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Geltendmachung eines Auskunft- bzw. Rechnungslegungsanspruch durch Miterben

OLG Düsseldorf: Kein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung bei konkludentem Verzicht der Mutter

Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil (Az.: I-3 U 88/14) vom 18. Dezember 2014 entschieden, dass der Kläger, ein Miterbe, keinen Anspruch auf Auskunft bzw. Rechnungslegung gegenüber dem Beklagten, seinem Bruder und Vermögensverwalter der Mutter, hat. Das Gericht begründete dies damit, dass die Mutter über Jahre hinweg keine Rechnungslegung verlangt hat und somit ein konkludenter Verzicht auf diesen Anspruch angenommen wurde. Auch nachträglich aufgetretene Umstände änderten nichts an dieser Entscheidung.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klageabweisung: Das OLG Düsseldorf hat die Klage des Miterben auf Auskunft und Rechnungslegung abgewiesen.
  2. Kein Rechenschaftsanspruch: Der Kläger konnte keinen Anspruch auf Rechenschaftslegung gegenüber dem Bruder geltend machen.
  3. Verzicht durch die Mutter: Die Mutter hatte über Jahre hinweg keinen Rechenschaftsanspruch gegen den Beklagten geltend gemacht.
  4. Kein Auftragsverhältnis: Das Gericht verneinte ein Auftragsverhältnis im Sinne des § 662 BGB zwischen Mutter und Sohn.
  5. Konkludenter Verzicht: Es wurde ein konkludenter Verzicht auf Rechenschaftslegung durch die Mutter angenommen.
  6. Keine nachträglichen Gründe: Nachträglich aufgetretene Umstände rechtfertigten keine Wiedererweckung des Rechenschaftsanspruchs.
  7. Gesundheitszustand der Mutter: Der Gesundheitszustand der Mutter stand einer Geltendmachung der Rechnungslegung nicht entgegen.
  8. Kein Ausnutzen der Machtposition: Es gab keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass der Beklagte eine Machtposition gegenüber der Mutter ausgenutzt hatte.

Miterben und ihre Auskunftsansprüche

Ein Miterbe hat das Recht, Auskunft über den Bestand und Verbleib des Nachlasses von den anderen Miterben zu verlangen. Dieser Anspruch ist unabhängig von einem Erbschaftsbesitzer und kann auch von einem Miterben geltend gemacht werden, der nicht im Besitz des Nachlasses ist. Die Geltendmachung eines Auskunfts- bzw. Rechnungslegungsanspruchs durch einen Miterben ist in einigen Fällen erforderlich, um die ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses sicherzustellen.

Das OLG Düsseldorf hat in einem Urteil entschieden, dass ein Miterbe keinen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegenüber einem anderen Miterben hat, wenn die Erblasserin über Jahre hinweg keine Rechnungslegung verlangt hat und somit ein konkludenter Verzicht auf diesen Anspruch angenommen wurde. Nachträglich aufgetretene Umstände änderten nichts an dieser Entscheidung. Weitere rechtliche Herausforderungen und Details zu diesem Thema werden in einem konkreten Urteil beleuchtet.

Der Streit um Auskunft und Rechnungslegung im Erbrecht

In einer bemerkenswerten Auseinandersetzung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-3 U 88/14) standen sich zwei Brüder gegenüber, die beide Erben ihrer verstorbenen Mutter waren. Der Kern des Streits drehte sich um die Geltendmachung eines Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs durch einen der Miterben. Dieser Fall, der im Dezember 2014 entschieden wurde, beleuchtet grundlegende Fragen des Erbrechts und der Pflichten von Vermögensverwaltern innerhalb einer Erbengemeinschaft.

Die Rolle des Vermögensverwalters in der Erbengemeinschaft

Der Beklagte, einer der Söhne der Verstorbenen, verwaltete seit Januar 2006 das Vermögen der Mutter und hatte umfassende Kontovollmachten über ihre Konten. Zwischen 2006 und 2012 tätigte er zahlreiche Abhebungen und Überweisungen von den Konten der Mutter, die insgesamt über 439.000 Euro betrugen. Diese finanziellen Aktivitäten wurden zum Streitpunkt, als der Kläger, der andere Sohn, nach dem Tod der Mutter die ordnungsgemäße Verwaltung des mütterlichen Vermögens infrage stellte. Er erhob Klage mit der Begründung, sein Bruder sei als Vermögensverwalter der Mutter gegenüber der Erbengemeinschaft auskunfts- und rechenschaftspflichtig.

