Skip to content

Gebührenerhöhung bei Eintritt des Erben in laufendes Mandat

Wer erbt, erbt nicht nur Geld und Gut, sondern mitunter auch einen Gerichtsprozess. Und das kann ins Geld gehen, wie ein aktuelles Urteil aus Frankfurt zeigt. Denn steigt ein Erbe in einen Rechtsstreit ein, dürfen Anwälte ihre Gebühren erhöhen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 18 W 178/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Frankfurt
  • Datum: 20.02.2025
  • Aktenzeichen: 18 W 178/24
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren (Kostenfestsetzung)
  • Rechtsbereiche: Kostenrecht, Zivilprozessrecht, RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Zahlte aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils Kosten an die Beklagten.
  • Beklagte: Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Beklagten, vertreten durch eine Prozessbevollmächtigte, die geltend machten, dass die Verfahrensgebühr wegen mehrerer Auftraggeber höher anzusetzen sei.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Im zugrunde liegenden Rechtstreit war eine der drei Beklagten (Mitglied einer Erbengemeinschaft) verstorben und von einem Erben beerbt worden. Das Landgericht hatte die von dem Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten festgesetzt, wobei es die Verfahrensgebühr nur um 0,6 erhöht hatte, anstatt um die beantragten 0,9.
  • Kern des Rechtsstreits: Streitpunkt war, ob die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG wegen der Vertretung mehrerer Auftraggeber (Erbengemeinschaft und Erbe) um 0,6 oder um 0,9 zu erhöhen ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau wurde teilweise abgeändert. Die von dem Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten wurden auf 9.298,70 € nebst Zinsen festgesetzt.
  • Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Vertretung der Erbengemeinschaft (drei Beklagte) eine Erhöhung der Verfahrensgebühr um 0,6 rechtfertigt. Zusätzlich sei wegen der sukzessiven Vertretung des Erblassers und des Einzelerben eine weitere Erhöhung um 0,3 veranlasst.
  • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten der Beschwerde.

Der Fall vor Gericht


OLG Frankfurt: Anwaltsgebühren steigen bei Erbeintritt in laufendes Mandat

Rechtsanwalt informiert Erbe: Gebühren im Mandat.
Erhöhung der Anwaltsgebühren bei Erbeintritt | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 20. Februar 2025 (Az.: 18 W 178/24) entschieden, wie Anwaltsgebühren berechnet werden, wenn während eines laufenden Gerichtsverfahrens ein Mandant verstirbt und dessen Erbe in das Verfahren eintritt. Konkret ging es um die Erhöhung der Verfahrensgebühr nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Hintergrund des Falls: Ein Erbfall mitten im Prozess

Der ursprüngliche Rechtsstreit wurde vor dem Landgericht Hanau geführt. Auf Beklagtenseite trat eine Erbengemeinschaft auf, bestehend aus drei Personen. Während des laufenden Verfahrens verstarb eine dieser drei Beklagten (die Beklagte zu 2). Ihr Rechtsnachfolger wurde ein namentlich benannter Erbe (Erbe A), der daraufhin von der Prozessbevollmächtigten der Erbengemeinschaft ebenfalls vertreten wurde.

Streitpunkt: Höhe der Gebührenerhöhung für Anwälte

Im Kern drehte sich der Streit um die korrekte Anwendung der Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG). Diese Vorschrift regelt eine Erhöhung der Anwaltsgebühren, wenn ein Anwalt mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit vertritt. Für jeden zusätzlichen Mandanten erhöht sich die Verfahrensgebühr um einen Faktor von 0,3.

Die Anwältin der Beklagten beantragte im Kostenfestsetzungsverfahren eine Erhöhung der Verfahrensgebühr um insgesamt 0,9. Ihre Argumentation: Ursprünglich vertrat sie drei Miterben (Erhöhung um 0,3 für den zweiten und 0,3 für den dritten Mandanten = 0,6). Durch den Eintritt des Erben A sei ein vierter Auftraggeber hinzugekommen (die verstorbene Beklagte zu 2 und deren Erbe A), was eine weitere Erhöhung um 0,3 rechtfertige (0,6 + 0,3 = 0,9).

Die Entscheidung des Landgerichts Hanau

Das Landgericht Hanau folgte dieser Argumentation im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 03. Juli 2024 nicht vollständig. Es setzte lediglich eine Erhöhung um 0,6 fest. Das Gericht begründete dies mit der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Demnach trete der Erbe vollständig in die Rechtsposition des Erblassers ein. Es liege keine gleichzeitige Vertretung von vier Personen vor, sondern der Erbe ersetze den Erblasser. Somit seien nie mehr als drei Personen gleichzeitig vertreten worden.

Die Beschwerde der Beklagten

Gegen diesen Beschluss legten die Beklagten sofortige Beschwerde beim OLG Frankfurt ein. Sie hielten an ihrer Auffassung fest, dass der Erbe als zusätzlicher Auftraggeber anzusehen sei, auch wenn er den Erblasser im Prozess ablöst. Entscheidend sei nicht die gleichzeitige Vertretung, sondern dass der Anwalt für insgesamt vier verschiedene Personen (die ursprünglichen drei Beklagten und den neu eingetretenen Erben) tätig geworden sei.

Zur Stützung ihrer Argumentation verwiesen die Beklagten auf neuere Rechtsprechung. Diese behandle die Gesamtrechtsnachfolge im Gebührenrecht ähnlich wie einen Parteiwechsel. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe in solchen Fällen zwar von einer einheitlichen Angelegenheit ausgegangen, aber dennoch eine Gebührenerhöhung für den zusätzlichen Mandanten anerkannt.

