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Formgültiges privatschriftliches Testament

Vorlage einer Kopie des Originaltestaments

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 2 W 45/18 – Beschluss vom 25.01.2019

1. Die Beschwerde vom 28.12.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 29.11.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdeführer (Beteiligte zu Ziffer 1 bis Ziffer 3) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner nach einem Verfahrenswert von 1,4 Millionen €.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts mit zunächst auf die kurzen Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Erteilung eines Erbscheins für den Beteiligten zu 3) als gesetzlicher Erbin. Maßgeblich streitig zwischen den Beteiligten ist, ob sich die Erbfolge nach einem handschriftlichen Testament der Erblasserin vom 14. Februar 2009 richtet, insbesondere, ob ein solches Testament, welches sich lediglich als Kopie bei der Akte befindet, im Original bestanden hat und nachfolgend von der Erblasserin widerrufen worden ist.

Mit Beschluss vom 29.11.2017 hat das Amtsgericht einen Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 3) zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss, zugestellt am 1. Dezember 2017, hat der Beteiligte zu 3) mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2017, eingegangen bei Gericht am 28. Dezember 2017, Beschwerde eingelegt.

Im Rahmen des Abhilfeverfahrens hat das Amtsgericht Zeugen vernommen und sodann mit Nichtabhilfebeschluss vom 7. Mai 2018 das Verfahren dem Hanseatischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die Beteiligten zu 1) – 3) tragen vor, das Amtsgericht habe das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt, da ihnen keine hinreichende Gelegenheit zur Stellungnahme auf das Schreiben des Beteiligten zu 6) vom 18. Oktober 2017 gewährt worden sei. Das Amtsgericht habe zu Unrecht von einer Kopie bzw. einer Kopie einer Kopie auf das Vorliegen eines Originals ohne weitere Beweiserhebung rückgeschlossen. Die Errichtung eines formgültigen Testamentes sei nicht nachzuweisen. Das Amtsgericht habe die näheren Umstände, wie es zu einer Kopie gekommen sei, nicht aufgeklärt und rechtsirrig angenommen, dass das Vorhandensein einer bloßen Kopie den strengen Formanforderungen des § 2247 BGB entsprechen würde. Dabei habe es eine Entscheidung des OLG Naumburg unzutreffend zitiert. Die rechtlich strengen Anforderungen seien im Schriftsatz vom 28. 12. 2017 umfangreich dargestellt worden, ohne dass das Amtsgericht auf die 7 dargestellten Entscheidungen eingegangen sei. Das Zitat vom OLG Naumburg sei ein auffälliges Falschzitat und eine weiter zitierte Entscheidung sei mittlerweile überholt.

formgültiges privatschriftliches Testament
(Symbolfoto: Von Bacho/Shutterstock.com)

Die Feststellungslast für die Echtheit und Eigenhändigkeit des Testamentes trage derjenige, der aus dieser Urkunde Rechte herleiten wolle. Bei Unaufklärbarkeit komme das Testament nicht zum Zuge. Es treffe nicht zu, dass die Zeugin L. Originale sowohl vom Entwurf als auch vom Testament vom 14.2.2009 gesehen und kopiert habe. Die Echtheit der Unterlagen, die die Zeugin L. gesehen habe, sei nicht bewiesen. Eine Qualifizierung zwischen „echt“ und „unecht“ der von ihr vorgefundenen Exemplare habe die Zeugen L. gerade nicht getroffen. Auch hinsichtlich der Frage, ob es sich um Originale gehandelt habe, habe die Zeugen nur eine Einschätzung gehabt, wobei sie nicht beantworten konnte, ob die Testierende im Jahre 2009 mit einem blauen Füller oder einem blauen Kugelschreiber geschrieben habe. Weiter habe sie nicht mit einem feuchten Finger über die Schrift gewischt, um festzustellen, ob es eine Kopie sei. Sie habe eine Farbkopie für möglich gehalten. Auch habe sie nicht gewusst, ob das vorgefundene Exemplar geknickt oder gefaltet vorgefunden worden sei. Soweit das Amtsgericht zur Begründung auf noch zu Lebzeiten der Erblasserin verfasste Aufzeichnungen der Zeugin abstelle, fehle es an einer Aufzeichnung gerade vom 12. Januar 2015. Der vermeintliche 1. Kern-Sachverhalt lasse sich also gerade nicht feststellen (Schriftsatz vom 21.1.2019)

