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Feststellungsklage auf Nichtentzug des Pflichtteilsrechts durch letztwillige Verfügung

Ein Familienstreit um das Erbe des Vaters landete vor Gericht, als ein Sohn trotz testamentarischer Enterbung seinen Pflichtteil einforderte. Doch sein erster Schritt vor das Oberlandesgericht Celle endete abrupt: Die Richter wiesen seine Klage ab. Der vermeintlich direkte Weg zur Klärung seines Anspruchs erwies sich als prozessual falsch gewählt.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 63/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Celle
  • Verfahrensart: Feststellungsklage
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Sohn aus erster Ehe, der gerichtlich feststellen lassen wollte, dass ihm sein Pflichtteilsrecht nach seinem verstorbenen Vater nicht entzogen wurde.
  • Beklagte: Die Ehefrau des Erblassers und eine Tochter aus zweiter Ehe, die im Testament als Erben eingesetzt wurden und die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts eingelegt hatten.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Ein Vater (Erblasser) setzte seine Ehefrau und eine Tochter als Erben ein und entzog seinem Sohn aus erster Ehe im Testament den Pflichtteil. Zur Begründung verwies er auf dessen Verurteilung wegen Drogenhandels und Kontakte zu arabischen Großfamilien. Der Sohn erhob eine Klage, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass ihm das Pflichtteilsrecht nicht wirksam entzogen wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Klage des Sohnes, mit der er nur die Unwirksamkeit des Pflichtteilentzugs festgestellt haben wollte, vor Gericht zulässig ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht Celle änderte das Urteil des Landgerichts und wies die Klage des Sohnes als unzulässig ab.
  • Begründung: Die Klage war unzulässig, weil es dem Sohn an einem ausreichenden Interesse an einer reinen Feststellung fehlte. Er hätte stattdessen eine Klage einreichen müssen, die direkt auf Auskunft über den Nachlass oder Zahlung des Pflichtteils gerichtet ist. In einer solchen Klage wäre die Frage, ob der Pflichtteil wirksam entzogen wurde, als Vorfrage automatisch geprüft worden.
  • Folgen: Mit der erhobenen Feststellungsklage hat der Sohn sein Ziel nicht erreicht.

Der Fall vor Gericht


OLG Celle: Feststellungsklage zur Pflichtteilsentziehung unzulässig – Leistungsklage hat Vorrang (§ 256 ZPO, § 2333 BGB)

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass ein Sohn, dem sein Vater im Testament den Pflichtteil entzogen hatte, nicht einfach gerichtlich feststellen lassen kann, ob diese Entziehung wirksam ist.

Ernster Vater liest Testament im Arbeitszimmer, Familie angespannt wegen Pflichtteilsstreit und Erbrecht.
Vater entzieht Sohn Pflichtteil im Testament wegen Vorstrafe; Familie im Streit um Erbe und Recht. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Eine solche Feststellungsklage sei unzulässig, da der Sohn stattdessen direkt auf Auskunft über den Nachlass oder auf Zahlung seines Pflichtteils hätte klagen müssen. Diese Entscheidung verdeutlicht die prozessualen Hürden im Erbrecht, insbesondere bei Streitigkeiten um die Pflichtteilsentziehung nach § 2333 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Ausgangslage: Streit um Pflichtteil nach Pflichtteilsentziehung im Testament

Im Zentrum des Rechtsstreits stand das Erbe eines im Jahr 2020 verstorbenen Vaters. Zu seinen gesetzlichen Erben gehörten seine Ehefrau (die zweite Ehefrau), eine gemeinsame Tochter mit dieser Ehefrau, sowie ein Sohn und eine weitere Tochter aus seiner ersten Ehe. Eine weitere Tochter war bereits vor dem Vater verstorben. Der Sohn aus erster Ehe geriet in Konflikt mit den testamentarisch eingesetzten Erbinnen – der Ehefrau und der Tochter aus zweiter Ehe – bezüglich seines Pflichtteilsanspruchs. Der Pflichtteil ist der gesetzlich garantierte Mindestanteil am Erbe, der nahen Angehörigen auch dann zusteht, wenn sie im Testament enterbt wurden.

Der Sachverhalt: Sohn wegen Drogenhandels vorbestraft, Vater entzieht Pflichtteil

Der Hintergrund des Streits war komplex. Der Sohn war bereits im Jahr 2009 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Dieser Umstand spielte eine entscheidende Rolle für die testamentarischen Verfügungen des Vaters.

Zunächst hatte der Vater im Jahr 2014 ein Testament verfasst, in dem er seine Ehefrau als Alleinerbin einsetzte. Freiwillige finanzielle Zuwendungen an seine Kinder legte er in das Ermessen seiner Ehefrau. Dieses Testament wurde jedoch später durch eine neue letztwillige Verfügung ersetzt.