Die Entscheidung des OLG Frankfurt: Erbe zählt als zusätzlicher Mandant

Das OLG Frankfurt gab der sofortigen Beschwerde der Beklagten statt. Der Senat folgte der Argumentation, dass im vorliegenden Fall eine Vertretung von vier Auftraggebern im Sinne der Nr. 1008 VV RVG stattgefunden habe. Daher sei die Verfahrensgebühr um den Faktor 0,9 zu erhöhen.

Begründung des OLG im Detail

Das Gericht stellte zunächst klar, dass eine Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Auftraggeber des Anwalts sind immer die einzelnen Miterben. Die Vertretung der ursprünglichen drei Beklagten rechtfertigte daher unstrittig eine Erhöhung um 0,6 (0,3 für den zweiten und 0,3 für den dritten Miterben).

Entscheidend war die Frage, wie der Eintritt des Erben A zu bewerten ist. Hier schloss sich das OLG der neueren Rechtsprechung an: Auch bei einer sukzessiven Vertretung – erst des Erblassers, dann des Erben – gilt der Erbe als zusätzlicher Auftraggeber. Die Tatsache, dass Erblasser und Erbe nicht gleichzeitig vertreten wurden, sei unerheblich.

Das OLG betonte, dass der Anwalt zunächst für die Erblasserin (Beklagte zu 2) und nach deren Tod für den Erben A tätig wurde. Dieser Erbe tritt gebührenrechtlich als eigenständiger, zusätzlicher Auftraggeber neben die Erblasserin. Damit erhöht sich die Gebühr für jeden Erben, der im Laufe des Mandats eintritt, um weitere 0,3 gemäß Nr. 1008 VV RVG.

Konsequenzen der Entscheidung

Aufgrund der erfolgreichen Beschwerde änderte das OLG Frankfurt den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau ab. Die vom Kläger an die Beklagten zu erstattenden Kosten wurden neu auf 9.298,70 € festgesetzt (zuzüglich Zinsen). Der Unterschied zum ursprünglichen Betrag ergibt sich aus der nun anerkannten höheren Verfahrensgebühr (Erhöhung um 0,9 statt 0,6).

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden ebenfalls dem Kläger auferlegt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 705,30 € festgesetzt, was dem Wert der umstrittenen zusätzlichen Gebührenerhöhung entspricht.

Bedeutung für Betroffene

Für Rechtsanwälte

Diese Entscheidung stärkt die Position von Anwälten, die Mandanten in langwierigen Verfahren vertreten, bei denen es zu einem Erbfall kommt. Sie können nun mit größerer Sicherheit eine zusätzliche Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG geltend machen, wenn sie nach dem Tod eines Mandanten dessen Erben weitervertreten. Die Klarstellung, dass eine gleichzeitige Vertretung nicht erforderlich ist, vereinfacht die Abrechnung in solchen Fällen.

Für Erben

Erben, die in ein laufendes Gerichtsverfahren eintreten, müssen sich bewusst sein, dass sie aus gebührenrechtlicher Sicht als neue, zusätzliche Auftraggeber für den bereits tätigen Anwalt gelten können. Dies gilt auch dann, wenn sie „nur“ die Rechtsposition des Verstorbenen übernehmen. Die Anwaltskosten können dadurch für die Erbengemeinschaft oder den Alleinerben insgesamt steigen.

Für Erbengemeinschaften

Für Erbengemeinschaften, die gemeinsam einen Prozess führen, bestätigt das Urteil, dass jeder Miterbe ein eigener Auftraggeber ist. Stirbt ein Mitglied und wird es durch einen oder mehrere Erben ersetzt, erhöht sich die Anzahl der Auftraggeber entsprechend, was zu höheren Anwaltskosten führen kann, die von der Gemeinschaft oder letztlich vom unterlegenen Prozessgegner zu tragen sind.

Für die gegnerische Prozesspartei

Die unterlegene Partei, die zur Kostenerstattung verpflichtet ist, muss im Falle eines Erbfalls auf der Gegenseite unter Umständen mit höheren erstattungsfähigen Anwaltskosten rechnen. Die Entscheidung des OLG Frankfurt legitimiert die Berechnung einer erhöhten Verfahrensgebühr basierend auf der Gesamtzahl der (auch sukzessive) vertretenen Personen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil stellt klar, dass ein Anwalt, der zunächst einen Erblasser und nach dessen Tod einen Erben vertritt, Anspruch auf erhöhte Gebühren für die Vertretung mehrerer Auftraggeber hat, auch wenn diese nicht zeitgleich vertreten werden. Bei einer Erbengemeinschaft gelten alle Mitglieder als einzelne Auftraggeber, und jeder zusätzliche Erbe erhöht die Anwaltsgebühren weiter. Dies hat direkte finanzielle Konsequenzen für Prozessbeteiligte, da bei einem Erbfall die Kostenlast steigen kann, selbst wenn rechtlich eine Gesamtrechtsnachfolge vorliegt.

Benötigen Sie Hilfe?

Erhöhte Anwaltskosten im Erbfall? Wir unterstützen Sie.

Sie sind in ein laufendes Gerichtsverfahren involviert, in dem sich die Zusammensetzung der Partei durch einen Erbfall geändert hat? Die Frage, wie sich dies auf die Anwaltsgebühren auswirkt, kann komplex sein, insbesondere wenn es um die Auslegung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) geht. Eine unklare Gebührenabrechnung kann schnell zu Streitigkeiten führen.