Zu Beginn der Betreuung (2015) sei die Erblasserin nicht dement gewesen, so dass ein Widerruf des Testamentes sehr gut in Betracht komme. Zu Unrecht habe es das Amtsgericht unterlassen, ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob die Erblasserin das streitgegenständliche Testament seinerzeit formgültig errichtet und eigenhändig unterschrieben habe. Dies würde von den Angehörigen bezweifelt, so dass entsprechend den Entscheidungen des OLG Köln und OLG Karlsruhe ein Sachverständigengutachten einzuholen sei.

Der Nachweis eines Widerrufs des Testaments dürfte nicht zu sehr erschwert werden. Ein Widerruf des Testaments ergebe sich aus der Aussage des Zeugen G.. Eine Widerrufsunfähigkeit der Erblasserin sei nicht festzustellen.

Des Weiteren würden umfangreiche Anhaltspunkte für eine Manipulation des Testaments vorliegen (hier wird auf die Ausführungen auf Seite 15 und 16 des Schriftsatzes vom 30. August 2018 verwiesen). Das Amtsgericht sei verpflichtet gewesen, zu ergründen, ob zum Todeszeitpunkt das sieben Jahre alte vermeintliche Testament tatsächlich noch dem Willen der Erblasserin gesprochen habe.

Die Rechtsbeschwerde sei zuzulassen, da zu der eigentlichen Frage, ob die bloße Existenz einer Kopie eines Testamentes als solche ausreiche, um von einer formwirksamen Errichtung und einem Form wirksamen Inhalt auszugehen, keine obergerichtliche Rechtsprechung vorliege. Soweit das Beschwerdegericht die Anforderungen entgegen der zitierten OLG Rechtsprechung anders sehe, so habe die Sache grundsätzliche Bedeutung.

Die Beteiligten zu 1) – 3) beantragen der Beschwerde abzuhelfen, vorsorglich die Rechtsbeschwerde zum BGH zuzulassen.

Der Beteiligte zu 5) beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 6) beantragt, die Beschwerden der Beteiligten zu 1) – 3) zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 7) beantragt, die eingelegte Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 5) – 7) tragen vor, es gäbe ein Testament vom 14.2.2009, welches die Zeugin im Original in der Wohnung der Erblasserin aufgefunden und im Original am 25.3.2015 in die Wohnung zurückgebracht habe. Der Vortrag der Beteiligten zu 1) – 3), die Erblasserin habe dieses Testament spätester mit Vernichtungswillen widerrufen, entbehre jeglicher Grundlage.

Die Erblasserin sei dement und letztendlich testierunfähig gewesen.

Der Beteiligte 6) trägt vor, der Zeuge K. habe eindeutig erklärt, seine Tante habe den Testamentstext geschrieben und unterschrieben. Er könne sich gut vorstellen, dass seine Tante das Testament geschrieben habe. In der Aussage des Zeugen G. sei von einem Widerruf des Testaments nicht die Rede.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die von Ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen. Das Beschwerdegericht hat eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung angekündigt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § § 352 ff., 58 ff FamFG statthaft und zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht einen Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge abgelehnt, da sich die Erbfolge nach dem privatschriftlichen Testament der Erblasserin vom 14. Februar 2009 richtet.

Ein Widerruf dieses Testamentes ist nicht festzustellen. Ein Testament vom 14. Februar 2009 liegt zwar nicht im Original, jedoch in Kopie vor. Dies ist handschriftlich und mit dem Namenszug der Erblasserin unterzeichnet.

