihnen materiell-rechtlich ein Anspruch gegen die Erben des Vorerben zusteht (z. B. ein Anspruch auf Wertersatz). Die Beweisanforderungen in einem Zivilprozess können von denen im Grundbuchverfahren abweichen – hier können Kontoauszüge und Belege durchaus eine Rolle spielen.

⚠️ ACHTUNG: Verwechseln Sie das Grundbuchverfahren (Fokus auf formellen Nachweis durch Urkunden) nicht mit einem möglichen Streitverfahren (Fokus auf materielle Wahrheit, andere Beweismittel möglich). Scheitert der Grundbucheintrag, sollten Sie anwaltlich prüfen lassen, ob andere rechtliche Schritte möglich sind.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Der Hauptfallstrick liegt in der Unterschätzung der strengen Formvorschriften des Grundbuchrechts (§ 29 GBO). Viele glauben irrtümlich, dass eine lückenlose finanzielle Nachverfolgung mittels Kontoauszügen ausreicht, um Rechte im Grundbuch eintragen zu lassen. Dies ist bei der Surrogation gerade nicht der Fall. Zudem hat der Nacherbe oft erst nach dem Tod des Vorerben Kenntnis von dessen Transaktionen und kann die erforderliche Dokumentation dann nicht mehr herbeiführen.


Checkliste: Nacherbe und Immobilienerwerb durch Vorerben

  • Nachweisform prüfen: Liegen öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden vor, die belegen, dass die neue Immobilie mit Mitteln der Vorerbschaft gekauft wurde und an deren Stelle treten sollte (Surrogation)?
  • Grundbuchamt-Anforderungen kennen: Ist Ihnen bewusst, dass Kontoauszüge und private Belege für den Nachweis der Surrogation im Grundbuchverfahren nicht ausreichen (§ 29 GBO)?
  • Zeitpunkt der Dokumentation: Wurde die Surrogation idealerweise bereits im notariellen Kaufvertrag der neuen Immobilie festgehalten?
  • Alternative Rechte: Wenn der Grundbucheintrag mangels Formalnachweis scheitert: Wurden alternative Ansprüche (z. B. Wertersatz gegen die Erben des Vorerben) geprüft?
  • Anwaltliche Beratung: Haben Sie bei Unklarheiten oder zur Durchsetzung Ihrer Rechte spezialisierten Rechtsrat eingeholt?

Das vorliegende Urteil


OLG München – Az.: 34 Wx 66/25 e – Beschluss vom 01.04.2025


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