Das strittige Testament von 2020: Pflichtteilsentziehung wegen Lebenswandels (§ 2333 BGB)

Am 17. März 2020 errichtete der Vater ein notarielles Testament. Darin setzte er seine Ehefrau und seine Tochter aus zweiter Ehe zu gleichen Teilen (je 50%) als Erbinnen ein. Entscheidend war jedoch, dass er in diesem Testament seinem Sohn aus erster Ehe ausdrücklich den Pflichtteil entzog.

Als Begründung für diesen drastischen Schritt berief sich der Vater auf § 2333 Absatz 1 Ziffer 4 BGB. Dieser Paragraph erlaubt die Entziehung des Pflichtteils unter anderem dann, wenn der Abkömmling (also der Sohn) wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wurde und die Teilhabe am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Im Testament verwies der Vater konkret auf die Drogenabhängigkeit des Sohnes, dessen Vorstrafen wegen Drogenhandels sowie auf angebliche Kontakte zu arabischen Großfamilien und den damit verbundenen Drogenhandel. Er sah die Voraussetzungen für eine Pflichtteilsentziehung als gegeben an.

Der Sohn wollte diese Pflichtteilsentziehung nicht akzeptieren. Er zog vor das Landgericht und beantragte festzustellen, dass ihm sein Pflichtteilsrecht durch das Testament seines Vaters nicht wirksam entzogen worden sei. Das Landgericht gab dem Sohn zunächst Recht und stellte die Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung fest. Gegen dieses Urteil legten die Ehefrau und die Tochter als Erbinnen Berufung beim Oberlandesgericht Celle ein.

Die Entscheidung des OLG Celle: Klage des Sohnes scheitert an Zulässigkeit

Das Oberlandesgericht Celle kam zu einem anderen Ergebnis als das Landgericht. Es änderte das erstinstanzliche Urteil ab und wies die Klage des Sohnes als unzulässig ab. Damit scheiterte der Sohn nicht etwa daran, dass das Gericht die Pflichtteilsentziehung für wirksam hielt – diese Frage wurde gar nicht inhaltlich geprüft. Der Grund für die Abweisung lag vielmehr in der Art der Klage, die der Sohn gewählt hatte.

Begründung: Fehlendes Feststellungsinteresse macht Klage unzulässig (§ 256 Abs. 1 ZPO)

Die Richter des OLG Celle begründeten ihre Entscheidung mit dem fehlenden Feststellungsinteresse des Sohnes gemäß § 256 Absatz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Vorschrift erlaubt eine Feststellungsklage nur dann, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass ein bestimmtes Rechtsverhältnis (hier: das Bestehen des Pflichtteilsanspruchs trotz Entziehungsversuch) durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.

Ein solches Interesse besteht nach ständiger Rechtsprechung aber in der Regel nicht, wenn der Kläger sein Ziel auch direkt mit einer Leistungsklage erreichen kann. Eine Leistungsklage zielt auf eine konkrete Handlung des Beklagten ab, zum Beispiel auf Zahlung von Geld oder Erteilung von Auskunft. Das OLG Celle war der Auffassung, dass dem Sohn zumutbare Wege zur Verfügung standen, seine Ansprüche direkt durchzusetzen, ohne den Umweg über eine reine Feststellungsklage gehen zu müssen.

Vorrang der Leistungsklage: Warum der Sohn hätte anders klagen müssen (Auskunftsklage, Stufenklage)

Das Gericht führte aus, dass der Sohn stattdessen entweder eine isolierte Auskunftsklage nach § 2314 BGB oder eine sogenannte Stufenklage hätte erheben müssen.

Nach § 2314 BGB hat der Pflichtteilsberechtigte gegen den Erben einen Anspruch darauf, Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erhalten. Dies ist notwendig, um die Höhe des Pflichtteils überhaupt berechnen zu können. Der Sohn hätte also zunächst klagen können, um die Erbinnen zur Vorlage eines Nachlassverzeichnisses zu zwingen.

Alternativ hätte er eine Stufenklage einreichen können. Diese Klageart kombiniert mehrere Ansprüche in einem Verfahren:

  1. Stufe (Auskunft): Klage auf Erteilung der Auskunft über den Nachlassbestand.
  2. Stufe (ggf. Wertermittlung/eidesstattliche Versicherung): Klage auf Wertermittlung bestimmter Nachlassgegenstände oder Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zur Richtigkeit der Auskunft.
  3. Stufe (Zahlung): Klage auf Zahlung des bezifferten Pflichtteils, sobald dessen Höhe aufgrund der erteilten Auskunft berechnet werden kann.

In beiden Fällen – sowohl bei der isolierten Auskunftsklage als auch bei der Stufenklage – wäre die Frage, ob die Pflichtteilsentziehung durch den Vater wirksam war, zwangsläufig mitgeprüft worden. Denn nur wenn dem Sohn überhaupt ein Pflichtteilsrecht zusteht (also die Entziehung unwirksam ist), hat er auch einen Anspruch auf Auskunft oder Zahlung.