Die Fotokopie eines Testaments als solche erfüllt nicht die Anforderungen an ein formgültiges privatschriftliches Testament (OLG Köln, FGPrax 2014, 123); allein aus einer vorgelegten Testamentskopie kann ein Erbrecht daher nicht abgeleitet werden. Vielmehr gelten für den Fall, dass ausschließlich eine Kopie vorhanden ist, strenge Anforderungen an den Nachweis der Existenz eines entsprechenden Originals. Das Beschwerdegericht geht, in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer zu den Entscheidungen des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 17.8.2016 des OLG Naumburg in FamRZ 2014, 2029 sowie FamRZ 2013, 246-248, OLG München, Aktenzeichen 31 WX 111/15 des OLG Schleswig, Aktenzeichen 3 WX 27/13, des OLG Köln, Aktenzeichen 2 WX 550/16 sowie des OLG Karlsruhe zum Aktenzeichen 11 WX 78/14 davon aus, dass die bloße Vorlage einer Kopie zur Begründung eines Erbrechts nach einem verschwundenen Testament nicht ausreicht und sowohl an das Vorhandensein eines entsprechenden Originals als auch an die Übereinstimmung der Kopie mit dem verschwundenen Original angesichts der Formstrenge des Erbrechts strenge Anforderungen zu stellen sind. Ein nicht mehr vorhandenes Testament ist nicht jedoch nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig (Palandt/Weidlich, BGB, 75. Aufl. 2016, § 2255 Rn. 9). Eine Kopie des Originaltestamentes kann als Nachweis aber ausreichen, wenn mit ihr die formgerechte Errichtung des Originaltestamentes nachgewiesen werden kann (OLG Köln FamRZ 2017, 1164-1165).

Des Weiteren besteht im Falle der Unauffindbarkeit eines Testamentes auch keine Vermutung dafür, dass es vom Erblasser vernichtet worden und deshalb gem. § 2255 BGB als widerrufen anzusehen ist (OLG Schleswig, Beschluss vom 12.08.2013 – 3 Wx 27/13, NJW-RR 2014, 73-76; MüKo-BGB/Hagena, 6. Aufl. 2013, § 2255 Rn. 16; Staudinger/Baumann, BGB, Neubearb. 2012, § 2255 Rn. 34).

Den strengen Anforderungen ist vorliegend, entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer, genüge getan.

Das Beschwerdegericht begründet seine Überzeugungsbildung dabei insbesondere auf folgenden Punkten:

Eine Gesamtbeurteilung der Lebenssituation der Erblasserin, des Testamentsinhalts und der Auffindesituation ergibt nahezu keinen Anlass für die Annahme einer Testamentsfälschung.

Die Erblasserin lebte im Wesentlichen alleine ohne engen Familienkontakt. Sie hat mehrfach und durchgehend bekundet, ihren Schwestern nichts vererben zu wollen. Die Zeugen K. bekundeten keinen persönlichen Kontakt nach 2010.

Das Testament weist eine Vielzahl von Begünstigten auf. Hinsichtlich der Beteiligten zu 5) – 7) als anerkannten Hilfsorganisationen ist eine Fälschung des Testaments durch diese in ungerechtfertigter Zueignungsabsicht nach allgemeiner Lebenserfahrung auszuschließen, zumindest dann, wenn kein Kontakt der Erblasserin zu einem Mitglied der betroffenen Vereine bekannt ist. Somit könnten nur noch die testamentarisch bedachten Frau J. und Herr T. Interesse an einem gefälschten Testament haben. Hinsichtlich des Herrn T. spricht gegen eine mögliche Fälschung der Umstand, dass für ihn in dem Testament ein Betrag von 50.000 und nicht von 150.000 vorgesehen ist, mit der Begründung, er habe bereits 100.000 erhalten. Hinsichtlich der Frau J. spricht gegen eine Fälschung, dass der auf sie entfallenden Betrag von 150.000 angesichts des gesamten Nachlasses von rund 1,4 Millionen verschwindend gering ist. Auch die Länge des Textes spricht gegen eine Fälschung, längere Texte deutlich schwerer nachzuahmen sind, ohne dass dies durch ein graphologisches Sachverständigengutachten aufgeklärt werden könnte. Im Übrigen ist die bedachte Frau J. im Rahmen des Nachlassverfahrens bislang überhaupt nicht anspruchstellend in Erscheinung getreten.