Wir prüfen Ihren Fall sorgfältig und bewerten die gebührenrechtlichen Auswirkungen des Erbfalls auf Ihr Mandat. Dabei legen wir Wert auf eine transparente und nachvollziehbare Darstellung der Sachlage, um Ihre Interessen bestmöglich zu vertreten. Kontaktieren Sie uns für eine erste Einschätzung Ihrer Situation.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Erhöhen sich meine Anwaltskosten automatisch, wenn ich ein Erbe antrete und ein bestehendes Mandat übernehme?

Nein, Ihre Anwaltskosten erhöhen sich nicht automatisch, nur weil Sie als Erbe ein bestehendes Anwaltsmandat des Verstorbenen übernehmen. Wenn Sie erben, treten Sie zwar grundsätzlich in die Verträge des Erblassers ein – dazu kann auch ein Vertrag mit einem Anwalt gehören. Die ursprünglichen Vereinbarungen über die Kosten für dieses spezielle Mandat gelten dabei zunächst weiter.

Wann können sich die Kosten dennoch ändern?

Eine Änderung oder Erhöhung der Anwaltskosten ist jedoch in bestimmten Situationen möglich:

  • Vertretung mehrerer Erben: Wenn es nicht nur einen, sondern mehrere Erben gibt (eine sogenannte Erbengemeinschaft), und der Anwalt nun alle Erben gemeinsam in der übernommenen Sache vertritt, kann sich sein Aufwand erhöhen. Die Vertretung mehrerer Personen kann nach den gesetzlichen Gebührenregelungen zu höheren Kosten führen, da der Anwalt beispielsweise mit allen Erben kommunizieren und deren Interessen abstimmen muss. Dies ist aber keine Automatik, sondern hängt von den Umständen und der Gebührenordnung ab.
  • Erweiterung des Auftrags: Wenn Sie als Erbe oder die Erbengemeinschaft den Anwalt mit zusätzlichen Aufgaben beauftragen, die über das ursprüngliche Mandat des Verstorbenen hinausgehen (zum Beispiel die Klärung von Erbstreitigkeiten oder die Verteilung des Nachlasses), fallen dafür natürlich separate Kosten an. Dies betrifft dann aber einen neuen oder erweiterten Auftrag, nicht die Kosten des ursprünglich übernommenen Mandats.
  • Änderung des Streitwerts: In manchen Fällen berechnen sich Anwaltskosten nach dem Wert, um den es in der Angelegenheit geht (dem sogenannten Gegenstandswert oder Streitwert). Sollte sich dieser Wert durch den Erbfall und die Übernahme des Mandats ändern, könnte dies die Berechnungsgrundlage der Gebühren beeinflussen.

Wichtig ist: Die Übernahme eines Mandats als Erbe führt nicht zwangsläufig zu höheren Kosten für genau diesen ursprünglichen Auftrag. Kostenänderungen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, wie die Vertretung mehrerer Personen oder eine Erweiterung des Auftrags. Anwälte sind grundsätzlich dazu verpflichtet, über die voraussichtlichen Kosten ihrer Tätigkeit zu informieren.


zurück

Wie berechnet sich die Erhöhung der Anwaltsgebühren, wenn ich als Erbe in einen laufenden Rechtsstreit eintrete?

Wenn Sie als Erbe in einen bereits laufenden Rechtsstreit eintreten, den der Verstorbene (Erblasser) begonnen hatte, erhöhen sich in der Regel die Gebühren des Anwalts, der den Erblasser vertreten hat und nun auch Sie vertritt. Der Grund ist einfach: Sie werden als Erbe rechtlich zu einem neuen, zusätzlichen Auftraggeber für diesen Anwalt.

Die rechtliche Grundlage: Nr. 1008 VV RVG

Die Berechnung dieser Gebührenerhöhung ist im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) festgelegt, genauer in der Nummer 1008 des Vergütungsverzeichnisses (VV RVG). Diese Vorschrift regelt, wie sich Anwaltsgebühren erhöhen, wenn ein Anwalt mehrere Personen in derselben Angelegenheit vertritt.

Stellen Sie sich die Anwaltsgebühr als einen Betrag vor, der sich normalerweise nach dem Wert des Rechtsstreits (dem sogenannten Gegenstandswert) richtet. Eine typische Gebühr im Gerichtsverfahren ist die „Verfahrensgebühr“. Nach Nr. 1008 VV RVG erhöht sich diese Verfahrensgebühr (und auch die sogenannte Geschäftsgebühr bei außergerichtlicher Tätigkeit) um einen Faktor von 0,3 für jede weitere Person, die der Anwalt vertritt.

Beispiel:

  • Ein Anwalt vertritt ursprünglich nur den Erblasser. Die übliche Verfahrensgebühr beträgt beispielsweise 1,3.
  • Nun treten Sie als alleiniger Erbe in den Prozess ein. Der Anwalt vertritt jetzt also zwei Parteien (den ursprünglichen Anspruch, der auf Sie übergegangen ist, und Sie als Person).
  • Die Gebühr erhöht sich um 0,3 für Sie als zweite Person. Die Verfahrensgebühr beträgt nun 1,3 + 0,3 = 1,6.

Berechnung der erhöhten Gebühr

Die konkrete Berechnung sieht vereinfacht so aus: Der Anwalt ermittelt die „einfache Gebühr“ (eine 1,0-Gebühr) basierend auf dem Streitwert. Diese wird dann mit dem erhöhten Gebührensatz multipliziert.