Pflichtteilsentziehung nur eine Vorfrage im Erbschaftsstreit

Das OLG Celle betonte, dass die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung im Zeitpunkt des Erbfalls zu einer bloßen Vorfrage für den umfassenderen Pflichtteilsanspruch wird. Eine Vorfrage ist ein rechtliches Element, das geklärt werden muss, um über den eigentlichen Klageanspruch (Auskunft oder Zahlung) entscheiden zu können. Solche Vorfragen können aber nach gefestigter Rechtsprechung, auf die das Gericht verwies (unter anderem ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Januar 1993, Az. IV ZR 139/91), grundsätzlich nicht Gegenstand einer isolierten Feststellungsklage sein. Der Rechtsschutzsuchende soll den prozessual effizientesten Weg wählen und direkt auf die Leistung klagen, die er am Ende anstrebt.

Keine freiwillige Zahlung zu erwarten: Hoffnung auf Einigung rechtfertigt keine Feststellungsklage

Der Sohn konnte das Feststellungsinteresse auch nicht damit begründen, dass bei einer gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung möglicherweise eine freiwillige Auskunftserteilung oder Pflichtteilszahlung durch die Erbinnen zu erwarten gewesen wäre. Das Gericht hielt dies für nicht überzeugend, da die Parteien offensichtlich bereits tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten hatten – nicht nur bezüglich der Wirksamkeit der Entziehung selbst, sondern auch hinsichtlich der notwendigen Auskünfte, der Bewertung von Nachlassgegenständen und letztlich der Höhe des Pflichtteilsanspruchs. Eine gütliche Einigung allein aufgrund der Feststellung erschien dem Gericht daher unwahrscheinlich und rechtfertigte nicht die Zulässigkeit der gewählten Klageart.

Kosten und Streitwert im Verfahren zur Pflichtteilsentziehung

Da die Klage des Sohnes abgewiesen wurde, muss er gemäß § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits tragen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit (also zur Frage, ob das Urteil schon vor Rechtskraft durchgesetzt werden kann) beruht auf § 708 Nr. 10 und § 711 Satz 1, 2 ZPO.

Das Gericht ließ die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zu, da es die Voraussetzungen dafür (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder Notwendigkeit zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) als nicht gegeben ansah.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 100.000,00 € festgesetzt. Dieser Wert basiert auf dem vom Gericht geschätzten Nachlasswert von 1.500.000,00 € und dem daraus resultierenden theoretischen Pflichtteilsanspruch des Sohnes. Allerdings nahm das Gericht einen Abschlag von 20 % vor, da es sich „nur“ um eine Feststellungsklage handelte, deren wirtschaftlicher Wert oft geringer angesetzt wird als der einer direkten Leistungsklage.

Fazit: Das Urteil des OLG Celle unterstreicht die Bedeutung der Wahl der richtigen Klageart im Zivilprozess, insbesondere im komplexen Erbrecht. Wer als Pflichtteilsberechtigter trotz einer testamentarischen Entziehung seinen Anspruch geltend machen will, sollte in der Regel den direkten Weg über eine Auskunfts- oder Stufenklage wählen, anstatt eine reine Feststellungsklage zu erheben. Die Frage der Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung wird dann im Rahmen dieser Leistungsklage als Vorfrage geklärt.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das OLG Celle entschied, dass ein Pflichtteilsberechtigter nicht per Feststellungsklage prüfen lassen kann, ob die Pflichtteilsentziehung wirksam ist, sondern stattdessen direkt auf Auskunft oder Zahlung klagen muss. Dies verdeutlicht, dass bei erbrechtlichen Streitigkeiten die richtige Wahl des Rechtsmittels entscheidend ist – eine Leistungsklage (wie Auskunfts- oder Stufenklage) hat Vorrang vor einer bloßen Feststellungsklage. Die Wirksamkeit einer Pflichtteilsentziehung wird dabei als Vorfrage im Rahmen einer konkreten Forderung geprüft, nicht als eigenständiger Klagegegenstand.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Pflichtteilsentziehung und unter welchen Voraussetzungen ist sie möglich?

Grundsätzlich steht nahen Angehörigen wie Kindern oder dem Ehepartner ein gesetzlich garantierter Mindestanteil am Erbe zu, der sogenannte Pflichtteil. Die Pflichtteilsentziehung bedeutet, dass der Erblasser (die Person, die ihr Vermögen vererbt) versucht, einem solchen Pflichtteilsberechtigten diesen gesetzlichen Mindestanspruch durch eine entsprechende Anordnung im Testament oder Erbvertrag vollständig zu entziehen.

Das deutsche Erbrecht sieht vor, dass eine Pflichtteilsentziehung nur in sehr seltenen Ausnahmefällen und unter gesetzlich streng festgelegten Voraussetzungen möglich ist. Der Gesetzgeber schützt den Pflichtteil sehr stark. Die Gründe, die zu einer Entziehung berechtigen können, sind abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 2333 BGB) aufgeführt.