Die Kopie des Testamentes ist von der gesetzlichen Betreuerin der Erblasserin und nicht von einem Begünstigten des Testamentes gefertigt und zu den Akten gereicht worden. Ein Eigeninteresse der gesetzlichen Betreuerin, die in dem Testament nicht begünstigt ist, ist nicht anzunehmen.

Die Erblasserin hat sich unstreitig bei der Betreuerin nach dem Verbleib des Testamentes erkundigt, so das feststeht, dass sie selbst ein Testament errichtet hatte.

Die Angaben der Zeugin L. im Termin zur Beweisaufnahme genügen, dem Gericht mit dem hinreichenden Maß an Gewissheit Überzeugung davon zu verschaffen, dass es sich bei dem in blauer Schrift vorgefundenen Exemplar um ein Original handelte. Die Anforderungen an den Nachweis der Vorlage eines entsprechenden Originals würden nahezu unerfüllbar überspannt, wenn von etwaigen Zeugen verlangt würde, zu einem Zeitpunkt, zu dem der spätere Verlust des Originals nicht absehbar war, eine eingehende eigenständige Untersuchung des für ein Original gehaltenen Testamentes gefordert würden. Die Zeugin war weder verpflichtet, zu prüfen ob das Testament mit Tinte oder Füller geschrieben war, noch hatte sie es auf Druckspuren zu untersuchen. Gerichtsbekanntermaßen werden Kopien ganz überwiegend schwarz-weiß gefertigt, Farbkopien stellen eine absolute Ausnahme dar. Die Zeugin hat ein vollständiges Testament und ein weiteres, nicht unterschriebenes Schriftstück vorgefunden. Sie selbst hat bekundet, Originale vom Entwurf und vom Testament gehabt zu haben. Insofern war die Aussage der Zeugin eindeutig, unabhängig von der im Protokoll vorgenommenen Unterstreichung. Ob die Zeugin von den Kopien wiederum Kopien gemacht hat, ist für die Überzeugungsbildung des Beschwerdegerichts unerheblich. Die Zeugin bekundete weiterhin eindeutig, dass die Erblasserin sich bei ihr am 29.2.2016 nach den Testamenten erkundigt habe. Gemeinsam seien 10 Minuten lang die Ordner durchgeblättert worden, ohne dass Testament und den Entwurf zu finden. Die Zeugin L. bekundete weiterhin, dass sie der Erblasserin den Text vorgelesen habe. Hierauf habe die Erblasserin dergestalt reagiert, dass sie ein neues Testament bei einem Notar machen wollte. Sie habe weiter gesagt, sie wolle auf keinen Fall, dass ihre Freundinnen oder ihre Familie etwas erbe. Sie wolle mit ihrer Familie, insbesondere ihren Schwestern nichts zu tun haben. Sie hätte die Verbindung abgebrochen. Das Beschwerdegericht zieht hieraus die Erkenntnis, dass die Erblasserin der Erstellung eines derartigen Testamentes durch sie selbst nicht widersprochen hat. Ihre Bekundung, sie wolle auf keinen Fall ihren beiden Freundinnen etwas vererben oder ihrer Familie spricht möglicherweise für einen geänderten Testtierwillen, nicht jedoch dafür, dass das vorgefundene Testament nicht von ihr stammt. Der Zeuge G. bekundete hiermit übereinstimmend, die Erblasserin habe ihm gegenüber erklärt, es gebe ein Testament, in dem Leute eingesetzt sein, die nicht erben sollten. Auch gegenüber dem Zeugen G. bekundete die Erblasserin somit nicht, dass es kein oder nur ein gefälschtes Testament gäbe. Soweit die Beschwerdeführer ausdrücklich dazu vortragen, die Zeugin habe keine Angaben dazu gemacht, ob es sich um ein „echtes“ oder „unechtes“ Testament handele, so ist dies zwar zutreffend allerdings, nicht entscheidungserheblich. Die Zeugin hat sich auf das beschränkt, was ihre Aufgabe ist, nämlich die Wiedergabe des Geschehens. Eine inhaltliche Richtigkeit des Testaments zum Zeitpunkt der Testierung hängt allein vom subjektiven Testtierwillen der Erblasserin ab und kann nicht Gegenstand von Bekundungen einer außenstehenden Zeugin sein. Ebenfalls unerheblich und nicht gegen das Erinnerungsvermögen der Zeugen sprechend ist der Umstand, dass sie nicht mehr wusste, ob die Unterlage geknickt oder gefaltet war. Letztlich steht der Glaubwürdigkeit der Zeugin auch nicht entgegen, dass diese am 12.1.2015 keine Aufzeichnung gemacht hat. Die am 8.1.2015 gefertigte Aufzeichnung ist geeignet, die Vorgänge vom 12.1.2015 glaubhaft zu machen.