Beispiel zur Berechnung: Angenommen, die einfache Gebühr (1,0) beträgt 1.000 €.

  • Gebühr für eine Person (1,3): 1.000 € × 1,3 = 1.300 €
  • Gebühr für zwei Personen (Erblasser + Sie als Erbe, also 1,6): 1.000 € × 1,6 = 1.600 €

Die Formel lautet also: Erhöhte Gebühr = Einfache Gebühr (1,0) × (Ursprünglicher Gebührensatz + 0,3 × Anzahl zusätzlicher Personen)

Unterschiedliche Auslegungen durch Gerichte: Der Knackpunkt

Nun kommt ein wichtiger Punkt, bei dem sich Gerichte nicht immer einig sind: Ab wann gilt diese Erhöhung?

  • Ansicht 1 (z.B. vertreten vom OLG Frankfurt): Rückwirkende Erhöhung für den gesamten Verfahrensabschnitt. Diese verbreitete Ansicht besagt, dass die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG für den gesamten bisherigen Verfahrensabschnitt (z.B. die komplette erste Instanz vor Gericht) anfällt, auch wenn Sie erst spät als Erbe eingetreten sind. Die Begründung ist oft, dass die Gebühr eine Art Pauschale für den gesamten Abschnitt darstellt und der Anwalt ab Ihrem Eintritt den zusätzlichen Aufwand hat, auch Ihre Interessen (rückwirkend) zu berücksichtigen und den Fall entsprechend anzupassen. Für Sie bedeutet das: Selbst wenn Sie kurz vor Ende eines Verfahrensabschnitts eintreten, könnte die Gebühr für den gesamten Abschnitt mit dem erhöhten Satz berechnet werden (im Beispiel oben also die 1,6 statt 1,3 für die ganze Zeit).
  • Ansicht 2: Erhöhung erst ab Eintritt des Erben. Andere Gerichte oder juristische Meinungen argumentieren, dass die Erhöhung erst ab dem Zeitpunkt greifen sollte, zu dem der Erbe tatsächlich in den Prozess eintritt. Der zusätzliche Arbeitsaufwand für den Anwalt entstehe schließlich erst dann. Nach dieser Sichtweise müsste die Gebühr quasi aufgeteilt werden: bis zum Eintritt des Erben der niedrigere Satz, danach der höhere Satz. Diese Abgrenzung ist in der Praxis jedoch oft schwierig und wird seltener so gehandhabt.

Für Sie als Erbe bedeutet der Eintritt in einen laufenden Prozess also in der Regel, dass die Anwaltskosten für diesen Rechtsstreit steigen. Wie genau die Erhöhung berechnet wird und ob sie rückwirkend für den gesamten Verfahrensabschnitt gilt, hängt von der spezifischen Situation und der Auslegung der Nr. 1008 VV RVG ab, wobei die erstgenannte Ansicht (rückwirkende Erhöhung) häufiger vertreten wird.


zurück

Welche Rolle spielt die Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) bei der Berechnung meiner Anwaltskosten als Erbe?

Die Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist ein entscheidender Punkt, wenn es darum geht, ob Ihre Anwaltskosten steigen, weil Sie als Erbe in ein bereits laufendes Anwaltsmandat eintreten. Im Kern besagt dieser Paragraph, dass Sie als Erbe automatisch und vollständig in die rechtliche Position des Verstorbenen (Erblassers) eintreten.

Was bedeutet Gesamtrechtsnachfolge?

Stellen Sie sich vor, der Verstorbene hatte einen Anwalt beauftragt, ihn in einer Angelegenheit zu vertreten. Mit dem Tod des Erblassers treten Sie als Erbe kraft Gesetzes an dessen Stelle. Das heißt, Sie übernehmen nicht nur das Vermögen (wie Geld, Haus oder Auto), sondern auch die bestehenden Verträge mit allen Rechten und Pflichten. Dazu gehört auch der Vertrag mit dem Anwalt.

Der § 1922 BGB regelt, dass das gesamte Vermögen – und eben auch die vertraglichen Beziehungen – als Ganzes auf Sie als Erben übergeht. Sie treten sozusagen rechtlich genau in die Fußstapfen des Verstorbenen.

Auswirkungen auf die Anwaltskosten

Die wichtige Frage für die Anwaltskosten ist: Werden Sie durch den Erbfall zu einem neuen, zusätzlichen Auftraggeber für den Anwalt? Wenn mehrere Personen einen Anwalt beauftragen, kann dieser nämlich unter bestimmten Voraussetzungen eine höhere Gebühr verlangen (eine sogenannte Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, kurz VV RVG).

Hier setzt die Argumentation mit der Gesamtrechtsnachfolge an: Das Landgericht Hanau hat beispielsweise entschieden, dass der Erbe gerade nicht als zusätzlicher Mandant neben den Erblasser tritt. Stattdessen ersetzt der Erbe den ursprünglichen Mandanten (den Erblasser) vollständig im bestehenden Vertragsverhältnis mit dem Anwalt.

Die Konsequenz dieser Sichtweise: Weil der Erbe nur die Position des Verstorbenen einnimmt und kein neuer, zusätzlicher Auftraggeber entsteht, gibt es keine Grundlage für eine Gebührenerhöhung allein aufgrund des Erbfalls nach Nr. 1008 VV RVG. Der Anwalt vertritt weiterhin nur eine Mandantenposition – jetzt eben Sie als Erben anstelle des Verstorbenen. Für Sie bedeutet das nach dieser Rechtsprechung, dass der reine Eintritt in das Mandat durch die Erbschaft nicht automatisch dazu führt, dass der Anwalt höhere Gebühren abrechnen darf, weil Sie nicht als weiterer Mandant zählen.


zurück

Kann ich gegen eine Gebührenerhöhung vorgehen, wenn ich als Erbe in ein bestehendes Mandat eintrete und die Erhöhung ungerechtfertigt erscheint?