Welche Gründe können zur Pflichtteilsentziehung führen?

Eine Pflichtteilsentziehung ist nur möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte sich eines schwerwiegenden Fehlverhaltens gegenüber dem Erblasser oder sehr nahen Angehörigen schuldig gemacht hat. Die gesetzlichen Gründe sind im Wesentlichen:

  • Der Pflichtteilsberechtigte hat dem Erblasser, seinem Ehepartner, einem anderen Abkömmling (Kind, Enkel etc.) oder einer ähnlich nahestehenden Person nach dem Leben trachtet (versucht, sie zu töten).
  • Der Pflichtteilsberechtigte hat ein schweres vorsätzliches Verbrechen gegen eine der vorgenannten Personen begangen (z. B. schwere Körperverletzung).
  • Der Pflichtteilsberechtigte hat sich eines vorsätzlichen Verbrechens gegen den Erblasser oder eine vorgenannte Person schuldig gemacht, das eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung nach sich zieht und zeigt, dass der Pflichtteilsberechtigte unwürdig ist.
  • Der Pflichtteilsberechtigte hat seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Erblasser gröblich verletzt (z. B. der Erblasser war auf Unterhalt angewiesen, und der Pflichtteilsberechtigte hat sich trotz der Pflicht und finanzieller Möglichkeit beharrlich geweigert zu zahlen).

Es muss sich also um sehr schwerwiegende Verfehlungen handeln, die über normales familiäres Zerwürfnis hinausgehen.

Zusätzlich zu diesen schwerwiegenden Gründen muss der Erblasser den Grund für die Pflichtteilsentziehung im Testament oder Erbvertrag klar benennen und darlegen. Es reicht nicht aus, nur zu schreiben „Ich entziehe meinem Sohn den Pflichtteil“. Der spezifische Grund aus dem Gesetz, der zur Entziehung berechtigen soll, muss genannt und im Zweifelsfall auch bewiesen werden können.

Die Hürden für eine wirksame Pflichtteilsentziehung sind in der Praxis sehr hoch. Ein Gericht prüft solche Fälle äußerst kritisch.


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Welche anderen Möglichkeiten gibt es, den Pflichtteil geltend zu machen, wenn man enterbt wurde?

Wenn Sie enterbt wurden, aber zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehören (z.B. als Abkömmling, Ehegatte oder unter bestimmten Umständen als Elternteil), haben Sie Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser Anspruch richtet sich in der Regel gegen die Erben und ist ein reiner Geldanspruch. Das bedeutet, Sie erhalten einen Geldbetrag, nicht etwa bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass.

Um Ihren Pflichtteil geltend zu machen und durchzusetzen, gibt es verschiedene Schritte und Möglichkeiten:

Auskunftsanspruch und Wertermittlung des Nachlasses

Bevor Sie den genauen Betrag Ihres Pflichtteils berechnen können, müssen Sie wissen, woraus der Nachlass besteht und welchen Wert er hat. Der Gesetzgeber gibt Ihnen als enterbter Pflichtteilsberechtigter einen Auskunftsanspruch gegen den Erben. Das bedeutet, Sie können vom Erben verlangen, dass er Ihnen ein Nachlassverzeichnis vorlegt.

Dieses Verzeichnis sollte alle Vermögensgegenstände (wie Immobilien, Konten, Wertpapiere, Fahrzeuge, Schmuck etc.) und alle Schulden des Verstorbenen zum Zeitpunkt des Erbfalls auflisten. Auch Schenkungen, die der Erblasser in den letzten zehn Jahren vor seinem Tod gemacht hat, können für die Berechnung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs relevant sein und müssen unter Umständen vom Erben offengelegt werden.

Der Erbe ist verpflichtet, diese Auskunft zu erteilen und den Wert der einzelnen Nachlassgegenstände ermitteln zu lassen, falls dies für die Berechnung des Pflichtteils notwendig ist (z.B. durch Gutachten bei Immobilien oder Unternehmensanteilen).

Berechnung des Pflichtteils

Sobald Sie wissen, was zum Nachlass gehört und welchen Wert er hat, können Sie Ihren Pflichtteil berechnen. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte Ihres gesetzlichen Erbteils.

Stellen Sie sich vor, der Nachlass hat nach Abzug der Schulden einen Wert von 100.000 Euro. Ihr gesetzlicher Erbteil wäre zum Beispiel ein Viertel (dies hängt vom Verwandtschaftsgrad und weiteren Erben ab). Dann wäre Ihr Pflichtteil die Hälfte davon, also ein Achtel des Nachlasswerts.

Einfaches Beispiel für die Berechnung:

  • Pflichtteilswert = Wert des Nachlasses zum Todeszeitpunkt × (Ihr gesetzlicher Erbteil in Bruchteilen ÷ 2)

Eventuelle Schenkungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten gemacht hat, können diesen Wert erhöhen.