Rechtliche Grundlagen und Urteilsfindung

Das Landgericht Düsseldorf gab dem Kläger zunächst Recht und verurteilte den Beklagten zur Rechnungslegung. Es stützte sich dabei auf § 666 BGB, der besagt, dass ein Beauftragter verpflichtet ist, dem Auftraggeber die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das Gericht sah in der Beziehung zwischen Mutter und Sohn ein Auftragsverhältnis und wertete die fehlende Geltendmachung des Rechnungslegungsanspruchs über Jahre nicht als Verstoß gegen Treu und Glauben.

Die Berufung und ihre Folgen

Der Beklagte legte gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein. Er argumentierte, dass kein formelles Auftragsverhältnis bestanden habe und die Übernahme der Wirtschaftsführung ausschließlich auf einem besonderen Vertrauensverhältnis basiert hätte. Das OLG Düsseldorf änderte daraufhin das Urteil des Landgerichts und wies die Klage ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die Erblasserin jahrelang keinen Rechnungslegungsanspruch geltend gemacht und somit konkludent darauf verzichtet habe. Des Weiteren fand das Gericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anspruch nachträglich wieder aufgelebt wäre.

Fazit: Die Komplexität von Rechenschaftspflichten

Dieser Fall verdeutlicht die Komplexität und die Herausforderungen, die sich in Erbengemeinschaften bei der Geltendmachung von Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen ergeben können. Er zeigt auf, dass das Erbrecht und die damit verbundenen Pflichten von Vermögensverwaltern vielschichtige juristische Überlegungen erfordern. Das Urteil betont auch die Bedeutung des konkludenten Handelns und des Vertrauens innerhalb familiärer Beziehungen im Kontext des Erbrechts.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was versteht man unter einem Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch im Erbrecht?

Unter einem Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch im Erbrecht versteht man das Recht eines Erben oder Miterben, von anderen Erben oder von Dritten, die in einer besonderen Beziehung zum Erblasser standen, Informationen über den Bestand des Nachlasses und über die Verwaltung des Nachlasses zu erhalten. Dieser Anspruch dient dazu, Transparenz über die Zusammensetzung und den Wert des Nachlasses zu schaffen und ist insbesondere dann relevant, wenn es um die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft oder um Pflichtteilsansprüche geht.

Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch ermöglicht es dem Erben, ein klares Bild vom Umfang des Nachlasses zu erhalten. Er kann von Miterben, Testamentsvollstreckern, Nachlassverwaltern oder Dritten, die in einer besonderen Beziehung zum Erblasser standen, verlangt werden. Dieser Anspruch ist in verschiedenen Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt, wie zum Beispiel in § 2027 BGB, der die Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers festlegt, oder in § 2057 BGB, der die Auskunftspflichten der Miterben untereinander regelt.

Rechnungslegungsanspruch

Der Rechnungslegungsanspruch geht über den bloßen Auskunftsanspruch hinaus und verlangt eine detaillierte Darstellung der Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit der Verwaltung des Nachlasses. Dieser Anspruch kann sich beispielsweise gegen den Testamentsvollstrecker richten, wenn dieser zur Verwaltung des Nachlasses eingesetzt wurde. Der Anspruch auf Rechnungslegung ist in § 2218 BGB geregelt und kann auch gegen Miterben geltend gemacht werden, wenn diese den Nachlass eigenmächtig verwalten.

Praktische Bedeutung

In der Praxis ist der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch von großer Bedeutung, da er die Grundlage für die Durchsetzung weiterer Ansprüche, wie zum Beispiel Pflichtteilsansprüche oder Ansprüche auf einen Erbteil, bildet. Er ermöglicht es den Erben, eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft zu treffen und ihre Rechte innerhalb der Erbengemeinschaft oder gegenüber Dritten zu wahren.

Durchsetzung

Die Durchsetzung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs kann, wenn nötig, gerichtlich erzwungen werden. Sollte die Auskunft nicht freiwillig erteilt werden, kann sie nach § 888 ZPO durch das Prozessgericht erster Instanz erzwungen werden.