Ja, wenn Sie als Erbe in ein bestehendes Anwaltsmandat eintreten und eine Gebührenerhöhung für ungerechtfertigt halten, haben Sie Möglichkeiten, dagegen vorzugehen. Der Eintritt in das Mandat als Erbe bedeutet nicht automatisch, dass der Anwalt die Gebühren erhöhen darf.

Prüfung der Gebührenforderung

Als Erbe übernehmen Sie grundsätzlich den Anwaltsvertrag so, wie er vom Erblasser abgeschlossen wurde. Das betrifft auch die ursprüngliche Gebührenvereinbarung oder die Abrechnung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Eine Gebührenerhöhung allein aufgrund des Erbeintritts ist in der Regel nicht vorgesehen.

Prüfen Sie daher die Ihnen vorgelegte Rechnung oder die gerichtliche Kostenfestsetzung genau:

  • Basiert die Erhöhung auf einer neuen, mit Ihnen getroffenen Vereinbarung?
  • Gibt es einen sachlichen Grund für die Erhöhung nach dem RVG, zum Beispiel eine wesentliche Erweiterung des Auftrags oder eine Erhöhung des Streitwerts, die auch ohne den Erbfall angefallen wäre?

Wenn Ihnen eine Erhöhung unklar oder unberechtigt erscheint, können Sie die Grundlage der Forderung hinterfragen.

Vorgehen bei einer Anwaltsrechnung

Wenn Sie direkt vom Anwalt eine Rechnung mit einer aus Ihrer Sicht ungerechtfertigten Erhöhung erhalten, können Sie diese beim Anwalt beanstanden.

  • Bitten Sie um eine nachvollziehbare Erklärung für die Erhöhung.
  • Dies kann formlos geschehen, es ist jedoch empfehlenswert, dies schriftlich zu tun, um einen Nachweis zu haben.
  • Ziel ist es, eine Klärung herbeizuführen oder eine Korrektur der Rechnung zu erreichen.

Vorgehen bei einer gerichtlichen Kostenfestsetzung

Wurden die Anwaltsgebühren bereits durch ein Gericht in einem sogenannten Kostenfestsetzungsbeschluss festgelegt, müssen Sie anders vorgehen. Gegen diesen Beschluss können Sie Rechtsmittel einlegen.

  • Welches Rechtsmittel das richtige ist (meist die Erinnerung oder die sofortige Beschwerde), hängt von bestimmten Voraussetzungen ab, wie zum Beispiel dem Wert des strittigen Betrags. Das zuständige Gericht oder der Beschluss selbst geben hierüber in der Regel Auskunft (Rechtsbehelfsbelehrung).
  • Ganz wichtig: Für diese Rechtsmittel gelten kurze und feste Fristen! In der Regel müssen Sie innerhalb von zwei Wochen, nachdem Sie den Beschluss erhalten haben, handeln. Versäumen Sie diese Frist, wird der Beschluss bindend.
  • Das Rechtsmittel muss schriftlich bei dem Gericht eingereicht werden, das den Beschluss erlassen hat, oder dort zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Sie sollten darin angeben, warum Sie die Kostenfestsetzung für falsch halten.

Was bedeutet „ungerechtfertigt“?

Eine Gebührenerhöhung könnte beispielsweise ungerechtfertigt sein, wenn:

  • Sie keiner neuen Gebührenvereinbarung zugestimmt haben.
  • Die gesetzlichen Voraussetzungen nach dem RVG für eine höhere Gebühr nicht vorliegen (z.B. weil sich der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit oder der Streitwert nicht entsprechend geändert hat).
  • Die Erhöhung ausschließlich mit dem Umstand begründet wird, dass Sie als Erbe in das Mandat eingetreten sind.

Wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Gebührenerhöhung haben, ist es wichtig, die Grundlagen der Forderung zu prüfen und gegebenenfalls die genannten Schritte zur Klärung oder Anfechtung zu erwägen, insbesondere unter Beachtung der geltenden Fristen bei gerichtlichen Entscheidungen.


zurück

Gibt es Möglichkeiten, die Anwaltskosten im Erbfall zu begrenzen oder im Voraus zu vereinbaren?

Ja, es gibt verschiedene Wege, um die Anwaltskosten in Erbschaftsangelegenheiten besser zu überblicken und möglicherweise zu steuern. Eine frühzeitige Klärung der Kostenfrage ist oft hilfreich.

Honorarvereinbarungen treffen

Eine häufige Möglichkeit ist, vor Beginn der anwaltlichen Tätigkeit eine Honorarvereinbarung mit dem Anwalt zu schließen. Anstatt der gesetzlichen Gebühren, die sich meist nach dem Wert des Erbes richten (Gegenstandswert), können Sie zum Beispiel vereinbaren:

  • Stundenhonorar: Sie zahlen für die tatsächlich aufgewendete Zeit des Anwalts zu einem vereinbarten Stundensatz. Hier ist es sinnvoll, nach einer Schätzung des voraussichtlichen Zeitaufwands zu fragen.
  • Pauschalhonorar: Für bestimmte, klar definierte Tätigkeiten (z.B. die Erstellung eines Testamentsentwurfs oder die außergerichtliche Vertretung in einer bestimmten Sache) kann ein fester Preis vereinbart werden.