Durchsetzung des Anspruchs: Die Leistungsklage

Wenn Sie Ihren Pflichtteil berechnet haben und der Erbe Ihren Anspruch nicht freiwillig erfüllt, also den berechneten Betrag nicht auszahlt, können Sie Ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen. Dies geschieht typischerweise mit einer Leistungsklage.

Mit einer Leistungsklage bitten Sie das Gericht, den Erben dazu zu verurteilen, Ihnen den errechneten Pflichtteilsbetrag zu zahlen.

In manchen Fällen, insbesondere wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach bestreitet (also anzweifelt, dass Sie überhaupt pflichtteilsberechtigt sind), kann es notwendig sein, zunächst gerichtlich feststellen zu lassen, dass der Anspruch besteht. Dies nennt man eine Feststellungsklage. Erst wenn dieser Punkt geklärt ist, kann die Zahlung mit einer Leistungsklage verlangt werden.

Die Wahl der richtigen Klageart (z.B. Auskunftsklage, Leistungsklage, Feststellungsklage oder eine Kombination) kann entscheidend sein, um den Anspruch erfolgreich durchzusetzen. Es ist wichtig, die notwendigen Informationen (durch den Auskunftsanspruch) zu erhalten, den Pflichtteil korrekt zu berechnen und dann den passenden gerichtlichen Weg zu wählen, falls eine außergerichtliche Einigung nicht möglich ist.


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Was ist der Unterschied zwischen einer Feststellungsklage und einer Leistungsklage im Erbrecht?

Im Erbrecht, wie in vielen anderen Rechtsbereichen, gibt es verschiedene Arten von Klagen, um vor Gericht zu seinem Recht zu kommen. Zwei grundlegende Formen sind die Feststellungsklage und die Leistungsklage. Sie unterscheiden sich maßgeblich darin, welches Ziel mit der Klage verfolgt wird.

Die Feststellungsklage: Klärung einer Rechtsfrage

Stellen Sie sich vor, Sie sind sich unsicher, ob Sie überhaupt Erbe geworden sind oder ob eine bestimmte Person einen Pflichtteilsanspruch hat. Sie wollen die Situation rechtlich klären lassen, aber Sie fordern noch nicht konkret etwas (wie Geld oder die Herausgabe von Gegenständen). Genau hier setzt die Feststellungsklage an.

  • Ziel: Mit einer Feststellungsklage wollen Sie vom Gericht feststellen lassen, ob ein bestimmtes Rechtsverhältnis besteht oder nicht. Ein Rechtsverhältnis ist die rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen einer Person und einer Sache (z.B. Erbe ja/nein, Eigentümer ja/nein, Schulden ja/nein).
  • Was das Gericht tut: Das Gericht prüft, ob die von Ihnen behauptete Rechtslage tatsächlich existiert. Das Urteil bestätigt dann entweder, dass das Rechtsverhältnis besteht (z.B. „Es wird festgestellt, dass Person A Erbe von B ist“) oder dass es nicht besteht.
  • Voraussetzung: Eine Feststellungsklage ist in der Regel nur zulässig, wenn Sie ein berechtigtes Interesse (juristisch: Feststellungsinteresse) an dieser Klärung haben und diese Klärung nicht auf einfacherem oder vollständigerem Weg erreicht werden kann. Man nutzt sie oft, wenn eine direkte Leistung (wie eine Zahlung) noch nicht fällig ist oder wenn es erstmal nur um die prinzipielle Klärung geht, bevor weitere Schritte unternommen werden.

Die Leistungsklage: Durchsetzung eines Anspruchs

Eine Leistungsklage verfolgt ein direkteres Ziel. Sie wollen vom Gericht nicht nur eine Klärung, sondern Sie fordern, dass jemand etwas Bestimmtes tut, unterlässt oder duldet.

  • Ziel: Mit einer Leistungsklage wollen Sie die Erfüllung eines Anspruchs erzwingen. Das kann die Zahlung einer Geldsumme sein, die Herausgabe einer Sache (z.B. Schmuck aus dem Nachlass), die Vornahme einer Handlung (z.B. eine Auskunft erteilen) oder auch das Unterlassen einer Handlung.
  • Was das Gericht tut: Das Gericht prüft, ob der von Ihnen geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht. Wenn ja, verurteilt das Gericht die andere Partei zu der geforderten Leistung (z.B. „Person X wird verurteilt, an Person Y 10.000 Euro zu zahlen“).
  • Bedeutung des Urteils: Ein Urteil, das einer Leistungsklage stattgibt, ist ein vollstreckbarer Titel. Das bedeutet, wenn die verurteilte Person der Aufforderung nicht nachkommt, können Sie mit Hilfe von staatlichen Organen (z.B. Gerichtsvollzieher) die Zwangsvollstreckung betreiben, um Ihren Anspruch durchzusetzen.

Warum die Wahl der Klageart wichtig ist (und wann eine Feststellungsklage unzulässig sein kann)

Die Wahl der richtigen Klageart ist sehr wichtig. Wenn Sie die falsche Klage einreichen, kann Ihre Klage als unzulässig abgewiesen werden, selbst wenn Sie in der Sache (also inhaltlich) eigentlich Recht hätten.