Zusammenfassend ist der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ein wesentliches Instrument im Erbrecht, das Transparenz schafft und die Grundlage für die Geltendmachung weiterer erbrechtlicher Ansprüche bildet.

Wie wird eine Erbengemeinschaft rechtlich definiert und welche Rechte und Pflichten ergeben sich daraus?

Eine Erbengemeinschaft ist eine Gruppe von Personen, die gemeinsam das Erbe antreten. Sie entsteht, wenn mehrere Personen durch Gesetz oder durch letztwillige Verfügung zu Erben berufen werden. Rechtlich gesehen ist die Erbengemeinschaft eine Gesamthandsgemeinschaft, was bedeutet, dass die Erben das Erbe gemeinschaftlich verwalten müssen.

Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft haben grundsätzlich gleiche Rechte und Pflichten, es sei denn, es wurde im Testament oder Erbvertrag etwas anderes vereinbart. Als Mitglieder der Erbengemeinschaft treten die Erben in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Sie übernehmen beispielsweise bestehende Verträge des Erblassers und werden somit neuer Vertragspartner der jeweiligen anderen Partei.

Zu den Rechten der Erbengemeinschaft gehören unter anderem die Nutzung von Nachlassgegenständen, die Möglichkeit zum Erbteilsverkauf und das Vorkaufsrecht beim Erbteilsverkauf. Jeder Miterbe kann über seinen gesamten Anteil am Nachlass verfügen.

Zu den Pflichten der Erbengemeinschaft gehören die Verwaltung des Nachlasses, die Regelung von Nachlassverbindlichkeiten und die Zahlung der Erbschaftssteuer. Jeder Miterbe ist für sich genommen steuerpflichtig, wobei die Grundlage für die Berechnung der Erbschaftssteuer der Gesamtwert des Nachlasses abzüglich aller Schulden ist.

Eine Erbengemeinschaft endet mit der sogenannten Auseinandersetzung, bei der das Erbe aufgeteilt wird. Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen.


Das vorliegende Urteil

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 U 88/14 – Urteil vom 18.12.2014

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 08. Mai 2014 verkündete Teil-Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – 16 O 335/13 – geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckbaren Betrages leistet.

Streitwert: Bis 35.000,- Euro

Gründe

I.

1977 verstarb der Ehemann der Erblasserin und Vater der Parteien. Die Erblasserin und die Parteien bildeten nach ihm eine Erbengemeinschaft, die bis zu ihrer Auflösung Ende 2005 gemeinsam Grundstücksgeschäfte tätigte.

Die Parteien sind nunmehr Erben zu je 1/2 Anteil nach ihrer am 05. April 2012 verstorbenen Mutter.

Der Beklagte verwaltete seit Januar 2006 das Vermögen der Erblasserin; er hatte umfassende Vollmachten über alle ihre Konten.

Zwischen Februar 2006 und Februar 2012 nahm der Beklagte u. a. 59 Abhebungen von dem Konto der Erblasserin bei der Kreissparkasse Düsseldorf Nr. … über einen Gesamtbetrag von 345.400,32 Euro vor. Die Abhebungen beliefen sich regelmäßig auf Beträge bis 5.000 Euro. Es wurden allerdings auch höhere Beträge abgehoben. Zwischen April 2006 und Juli 2012 nahm der Beklagte in 18 Fällen Überweisungen vor bzw. akzeptierte Abbuchungen. Darüber hinaus kam es zu weiteren Darlehensabbuchungen von dem Konto der Erblasserin. Insgesamt beläuft sich der Betrag auf 94.323,07 Euro. Zudem wurden die Nebenkosten für die Hausgrundstücke 12 und 22 im Zeitraum April 2006 bis Juli 2012 von dem Konto der Erblasserin beglichen.

Nach dem Tode der Mutter erhob der Kläger gegen seinen Bruder Stufenklage auf Rechnungslegung, eidesstattliche Versicherung und Zahlung mit der Begründung, er habe festgestellt, dass sein Bruder das Vermögen der Mutter nicht ordnungsgemäß verwaltet habe.