Wichtig: Eine solche Vereinbarung muss schriftlich erfolgen. Sie kann von den gesetzlichen Gebühren nach oben oder unten abweichen (wobei für gerichtliche Tätigkeiten bestimmte Mindestgrenzen gelten). Sprechen Sie den Anwalt aktiv auf diese Möglichkeit an, um eine für beide Seiten passende Regelung zu finden.

Gesetzliche Gebühren verstehen

Wenn keine gesonderte Vereinbarung getroffen wird, rechnet der Anwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ab. Die Höhe der Gebühren hängt dann maßgeblich vom Gegenstandswert ab. Im Erbfall ist das oft der Wert des Nachlasses oder der Wert Ihres Anspruchs (z.B. Erbteil oder Pflichtteil). Je höher der Wert, desto höher sind in der Regel auch die Anwaltsgebühren. Es gibt gesetzlich festgelegte Tabellen, nach denen sich die Kosten berechnen. Der Anwalt kann Ihnen erläutern, wie sich der Wert in Ihrem Fall zusammensetzt und welche Gebühren voraussichtlich anfallen.

Offene Kommunikation über Kosten

Der wichtigste Schritt zur Kostenkontrolle ist die transparente Kommunikation. Fragen Sie den Anwalt möglichst frühzeitig und vor der Beauftragung nach den voraussichtlichen Kosten und nach welcher Methode (gesetzliche Gebühren oder Honorarvereinbarung) abgerechnet wird. Ein seriöser Anwalt wird Sie über die Kostenrisiken und die Abrechnungsgrundlagen aufklären und Ihnen eine erste Einschätzung geben können.

Staatliche Unterstützung nutzen (bei geringem Einkommen)

Für Personen mit geringem Einkommen und Vermögen gibt es staatliche Unterstützungsmöglichkeiten, um Anwaltskosten zu tragen:

  • Beratungshilfe: Wenn Sie Hilfe für eine außergerichtliche Beratung oder Vertretung benötigen (also ohne Einschaltung eines Gerichts), können Sie unter bestimmten Voraussetzungen Beratungshilfe beantragen. Diese wird beim zuständigen Amtsgericht beantragt. Wird sie bewilligt, übernimmt die Staatskasse die Anwaltskosten bis auf einen geringen Eigenanteil (derzeit 15 Euro).
  • Prozesskostenhilfe (PKH): Wenn ein Gerichtsverfahren notwendig ist (z.B. eine Erbschaftsklage oder ein Erbscheinsverfahren mit Streitigkeiten), können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Voraussetzungen sind auch hier geringes Einkommen und Vermögen, außerdem muss die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg haben und darf nicht mutwillig erscheinen. Die PKH kann die eigenen Anwaltskosten und die Gerichtskosten abdecken. Je nach wirtschaftlicher Situation kann die PKH als Zuschuss gewährt oder als zinsloses Darlehen bewilligt werden, das gegebenenfalls in Raten zurückgezahlt werden muss. Der Antrag wird in der Regel über den Anwalt beim zuständigen Gericht gestellt.

Diese staatlichen Hilfen sollen sicherstellen, dass auch Menschen mit weniger finanziellen Mitteln Zugang zum Recht haben. Informationen dazu finden Sie auch auf den Webseiten der Justizministerien oder der Amtsgerichte.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verfahrensgebühr

Dies ist eine Gebühr, die ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) erhält. Sie deckt die allgemeine Bearbeitung des Falls ab, wie z.B. die Einreichung der Klage oder die Verteidigung dagegen, unabhängig von einzelnen Terminen. Die Höhe dieser Gebühr hängt in der Regel vom Streitwert ab und sie entsteht bereits zu Beginn des Mandats für das gerichtliche Verfahren. Im vorliegenden Fall ist diese Gebühr zentral, da um ihre Erhöhung wegen mehrerer Mandanten gestritten wird.
Beispiel: Wenn Sie einen Anwalt beauftragen, Sie in einem Zivilprozess zu vertreten, fällt neben anderen möglichen Gebühren (z.B. für Gerichtstermine) eine Verfahrensgebühr für die grundsätzliche Übernahme und Führung des Falles an.


Zurück

Erbengemeinschaft

Eine Erbengemeinschaft entsteht automatisch, wenn eine Person (der Erblasser) von mehreren Personen (den Miterben) beerbt wird (§ 2032 BGB). Diese Miterben werden gemeinsam Eigentümer des gesamten Nachlasses und müssen diesen zusammen verwalten und darüber verfügen. Wichtig ist, dass die Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt; sie kann also nicht selbst als Partei auftreten. Stattdessen müssen immer alle Miterben gemeinsam handeln oder verklagt werden. Im Fall waren die Beklagten ursprünglich eine Erbengemeinschaft aus drei Miterben, die alle Mandanten der Anwältin wurden.


Zurück

Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB)

Dies ist ein Grundprinzip des deutschen Erbrechts, festgelegt in § 1922 Absatz 1 BGB. Es besagt, dass mit dem Tod einer Person (Erblasser) deren Vermögen als Ganzes – also alle Rechte und Pflichten, einschließlich Verträgen und Schulden – automatisch auf den oder die Erben übergeht. Der Erbe tritt somit unmittelbar und vollständig in die rechtliche Position des Verstorbenen ein, ohne dass es eines besonderen Übertragungsaktes bedarf. Das Landgericht Hanau argumentierte auf dieser Basis, dass der Erbe den Erblasser nur ersetzt und daher kein zusätzlicher Mandant entstehe.
Beispiel: Wenn jemand stirbt und sein Kind ihn beerbt, erbt das Kind nicht nur das Haus und das Bankguthaben, sondern auch die Verpflichtung, einen noch laufenden Kredit des Vaters zurückzuzahlen – alles kraft Gesetzes im Moment des Todes.