Im Erbrecht bedeutet das zum Beispiel: Wenn Sie wissen, dass Sie einen Pflichtteilsanspruch haben und dieser Anspruch bereits fällig ist, und Sie wollen das Geld erhalten, dann müssen Sie in der Regel eine Leistungsklage auf Zahlung des Pflichtteils einreichen. Eine bloße Feststellungsklage, dass Sie einen Pflichtteilsanspruch haben, wäre in diesem Fall meist unzulässig.

Der Grund dafür ist, dass die Leistungsklage das Problem umfassender löst: Sie klärt nicht nur die Frage, ob der Anspruch besteht (was eine Feststellungsklage tun würde), sondern sie führt auch direkt dazu, dass Ihnen der Betrag zugesprochen wird und Sie ihn vollstrecken können. Man spricht davon, dass die Leistungsklage den Streitfall erschöpfender erledigt als die Feststellungsklage. Gerichte neigen dazu, eine Feststellungsklage abzuweisen, wenn das angestrebte Ziel mit einer Leistungsklage effektiver und endgültiger erreicht werden kann. Das ist ein häufiger Grund, warum eine Feststellungsklage als unzulässig angesehen wird, so wie es möglicherweise auch in dem erwähnten Urteil des OLG Celle der Fall war.


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Welche Rolle spielen Vorstrafen des Pflichtteilsberechtigten bei der Pflichtteilsentziehung?

Vorstrafen eines Pflichtteilsberechtigten (das ist meist ein Kind oder Ehepartner des Verstorbenen, der Anspruch auf einen Mindestanteil am Erbe hat) können tatsächlich ein Grund sein, ihm diesen Pflichtteil zu entziehen. Allerdings sieht das Gesetz hierfür sehr strenge Voraussetzungen vor. Es reicht nicht jede beliebige Vorstrafe aus. Die Regeln dafür stehen im Bürgerlichen Gesetzbuch, genauer in § 2333 BGB.

Wann können Straftaten zur Pflichtteilsentziehung führen?

Das Gesetz unterscheidet im Wesentlichen zwei Fälle, in denen eine Pflichtteilsentziehung wegen einer Straftat in Frage kommt:

  1. Straftaten gegen den Erblasser oder nahe Angehörige (§ 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB): Eine Entziehung des Pflichtteils ist möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte eine schwere vorsätzliche Straftat gegen den Erblasser (den Verstorbenen), dessen Ehepartner oder Lebenspartner, andere Kinder oder ihnen ähnlich nahestehende Personen begangen hat. Entscheidend ist hier nicht nur die Art der Straftat, sondern auch das Strafmaß: Für die Entziehung muss der Pflichtteilsberechtigte wegen dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden sein. Das bedeutet, es muss eine ernste Straftat gewesen sein, für die eine nicht zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe von einem Jahr oder länger verhängt wurde.
  2. Straftaten gegen andere Personen (§ 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB): Auch eine schwere vorsätzliche Straftat, die sich nicht direkt gegen den Erblasser oder seine nächsten Angehörigen richtet, kann unter Umständen zur Entziehung führen. Auch hier gilt die Voraussetzung: Der Pflichtteilsberechtigte muss wegen dieser Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung verurteilt worden sein. Zusätzlich muss in diesem Fall die Teilhabe des Pflichtteilsberechtigten am Nachlass für den Erblasser unzumutbar sein.

Die Frage der „Unzumutbarkeit“ bei Straftaten gegen Dritte

Besonders beim zweiten Fall (Straftaten gegen Dritte) spielt die Frage der „Unzumutbarkeit“ eine wichtige Rolle. Hier reicht die Straftat allein nicht aus. Es bedarf einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls.

Dabei wird geprüft, ob es für den Erblasser (oder nach dessen Tod für die Familie) unter Würdigung aller Fakten und der Beziehung zum Pflichtteilsberechtigten untragbar ist, dass diese Person trotz der Straftat noch einen Anteil am Nachlass erhält. Faktoren können dabei sein: die Schwere und Art der Tat, die Auswirkungen auf das Zusammenleben oder das Verhältnis zwischen dem Erblasser und dem Pflichtteilsberechtigten, ob Reue gezeigt wurde etc. Es wird also nicht nur auf die Vorstrafe selbst geschaut, sondern auf das Gesamtbild.

Wichtig zu wissen

Leichtere Straftaten, Verurteilungen zu Geldstrafen oder auch Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, reichen in der Regel nicht aus, um den Pflichtteil allein auf Basis dieser Straftat zu entziehen. Es muss die im Gesetz genannte schwere Verurteilung zu einer nicht zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorliegen, und bei Straftaten gegen Dritte muss zusätzlich die Unzumutbarkeit der Teilhabe am Nachlass gegeben sein.