Er hat geltend gemacht, der Beklagte sei aufgrund seiner Tätigkeit als Vermögensverwalter für seine Mutter gegenüber der Erbengemeinschaft auskunfts- und rechenschaftspflichtig.

Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, Rechenschaft zu legen über

1. die Verwendung seiner Abhebungen in der Zeit vom 09. Februar 2006 bis zum 26. Februar 2012 gemäß Anlage 1 (K2) vom Konto der Erblasserin Nr. … bei der Kreissparkasse Düsseldorf;

2. die Überweisungen in der Zeit vom 03. April 2006 bis zum 27. Juli 2012 gemäß Anlage 2 (K3) vom Konto der Erblasserin Nr. … bei der Kreissparkasse Düsseldorf;

3. die Betriebskosten (Einnahmen und Ausgaben) bezüglich der Häuser 12 und 22 in Düsseldorf für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis zum 05. April 2012.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, er sei nicht auskunfts- und rechenschaftspflichtig, da seine Mutter ihm die Kontovollmacht aufgrund besonderen Vertrauens erteilt habe. Jedenfalls habe die Erblasserin darauf verzichtet, dass er Rechenschaft über die Zahlungsein- und -ausgänge ablege. Im Übrigen hat er zu den Abhebungen Stellung genommen.

Das Landgericht hat mit am 08. Mai 2014 verkündetem Teil-Urteil den Beklagten verurteilt, gegenüber der Erbengemeinschaft Rechenschaft zu legen über die Verwendung seiner Abhebungen in der Zeit vom 09.02.2006 bis zum 26.02.2012 gemäß Anlage 1 (K2) vom Konto der Erblasserin Nr. … bei der Kreissparkasse Düsseldorf, die Überweisungen in der Zeit vom 03.04.2006 bis zum 27.07.2012 gemäß Anlage 2 (K3) vom Konto der Erblasserin Nr. … bei der Kreissparkasse Düsseldorf sowie die Betriebskosten (Einnahmen und Ausgaben) bezüglich der Häuser 12 und 22 in Düsseldorf für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis zum 05. April 2012.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen – wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darstellung des Landgerichts verwiesen – ausgeführt, die Klage, mit der der Kläger Rechenschaftslegung gegenüber der Erbengemeinschaft für diese verlange, sei begründet; der Kläger könne den Anspruch auf Rechnungslegung gemäß § 2039 BGB in gesetzlicher Prozessstandschaft für die Erbengemeinschaft geltend machen.

Die Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung gegenüber der Erbengemeinschaft ergebe sich aus § 666 BGB. Zwischen dem Beklagten und der Erblasserin habe ein einheitliches Auftragsverhältnis bestanden, das auf die Erledigung der Gesamtheit der finanziellen Geschäfte gerichtet gewesen sei. Dieses sei nach den Umständen trotz der verwandtschaftlichen Nähebeziehung mit Blick auf ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Erblasserin nicht lediglich als ein Gefälligkeitsverhältnis, sondern als von einem Rechtsbindungswillen getragenes Auftragsverhältnis im Rechtssinne zu werten [BGH, NJW 1963, 950].

Die Geltendmachung des Rechnungslegungsanspruchs verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Zwar komme ein solcher Verstoß bei der Geltendmachung eines Rechnungslegungsanspruchs dann in Betracht, wenn dieser über viele Jahre hindurch nicht geltend gemacht wurde. Gleichwohl müsse das Gericht der Behauptung des Beklagten, die Erblasserin habe auf die Rechnungslegung jahrelang verzichtet, nicht nachgehen. Denn selbst wenn dies zutreffe, würde dies hier einen Anspruch der Erbengemeinschaft nicht ausschließen.