Zurück

Nr. 1008 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG)

Dies ist eine spezifische Vorschrift im Vergütungsverzeichnis (VV), das Teil des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ist. Sie regelt die Erhöhung der Anwaltsgebühren, wenn ein Anwalt mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit vertritt. Für jeden Auftraggeber, der über den ersten hinausgeht, erhöht sich die jeweilige Verfahrens- oder Geschäftsgebühr des Anwalts um einen Faktor von 0,3. Im beschriebenen Fall war strittig, ob der eintretende Erbe als ein solcher zusätzlicher Auftraggeber zählt, der die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG auslöst.


Zurück

Auftraggeber (im Sinne des RVG)

Im Kontext des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) ist der Auftraggeber die Person (oder sind die Personen), die den Anwalt mandatiert, also einen Vertrag über die rechtliche Vertretung schließt. Die Anzahl der Auftraggeber ist maßgeblich für die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG, da die Gebühr mit jedem weiteren Auftraggeber steigt. Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass im Fall des Erbeintritts in ein laufendes Mandat der Erbe als ein neuer, zusätzlicher Auftraggeber gilt, auch wenn er rechtlich in die Position des verstorbenen Mandanten (Erblassers) eintritt.


Zurück

Kostenfestsetzungsverfahren

Dies ist ein gerichtliches Nebenverfahren, das in der Regel nach Abschluss eines Rechtsstreits stattfindet (§§ 103 ff. Zivilprozessordnung – ZPO). In diesem Verfahren wird auf Antrag einer Partei die konkrete Höhe der Kosten berechnet und durch einen Beschluss festgesetzt, die die unterlegene Partei der obsiegenden Partei erstatten muss. Grundlage dafür ist die Kostenentscheidung im Urteil oder Beschluss des Hauptverfahrens. Im Fall ging es in diesem Verfahren um die Frage, ob die höhere Anwaltsgebühr (0,9-Erhöhung) bei der Berechnung der zu erstattenden Kosten berücksichtigt werden muss.


Zurück

sofortige Beschwerde

Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel im deutschen Prozessrecht, geregelt z.B. in §§ 567 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Sie ermöglicht es, bestimmte gerichtliche Entscheidungen, insbesondere Beschlüsse (wie den Kostenfestsetzungsbeschluss), schnell durch das nächsthöhere Gericht überprüfen zu lassen. Sie muss innerhalb einer kurzen Frist (meist zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung) eingelegt werden. Im vorliegenden Fall legten die Beklagten sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hanau ein, um die höhere Anwaltsgebühr beim OLG Frankfurt durchzusetzen.


Zurück

sukzessive Vertretung

Sukzessive Vertretung bedeutet, dass ein Anwalt mehrere Mandanten in derselben Angelegenheit zeitlich nacheinander vertritt, nicht gleichzeitig. Im konkreten Fall vertrat die Anwältin zunächst die ursprüngliche Miterbin (Beklagte zu 2) und nach deren Tod deren Erben (Erbe A). Das OLG Frankfurt stellte klar, dass auch diese zeitlich gestaffelte Vertretung ausreicht, um den Erben als zusätzlichen Auftraggeber im Sinne der Gebührenvorschrift Nr. 1008 VV RVG anzusehen. Eine gleichzeitige Vertretung von Erblasser und Erbe ist für die Gebührenerhöhung nicht erforderlich.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Nr. 1008 VV RVG: Die Verfahrensgebühr erhöht sich für jeden weiteren Auftraggeber um einen bestimmten Satz. Dies gilt, wenn ein Rechtsanwalt mehrere Personen in derselben Angelegenheit vertritt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Hier geht es darum, ob die Vertretung einer Erbengemeinschaft und zusätzlich des Erben eines verstorbenen Mitglieds eine Erhöhung der Anwaltsgebühr rechtfertigt. Das Gericht bejaht dies, da jeder Miterbe und der zusätzliche Erbe als separate Auftraggeber zählen.
  • § 1922 BGB: Dieser Paragraph regelt die Universalsukzession im Erbrecht. Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht argumentierte zunächst, dass durch die Gesamtrechtsnachfolge der Erbe automatisch in die Rolle des Verstorbenen eintritt und somit keine zusätzliche Vertretung vorliegt. Das OLG Frankfurt korrigiert dies und stellt klar, dass die Vertretung des Erben eine zusätzliche Auftraggeberschaft begründet.
  • § 567 ZPO: Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsbehelf gegen Entscheidungen des Landgerichts, wie hier den Kostenfestsetzungsbeschluss. Sie ermöglicht eine schnelle Überprüfung der Entscheidung durch das Oberlandesgericht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagten haben die sofortige Beschwerde genutzt, um die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Kostenfestsetzung des Landgerichts anzufechten und eine höhere Kostenerstattung zu erreichen.
  • § 104 ZPO: Dieser Paragraph regelt das Verfahren zur Festsetzung von Prozesskosten. Das Gericht setzt auf Antrag fest, welche Kosten erstattet werden müssen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Auf Basis dieses Paragraphen hat das Landgericht den ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, der durch die Beschwerde und die Entscheidung des OLG Frankfurt teilweise abgeändert wurde.