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Welche Fristen muss ich beachten, wenn ich meinen Pflichtteil geltend machen möchte?

Wenn Sie einen Anspruch auf den Pflichtteil haben, ist es sehr wichtig, dass Sie die dazugehörigen Fristen kennen. Ansonsten kann der Anspruch verloren gehen, selbst wenn er eigentlich besteht. Das Gesetz sieht hierfür bestimmte Zeiträume vor, innerhalb derer der Pflichtteil verlangt werden muss.

Die regelmäßige Verjährungsfrist

Ihr Anspruch auf den Pflichtteil verjährt grundsätzlich nach drei Jahren. Das bedeutet, dass der Anspruch danach rechtlich nicht mehr durchgesetzt werden kann, wenn sich der Erbe auf die Verjährung beruft.

Wann beginnt die Frist zu laufen?

Diese dreijährige Frist beginnt nicht sofort mit dem Tod des Erblassers. Sie fängt erst an zu laufen, sobald Sie als Pflichtteilsberechtigter Kenntnis vom Todesfall und von der Tatsache haben, dass Sie enterbt wurden und Ihnen somit ein Pflichtteil zusteht. Diese Kenntnis müssen Sie in der Regel am Ende des Jahres haben, in dem diese beiden Informationen vorlagen. Die Frist beginnt dann mit dem 1. Januar des folgenden Jahres.

Stellen Sie sich vor, Sie erfahren im Mai 2023 vom Tod Ihres Vaters und gleichzeitig, dass Sie im Testament nicht bedacht wurden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt dann am 1. Januar 2024 und endet am 31. Dezember 2026.

Was passiert bei fehlender Kenntnis?

Auch wenn Sie lange Zeit keine Kenntnis vom Tod oder der Enterbung haben, gibt es eine absolute Höchstfrist. Unabhängig von Ihrer Kenntnis verjährt der Pflichtteilsanspruch spätestens 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers.

Hemmung und Neubeginn der Verjährung

Die dreijährige Frist kann unter bestimmten Umständen angehalten („gehemmt“) werden oder ganz neu zu laufen beginnen.

  • Hemmung: Die Verjährung wird sozusagen auf Pause gestellt. Wenn der Grund für die Hemmung wegfällt, läuft die restliche Zeit der Verjährungsfrist weiter. Ein Beispiel für eine Hemmung kann die Aufnahme von Verhandlungen über den Pflichtteil sein.
  • Neubeginn: Die Verjährungsfrist startet komplett von vorne. Das kann zum Beispiel passieren, wenn der Erbe den Pflichtteilsanspruch anerkennt oder eine gerichtliche Entscheidung über den Anspruch ergeht.

Diese Regeln zu Hemmung und Neubeginn sind dazu da, faire Verhältnisse zu schaffen, können die Fristberechnung aber komplex machen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Feststellungsklage

Die Feststellungsklage ist eine gerichtliche Klageart, mit der eine rechtliche Situation oder ein Rechtsverhältnis verbindlich festgestellt werden soll, ohne dass eine konkrete Leistung (z. B. Zahlung) gefordert wird. Sie dient dazu, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, wenn noch unklar ist, ob ein Anspruch besteht oder nicht. Nach § 256 Zivilprozessordnung (ZPO) ist eine Feststellungsklage nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse (Feststellungsinteresse) an der Entscheidung hat und der Rechtsstreit nicht durch eine Leistungsklage effektiver geklärt werden kann. Im hier beschriebenen Fall wurde die Feststellungsklage als unzulässig angesehen, weil der Sohn sein Ziel (Pflichtteilszahlung) direkter mit einer Leistungsklage erreichen kann.

Beispiel: Wenn Sie unsicher sind, ob Sie Anspruch auf Schadenersatz haben, und erst durch gerichtliche Feststellung Klarheit gewinnen wollen, können Sie eine Feststellungsklage erheben.


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Pflichtteilsentziehung

Die Pflichtteilsentziehung ist ein gesetzlich geregeltes Recht des Erblassers, einem Pflichtteilsberechtigten (z. B. einem Kind) den gesetzlich zugesicherten Mindestanteil am Erbe vollständig zu entziehen. Dies ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich, die im § 2333 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abschließend geregelt sind. Typische Gründe sind etwa vorsätzliche Straftaten gegen den Erblasser oder nahe Angehörige oder grobe Verletzungen der Unterhaltspflicht. Die Entziehung muss klar im Testament oder Erbvertrag begründet und im Streitfall vor Gericht nachgewiesen werden.

Beispiel: Ein Vater entzieht seinem Sohn den Pflichtteil, weil dieser wegen eines schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt wurde und eine Erbteilnahme für den Vater unzumutbar ist.