Für ein gefälschtes Originaltestament liegen somit weder inhaltlich noch formell Anhaltspunkte vor. Die Beschwerdeführer haben zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass in Einzelfällen die Einholung eines graphologischen Sachverständigengutachtens geboten sein kann, auch hierfür müssen jedoch, auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes, irgendwie geartete Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der eigenhändigen Errichtung und Unterschrift begründen. Derartige Zweifel werden von den Beschwerdeführern an keiner Stelle substantiiert vorgebracht. Sowohl das Testament als auch der weiteren und datierte Testamentsentwurf weisen ein einheitliches Schriftbild auf. Schreiben mit der Handschrift der Erblasserin, die hiervon abweichen, sind von den Beschwerdeführern als Familienangehörigen nicht vorgelegt worden. Der Zeuge K. hat vielmehr angegeben, sicherlich habe seine Tante den Testamentstext geschrieben und unterschrieben. Er könne natürlich nicht sagen, ob das Testament gut gefälscht sei. Auch auf Nachfrage des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer bestätigte der Zeuge nochmals, er könne sich sehr gut vorstellen, dass seine Tante dieses Testament geschrieben habe. Die Einholung eines graphologischen Sachverständigengutachtens ist nicht in jedem Fall geboten, wenn lediglich eine Testamentskopie vorliegt. Auch dann bedarf es weiterer substantiierter Anhaltspunkte für eine Fälschung. Vorliegend besteht der einzige objektive Anhaltspunkt darin, dass über die Errichtungssituation des Testaments nichts bekannt ist. Zweifel, dass die Erblasserin im Jahre 2009 aus gesundheitlichen Gründen ein schriftliches Testament fertigen konnte bestehen nicht. Gerade das ebenfalls von der Betreuerin vorgefundene weitere Schriftstück, vom Beschwerdegericht als Testamentsentwurf gewertet, ist erkennbar in der gleichen Handschrift gefertigt, was gegen die Annahme einer Fälschung der Schrift spricht. Für einen etwaigen „Fälscher“ hätte nach allgemeiner Lebenserfahrung durch das Anfertigen eines weiteren Schriftstücks mit teilweise divergierendem Inhalt eher die Gefahr einer Entdeckung bestanden. Soweit das aus Sicht des Beschwerdegerichts als gültig zu bewertende Testament andere Beträge aufweist, so kann dies eine ganz einfache Erklärung dahingehend haben, dass die Erblasserin während der Abfassung des letztendlich nicht unterschriebenen Schriftstücks ihre Meinung hinsichtlich der inhaltlichen Verfügung geändert und dementsprechend sodann ein vollständiges anderes Testament gefertigt hat. Der vorliegende Sachverhalt weicht in deutlich von den von den Beschwerdeführern angeführten Entscheidungen des OLG Köln und OLG Karlsruhe zur Notwendigkeit eines Sachverständigengutachtens ab. In der Tat können Manipulationen durch mehrmalige Kopien oder durch die Anbringung der Unterschrift im Montageverfahren erfolgen, hierfür liegen jedoch keine Anknüpfungspunkte vor.