Für die Annahme eines Ausschlusses sei nämlich dann kein Raum, wenn sich nachträglich beachtliche Gründe für die Nachholung der Rechnungslegung ergeben. Dies sei der Fall, wenn Tatsachen gegeben seien, die geeignet seien, Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung zu erwecken. Habe der Geschäftsherr nämlich jahrelang keinen Wert auf die Rechenschaft gelegt, so erkläre dies sich daraus, dass er dem anderen Teil rückhaltlos vertraut habe. Bestehe aber ein begründeter Verdacht, dass dieses Vertrauen nicht gerechtfertigt war, so entfalle die Grundlage für die Untätigkeit des Geschäftsherrn. Ihm sei dann der vom Gesetz grundsätzlich gewährte Anspruch auf Rechnungslegung trotz des langen Zuwartens unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auch für die Vergangenheit wieder zuzusprechen [BGH, NJW 1963, 950; BGH, Beschl. v. 26.06.2008 – III ZR 30/08 = BeckRS 2008, 17591; OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2007 – 26 U 62/06 = BeckRS 2008, 20414]. Vorliegend seien derartige Tatsachen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung erwecken, gegeben. Solche ergäben sich schon aus den nicht schlüssig erklärten auffällig hohen Beträgen, die in unregelmäßigen Abständen vom Konto der Erblasserin abgehoben worden seien.

Gegen dieses Urteil legt der Beklagte Berufung ein, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt und beantragt, unter Änderung des angefochtenen Teil-Urteils die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, entgegen der Auffassung des Landgerichts habe zwischen ihm und der Erblasserin kein Auftragsverhältnis im Sinne des § 662 BGB bestanden. Die Übernahme der Wirtschaftsführung durch ihn, den Beklagten, unter Erteilung von Kontovollmachten habe allein auf dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Mutter und Sohn basiert; innerhalb eines solchen könne regelmäßig – so auch hier – Auskunft oder Rechenschaft nicht verlangt werden. Im Übrigen habe seine Mutter von ihm niemals Rechnungslegung verlangt, weshalb er, der Beklagte, mit einer solchen Forderung nicht habe rechnen müssen. Dies gelte umso mehr als der Kläger im Mai 2011 der Erblasserin vorgehalten habe, er, der Beklagte, betrüge sie. Er habe daraufhin eine Aufstellung gefertigt und der Mutter mit dem Bemerken vorgelegt, die Einnahmen und Ausgaben durch einen unabhängigen Dritten prüfen zu lassen; die Mutter habe aber weder eine solche Prüfung verlangt noch ihm die Kontovollmacht entzogen. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Mutter eine Rechnungslegung nicht gewollt habe. Anhaltspunkte für Zweifel an seiner, des Beklagten, Zuverlässigkeit habe der Kläger nicht hinreichend dargetan; der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger sei der Ausgabenaufstellung nicht entgegen getreten. Schließlich könne der Kläger als Miterbe allenfalls Auskünfte über den Bestand der Erbschaft, nicht indes über die Vermögensentwicklung zu Lebzeiten der Erblasserin verlangen.

Der Kläger, der um Zurückweisung des Rechtsmittels anträgt, macht geltend, das Landgericht habe zu Recht ein Auftragsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Beklagten angenommen; ein besonderes Vertrauensverhältnis sei nicht zu unterstellen; die Erblasserin habe nicht auf Rechnungslegung verzichtet, sondern sei krankheitsbedingt und, weil der Beklagte „mit Liebesentzug gedroht“ habe, nicht in der Lage gewesen, diese durchzusetzen. Es treffe nicht zu, dass er, der Kläger, der Darlegung der Einnahmen und Ausgaben der Erblasserin in der Klageerwiderung nicht entgegen getreten sei; insoweit werde auf Ziffer 8 des Schriftsatzes vom 25. März 2014 verwiesen; den Verbleib der gesamten abgehobenen Beträge habe der Beklagten in seinem Schriftsatz vom 30 April 2014 nicht erklärt.

Im Senatstermin hat der Kläger ergänzend ausgeführt, die Erblasserin habe gegenüber Zeugen geäußert, der Beklagte setzte sie erheblich unter Druck und drohe, sie zu verlassen, sie müsse tun, was er sagt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache Erfolg; der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Auskunft bzw. Rechnungslegung.

1.