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Leistungsklage

Die Leistungsklage ist eine Klageart, mit der der Kläger vom Gericht verlangt, dass der Beklagte eine bestimmte Leistung erbringt, wie zum Beispiel die Zahlung eines Geldbetrags oder die Erteilung von Auskunft. Im Gegensatz zur Feststellungsklage verfolgt die Leistungsklage also ein konkretes Handlungsziel und führt bei Erfolg zu einem vollstreckbaren Urteil. Im Pflichtteilsstreit ist die Leistungsklage der wichtige Weg, um den Pflichtteil tatsächlich zu erhalten, etwa durch Zahlung oder Auskunft über den Nachlass.

Beispiel: Ein enterbter Pflichtteilsberechtigter klagt vor Gericht auf Zahlung seines Pflichtteils basierend auf der Berechnung des Nachlasswerts.


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Auskunftsklage

Die Auskunftsklage ist eine spezielle Form der Leistungsklage, bei der der Pflichtteilsberechtigte vom Erben verlangt, genaue Informationen über den Bestand und Wert des Nachlasses zu erteilen (§ 2314 BGB). Diese Auskunft ist notwendig, um den Pflichtteilsanspruch korrekt berechnen und durchsetzen zu können. Die Auskunftsklage ist häufig der erste Schritt, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht aus eigenem Wissen über die Nachlasswerte verfügt.

Beispiel: Ein Pflichtteilsberechtigter verlangt gerichtlich, dass die Erbin eine vollständige Liste aller Vermögenswerte und Schulden des Erblassers vorlegt.


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Vorfrage

Eine Vorfrage ist ein rechtliches oder tatsächliches Problem, das vor der Entscheidung über den Hauptanspruch geklärt werden muss. Im Erbrecht kann beispielsweise die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung eine Vorfrage sein, die vor der Feststellung des Pflichtteilsanspruchs beantwortet werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung können solche Vorfragen nicht isoliert in einer Feststellungsklage, sondern nur im Zusammenhang mit einer Leistungsklage entschieden werden.

Beispiel: Bevor das Gericht entscheidet, ob ein Sohn seinen Pflichtteil bekommen muss, muss es zunächst klären, ob die Entziehung des Pflichtteils im Testament rechtlich wirksam ist – diese Frage ist eine Vorfrage zum Pflichtteilsanspruch.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 2333 BGB (Pflichtteilsentziehung): Regelt die Voraussetzungen, unter denen ein Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten den Pflichtteil entziehen kann, insbesondere bei strafrechtlich bedeutsamen Handlungen wie vorsätzlichen Straftaten mit Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Diese Vorschrift erlaubt eine Entziehung nur unter engen und rechtlich klar definierten Bedingungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Vater hat seinem Sohn den Pflichtteil gemäß § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB entzogen, aufgrund der Vorstrafe des Sohnes wegen Betäubungsmittelhandels, was den Kern des Streitfalls bildet.
  • § 256 Abs. 1 ZPO (Feststellungsklage, Feststellungsinteresse): Erlaubt die Erhebung einer Feststellungsklage nur, wenn ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Feststellung eines Rechtsverhältnisses besteht; bei fehlendem Feststellungsinteresse ist die Klage unzulässig. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Celle stellt fest, dass das Feststellungsinteresse für die Klage des Sohnes fehlt, weil eine Feststellungsklage in diesem Fall nicht zum Ziel führt und stattdessen eine Leistungsklage erforderlich ist.
  • § 2314 BGB (Anspruch auf Auskunft über den Nachlass): Pflichtteilsberechtigte haben gegen den Erben Anspruch auf Auskunft über den Nachlassstand, um den Pflichtteilsanspruch berechnen zu können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht weist darauf hin, dass der Sohn zunächst eine Auskunftsklage hätte erheben müssen, um die Nachlassverhältnisse offenzulegen und damit seinen Pflichtteilsanspruch zu prüfen.
  • Stufenklage (prozessualer Rechtsbehelf im Erbrecht): Ein Verfahren, das mehrere klärungsbedürftige Ansprüche nacheinander in einem Verfahren verbindet, beginnend mit Auskunft, dann Wertermittlung und schließlich Zahlung; dient der effizienten Streitbewältigung im Nachlassverfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG betont, dass eine Stufenklage für den Sohn der richtige Weg gewesen wäre, um seine Pflichtteilsansprüche zu sichern und die Zulässigkeitsvoraussetzungen der gerichtlichen Auseinandersetzung zu erfüllen.
  • § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Kostentragung): Regelt die Grundsätze, wer im Prozess die Kosten zu tragen hat, in der Regel derjenige, der unterliegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Klage des Sohnes als unzulässig abgewiesen wurde, hat dieser die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  • § 708 Nr. 10, § 711 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit von Urteilen): Bestimmen unter welchen Voraussetzungen ein Urteil sofort vollstreckbar ist, bevor es rechtskräftig wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht ordnete die vorläufige Vollstreckbarkeit des Berufungsurteils an, um eine schnelle Durchsetzung der Kostenentscheidung zu ermöglichen.

Das vorliegende Urteil



OLG Celle – Az.: 6 U 63/21 – Urteil vom 17.03.2022


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