Soweit der Beweis der formgültigen Errichtung und des genauen Inhalts eines Testaments erbracht ist, ist die Rechtslage nicht anders als bei Vorlage eines Testaments im Original zu beurteilen. Ein formgültiges Testament behält seine Wirkung so lange, bis es vom Erblasser wirksam widerrufen wird. Die Vermutung, dass mit der Vernichtung eines Testaments dessen Aufhebung beabsichtigt ist (§ 2255 Satz 2 BGB) setzt voraus, dass eine Vernichtung des Testaments festgestellt ist. Die bloße Tatsache der Unauffindbarkeit der Urkunde besagt für sich allein noch nichts; sie begründet insbesondere keine tatsächliche Vermutung oder einen Erfahrungssatz, dass das Testament durch den Erblasser vernichtet worden ist (vgl. Münchener Kommentar/Hagena, BGB, 6. Auflage, § 2255, Rn. 16; OLG Karlsruhe FamRZ 2016, 1007-1008). Die Erteilung eines Erbscheins beim Nachweis der Errichtung eines formwirksamen Testamentes darf deshalb nicht verweigert werden, weil ein Ausnahmetatbestand – Widerruf dieses Testamentes – zwar nicht feststellbar ist, aber auch nicht widerlegt werden kann (OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 142 m.w.N.). Die Bekundung eines aktuell anderen Willens zur Testierung reicht zur Begründung eines Widerrufs nicht aus, vielmehr ist ein tatsächlicher Widerruf erforderlich.

Vorliegend ist ein Widerruf des Testaments nicht festzustellen. Die Erblasserin hat zwar gegenüber der Zeugin L. erklärt, der Inhalt des Testaments entspreche nicht ihrem aktuellen Willen, sie hat die Zeugin jedoch nicht aufgefordert, die Kopien zu vernichten sondern vielmehr darum gebeten, einen Termin beim Notar zur Beurkundung eines neuen Testamentes zu vereinbaren, was auch geschehen ist. Ein wirksam errichtetes Testament behält grundsätzlich seine Wirksamkeit bis zu einem nach außen gerichteten entgegenstehenden Rechtsakt der Erblasserin, der gerade nicht schon in der Vereinbarung eines Termins bei einem Notar zwecks Neutestierung besteht. Ansonsten käme es in jedem Fall, in dem der Erblasser einen Notartermin vereinbart, um anders zu Testieren, zu einem rechtlichen Vakuum hinsichtlich des Nachlasses. Einen Widerruf des Testaments ist auch der Aussage des Zeugen G. nicht zu entnehmen. Vielmehr hat der Zeuge bekundet, die Erblasserin habe kurz vor ihrem Tod erzählt, es gebe ein Testament.

Da somit ein Widerruf des Testaments nicht festzustellen ist, kommt es auf Fragen der Testierfähigkeit bzw. Widerrufsfähigkeit der Erblasserin im Jahre 2016 nicht an. Die Testierfähigkeit der Erblasser im Jahre 2009 steht nicht in Frage.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.

Der Verfahrenswert richtet sich nach dem Nachlasswert.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor. Die vorliegende Entscheidung ergeht in Übereinstimmung mit den in der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien der strengen Anforderungen an den Nachweis eines Originaltestamentes. Die Entscheidung begründet sich gerade nicht auf der bloßen Existenz einer Kopie eines Testamentes sondern dem Ergebnis der weitergehenden Beweisaufnahme, insbesondere der Vernehmung der Zeugen sowie einer weitergehenden Bewertung der Gesamtumstände, insbesondere der persönlichen und familiären Situation der Erblasserin. Ob die Bewertung der Zeugenaussage zur Überzeugungsbildung des Gerichts unter den anzulegenden strengen Anforderungen ausreichend ist, ist eine streng einzelfallbezogene Prüfung, die nicht Gegenstand der Rechtsbeschwerde sein kann.

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