Zwar ist es dem Kläger als Miterben prinzipiell nicht, auch nicht wegen einer -unstreitig nicht umgesetzten -Testamentsvollstreckung verwehrt, einen zum Nachlass gehörenden Anspruch auf Auskunft bzw. Rechenschaftslegung allein geltend zu machen und insoweit Leistung an alle Erben zu fordern, § 2039 Satz 1 BGB. Nachlasszugehörigkeit ist gegeben, wenn die Erbengemeinschaft als solche Rechtsträgerin des Anspruchs geworden ist (BGH NJW 1957, 906; Palandt-Weidlich, BGB 72. Auflage 2013 § 2039 Rdn. 1), was hier nur dadurch erfolgt sein kann, dass ein ursprünglich der Erblasserin zustehender Anspruch auf Rechenschaftslegung gegen den Beklagten gemäß § 1922 BGB auf die Erbengemeinschaft übergegangen ist. Letzteres ist indes nicht der Fall.

2.

Das Landgericht hat zunächst zu Recht und mit im Wesentlichen vom Senat geteilter Begründung einen ursprünglich bestehenden Anspruch der Erblasserin auf Auskunft bzw. Rechnungslegung gegen den Beklagten bejaht. Weiter hat die Kammer zutreffend angenommen, bei der Geltendmachung eines Rechnungslegungsanspruchs komme ein Verstoß gegen Treu und Glauben dann in Betracht, wenn dieser über viele Jahre hindurch nicht geltend gemacht wurde, wobei für die Annahme eines Ausschlusses allerdings dann kein Raum sei, wenn sich nachträglich beachtliche Gründe für die Nachholung der Rechnungslegung ergeben.

3.

Hiernach ist ein Auskunftsanspruch der Erblasserin aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) durch konkludenten Verzicht auf Geltendmachung gegenüber dem Beklagten entfallen.

a)

Dass die Erblasserin von dem Beklagten, ihrem Sohn, über Jahre Rechnungslegung nicht verlangt hat, ist unstreitig.

b)

Der hiernach von der Erblasserin nicht mehr geltend zu machende Rechnungslegungsanspruch gegen den Beklagten ist nicht dadurch wieder aufgelebt, dass sich nachträglich beachtliche Gründe für die Rechnungslegung ergeben haben (BGH NJW 1963, 950, 951). Dies ist – entgegen der Auffassung des Landgerichts, das zwar von einer im diesem Sinne veränderten Sachlage ausgeht, „nachträglich“ aufgetretene Umstände allerdings nicht nennt – nicht der Fall.

Anlass für einen (nachträglich) begründeten Verdacht, dass rückhaltloses Vertrauen in die Geschäftsführung des Beklagten und daran anknüpfend ihre Untätigkeit in Bezug auf ein Rechnungslegungsverlangen nicht gerechtfertigt sei, kann sich für die Erblasserin – wenn überhaupt – erst durch den von Seiten des Klägers am 27. Juni 2011 geäußerten Betrugsverdacht gegen den Beklagten ergeben haben. Auch dieser Vorfall hat indes nicht zu einer Relativierung des Vertrauensverhältnisses geführt; die Erblasserin hat nämlich keine ergänzenden Informationen, geschweige denn Rechnungslegung von dem Beklagten verlangt, wobei ohne Belang ist, ob er in Reaktion hierauf eine Umsatzabfrage erstellt und der Mutter ausgehändigt hatte oder nicht.

c)

Dafür, dass nach dem aufkommenden Verdacht gegen die „Amtsführung“ des Beklagten, den die Mutter nicht zum Anlass genommen hat, Rechnungslegung zu verlangen, nachträglich beachtliche Gesichtspunkte zutage getreten sind, die zu einer abweichenden Beurteilung, insbesondere Anlass für Zweifel an der Zuverlässigkeit des Pflichtigen und seiner Geschäftsführung geben könnten, besteht kein Anhalt.

Der Schriftsatz vom 21. November 2014 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Soweit der Kläger dort mit Blick auf den Beklagten insbesondere vorträgt, es habe sich erst nachträglich herausgestellt, dass „Zweifel an seiner Geschäftsführung und an seiner Zuverlässigkeit berechtigt seien; „die weiteren Zweifel“ hätten sich erst nach dem Tode der Erblasserin herausgestellt; zwar habe er, der Kläger, „schon gewisse Zweifel an der Zuverlässigkeit des Beklagten bei der Verwaltung des mütterlichen Vermögens“ gehabt; der Hinweis an seine Mutter sei „überschlägig und mangels genauer Kenntnisse zum Teil eine Vermutung“, erscheint das Vorbringen des Klägers unzureichend substantiiert. Dass der Kläger nunmehr sein früheres Vorbringen im Sinne eines vagen Verdachts modifiziert, sieht der Senat zudem als der Rechtswahrung geschuldet an. Andernfalls müsste man für möglich halten oder gar davon ausgehen, dass der Kläger, ein Rechtsanwalt, den gravierenden Vorwurf eines Betruges seinerzeit leichtfertig ohne Faktenkenntnis allein wegen eines vagen, nicht oder kaum auf belastbare Tatsachen gestützten Verdachts oder gar einer bloßen Vermutung erhoben hat. Abgesehen davon, dass der Senat nicht davon ausgeht, dass der Kläger seinem Vorbringen diese Bedeutung beigemessen sehen will, wäre dieser Vortrag – soweit erheblich – neu und würde nicht zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nötigen.