Hinweise und Tipps

Praxistipps für Erben zum Thema Kostenrisiken bei geerbten Gerichtsverfahren

Als Erbe treten Sie nicht nur in die Rechte, sondern auch in die Pflichten des Verstorbenen ein. Das kann bedeuten, dass Sie einen laufenden Gerichtsprozess übernehmen. Dies birgt finanzielle Risiken, insbesondere bei den Anwaltskosten.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.

Tipp 1: Laufende Rechtsstreitigkeiten des Erblassers klären
Informieren Sie sich umgehend nach Annahme der Erbschaft, ob der Verstorbene Partei in einem laufenden Gerichtsverfahren war. Als Erbe treten Sie automatisch in dessen Position im Prozess ein (Prozessnachfolge). Klären Sie den Stand des Verfahrens und die damit verbundenen potenziellen Kosten.

⚠️ ACHTUNG: Unkenntnis über einen Prozess schützt nicht vor den rechtlichen und finanziellen Folgen. Sie könnten Fristen versäumen oder unerwartet mit Kostenforderungen konfrontiert werden.


Tipp 2: Kostenanstieg durch Eintritt in den Prozess verstehen
Wenn Sie als Erbe für einen verstorbenen Beklagten in einen Prozess eintreten, kann dies die Anwaltsgebühren erhöhen. Vertritt ein Anwalt mehrere Personen (z. B. eine Erbengemeinschaft oder nacheinander den Erblasser und dann den Erben), darf er nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG Nr. 1008 VV) eine höhere Verfahrensgebühr berechnen.

Beispiel: Im Fall des OLG Frankfurt (Az. 18 W 178/24) vertrat eine Anwältin eine Erbengemeinschaft (drei Beklagte). Als ein Mitglied verstarb und dessen Erbe eintrat, erhöhte sich die Gebühr nicht nur wegen der ursprünglichen drei Beklagten, sondern zusätzlich wegen des Eintretens des Erben. Die Gegenseite musste im Falle des Unterliegens diese erhöhten Kosten erstatten.

⚠️ ACHTUNG: Diese Gebührenerhöhung betrifft sowohl die Kosten des eigenen Anwalts als auch die Kosten, die Sie im Falle einer Niederlage dem Gegner erstatten müssen. Das finanzielle Risiko des Prozesses steigt dadurch.


Tipp 3: Prozessrisiko und Kostenfolgen neu bewerten
Lassen Sie das Prozessrisiko neu bewerten, sobald Sie als Erbe in einen Rechtsstreit eintreten. Berücksichtigen Sie dabei explizit die möglicherweise gestiegenen Anwaltskosten durch die Vertretung mehrerer Erben oder durch die Prozessnachfolge. Prüfen Sie die Erfolgsaussichten kritisch und ziehen Sie alternative Lösungen wie einen Vergleich (gütliche Einigung) in Betracht.

⚠️ ACHTUNG: Ein „geerbter“ Prozess sollte nicht ohne Prüfung fortgeführt werden. Eine Neubewertung unter Berücksichtigung der aktuellen Kostenstruktur ist essenziell, um eine fundierte Entscheidung über das weitere Vorgehen zu treffen.


Tipp 4: Besonderheiten bei Erbengemeinschaften beachten
Sind Sie Teil einer Erbengemeinschaft, die in einen Prozess verwickelt ist oder eintritt, ist eine Abstimmung unter den Miterben unerlässlich. Die Beauftragung eines gemeinsamen Anwalts ist oft sinnvoll, führt aber in der Regel zur erwähnten Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV RVG. Klären Sie intern die Strategie und die Kostentragung.

⚠️ ACHTUNG: Uneinigkeit innerhalb der Erbengemeinschaft kann die Prozessführung erschweren und zusätzliche Kosten verursachen. Eine klare Kommunikation und gemeinsame Entscheidungsfindung sind wichtig.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Das Hauptrisiko liegt in den oft unerwartet steigenden Kosten, wenn Erben in einen laufenden Prozess eintreten. Dies gilt insbesondere, wenn bereits mehrere Parteien (wie eine Erbengemeinschaft) beteiligt sind. Der im Urteil beschriebene Mechanismus (kumulative Erhöhung der Anwaltsgebühr) kann dazu führen, dass die Fortführung eines Prozesses wirtschaftlich unvernünftig wird. Die Pflicht zur Übernahme der Prozesskosten trifft den unterlegenen Teil – sind Sie das als Erbe, tragen Sie die erhöhten Gebühren selbst; gewinnen Sie, muss der Gegner die höheren Kosten erstatten.


Checkliste: Erben im Gerichtsverfahren

  • [Prüfen, ob der Erblasser in Gerichtsverfahren involviert war.]
  • [Bei Prozessbeteiligung: Akteneinsicht beantragen und Stand klären.]
  • [Anwaltliche Beratung zum Prozessrisiko und den spezifischen Kostenfolgen als Erbe einholen.]
  • [Prüfen, ob eine Gebührenerhöhung nach RVG Nr. 1008 (mehrere Auftraggeber/Prozessnachfolge) anfällt.]
  • [Innerhalb einer Erbengemeinschaft: Gemeinsames Vorgehen abstimmen und Kostenverteilung klären.]

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 18 W 178/24 – Beschluss vom 20.02.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Erbrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Erbrecht. Vom rechtssicheren Testament über den Pflichtteilsanspruch bis hin zur Erbausschlagung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Erbrecht einfach erklärt

Erbrechtliche Urteile und Beiträge

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!