d)

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der Beklagte könnte sich zur Verteidigung gegen den Rechnungslegungsanspruch auf einen aus Treu und Glauben hergeleiteten konkludenten Verzicht mit Blick auf eine jahrelange Inanspruchnahme der Verwaltung seitens der Erblasserin ohne Verlangen der Rechnungslegung nicht berufen, weil die Erblasserin (erkennbar) aus gesundheitlichen Gründen oder gar weil der Beklagte sie davon abgehalten habe, nicht in der Lage gewesen sei, ihrem auf Rechnungslegung gerichteten Willen Geltung zu verschaffen.

(aa)

Konkrete gesundheitliche Gründe, die der Geltendmachung der Rechnungslegung hätten entgegen stehen können, hat der Kläger nicht dargetan. Geistig war die Erblasserin unstreitig bis zuletzt nicht beeinträchtigt. Auch besteht kein Anhalt dafür, dass ein gravierend schlechter Gesundheitszustand sie, insbesondere durchgehend, außerstande gesetzt haben könnte, zumindest einen Dritten, namentlich den Kläger, zu bitten, für sie entsprechend unterstützend tätig zu werden.

(bb)

Ebenfalls besteht kein hinreichender Anhalt dafür, dass der Beklagte die Erblasserin durch Ausnutzung einer aus dem Gesichtspunkt der finanziellen Geschäftsbesorgung für sie und/oder aus einer intensiven Nähebeziehung des Sohnes zur Mutter herzuleitenden Machtposition davon abgehalten hat, Rechnungslegung zu verlangen.

Dass die Erblasserin aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses zu dem Beklagten dessen Geschäftsführung unkontrolliert geduldet hat, ist in keiner Weise objektiviert. So sprechen keinerlei Tatsachen dafür, dass der Beklagte seine Vertrauensstellung oder Druck, Angst oder eine leichte Beeinflussbarkeit der Erblasserin – dass letztere vorhanden waren, ist schon nicht ersichtlich – ausgenutzt hat oder gar die Erblasserin maßgeblich – geschweige denn unredlich – im Sinne eines Absehens von der Kontrolle seiner Geschäftsführung durch Auskunft bzw. Rechnungslegung beeinflusst hat oder die Erblasserin sich subjektiv in ihrem Verhalten in diesem Punkt eingeschränkt sah.

Soweit der Kläger im Senatstermin ausgeführt hat, die Erblasserin habe gegenüber Zeugen geäußert, der Beklagte setzte sie so unter Druck und drohe, sie zu verlassen, sie müsse tun, was er sagt, erscheint dies nach Anlass und Umständen, örtlicher und zeitlicher Einordnung pauschal, ohne Substanz und ohne nachvollziehbaren Zusammenhang, stellt vor Allem einen Bezug zu einem unterbliebenen Rechnungslegungsverlangen nicht her und schließt auch nicht an das vorangegangene Vorbringen, wonach die Erblasserin „eingeschüchtert“ gewesen sei und (beim Kläger) nach einem Ausweg gesucht habe, „von dem Beklagten nicht mehr angeschrien und eingeschüchtert zu werden“, an, sodass eine Vernehmung der angebotenen Zeugen nur der Ausforschung dienen könnte.

3.

Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch des (Mit-) Erben über den Bestand des Nachlasses (§§ 2027, 2038 BGB) bestehen kann, mag offen bleiben; der Kläger macht einen solchen ausdrücklich nicht geltend.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

 

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